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Abkommen von Sunningdale – Wikipedia

Abkommen von Sunningdale

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Das Abkommen von Suningdale (Sunningdale Agreement) war der Versuch, den Nordirlandkonflikt ("the Troubles") zu beenden. Das Abkommen wurde am 9. Dezember 1973 in Sunningdale, Grafschaft Berkshire, Vereinigtes Königreich geschlossen.[1] Es sah vor, dass die nordirischen Unionisten einen Teil der Macht an nationalistische Iren abtrat. Starke Opposition seitens der Unionisten, Gewalttaten der Provisional Irish Republican Army (PIRA) und schließlich eine Generalstreik unionistischer Arbeiter (Ulster Workers' Council Strike) führten im Mai 1974 zum Scheitern des Abkommens.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Inhalt des Abkommens

Das Abkommen bestand aus drei Teilen:

[Bearbeiten] Northern Ireland Assembly

Am 20. März 1973 veröffentlichte die britische Regierung ein Weißbuch, dass folgende Vorschläge enthielt:

  • Schaffung eine Northern Ireland Assembly mit 78 Sitzen, welche nach dem Verhältniswahlrecht gewählt wird,
  • Die britische Regierung behält die Kontrolle über die Ordnungs- und Sicherheitsbehörden
  • ein Council of Ireland gibt der Republik Irland und Nordirland ein gegenseitiges Mitspracherecht.

Die Assembly sollte das aufgelöste Parlament von Nordirland ersetzen. Man hoffte jedoch, dass die Versammlung nicht von der UUP dominiert werden würde und daher von den nationalisten akzeptiert würde.

Das Gesetz zur Schaffung der Northern Ireland Assembly wurde am 3. Mai 1973 erlassen, am 28. Juni gab es die zugehörigen Wahlen. Das Abkommen von Sunningdale wurde von der nationalistischen SDLP, der unionistischen UUP und der moderat unionistischen Alliance Party of Northern Ireland unterstützt. Die Befürworter gewannen eine klare Mehrheit der Sitze, aber eine nicht unerhebliche Minderheit in der UUP war gegen das Abkommen.

Die Anhänger der Republik boykottierten die Wahlen und die PIRA setzte ihre Serie von Anschlägen fort.

[Bearbeiten] Northern Ireland Executive

Nach den Wahlen begannen die Verhandlungen zu einer konfessionell übergreifenden Mehrparteien-Regierung. Die umstrittensten Punkte waren dabei die Internierung von Regierungsgegnern, die Polizeiarbeit und Fragen zum Council of Ireland.

Am 21. November einigte man sich auf eine Koalition der Vertragsbefürworter.[2]. Prominentes Mitglied der der Exekutive waren der ehemalige Premierminister von Nordirland, Brian Faulkner als Chief Executive, der Vorsitzende der SDLP Gerry Fitt als stellvertretender Chief Executive, John Hume (späterer Nobelpreisträger und Vorsitzende der SDLP) als Handelsminister und der Vorsitzende der Alliance Party Oliver Napier as Justizminister und Vorsitzender der Behörde für Gesetzesreformen (Office of Law Reform). Zu diesem Zeitpunkt war die UUP jedoch schon zutiefst gespalten: sein Parteivorstand sprach sich nur mit einer knappen Mehrheit von 132 zu 105 für die Annahme des Abkommens aus. Seit der Teilung Irlands waren unionistische Politiker strikt gegen eine Gewaltenteilung mit der katholischen Minderheit und der Beschluss, genau diese Macht abzugeben, rief große Verwerfungen in der UUP hervor.

[Bearbeiten] Der Council of Ireland

Die Grundlagen für den Council of Ireland bestanden schon seit dem Government of Ireland Act im Jahre 1920, der aber nie in Kraft trat. Die Unionisten verabscheuten den Gedanken einer "Einmischung" seitens des Irischen Freistaats in ihrem Gebiet, die Nationalisten weigerten sich, die faktische Teilung Irlands anzuerkennen.

Nachdem man sich auf eine Exekutive geeinigt hatte, wurde über den Council of Ireland verhandelt. Dieser sollte die Zusammenarbeit mit der Republik Irland verbessern. Verhandlungspartner waren der britische Premierminister Edward Heath, der irische Taoiseach Liam Cosgrave sowie die drei Koalitionsparteien.

Die Gespräche endeten mit der Vereinbarung eines zweiteiligen Councils:

  • Der Ministerrat (Council of Ministers) sollte sich aus sieben Mitgliedern der Koalition und sieben Ministern der irischen Regierung zusammensetzen. Er sollte ausführende und harmonisierende Aufgaben wahrnehmen und eine beratende Rolle einnehmen.
  • Die Beratende Versammlung (Consultative Assembly) sollte aus bis zu 30 Mitgliedern des Dáil Éireann und 30 Mitgliedern der Northern Ireland Assembly bestehen. Er sollte nur überwachende und beratende Funktion besitzen.

