Notgeld
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Notgeld ist eine Form des Geldes.
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[Bearbeiten] Bedeutung des Notgeldes
In Krisenzeiten geben Länder, Städte, Gemeinden, Firmen oder Privatpersonen oft eigene Zahlungsmittel aus. Diese sind als Ersatzgeld zu betrachten. Es wird dennoch oft bevorzugt, da es etwa an Kleingeld mangelt oder während einer Hyperinflation nicht schnell genug Geldscheine gedruckt werden können. Das Vertrauen in wertbeständiges Notgeld ist in Kriegs- und Krisenzeiten oftmals größer als in offizielles Geld.
Notgeld wird nicht nur in den jeweiligen Landeswährungen ausgegeben. Es gibt auch Anspruch auf Waren, sowie aktuelle und historische Währungen, etwa: Roggen, Weizen, Zucker, Kohlen, Holz; Goldmark und US-Dollar.
Neben den üblichen Geldformen Münze (Notmünze) und Geldschein kamen und kommen auch verschiedene Ersatzmaterialien wie Porzellan, Pappe, Leder, Presskohle, Seide oder Leinen zum Einsatz. Auch Briefmarken (etwa als Briefmarkenkapselgeld), Spielkarten, Schecks und ähnliche Vorlagen werden zu Notgeld umfunktioniert.
Viele Gegenstände kommen zufällig in Gebrauch. Sie tragen keine Wertangabe, sondern stellen in sich selber den Wert dar. Ihr Tauschwert ergibt sich aus Angebot und Nachfrage.
Notgeld wird nur als Zahlungsmittel gebraucht, nicht zu Kreditzwecken.
[Bearbeiten] Deutsches Notgeld zur Zeit des Ersten Weltkrieges
Eine besonders große Menge von Notgeld wurde im Deutschen Reich in den Jahren während und nach dem Ersten Weltkrieg und während der Hyperinflation 1923 ausgegeben. Das Horten von Silbermünzen (durch die Inflation war ihr Materialwert höher als der Nominalwert) und der Metallbedarf der Kriegsindustrie führten zu Kleingeldmangel. Städte, Gemeinden, Kreise und Privatfirmen sprangen in die Lücke und deckten den Bedarf mit eigenen Ausgaben, für den Geldumlauf bestimmten „Verkehrsausgaben“. Die große Anzahl von variantenreich gestalteten Geldscheinen mit viel Lokalkolorit erweckte bald auch das Interesse von Sammlern, was dazu führte, dass viele Notgeldscheine gar nicht mehr für den Umlauf, sondern eigens für die Sammler gedruckt und ausgegeben wurden. Solche Scheine werden „Serienscheine“ genannt. Das Notgeld wurde teilweise mit aus heutiger Sicht äußerst fragwürdigen regionalen Besonderheiten bedruckt. Die Kleinstadt Sternberg im heutigen Mecklenburg-Vorpommern etwa druckte nach dem Ersten Weltkrieg Geldscheine, auf denen eine Hostienschändung durch Juden zu sehen war, die sich dort im Jahre 1492 ereignet haben soll. Das deutsche Notgeld des Ersten Weltkrieges lässt sich in zwei Perioden unterteilen: erste Periode der kleinen Nominalen bis etwa 20 Mark um 1916 bis 1919 und zweite Periode ab etwa 1921 mit hohen Nominalen, bis in den Billion-Mark-Bereich. Außerdem gab es im Sommer 1923 Dollar- und Goldmarkbezeichnungen als „wertbeständiges Notgeld“, oder auch Schatzanweisungen. Zeitweilig zirkulierten noch Kupons von Kriegsanleihen um 1918.
[Bearbeiten] Notgeld nach dem Zweiten Weltkrieg
Zwischen dem Zweiten Weltkrieg und der Währungsreform galten in Deutschland Zigaretten als inoffizielles Zahlungsmittel. Die Einheiten waren ein Päckchen oder eine Stange.
[Bearbeiten] Notgeld in Italien
Von 1975 bis 1979 herrschte in Italien Münzknappheit; als Notgeld gaben regionale Banken und Handelsfirmen sogenannte Miniassegni aus. Die Akzeptanz war allerdings regional begrenzt.
