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Numismatik – Wikipedia

Numismatik

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Die Numismatik (griechisch νομισματική [τέχνη, μάθησις], zu νόμισμα [nómisma, das Gesetzmäßige, das Gültige, die Münze], von νόμος [nómos, das Gesetz, die Gültigkeit]), auch Münzkunde genannt, ist die wissenschaftliche Beschäftigung mit Geld und seiner Geschichte. Oft wird das Sammeln von Münzen als Hobby ebenfalls Numismatik genannt.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Gegenstand

Wichtigstes Objekt der Numismatik ist die Münze. Aber auch andere Geldformen wie Papiergeld, vormünzliche Zahlungsmittel und münzverwandte Objekte wie Medaillen, Jetons oder religiöse Medaillen bis hin zu tesse­rae (Marken, beispielsweise Färbermarken) werden von der Numismatik untersucht. Bei den münzverwandten Objekten spricht man auch von Paranumismatik oder Exonumia.

Bei Epochen, aus denen wenige schriftliche Quellen überliefert sind, haben Münzen einen hohen Wert als Primärquellen zur Chronologie sowie zur Wirtschafts- und Kulturgeschichte. Dies gilt besonders für das griechische und römische Altertum und für Gebiete außerhalb der antiken Mittelmeerkulturen (etwa die Reiche der Parther und Skythen), aber auch für das Früh- und Hochmittelalter.

Für diese Perioden sind vor allem Münzfunde, also Münzen, die bei Ausgrabungen zusammen mit anderen Objekten gefunden werden oder als Schatzfunde zufällig entdeckt werden, nicht nur wichtige Datierungshilfen für die zeitliche Einordnung archäologischer Befunde, sondern eine erstrangige historische Quelle. Hier hat sich eine eigentliche Fundmünzennumismatik herausgebildet, die heute den dynamischsten und methodisch innovativsten Teil des Fachs bildet, denn bis heute vermehrt sich das Quellenmaterial der Münzfunde ständig. In jüngerer Zeit gewinnen auch die einzeln gefundenen Münzen (Einzelfunde, Verlustfunde) an Beachtung und werden bei Fundinventaren ebenfalls erfasst.

Seit dem Mittelalter ist die Numismatik mit der zunehmenden Dichte an schriftlichen Quellen besonders verzahnt mit der Geldgeschichte, für die es sowohl historische als auch volkswirtschaftliche Erscheinungsformen gibt. Einen gewissen Endpunkt für die Numismatik setzt die neueste Zeit mit der stark zurückgehenden Bedeutung des Münzgeldes.

Einerseits eine hochspezialisierte historische und archäologische Teildisziplin, hat die Numismatik andererseits zahlreiche Verbindungen zu Nachbarfächern wie der Wirtschafts- und Sozialgeschichte, der Kunstgeschichte oder der Namenkunde. Speziell im Rahmen des Faches Alte Geschichte ist Numismatik traditionell eine der wichtigsten Hilfswissenschaften.

[Bearbeiten] Methoden

Die Methoden der Numismatik im engeren Sinn sind vorwiegend an das Objekt, die Münze, gebunden; andere methodische Ansätze gehen von geldgeschichtlichen Fragestellungen aus.

Münzen sind gleichförmige Massenprodukte, die in großer Zahl überliefert sind. Darin ähneln sie etwa der archäologischen Fundgruppe der Keramik. Dennoch ist jede Münze, bedingt durch die Produktionsweise, ein Individuum mit speziellen Merkmalen (Prägefehler, Materialfehler und Unregelmäßigkeiten), die für eine Auswertung verwendet werden können.

Die wichtigste numismatische Methode, die der Rekonstruktion der ursprünglichen Abfolge der Münzprägung dient, ist die Stempelanalyse. Sie gründet auf der Beobachtung, dass jede (zweiseitige) Münze aus einem Vorder- und einem Rückseitenstempel hergestellt ist. Die beiden Stempel, bei der Hammerprägung als Ober- und Unterstempel verwendet, nutzen sich ungleichmäßig ab. Der Oberstempel muss meist früher ersetzt werden als der Unterstempel. Das führt zu unterschiedlichen sog. «Stempelkombinationen»; die verschiedenen Kombinationen bilden aneinandergereiht die Stempelkette und diese wiederum entspricht der Reihenfolge bei der Produktion der einzelnen Münzen. Die Stempelanalyse wurde erstmals im 19. Jahrhundert verwendet und von Friedrich Imhoof-Blumer in die griechische Numismatik eingeführt. Heute wird die Stempelanalyse auch benutzt, um Zuschreibungen anonymer Münzen abzusichern sowie die quantitative Bedeutungen von Münzemissionen zu beurteilen.

