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Mittelformatkamera – Wikipedia

Mittelformatkamera

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Bei Mittelformatkameras handelt es sich um fotografische Kameras mit einen Bildformat im Bereich von ungefähr 5 cm bis 10 cm Kantenlänge.

Die zweiäugige Rolleiflex
Die zweiäugige Rolleiflex
120er-Rollfilm, leere und volle Spule
120er-Rollfilm, leere und volle Spule
Komponenten einer Systemkamera im Mittelformat
Komponenten einer Systemkamera im Mittelformat

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Filme und Formate

Bei allen Rollfilmformaten handelt es sich um gerundete Maßangaben, die exakten Werte siehe unter Rollfilm.

[Bearbeiten] Typ 120 und 220

Die allermeisten professionellen Mittelformatkameras nehmen den Rollfilm vom Typ 120, mitunter auch den doppelt so langen Typ 220 auf, so dass gewöhnlich mit Mittelformatfilm diese beiden Typen gemeint sind. Das häufigste Format ist dabei 6 cm x 6 cm, weit verbreitet sind aber auch 6 cm x 7 cm, 6 cm x 8 cm und 4,5 cm x 6 cm; wobei letzteres auch im Hinblick auf eine kleinere und leichtere Kamera beliebt ist, ansonsten das Seitenverhältnis entscheidet. Welches zu bevorzugen ist, hängt vom Motiv, vor allem aber von den Vorlieben des Fotografen ab.

Das Format 6 cm x 9 cm kommt im professionellen Einsatz seltener vor, war aber Standard bei den Boxkameras.

[Bearbeiten] Typ 127

Der kleinere Rollfilm des Typs 127 gehört im Falle des Format 4 cm x 6,5 cm ebenfalls zum Mittelformat, wenngleich man es bei seinem Erscheinen noch als Kleinbildformat ansah. In den meisten Fällen wurde dieser Film allerdings mit Kleinbildformaten belichtet. Kameras dafür werden seit Anfang der 1970er Jahre praktisch nicht mehr gebaut.

[Bearbeiten] Sofortbildfilm

Zum Mittelformat zählen auch die meisten Sofortbildfilme, die sowohl in Rückteilen von professionellen Kameras zur Vorabkontrolle der Beleuchtung, wie auch in speziellen Sofortbildkameras Verwendung finden. Sofortbildfilme werden von den Firmen Polaroid und Fuji hergestellt. Näheres siehe unter Polaroid.

[Bearbeiten] Digitaltechnik

Digitaltechnik wurde bisher aufgrund der ausgesprochen hohen Preise für Sensoren im Mittelformat überwiegend im professionellen Bereich verwendet. Renommierte Hersteller wie Hasselblad oder Mamiya bieten auch schon digitale Modelle an (z.B. die Hasselblad H2D-39 oder Mamiya ZD - vgl. [1]). Weitaus verbreiteter sind jedoch noch digitale Rückteile. Sie kommen dem Modularen System vieler Hersteller entgegen und lassen sich zudem (mit verschiedenen Adaptern) auch an Fachkameras anschließen.

Digitale Rückteile werden auch von Fremdherstellern angeboten. Die bekanntesten Hersteller digitaler Rückteile sind Phase-One, Leaf, Imacon, Mamiya und Sinar. Heutzutage (Stand: März 2006) werden überwiegend Mittelformat-Sensoren der Größe 36 mm x 48 mm gefertigt. Die meisten Hersteller vertreiben - bei gleicher Sensorgröße - Rückteile mit unterschiedlicher Auflösung, um verschiedenen Ansprüchen gerecht zu werden. So gibt es z.B. Modelle mit 22, 33 oder 39 MP (Megapixeln). Die unterschiedliche Auflösung kommt u.a. dadurch zustande, dass die Größe der Aufnahme-Pixel variiert (meistens zwischen 7 und 9 μm).

Die Vorteile der digitalen Fotografie liegen vor allem in der Möglichkeit der sofortigen Kontrolle und des sofortigen Ergebnisses und, damit verbunden, einem schnelleren Workflow (Arbeitsprozess) sowie geringeren laufenden Kosten, da nichts mehr entwickelt oder gescannt werden muss.

[Bearbeiten] Kameratypen

[Bearbeiten] Sucherkameras

Professionelle Kameras kommen heute insbesondere im Mittelformat seltener als Sucherkamera vor, allerdings gibt es hierfür mit der Mamiya 7II, oder mit der Bronica RF645, ebenfalls Beispiele.

