Steuerreform
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Als Steuerreform wird eine größere oder grundsätzliche Änderung des Steuersystems oder eines einzelnen Steuergesetzes in einem Land bezeichnet.
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[Bearbeiten] Rechtfertigung für Steuerreformen
Immer wiederkehrende Begründungen für Reformen sind:
- Beseitigung einer zu hohen oder zu niedrigen Besteuerung (z.B. Nichtbesteuerung, nationale Doppelbelastung) bestimmter Einkommensteile oder Steuerzahler im Sinne einer Erhöhung der Steuergerechtigkeit). Hierzu gehören auch die Diskussion um den Abbau als ungerechtfertigt erachteter Steuervergünstigungen sowie die Forderungen nach Angleichung von Steuertarif bzw. Steuersätzen an diejenigen anderer Staaten.
- Vereinfachung des Steuerrechts und Erhöhung der Transparenz.
- Europarechtliche Vorgaben, bspw. als Reaktion auf Urteile des Europäischen Gerichtshofes.
- Vorgaben der nationalen Rechtsprechung, in Deutschland vor allem als Folge von Urteilen des Bundesfinanzhofes oder des Bundesverfassungsgerichts.
- Änderungen des Steuerrechts als Folge völkerrechtlicher Verträge.
- Vor allem im Bereich der Unternehmensbesteuerung Erhöhung der Standortattraktivität für Investitionen. Die erhöhte Mobilität von Firmen und Gutverdienern, verbunden mit einem verschärften weltweiten Steuerwettbewerb reduziert die staatlichen Gestaltungsmöglichkeiten hier allerdings erheblich.
- Verhinderung schleichender Steuererhöhungen (sog. kalte Progression) durch das Zusammenwirken von schleichender Inflation und progressivem Steuertarif.
[Bearbeiten] Steuerreformen in Deutschland
Steuerreform als tiefgreifende Änderungen der Steuergesetzgebung in Deutschland betreffen insbesondere das Einkommensteuergesetz und das Körperschaftsteuergesetz.
[Bearbeiten] Umgesetzte Steuerreformen
Steuersenkungen auf Kapitaleinkommen und Senkungen des Spitzensteuersatzes erfolgten seit den 1970er Jahren mehrmals:
- Abschaffung der Doppelbesteuerung durch Einführung des Anrechnungsverfahrens am 1. Januar 1977
- Abschaffung der Lohnsummensteuer zum 1. Januar 1980
- Abschaffung der Börsenumsatzsteuer zum 1. Januar 1991
- Abschaffung der Gesellschaftssteuer zum 1. Januar 1992
- Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer zum 1. Januar 1998
- Aussetzung der Vermögensteuer zum 1. Januar 1997
- Einführung eines besonderen Einkommensteuerspitzensatzes von 47% statt 53% auf gewerbliche Einkünfte zum 1. Januar 1994
- Senkung des Körperschaftsteuersatzes von 45% auf 40% zum 1. Januar 1999
- Einführung des Halbeinkünfteverfahrens und Senkung des Körperschaftsteuersatzes auf 25% zum 1. Januar 2001. Die Gewerbesteuer darf jetzt auf die Einkommensteuer angerechnet werden.
- Senkung des Einkommensteuerspitzensatzes auf 45 % zum 1. Januar 2004; Einführung eines Erbschaftsteuer-Freibetrags von 225.000 Euro und Umstellung der Berechnungsgrundlage vom Verkehrswert auf den Ansatz der Steuerbilanz
- Senkung des Einkommensteuerspitzensatzes auf 42% zum 1. Januar 2005.
- Erhöhung des Einkommensteuerspitzensatzes auf 45% zum 1. Januar 2007 („Reichensteuer“)
[Bearbeiten] Ökologische Steuerreform seit 1998
- Hauptartikel: Ökosteuer (Deutschland)
[Bearbeiten] Steuerreform 2000
- Hauptartikel: Steuerreform 2000 in Deutschland
[Bearbeiten] Steuerreform 2008
- Hauptartikel: Unternehmenssteuerreform 2008 in Deutschland
[Bearbeiten] Beispielhafte Steuerreformvorschläge
- 1994 stellt eine Kommission um den Steuerwissenschaftler Peter Bareis von der Universität Hohenheim ein Modell vor, in dem 85 Steuervergünstigungen abgeschafft werden. Der damalige Bundesfinanzminister Theo Waigel lehnt das Konzept ab.
- 1996 stellt der CDU-Bundestagsabgeordnete und Wirtschaftssprecher der Fraktion Gunnar Uldall die Abschaffung von Ausnahmetatbeständen und einen dreistufigen Einkommensteuertarif von 8 %, 18 % und 28 % bei einem Grundfreibetrag von 12.000 DM zur Diskussion.
- Im Januar 2001 schlägt der ehemalige Richter am Bundesverfassungsgericht Paul Kirchhof mit der Forschungsgruppe Bundessteuergesetzbuch einen Einkommensteuertarif mit Steuersätzen zwischen 15 % und 35 % vor. Der Grundfreibetrag soll 8.180 € (16.000 DM) betragen.
- Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung schlägt im Jahresgutachten 2003 die Einführung einer dualen Einkommensteuer vor. Im April 2006 präzisiert er diese Vorschläge. Danach soll eine Spaltung in Kapital- und Erwerbseinkommen vorgenommen werden. Ersteres soll mit 25 % besteuert werden, der Rest unterliegt dem bekannten linear-progressiven Tarif der Einkommensteuer.
- Der CDU-Politiker Friedrich Merz stellt 2003 sein Konzept der Bierdeckelsteuer zur radikalen Vereinfachung der Einkommensteuer vor.
- Im Februar 2005 präsentiert eine Arbeitsgruppe um den Kölner Steuerrechtsprofessor Joachim Lang den "Kölner Entwurf eines Einkommensteuergesetzes", der das geltende Einkommensteuerrecht entschlacken und auf seine systematischen Wurzeln zurückführen soll. Einzelne Steuervergünstigungen, insbesondere für Arbeitnehmer, sollen gestrichen, grundlegende Rechtsprechung, die das Recht weiterentwickelt hat, in den Gesetzestext aufgenommen werden. Lang leitet derzeit die Kommission "Steuergesetzbuch" unter dem Dach der Stiftung Marktwirtschaft, die ein umfassendes Reformkonzept erarbeiten will.
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