Am 9. Dezember wurde ein Kommuniqué mit dem Inhalt der Einigung veröffentlicht, dass später als Sunningdale Agreement bekannt wurde.

[Bearbeiten] Reaktionen auf das Abkommen

Man einigte sich schließlich, dass sich die Aufgaben des Councils auf "Tourismus, Naturschutz und Tiergesundheit" beschränken sollten. Die Unionisten sahen dies dennoch als einen Einfluss der Republik auf den Norden und einen weiteren Schritt hin zu einem vereinigten Irland. Sie sahen sich darin bestätigt, als das Ratsmitglied der SDLP Hugh Logue den Council öffentlich in einer Ansprachen am Trinity College in Dublin[3] beschrieb:

“the vehicle that would trundle unionists into a united Ireland”

Hugh Logue

Am 10. Dezember, einen Tag nach der Ankündigung des Abkommens, gründeten loyalistische Paramilitärs den Ulster Army Council, eine Koalition aus verschiedenen paramilitärischen Gruppen, darunter auch die Ulster Defence Association und die Ulster Volunteer Force.

Im Januar 1974 sprach sich die UUP mit knapper Mehrheit gegen eine weitere Teilnahme in der Northern Ireland Assembly aus. Faulkner trat daraufhin als Vorsitzender zurück. Sein Nachfolger wurde der Summingdale-Gegner Harry West. Bei den Wahlen zum britischen Unterhaus im Februar 1974 bildeten die Unionisten den United Ulster Unionist Council (UUUC), eine Koalition aus Anti-Sunningdale Parteien (unter anderem die Vanguard Progressive Unionist Party und Democratic Unionist Party). Sie stellten pro Wahlkreis jeweils einen einzigen, gemeinsamen Kandidaten auf. Die Sunningdale-Befürworter waren untereinander gespalten und stellten jeweils eigene Kandidaten auf. Bei der Verkündung der Wahlergebnisse hatte der UUUC elf der zwölf möglichen Wahlkreise gewonnen constituencies. Es zeigte sich, dass sich die Sunningdale-Befürworter gegenseitig die Stimmen weggenommen hatten. Nur im Wahlkreis West Belfast konnte ein pro-Sunningdale Kandidat den Sitz gewinnen. Die UUUC erklärte daraufhin, dass dieses Ergebnis eine demokratische Ablehnung des Abkommens von Sunningdale sein und man sich mit allen Mitteln für dessen Scheitern einsetzen würde.

Unionisten, die für das Abkommen waren, zogen ihre Zustimmung zum Abkommen zurück und verlangten von der Republik Irland eine Änderung der Artikel 2 und 3[4] der Irischen Verfassung[5].

[Bearbeiten] Scheitern des Abkommens

Nachdem ein Antrag, der eine Überparteiliche Regierung ablehnt, in der Northern Ireland Assembly gescheitert war, rief der Ulster Workers' Council (UWC) einen Generalstreik ab dem 15. Mai aus. Nach zweiwöchiger Lebensmittelknappheit, Unruhen, Straßensperren und Einschüchterungen trat Brian Faulkner als Chief Executive zurück. Das Abkommen von Sunningdale zerbrach somit am 28. Mai 1974.

Der Streik war erfolgreich, weil britische Ordnungskräfte sich scheuten, mit Gewalt gegen einige Maßnahmen des Generalstreiks vorzugehen. Als man später diese einsetzen wollte, legten die Unionisten in der Exekutive ihr Veto ein.

Die beste Wirkung erzielte der Generalstreik auf die Stromversorgung. Das Kraftwerk in Ballylumford versorgte Belfast und den größten Teil Nordirlands mit Strom. Die Arbeiter waren zumeist Protestanten und in der UWC organisiert. John Humes Plan, das Stromnetz Nordirlands zu teilen und sich auf die Stromversorgung des Kraftwerkes in Limavady zu verlassen, wo überwiegend Katholiken arbeiteten, um Derry und seine Umgebung am Netz zu halten und damit den Streik der Unionisten zu untergraben, wurde vom britischen Innenminister Merlyn Rees abgelehnt.

[Bearbeiten] Weblinks

[Bearbeiten] Fussnoten

  1. Bericht der BBC
  2. Anders als beim Belfast Agreement, welches die D'Hondt-Verfahren für die Besetzung von Ministerämtern proportional zu den Mehrheitsverhältnissen in der Versammlung vorsieht
  3. CAIN Web Service (englisch)
  4. Wortlaut der Artikel 2 und 3 (Version gültig von 1937 bis 1999)::
    Artikel 2: The national territory consists of the whole island of Ireland, its islands and the territorial seas.
    Artikel 3: Pending the re-integration of the national territory, and without prejudice to the right of the parliament and government established by this constitution to exercise jurisdiction over the whole territory, the laws enacted by the parliament shall have the like area and extent of application as the laws of Saorstat Éireann (=Irischer Freistaat) and the like extra-territorial effect.
  5. In der Tat wurden diese Artikel erst durch das Karfreitagsabkommen von 1998 geändert


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