Bei der älteren Boxkamera handelte es sich stets um eine Sucher- und Mittelformatkamera für die verschiedenen Rollfilmformate. Diese eher einfachen Kameras wurden bis etwa 1960 in sehr großer Zahl verkauft und dann vom Kleinbildfilm vollkommen abgelöst. Neben der klassischen Kastenform gab es Abarten der Box mit sehr modisch gestalteten Kunststoffgehäusen. Die Grenzen der einäugigen Boxkamera zur zweiäugigen Sucher- bzw. Reflexkamera sind hierbei fließend.

Eine meist einfach gehaltene Kamera mit regulärer Gehäuseform war bei vielen Produzenten die letzte Bauform der Box. Die chinesische Holga stellt den erneuten Versuch einer Mittelformat-Einfachstkamera dar. Sie wurde im Rahmen der Lomographie-Welle auch in Europa ein wenig bekannt.

Für den professionellen wie für den Amateurbereich gab es zahlreiche Balgenkameras mit Objektiven und Verschlüssen unterschiedlichster Güte. Mit verschiedenen Rückenteilen, Wechselobjektiven, Blitzen und anderen Systembestandteilen stellten die Pressekameras hierbei sicherlich früh eine obere Grenze dar. Auch die ersten Polaroid-Sofortbildkameras waren als Balgenkameras ausgelegt, was sich positiv auf Größe- und Gewicht auswirkte.

Die Pentacon Six aus der ehemaligen DDR, hier mit einem Fischauge-Objektiv und Lichtschachtsucher (ein Pentaprismensucher war optional erhältlich). Sie wurde auch in den Westen exportiert.
Die Pentacon Six aus der ehemaligen DDR, hier mit einem Fischauge-Objektiv und Lichtschachtsucher (ein Pentaprismensucher war optional erhältlich). Sie wurde auch in den Westen exportiert.
Arax TTL (Bj. 2001) mit Objektiv Meyer 300/4
Arax TTL (Bj. 2001) mit Objektiv Meyer 300/4
Die Flexaret Standard des tschechoslowakischen Herstellers Meopta (Baujahr ca. 1963), eine schlicht ausgestattete Zweiäugige ohne Belichtungsmesser
Die Flexaret Standard des tschechoslowakischen Herstellers Meopta (Baujahr ca. 1963), eine schlicht ausgestattete Zweiäugige ohne Belichtungsmesser

[Bearbeiten] Einäugige Spiegelreflexkameras

Unter den professionellen Kameras sind die einäugigen Spiegelreflexkameras bei weitem am häufigsten, wobei sie zumeist aus einen Spiegelkasten, einen abnehmbaren Filmmagazin und dem Objektiv bestehen. Bekannte Vertreter sind vor allem Hasselblad und Rollei, aber auch Mamiya und Zenza-Bronica, daneben gibt es zahlreiche Nachbauten aus Russland (z.B. Kiev) oder China (z.B. Seagull). Pentax und Mamiya bieten ein 4,5 cm x 6 cm-System an. Aber auch die von der Kleinbildkamera bekannte Form mit fest eingebauten Pentaprismensucher gibt es im Mittelformat, etwa mit der Pentax 67. Bei den Sofortbildkameras hatte die faltbare Polaroid-Spiegelreflexkamera eine große Bedeutung.

Der Grad der Automatisierung ist vielfach geringer, als man dies von gängigen Kleinbildkameras gewohnt ist. Zwar gibt es einige wenige Modelle mit Autofokus, in der Regel muss jedoch manuell fokussiert werden. Auch der Filmtransport erfolgt häufig manuell. Dies wird allerdings auch weniger störend empfunden, da der Hauptanwendungsbereich jenseits der Action-Fotografie liegt. Die Wechselmagazine ermöglichen ein rasches Austauschen des Filmtyps (Farb-/Schwarzweißfilm, Farbumkehr-/Farbnegativfilm usw.), zusätzlich gibt es 50-er Magazine, die mit perforiertem 70-mm-Film beladen werden. Die Wechselobjektive sind für viele Mittelformatkamera-Modellreihen im Bereich von etwa 35 mm bis 1000 mm verfügbar, hochwertige Optiken stammen häufig von Carl Zeiss, Schneider und Rodenstock GmbH. Daneben wird – wie auch bei der Kleinbildfotografie – umfangreiches Systemzubehör angeboten: auswechselbare Einstellscheiben, Motorantriebe, Balgeneinstellgeräte, Zwischenringe, IR-, Fern- und Funkauslöser sowie systemkonforme Blitzgeräte.

