Fetus
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Ein Fetus (auch Fötus, nach lateinisch fetus, „die Brut, Nachkommenschaft“) ist ein menschlicher Embryo nach Ausbildung der inneren Organe während der Schwangerschaft. Mit Abschluss der Organogenese in der 8. Schwangerschaftswoche p.c. beginnt ab der 9. Schwangerschaftswoche p.c. nach der Befruchtung bis zur Geburt die Fetalperiode.
Andere Formen und Schreibungen sind Fet, Föt und Foetus. Die Mehrzahl wird mit der Endung -en gebildet: die Feten oder die Föten .
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[Bearbeiten] Fetales Kreislaufsystem
Der pränatale Kreislauf eines menschlichen Fetus unterscheidet sich stark vom Kreislauf nach der Geburt. Das liegt vor allem daran, dass die Lungen nicht genutzt werden. Die Versorgung mit Sauerstoff und Nahrung erfolgt über die Plazenta (Mutterkuchen) und die Nabelschnur.
Mit dem ersten Atemzug nach der Geburt ändert sich das Kreislaufsystem schlagartig. Der äußere Druck auf die Lunge nimmt stark ab. Es fließt mehr Blut aus der rechten Vorkammer (Atrium dextrum) in die rechte Herzkammer (Ventriculus dexter) und in die Lungenarterien. Es fließt weniger Blut durch die Öffnung in der Vorhof-Scheidewand (Foramen ovale) in die linke Vorkammer. Das Blut fließt durch die Lungenvenen zur linken Vorkammer (Atrium sinistrum) und erhöht dort den Blutdruck. Der gesenkte rechtsseitige und der verstärkte linksseitige Vorkammerdruck drücken das primäre Vorkammerseptum (das Septum primum) gegen das sekundäre Vorkammerseptum (das Septum sekundum).
Auf diese Weise wird die Öffnung in der Vorhof-Scheidewand (Septum foraminis ovalis) geschlossen und fortan zum Fossum ovale (ovale physiologische Vertiefung in der rechten Seite der Vorhofscheidewand des postnatalen Herzens). Die Trennung der ehemaligen direkten Verbindung zwischen rechter und linker Seite des Kreislaufes ist damit besiegelt.
Bei etwa 20 % der Erwachsenen ist die Vorhof-Scheidewand nicht vollständig zusammengewachsen (Vorhofscheidewanddefekt, häufiger Zufallsbefund bei Obduktion), was aber aufgrund des üblicherweise deutlich höheren Blutdrucks im linken Herzen keine Symptome verursacht, da weiterhin wie kurz nach dem ersten Atemzug das Septum secundum dauerhaft gegen das Septum primum gedrückt bleibt, somit das Foramen ovale vollständig abschließend.
[Bearbeiten] Begrifflichkeit
Insbesondere der Aspekt des Schwangerschaftsabbruches, der nur beim Vorliegen bestimmter Kriterien (Indikation) straffrei ist, ist derzeit der zentrale Grund für die begriffliche Trennung in Embryo, Fetus und Kind. Vielfach kritisiert wird hier das Fehlen eines verbindenden Überbegriffes, der verdeutlicht, dass es sich jeweils um den gleichen Sachverhalt handelt, und lediglich eine Unterscheidung anhand von Entwicklungsschritten vorgenommen wird: „Die Bewertung nach dem Gestationsalter gehört in den Bereich der deskriptiven Ethik, sie ist eine Bezeichnung moralischer Praxis“ (Maier, 2000, S.117); zeitliche Grenzen für die Begrifflichkeiten können darum situationsbezogen variabel sein, da es sich die Wertigkeit an bestimmten Entwicklungspunkten des Embryos bzw. des Fetus orientiert: Z.B. wird „während der Geburt .. der Fet bereits wie ein Kind behandelt - das gilt für einen Feten, der in der 24. SSW geboren wird, ebenso wie für ein reifes Kind“ (ebd.).
[Bearbeiten] Entwicklung des Fetus
(Die folgenden Angaben sind Anhaltswerte, individuell können zeitliche Unterschiede auftreten)
- Embryo: etwa am 22.Schwangerschaftstag beginnt der Herzschlag.
- Ab der 8./9. Schwangerschaftswoche wird für das ungeborene Kind der Begriff Fetus verwendet. Es bilden sich Nervenzellen im Gehirn.
- 12. Woche: Der Fetus sieht aus wie ein 'Mini-Mensch'.
