Die Wolke
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Die Wolke ist der Titel eines 1987 erschienenen Jugendbuchs von Gudrun Pausewang, welches die Erlebnisse eines Strahlenopfers nach einem (fiktiven) Unfall in einem bayerischen Atomkraftwerk erzählt.
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[Bearbeiten] Hintergrund
Hintergrund des Buches war der schwere Reaktorunfall in Tschernobyl im Jahre 1986. Die Autorin beschäftigte dieses Thema so sehr, dass sie sich Gedanken darüber machte, was in Deutschland im Falle eines Super-GAUs passieren würde. Das Buch beinhaltet im Vorwort einen Artikel[1] aus der Zeitung DIE ZEIT, der von sieben Männern und Frauen verfasst wurde. Mitverantwortlich war auch Inge Aicher-Scholl, die Schwester von Hans und Sophie Scholl. Der Artikel befasst sich mit den Folgen und Ängsten von Tschernobyl.
[Bearbeiten] Handlung
Die Geschichte handelt vom fiktiven Super-GAU des Kernkraftwerks Grafenrheinfeld. Sie schildert die daraus resultierende Panik der Bevölkerung und dramatisiert anhand des Schicksals der 14-jährigen Janna-Berta.
Nach dem vorzeitigen Schulende wegen des Reaktorunfalls kommt Janna-Berta nach Hause nach Schlitz bei Fulda, wo ihr Bruder Uli bereits auf sie wartet. Die Eltern rufen aus Schweinfurt an und verlangen entgegen den Polizeidurchsagen, dass Janna-Berta mit Nachbarn mit dem Auto flüchten, und sich auf den Weg zu einer Tante in Hamburg machen sollen.
Da bereits alle Nachbarn abgefahren sind, flüchten die beiden mit ihren Fahrrädern. Uli stirbt auf der Flucht, als er mit dem Fahrrad stürzt und von einem vorbeirasenden Auto überfahren wird. Vollkommen schockiert wird Janna-Berta von einer Familie zum Bahnhof der Stadt Bad Hersfeld gebracht. Immer noch traumatisiert und nicht fähig, rational zu handeln, will sie zurück zu ihrem toten Bruder, um ihn zu begraben. Dabei gerät sie in radioaktiven Regen und wird von einer Gruppe Hippies in ihrem Bus mitgenommen, lässt sich aber an der Grenze zur DDR absetzen. Dort irrt sie dann durch eine Lindenallee, lehnt sich übers Geländer, übergibt sich und bricht zusammen.
Sie findet sich in einem improvisierten Krankenhaus in einem Schulgebäude in dem Grenzort Herleshausen in Nordhessen wieder, wo sie viel Leid und Schicksalsschläge miterleben muss. Nach einiger Zeit fallen ihr als Reaktion auf die Strahlung, der sie ausgesetzt war, die Haare aus. Später wird sie von ihrer ungeliebten Tante Helga, der Schwester ihres Vaters, nach Hamburg gebracht, wo sie von nun an leben soll, da der Rest ihrer Familie durch das Unglück ums Leben gekommen ist. Allein ihre Großeltern leben noch, weil diese sich im Urlaub auf Mallorca befanden, als der GAU passierte. Die Tante weigert sich allerdings, ihnen mitzuteilen, dass von der Familie ihres Sohnes außer Janna niemand mehr lebt.
Nach einiger Zeit bei ihrer Tante, in der sie unter anderem auch von den Schicksalen ihrer Klassenkameraden erfährt, wird Janna-Berta von Almut, der jüngsten Schwester ihrer Mutter, besucht. Janna mochte sie wegen ihrer unkomplizierten und warmherzigen Art schon immer. Sie war Lehrerin und hat durch den Unfall ihr Baby verloren. Kurz danach verlässt Janna-Berta Hamburg und zieht zu Almut, ihrem Mann und dessen Vater nach Wiesbaden. Während die Tante in Hamburg immer versucht hatte, die kahlköpfige Janna-Berta zum Tragen einer Mütze zu bewegen, sieht sich Almut selbst auch als Hibakusha (=Strahlengeschädigte) und setzt sich sehr für diese Bevölkerungsgruppe ein. Janna-Berta hilft ihr dabei.