[Bearbeiten] Aktuelle Hersteller

Stand November 2006, alphabetische Reihenfolge, verschiedene Bauarten

Weitere, ehemalige Hersteller (unvollständig):

[Bearbeiten] Zweiäugige Spiegelreflexkameras

Eine inzwischen geringe Bedeutung hat die zweiäugige Spiegelreflexkamera, es war aber einmal die typische Bauform für eine Mittelformatkamera. Urahn ist die Rolleiflex von 1929, die Rollei zu einem weltbekannten Unternehmen gemacht hat. Von ihr gab es zahlreiche Nachbauten, heute bieten noch Seagull (1) oder Lubitel (Russland) solche Apparate an. Bei den zweiäugigen Kameras ist das Objektiv zumeist fest eingebaut. Rollei hatte beispielsweise gerade einmal eine Tele- und eine Weitwinkel-Rolleiflex im Angebot. Lediglich Mamiya bot Wechselobjektive für Zweiäugige an; dabei waren das Aufnahme- und das Sucherobjektiv auf einer Platte montiert, die sich an der Kamerafront befestigen ließ.

[Bearbeiten] Spezialkameras

An Spezialkameras sind vor allem Panoramakameras zu nennen, beispielsweise die Noblex, oder die legendäre Seitz Roundshot.

[Bearbeiten] Eigenschaften

[Bearbeiten] Größe und Gewicht

Mittelformat- unterscheiden sich von Kleinbildkameras zumeist erheblich im Gewicht: Lässt sich mit fünf bis sechs Kilogramm bereits eine Kleinbildsystem für eine ausgesprochen universelle Anwendung zusammenstellen, sind im Falle einer 6 cm x 6 cm-Kamera bereits zehn bis zwölf Kilogramm einzuplanen. Dadurch sind Mittelformat viel eher auf ein Fahrzeug zum Transport angewiesen. Auch im Falle einer Kamera mit fest eingebauten Normalobjektiv besteht ein solcher Unterschied: Eine Rolleiflex wiegt bereits über ein Kilogramm und damit etwas das Doppelte einer vergleichbares Pendant – dies führte zur Entwicklung der Baby-Rolleiflex mit ihrem Kleinbildformat. Die Boxkameras waren dank simpler Blechkonstruktion zwar nicht schwer, aber recht groß, was ihre Ablösung beschleunigte. Polaroid hat für seine Sofortbildkameras immer wieder Faltkameras vorgestellt, um den Größennachteil abzumildern.

[Bearbeiten] Kosten

Professionelle Mittelformatkameras sind naturgemäß erheblich teurer als vergleichbare Kleinbildkameras. Dies liegt zum einem an den kleinen Stückzahlen, vor allem aber am technischen Aufwand. Insbesondere die Objektive müssen aufwendiger gehalten werden, damit sie den größeren Bildkreis auch mit guter Qualität ausleuchten. Ein gewöhnlicher Rollfilm kostet so viel wie ein Kleinbildfilm, erlaubt aber weniger Aufnahmen. Im Falle der Diaprojektion lassen sich teure Glasrähmchen nicht umgehen, da andernfalls keine akzeptable Planlage möglich ist.

[Bearbeiten] Schärfentiefe

Da die Objektive von Mittelformatkameras eine längere Brennweite als jene der Kleinbildkameras besitzen (ein Normalobjektiv für 6 cm x 6 cm hat beispielsweise 85 mm), bieten sie eine sehr geringe Schärfentiefe. Dies hat den großen Vorteil, dass sich Objekte sehr leicht freistellen, also durch einen unscharfen Hintergrund von diesen abheben lassen. Ist aber ein größerer Schärfenbereich erforderlich, sind sehr kleine Blendenwerte und infolgedessen lange Belichtungszeiten erforderlich.

[Bearbeiten] Sucher

Die Spiegelreflex-Kameras werden meist mit einem Lichtschachtsucher betrieben, auch wenn er sich bei manchen Modellen gegen einen Prismensucher austauschen lässt. Aufgrund des großen Bildformats lässt sich das Bild damit ausgezeichnet beurteilen, hierin liegt beim Fotografieren ein wesentlicher Unterschied zum Kleinbild. Der Lichtschachtsucher weist in der Regel ein Gitterraster auf. Er zeigt das Bild seitenverkehrt, was gewöhnungsbedürftig ist, nach Meinung vieler Profis allerdings aus hirnphysiologischen und wahrnehmungspsychologischen Gründen eine bessere Beurteilung - und somit auch Komposition - des Motivs erlaubt: Das linke Auge ist nämlich mit der rechten Gehirnhälfte "verschaltet" (und umgekehrt), so dass eine seitenverkehrte (oder auf den Kopf gestellte) Betrachtung eine präzisere Einschätzung von Bildaufteilung und -proportionen ermöglicht.