[Bearbeiten] Notgeld in Argentinien
Auf dem Höhepunkt der argentinischen Wirtschaftskrise 2001/02 entlohnten zahlungsunfähige Provinzregierungen ihre Beamten, Angestellten und Dienstleister mit sogenannten Patacones, d.h. Schuldverschreibungen, die zu einem späteren Zeitpunkt gegen reguläre argentinische Pesos eintauschbar sein sollten.
[Bearbeiten] Literatur
- Bubeck, Ingrid: Geldnot und Notgeld in Thüringen, 1. Auflage 2007, 128 Seiten, Erfurt: Sutton, ISBN 978-3-86680-149-3.
- Geiger, Anton: Deutsches Notgeld, Bd. 3: Das deutsche Großnotgeld 1918-1921 (Katalog aller Notgeldscheine im Nennwert von 1 bis 100 Mark). 2. Auflage 2003, 528 Seiten, Regenstauf: Gietl, ISBN 3-924861-79-X.
- Gerke, Wilfried: In'ne Nottiet geborn ... Notgeld erzählt. Unsere Heimat auf Geld. (Hrsg.: Kreissparkasse Grafschaft Diepholz), Diepholz 1992, 112 S.
- Grabowski, Hans L.: Das Papiergeld der deutschen Länder von 1871 bis 1948 - Die Banknoten und Notgeldscheine der deutschen Länder, Provinzen und Bezirke, 1. Auflage 1999, 606 Seiten, Regenstauf: Gietl, ISBN 3-924861-33-1.
- Grabowski, Hans L.: Deutsches Notgeld, Bd. 9: Notgeld der besonderen Art - Geldscheine aus Stoff, Leder und sonstigen ungewöhnlichen Materialien, 1. Auflage 2005, 208 Seiten, Regenstauf: Gietl, ISBN 3-924861-93-5.
- Grabowski, Hans L.: Deutsches Notgeld, Bd. 5/6: Deutsche Kleingeldscheine: Amtliche Verkehrsausgaben 1916-1922. 2 Bde., 1. Auflage 2004, 976 Seiten, Regenstauf: Gietl, ISBN 3-924861-85-4.
- Grabowski, Hans L. / Mehl, Manfred: Deutsches Notgeld, Bd. 1/2: Deutsche Serienscheine 1918-1922. 2 Bde., 2. Auflage 2003, 894 Seiten, Regenstauf: Gietl, ISBN 3-924861-70-6.
- Grabowski, Hans L. / Mehlhausen, Wolfgang J.: Handbuch Geldscheinsammeln - Ein Leitfaden für Geldscheinsammler und solche, die es werden wollen, 1. Auflage 2004, 208 Seiten, Regenstauf: Gietl, ISBN 3-924861-90-0.
- Keller, Arnold: Deutsches Notgeld, Bd. 7/8: Das Notgeld der deutschen Inflation 1923. 2 Bde., Reprint 2004, 1248 Seiten, Regenstauf: Gietl, ISBN 3-924861-86-2.
- Müller, Manfred: Deutsches Notgeld, Bd. 4: Die Notgeldscheine der deutschen Inflation 1922 (vom August 1922 bis Juni 1923). 2. Auflage. 2003, 608 Seiten, Regenstauf: Gietl, ISBN 3-924861-80-3.
- Prange, Gustav: Das deutsche Kriegsnotgeld. Eine kulturgeschichtliche Beschreibung. Band I (2. Auflage 1921), Band II (2. Auflage 1922). Verlagsanstalt Görlitzer Nachrichten u. Anzeiger. [Reprint beider Bände d. 2. Auflage: kolme k-Verlag, 12. September 1996, ISBN 3-927-82842-4
(zur Münzknappheit in Italien 1975-79:)
- Enzensberger, Hans Magnus: Ach, Europa!, 6. Auflage 1998, 501 Seiten, ISBN 351804432X.
[Bearbeiten] Weblinks
- Kurioses Notgeld
- Franziska Jungmann-Stadler, Notgeld, in: Historisches Lexikon Bayerns
- German Inflationary Notgeld 1922-1923 (englisch)]
- High resolution images of Notgeld (englisch)
- Links zum Thema Notgeld (englisch) im Open Directory Project
- Infos und Bilder zum österreichschen Notgeld
- Informationen zu Notgeld im BAM-Portal