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Ricardianische Äquivalenz – Wikipedia

Ricardianische Äquivalenz

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Die Ricardianische Äquivalenz ist ein auf David Ricardo zurückgehendes Konzept, das sich mit der Wirkung von Steuersenkungen in der Gegenwart, die mit höheren Steuern in der Zukunft finanziert werden, beschäftigt. Dieses Konzept wurde zuerst im 19. Jahrhundert formuliert und kürzlich wieder von Robert Barro aufgegriffen und popularisiert, daher wird in der Literatur auch von Barro-Ricardo-Äquivalenzproposition gesprochen.

Diesem ökonomischen Standpunkt zu Folge sind die Wirtschaftssubjekte in der Lage zu erkennen, dass eine Steuersenkung heute, die in der Zukunft zu höheren Steuern führt, nicht ihr Vermögen über die Lebenszeit beeinflusst. Somit werden die Wirtschaftssubjekte das zusätzliche Einkommen, das sie durch die Steuersenkung erhalten, sparen und nicht für zusätzlichen Konsum ausgeben. Eine so angelegte fiskalpolitische Maßnahme würde also keinen positiven Effekt auf die konjunkturelle Situation der Volkswirtschaft ausüben können: Der private Sektor internalisiert Staatsbudget im vollen Umfang.

Kritiker dieser These wenden ein, dass eine fiskalpolitische Expansion die Liquiditätsschranken (Unfähigkeit zur Kreditaufnahme mangels Bonität) aufweichen und somit zu einer stärkeren Konsumnachfrage führen kann. Weiterhin verweisen sie auf empirische Untersuchungen die zeigen, dass das Konzept nicht uneingeschränkt gültig sein kann, da die Anfang der 1980er Jahre in den USA durchgeführte Steuersenkung nicht zu einem Anstieg der Sparquote führte (die Sparquote sank von ca. 9% im Jahr 1981 auf unter 5% 1990).

Bei der Diskussion über die ricardianische Äquivalenz handelt es sich ideengeschichtlich um eine Auseinandersetzung zwischen Keynesianern und Vertretern des makroökonomischen Zweiges der neuen klassischen Theorie, den New Classical Macroeconomics, der an prominenter Stelle durch Robert Barro vertreten wurde. Diese Schule entstand als Reaktion auf den vollkommenen Verzicht des klassischen Keynesianismus (nicht aber des gegenwärtigen Neokeynesianismus) auf die Betrachtung der Erwartungsbildung von Individuen. Staatsverschuldung, so die klassische keynesianische These, vertreten vor allem von Abba P. Lerner, sei positiv zu bewerten, weil sie expansive Wirkungen auf das Volkseinkommen habe und in Krisenzeiten für stabilisierende Politiken eingesetzt werden könnten. Diese Sichtweise vernachlässigte die Antizipation zukünftiger Steuererhöhungen durch die Bevölkerung als Folge der wachsenden Verschuldung. Die Theorie der ricardianischen Äquivalenz sollte die in der Wissenschaft damals vorherrschende, keynesianische Sichtweise auf Verschuldung vor dem Hintergrund rationaler Erwartungen korrigieren, indem sie einer extremen Sichtweise (keine Erwartungen) eine andere extreme Sichtweise (rationale Erwartungen) entgegen stellte.

Empirisch kann die These der Ricardianischen Äquivalenz nicht vollkommen gestützt werden.

Neben der New Classical Macroeconomics trug auch die Public-Choice-Theorie, vor allem durch James M. Buchanan maßgeblich zur Popularisierung der Kritik am alt-keynesianischen Optimismus bezüglich der positiven Wirkungen von Staatsverschuldung bei, unter deren politischen Folgen die Haushalte vieler Länder bis heute leiden.

[Bearbeiten] Erbschaften

Untersuchungen von Robert E. Hall und N. Gregory Mankiw haben ergeben, dass ältere Personen ihr Vermögen nicht so schnell abbauen, wie man es erwarten würde wenn sie wirklich versuchten, bis an das Lebensende zu entsparen. Ältere Personen sparen aus Vorsicht weiter oder wollen an ihre Erben weitervererben. Dieses von der Lebenszyklushypothese nicht erklärte Verhalten wird mit der ricardianischen Äquivalenz aufgegriffen. Damit zukünftige Steuererhöhungen antizipiert werden, müssen diese entweder innerhalb des Lebenshorizonts liegen oder den Individuen muss ein dynastisches Motiv unterstellt werden, d.h. sie ziehen auch Nutzen aus dem Wohlergehen ihrer Nachkommen.

[Bearbeiten] Literatur

  • Barro, Robert (1974), Are Government Bonds Net Wealth?, Journal of Political Economy;
  • Barro, Robert (1976), Rational Expectations and the Role of Monetary Policy, Monetary Economy 2:1-32
  • Buchanan, James; Rowley, Charles; Tollison, Robert (Ed.) (1987), Deficits, Basil Blackwell Publications, Oxford
  • Dean, Andrew; Durand, Martine; Fallon, John; Hoeller, Peter (1989), Saving Trends and Behaviour in OECD Countries, OECD Economics Department (PDF, englisch)
  • Leiderman, Leonardo; Blejer, Mario (1988), Modelling and Testing Ricardian Equivalence: A Survey, IMF Staff Papers
  • Modigliani, Franco (1988) Reagan's Economic Policies, Oxford Economic Papers


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