Auch mit einem Prismensucher ist das Bild einer Mittelformatkamera sehr groß und dadurch gut zu betrachten.

Daneben gibt es, je nach Kamerakonstruktion und Entstehungszeit, die damals wie heute üblichen Sucherkonstruktionen unterschiedlicher Güte und Ausführung. Die Bandbreite reicht vom einfachen Rahmensucher aus Draht, Blech oder Plastik über den Brilliantsucher der Box bis hin zum optischen Aufstecksucher einer Spezialkamera.

[Bearbeiten] Bildqualität

Größenvergleich: Rollfilm 120 links, Kleinbildfilm 135 rechts. Im Gegensatz zum Kleinbildfilm ist Rollfilm unperforiert.
Größenvergleich: Rollfilm 120 links, Kleinbildfilm 135 rechts. Im Gegensatz zum Kleinbildfilm ist Rollfilm unperforiert.

Zwar können Mittelformatobjektive nicht die gleiche Auflösung wie Kleinbildobjektive bieten, also genauso viel Linien pro Millimeter abbilden, weswegen das rund viermal größere 6 cm x 6 cm-Format nicht auch eine viermal höhere Auflösung bietet; ein erhebliche Qualitätssteigerung ist aber trotzdem möglich. Dies erfordert jedoch einigen Aufwand. Das heißt: Mit einer Mittelformatkamera gelangt man nicht automatisch an eine bessere Qualität. So lässt sich der Stativeinsatz in den meisten Fällen nicht umgehen. Zum Einen führt das zugunsten der Schärfentiefe häufig erforderliche Abblenden zu Belichtungszeiten, die sich freihändig nicht mehr bewältigen lassen. Zum anderen führt der große Spiegel der einäugigen Spiegelreflexkameras bisweilen zu gewaltigen Vibrationen, die z.B. eine 1/30 s aus der Hand nahezu unmöglich machen. Hier liegt der entscheidende Vorteil zweiäugiger Kameras - der Auslösevorgang ist kaum spürbar. Da die Objektive zumeist weniger lichtstark als im Kleinbild-Bereich sind, liegt es nahe, dies mit einem hochempfindlichen Film auszugleichen. Durch die gröbere Körnung lichtempfindlicher Filme wird der Faktor, um den vergrößert werden kann, ohne dass die Körnung dem Betrachter auffällt, verringert.

Bildredaktionen nahmen Mittelformat-Diapositive lange Zeit bevorzugt an, was nicht nur an der Qualität lag, sondern vielmehr am komfortablen Betrachten der Bilder auf dem Leuchttisch. Zudem konnte wegen der geringeren erforderlichen Vergrößerung bei der Reproduktion nachlässiger gearbeitet werden.

[Bearbeiten] Einsatzgebiete

Mittelformatkameras lassen sich durch ihr größere Bauform nicht ganz so spontan einsetzen wie ihre Kleinbild-Pendants. Im Bereich der Action-, Sport-, oder Tierfotografie werden sie deshalb seltener eingesetzt, denn bei weit entfernten Motiven stoßen sie schnell an systembedingte Grenzen. Mittelformat-Teleobjektive sind schwer und teuer, extreme Brennweiten stehen überhaupt nicht zur Verfügung. Bei den meisten Herstellern endet das Programm bei 1000-mm-Teleobjektiven, was bei 6 cm x 6 cm einer 12-fachen Vergrößerung entspricht. Heutzutage werden Mittelformat-Kameras überwiegend von Profi-Fotografen eingesetzt, denn bei ihnen steht eher die Bildqualität als der „gelungene Schnappschuss“ im Vordergrund. Für kommerzielle Produktionen und in der Werbefotografie ist es nach wie vor das beliebteste Format. Hier spielt die Geschwindigkeit oder der Motivabstand eine eher untergeordnete Rolle. Das größere und hellere Sucherbild bietet dafür Vorteile bei der Bildkomposition und das Modul-System vieler Hersteller erlaubt einen flexiblen Einsatz.

[Bearbeiten] Literatur

  • Adrian Bircher: Mittelformat-Fotoschule. Photographie, Gilching 1991. ISBN 3-933-13108-1
  • Andreas Feininger: Die hohe Schule der Fotografie. Heyne, München 1996. ISBN 3453412192
  • Andreas Feininger: Andreas Feiningers große Fotolehre. Econ, Düsseldorf 1979, Heyne, München 2001. ISBN 3-453-17975-7
  • Ernst A. Weber: Fotopraktikum. Birkhäuser, Basel ³1997, 2003. ISBN 3-7643-6689-3
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