Magirus-Deutz Standardbus
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Zwischen 1968 und 1982 baute der deutsche Nutzfahrzeughersteller Magirus-Deutz standardisierte Stadt- und Überlandbusse nach Vorgaben des Verbands Öffentlicher Verkehrsbetriebe (VÖV). Die Magirus-Deutz Standardbusse trugen die Typbezeichnungen M170S11H, M170SH110, M200SH110, M230SH110, M260SH110, M260SH170, M230L117 und M260L117.
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[Bearbeiten] Anfänge
Nach den Richtlinien des VÖV wurde 1967 der erste Prototyp eines Standardbusses von Magirus-Deutz vorgestellt. Dieser basierte bei neuer, eckigerer Karosserie nach den VÖV-Vorgaben technisch auf dem Modell M 150. 1968 folgte der Serienanlauf des optisch deutlich veränderten und von 150 auf 170 PS erstarkten Modells unter der Bezeichnung Magirus-Deutz M170S11H (die alphanumerische Reihenfolge steht für Magirus-Deutz mit 170 PS, Standard-Stadtbus mit 11 Metern Länge und Heckmotor).
[Bearbeiten] Weitere Entwicklung
1970 gab es eine allgemeine Umbezeichnung aller Magirus-Deutz-Busse, der Standard-I-Stadtbus hieß nun grundsätzlich SH110, ergänzt um die vorangestellte, auf 10er-Stellen gerundete PS-Stärke des Motors (z.B. M170SH110 mit 170 PS). Dies wurde auch dadurch nötig, dass ab diesem Zeitpunkt verschiedene Motoren zur Auswahl standen. Die Abmessungen der Standard-I-Stadtbusse von Magirus-Deutz betrugen 11 Meter Länge, 2,50 Meter Breite und 2,935 Meter Höhe bei einem Gesamtgewicht von 16 Tonnen. Das Fahrzeug verfügte je nach Ausstattung über 28 bis 39 Sitzplätze und 55 bis 65 Stehplätze (Referenzdaten: Magirus-Deutz SH110).
Ab 1972 war als Pendant der 11,7 Meter lange Standard-I-Überlandbus L117 im Angebot, ebenfalls mit vorangestellter Motorisierung (etwa M230L117 für die 230-PS-Version). Dieser fand besonders als Bahnbus und Postbus (mit eingebautem Briefeinwurfschlitz) weite Verbreitung in Deutschland.
Im Gegensatz zu den vergleichbaren VÖV-Bussen der Konkurrenz (z. B. Büssing BS 110 V, MAN 750 HO-SL bzw. MAN SL 200 und Mercedes-Benz O 305) wurden die Magirus-Deutz-Busse sämtlich (wie bei diesem Hersteller üblich) von luftgekühlten Dieselmotoren angetrieben. Der leistungsmäßig kleinste und bis 1976 angebotene M170SH110 besaß einen Sechszylinder in V-Form, die stärkeren Modelle Achtzylinder-Motoren, ebenfalls in V-Anordnung. Die Motorenpalette umfasste Maschinen mit 170, 200, 230 PS und ab 1974 auch mit 260 PS. Alle gehörten den Motorenbaureihen und F6L413 (Sechszylinder) und F8L413 (Achtzylinder) von Klöckner-Humboldt-Deutz an. Für den Standard-Überlandbus L117 waren nur die Maschinen mit 230 und 260 PS im Angebot.
Nachdem die konkurrierenden deutschen und österreichischen Hersteller (allen voran MAN, Büssing war mittlerweile von MAN aufgekauft worden und existierte nicht mehr) bereits über Jahre Gelenkbusse im Angebot hatten, die mit großem Erfolg verkauft wurden, wurde auch bei Magirus-Deutz ein Standard-I-Gelenkbus entwickelt. Dieses Modell kam gemessen an den Wettbewerbern allerdings recht spät, nämlich erst 1980, auf den Markt und trug die Typbezeichnung M260SH170. Es hatte zwar einen Heckmotor wie der Solowagen, die Antriebskraft wurde jedoch per Kardanwelle auf die zweite Achse in den Vorderwagen übertragen. Damit konnte die Lizenzzahlung für die Knickschutzsteuerung des Gelenkes vermieden werden.
[Bearbeiten] Das Ende
Da Magirus-Deutz zwischen 1975 und 1980 nach und nach in die neugegründete IVECO eingegliedert worden war, wurden die Busse gegen Ende ihrer Produktionszeit auch mit dem neuen Schriftzug IVECO verkauft. Das Mainzer Bus-Werk von Magirus-Deutz wurde aufgrund jahrelanger Unrentabilität im Jahre 1982 geschlossen und die Produktion von Magirus-Deutz-Bussen aufgegeben.
Trotz bereits beschlossener Werksschließung wurde noch 1982 ein Prototyp des Standard-II-Linienbusses vorgestellt, der als Überlandbus M240L118 heißen und 240 PS besitzen sollte. Von diesem nach den VÖV-Richtlinien für eine neue Standard-Bus-Generation entworfenen Modell (von konkurrierenden Unternehmen erschienen z.B. die Modelle MAN SL 202, Mercedes-Benz O 405 und Neoplan N 416) entstanden bei Magirus-Deutz jedoch nur noch wenige Vorserienexemplare, über deren Verbleib nichts bekannt ist. Eine Serienfertigung kam nicht mehr zustande.
Von den Stadtlinienbussen der Typen SH110 und ihren Vorläufern wurden zwischen 1968 und 1982 mehrere hundert Exemplare verkauft, der Überlandbus L117 kam auf rund 1.400 Stück. Vom Gelenkbus M260SH170 wurden nur 39 Fahrzeuge gebaut; die letzten Exemplare wurden erst 1984 bei einem großen Nutzfahrzeughändler fertig gestellt und ausgeliefert. Großabnehmer des L117 Überlandbusses waren Deutsche Bundesbahn und Deutsche Bundespost. Die Stadtlinienbusse liefen beispielsweise in Krefeld, im nördlichen Ruhrgebiet (Vestische Straßenbahnen), in Köln, Mainz, Coburg und Ulm. Der in nur wenigen Exemplaren gebaute Gelenkbus war zu finden in Hannover, Braunschweig, im Münsterland (Regionalverkehr Münsterland) sowie in seiner „Heimatstadt“ Mainz.
Das letzte in Deutschland noch in Betrieb befindliche Exemplar des Linienbusses M260SH110 wurde Anfang 2006 bei einem Busunternehmer in Oberfranken ausgemustert und ist heute in Händen eines Oldtimer-Vereins. Der letzte regulär eingesetzte Gelenkbus M260SH170 beendete seinen Dienst ebenfalls 2006 bei einem privaten Busbetrieb in Dormagen. Vom meistgebauten Fabrikat, dem Überlandbus L117, waren bundesweit Anfang 2007 noch ca. 10 Fahrzeuge im Einsatz bekannt, die noch bei kleineren privaten Busunternehmen zumeist im Schülerverkehr eingesetzt wurden. Im Frühjahr 2008 war nur noch ein letztes Exemplar im Schülerverkehr in Nordrhein-Westfalen übrig geblieben; darüber hinaus gibt es noch einige wenige Sonderfahrzeuge wie Einsatzleitfahrzeuge und Info-Mobile auf Basis des L117 bei Behörden und Rettungsdiensten.