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Verfassungsorgan – Wikipedia

Verfassungsorgan

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

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Als Verfassungsorgan wird im deutschen Verfassungsrecht ein Staatsorgan genannt, dessen Rechte und Pflichten in der Staatsverfassung festgeschrieben sind. Vom Verfassungsorgan zu unterscheiden ist die Person, die in ihm tätig wird (Organwalter).

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Verfassungsorgane des Bundes

Die Verfassungsorgane der Bundesrepublik Deutschland sind:

  1. der Bundestag (Abschnitt III des Grundgesetzes, Art. 38–48)
  2. der Bundesrat (Abschnitt IV des Grundgesetzes, Art. 50–53)
  3. der Gemeinsame Ausschuss (Abschnitt IVa. Art. 53a)
  4. die Bundesversammlung (Abschnitt V des Grundgesetzes, Art. 54)
  5. der Bundespräsident (Abschnitt V des Grundgesetzes, Art. 54–61)
  6. die Bundesregierung (Abschnitt VI des Grundgesetzes, Art. 62–69)
  7. das Bundesverfassungsgericht (Art. 93, 94, 99, 100 des Grundgesetzes) (s. Statusdenkschrift)

Der Bundeskanzler ist zwar (auch) Mitglied des Kollektivorgans Bundesregierung. Er ist dennoch (auch) selbst oberstes Bundesorgan. Es verhält sich hier so wie mit dem Bundestag (dessen Mitglieder zugleich Mitglieder der Bundesversammlung sind). Der Bundeskanzler hat orginär (ohne Ableitung von der Bundesregierung als Kollegium) insbesondere die Schlüsselkompetenzen nach Art. 64 Abs. 1 (Vorschlag der Ernennung und Entlassung der Bundesminister), 65 S. 1 (Richtlinienkompetenz) 68 (Vorschlag der Auflösung des Bundestages) GG inne.

In der Parteienstaatslehre nach Leibholz sind auch die politischen Parteien Verfassungsorgane, soweit ihre Rechte aus Art. 21 Abs. 1 Grundgesetz reichen. Dieser Auffassung folgte das Bundesverfassungsgericht anfangs (vgl. BVerfGE 1, 208 [223ff.], zuletzt 12, 267 [280]). Seit der Entscheidung BVerfGE 20, 1 (9, 29) jedoch werden Parteien lediglich als „im Rang einer verfassungsrechtlichen Institution“ bezeichnet, im Prozess vor dem Bundesverfassungsgericht aber immer noch sehr ähnlich den Verfassungsorganen behandelt. In der rechtswissenschaftlichen Literatur wurde die Einordnung als Verfassungsorgan zum Teil heftig kritisiert.

Die Verfassungsorganeigenschaft des Bundesrechnungshofs ist umstritten (vgl. Stern, Staatsrecht II, S. 449 ff.).

Ausdrücklich keine Organstellung iSd Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG besitzt das Gebietsvolk[1], auch wenn das Volk in der Präambel, Art. 20 Abs. 2, 29 Abs. 1, 38, 146 GG genannt ist.

[Bearbeiten] Verfassungsorgane des Landes

Verfassungsorgane auf Landesebene sind

  1. das Landesparlament,
  2. die Landesregierung und
  3. (außer in Schleswig-Holstein) das Landesverfassungsgericht.

[Bearbeiten] Vorrechte und Privilegien

Die Verfassungsorgane verfügen über gewisse Vorrechte und Privilegien.

  • Die Verfassungsorgane sowie Teile der Organe sind im Organstreitverfahren nach Artikel 93 I Nr. 1 des Grundgesetzes parteifähig.
  • Im Bundeshaushalt verfügen sie über einen eigenen Einzelplan und sind nicht etwa aus dem Einzelplan eines Bundesministeriums zu bewirtschaften (für das Bundesverfassungsgericht erst durch die Statusdenkschrift durchgesetzt).
  • Sie verfügen über Satzungsautonomie zur Regelung ihrer eigenen, inneren Angelegenheiten; die Verfassungsorgane haben sich kraft dieser Satzungsautonomie Geschäftsordnungen gegeben, die Organsatzungen darstellen.
  • Ihnen steht das Hausrecht im Bereich ihrer Gebäude zu. Für den Bundestag bestimmt Art. 40 Abs. 2 GG auch, dass dem Bundestag die Polizeigewalt zusteht. Sie wird durch den Bundestagspräsidenten ausgeübt, der eine eigene Polizei beim Deutschen Bundestag eingerichtet hat.
  • Die Fahrzeuge der Verfassungsorgane tragen das eigene Kfz-Kennzeichen „BD“.

[Bearbeiten] Verhältnis der Verfassungsorgane untereinander; Verfassungsorgantreue

Die Existenz verschiedener Verfassungsorgane und die klare Abgrenzung ihrer Kompetenzen ist ein Ergebnis der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 3 GG). Erstrebt wird ein System ausgewogener checks and balances.

Die Verfassungsorgane sind untereinander zu einem Treu und Glauben entsprechenden Verhalten verpflichtet. Dieser Grundsatz der Verfassungsorgantreue wurde vom Bundesverfassungsgericht nach dem Prinzip des bundesfreundlichen Verhaltens entwickelt. Er vermag aber keine eigenen Rechte und Pflichten zu begründen, sondern wirkt nur kompetenzmoderierend, d. h. er gestaltet lediglich den Inhalt bereits bestehender Rechtsverhältnisse in die eine oder andere Richtung aus.

[Bearbeiten] Quellennachweise

  1. http://www.oefre.unibe.ch/law/dfr/bv013054.html BVerfGE 13, 54 – Neugliederung Hessen

[Bearbeiten] Literatur

  • Chr. Burkiczak: Die Bundesversammlung und die Wahl des Bundespräsidenten – Rechtliche Grundlagen und Staatspraxis; in: JuS 2004, S. 278–282.
  • Roman Herzog, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz. Kommentar, 2002, Art. 54, Randnummer 29.
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