- 9. - 16. Woche: Erste Bewegungen des Fetus, was auf Wahrnehmung von Umgebung und des eigenen Körper hindeutet. Die Bewegungen sind reflexartig, da noch keine Verbindung zum Gehirn besteht. Etwa bis zur 18. Woche entsteht ein zentrales Nervensystem, bei dem das Gehirn mit den meisten Teilen des Körpers verbunden ist.
- 18. Woche: Der Fetus öffnet den Mund und schluckt Fruchtwasser. Das Verdauungssystem arbeitet und Geschmacksknospen im Mund entwickeln sich.
- 21. Woche: Die Iris des Auges entwickelt sich.
- 20.-24. Woche: die Großhirnrinde wird angelegt, in ihr werden Erfahrungen gespeichert.
- 24. Woche:
- Die Lungenbläschen haben sich entwickelt. Bis zur 30. Woche bildet sich auf den Lungenbläschen ein Oberflächenfilm (Surfactant), der später das Atmen ermöglicht. Bei vorzeitiger Geburt kann der Säugling allerding nur dann atmen, wenn Surfactant durch den Arzt gegeben wird.
- Die Augenlinse wird von einem Muskel fixiert.
- 24.-26. Woche: Innen- und Mittelohr sind voll ausgebildet, Nervenbahnen der Gehörgänge sind mit isolierendem Myelin umwickelt. Herzschlag, Sprache und Atemgeräusche der Mutter sowie Außengeräusche (ab 90 Dezibel Lautstärke) können gehört werden.
- 7. Monat: Der Fetus erkennt die Stimme der eigenen Mutter.
- 26. Woche: Augenlider öffnen sich.
- 28. Woche: Der Gewebepfropf löst sich, welcher vorher die Nasenlöcher verschloss. Der Fetus kann riechen (Experimente mit zu früh geborenen Kindern bestätigen dies).
- 30. Woche:
- Auf den Lungenbläschen bildet sich ein Oberflächenfilm (Surfactant), der das Atmen ermöglicht
- Die Augen können in der Augenhöhle bewegt werden und der Fetus kann optische Sinneseindrücke wahrnehmen und reagiert z.B. auf starken Lichtschein.
- Der Fetus ist fertig entwickelt. Bis zur Geburt wächst er noch und nimmt an Gewicht zu.
- 32.-33. Woche: Der Saugreflex bildet sich aus. Zu früh geborene Kinder können selbstständig saugen.
- Geburt: Wenn die Lungenreife weit fortgeschritten ist, befindet sich soviel Surfactant-Eiweiß im Fruchtwasser, dass die Bildung von Oxytocin angeregt wird. Oxytocin bewirkt ein Zusammenziehen der Gebärmutter und löst dadurch die Geburt und die Plazentaabstoßung aus. Gleichzeitig wird durch dieses Hormon auch die Blutung in der Gebärmutter gestoppt.
Neugeborene haben eine Sehschärfe von etwa 0,03. Sie sind in der Lage zu akkommodieren. Eine Farbwahrnehmung läßt sich erst etwa zwei Monate nach der Geburt nachweisen.
Bei der Geburt sind die meisten Nervenzellen des Gehirns bereits vorhanden. Das Gehirnvolumen ist klein, damit das Baby durch den Geburtskanal passt. Das Volumen des Gehirns vergrößert sich von 0,35 Liter (bei der Geburt) auf ca. 1,35 Liter (beim Erwachsenen). Dies geschieht durch Ummantelung der Nervenleitungen mit isolierendem Myelin-Fett. Der Fettanteil im erwachsenen Gehirn beträgt ca. 60 %. Dadurch erhöht sich die Weiterleit-Geschwindigkeit der Nervenimpulse im Gehirn von 3 m/s (Fetus/Neugeborenes) auf ca. 110 m/s (Erwachsener).
Quellen:
- Wunder des Lebens, Teil I, RTL II-Sendung Welt der Wunder vom 24. Juni 2007.
- Gehirnjogging im Mutterleib, in: Bild der Wissenschaft, Nr. 2/2006, ab Seite 24.
- Verborgene Wurzeln des Glücks, Kinseher Richard, 2008, BoD, ISBN 978-3-8334-7378-4.
[Bearbeiten] Siehe auch
- Embryonalentwicklung
- Therapie in utero
- Embryonenschutzgesetz
- Neugeborenes
- Blutaustauschtransfusion
- Fetopathien