Sobald die Sperrzone drei, in der Schlitz liegt, von den Behörden wieder – auf eigene Gefahr – zur Rückkehr freigegeben wird, macht sich Janna auf den Weg nach Hause. Unterwegs sucht sie in dem Rapsfeld, in welchem sie ihren toten Bruder zurücklassen musste, nach seinen sterblichen Überresten, um sie gleich an Ort und Stelle zu begraben. Wieder im Haus ihrer Familie angekommen, findet das Mädchen ihre soeben von Mallorca heimgekommenen, noch ahnungslosen Großeltern vor und verbirgt, um die Wiedersehensfreude nicht zu trüben, vorerst ihren Kahlkopf unter einer Haube. Doch als sich der Großvater gleich darauf über die „unnötige Aufregung“ wegen dieses „Großkatastrophenmärchens“ auslässt, nimmt sie die Mütze ab und beginnt, die ganze schreckliche Wahrheit zu erzählen.
[Bearbeiten] Verfilmung
Das Buch wurde 2006 unter der Regie von Gregor Schnitzler im Stile eines Katastrophenfilms adaptiert. Die Verfilmung zeigt zu Beginn ebenfalls die aufkommende Panik, konzentriert sich aber später hauptsächlich auf die Beziehung der beiden Hauptcharaktere Elmar (gespielt von Franz Dinda) und Hannah (gespielt von Paula Kalenberg). Im Film trägt das Kernkraftwerk den fiktiven Namen Atomkraftwerk Marktebersberg. Dieser Film hat fast keine Ähnlichkeit mehr mit dem Buch, da die Namen geändert worden sind und es ein anderes Ende gibt.
Die Massenpanik-Szenen am Bahnhof von Bad Hersfeld konnten nicht am Originalschauplatz gedreht werden, weil die Deutsche Bahn Drehgenehmigungen für jeden ihrer Bahnhöfe verweigerte.[2] Die Produktion wich stattdessen auf den markanten Bahnhof von Verviers in Wallonien aus, der zuvor mit neuen Hinweistafeln und Schildern "eingedeutscht" worden war. Über 400 Komparsen wirkten bei der über drei Tage gefilmten Szene mit.[3]
Der Film wurde für den Deutschen Filmpreis 2007 in der Kategorie Bester Kinder- und Jugendfilm nominiert. Paula Kalenberg erhielt 2006 den New Faces Award der Bunte für ihre Rolle als beste Nachwuchsschauspielerin
[Bearbeiten] Kritik
Befürworter der Kernkraft warfen dem Buch und seiner Verfilmung vor, unbegründete Ängste zu schüren. Sie bestreiten ausdrücklich, dass ein derartiger Unfall in einem deutschen Kernkraftwerk möglich sei. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass der Film nur wenige Gemeinsamkeiten mit dem Buch hat.[4]
[Bearbeiten] Einordnung in das Werk der Autorin
Das aus dem Geist der Anti-AKW-Bewegung entstandene Buch möchte Jugendliche auf die Probleme und Gefahren der Kernenergie hinweisen. Die Autorin vergleicht dabei in ihrem Vorwort die Atomenergie mit den Gefahren des Nationalsozialismus, fordert zum Widerstand gegen die „Atommafia“ auf und warnt vor einem „Ökozid“ der Gesellschaft.
Ein ähnliches Jugendbuch der Autorin ist Die letzten Kinder von Schewenborn mit dem düsteren Gefahrenbild eines Kernwaffen-Krieges. Beide Bücher spielen am selben Ort.
[Bearbeiten] Preise
- Deutscher Jugendliteraturpreis 1988
- Kurd-Laßwitz-Preis 1988
- Bayerischer Filmpreis 2007 – Bester Jugendfilm
[Bearbeiten] Weblinks
- Besprechung der Süddeutschen Zeitung zur Ausgabe in der Jungen Bibliothek: [1]
- Die Wolke in der Internet Movie Database
- Filmkritik von Die Wolke
- Interview mit Paula Kalenberg zu "Die Wolke" auf filmnews.at