Daneben sind Typologie und Stilanalyse wichtige Methoden, um Chronologie und Zusammengehörigkeit von Münztypen zu erschließen. Die Grenzen all dieser Methoden liegen in der Tatsache, dass nur eine verschwindend geringe Zahl der ursprünglich geprägten Münzen überhaupt überliefert sind; Schätzungen aufgrund von Münzfunden lassen vermuten, dass wir heute nur mehr etwa 1 Promille der ursprünglich geprägten Münzen zur Verfügung haben. Als Objekte der Geldwirtschaft kommt bei den der Edelmetallmünzen deren Gewicht eine wesentliche Bedeutung zu. Die Metrologie widmet sich durch Erfassung möglichst vieler Einzelgewichte der Frage, welche Gewichtsnorm jeweils angestrebt wurde.

Von großem Interesse sind heute auch naturwissenschaftliche Untersuchungen wie Metallanalysen, die Aufschlüsse zur Herkunft des Münzmetalls geben, aber auch zu Fragen der Münzpolitik Auskunft geben können (etwa Veränderungen des Feingehalts im Rahmen von Abwertungen).

Die Fundmünzennumismatik beschäftigt sich weniger mit der einzelnen Münze als vielmehr mit Münzgruppen in Form der verschiedenen Kategorien von Münzfunden. Sie untersucht die Verteilung und geographische Verbreitung von Münztypen im Hinblick auf Fragen des Geldumlaufs und der Wirtschafts-, Verkehrs- und Handelsgeschichte (Wirtschaftsräume, Niederschlag von Handels- und Verkehrswegen etc.).

[Bearbeiten] Forschung und Lehre

Die Numismatik ist aufgrund eines Verdrängungsprozesses seit dem 19. Jahrhundert eine typische Museumswissenschaft geworden, weil sinnvolle Arbeit meist nur nahe am Quellenmaterial, den Münzen, möglich ist (nach Bernd Kluge). Die großen öffentlichen Münzsammlungen waren daher stets auch Zentren der Forschung und sind Initiatoren großer Katalog- und Überblickswerke. Zu den weltweit bedeutendsten Münzsammlungen gehören, neben London, Paris, St. Petersburg und New York, auch das Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin (Preußischer Kulturbesitz) und das Münzkabinett des Kunsthistorischen Museums in Wien. In der Schweiz gibt es keine vergleichbar große Sammlung, dafür eine große Dichte von mittleren und kleineren Münzkabinetten. Daneben liefern auch gelehrte Sammler, die oft zu den besten Kennern ihrer jeweiligen Spezialgebiete gehören, wichtige Beiträge zur Forschung, meist in Form von Detailstudien oder Münzkatalogen.

Die moderne interdisziplinär arbeitende Numismatik stützt sich aber nicht nur auf Münzen, sondern auf eine Quellenvielfalt, zu der auch schriftliche Quellen und Münzfunde gehören. Sie wird in Deutschland nicht nur an Museen, sondern auch an Universitäten und außeruniversitären Wissenschaftseinrichtungen intensiv betrieben. Vor dem Hintergrund des besonders für Deutschland charakteristischen fruchtbaren Pluralismus großer und sehr effektiv arbeitender kleiner Institute ist die Numismatische Kommission der Länder in der Bundesrepublik Deutschland koordinierend auf dem Feld der Wissenschaftsorganisation und mit eigenen Langzeitprojekten tätig.

Im traditionellen Fächerkanon der universitären Bildung wird die Numismatik als Teil der Historischen Hilfswissenschaften angesehen und entsprechend an den Universitäten im Rahmen der Geschichte und der klassischen Altertumswissenschaften betrieben. Die Numismatik ist dort bis heute eher randständig geblieben; im deutschsprachigen Raum gibt es für Numismatik nur einen einzigen Lehrstuhl (in Wien); Im Zuge der Einführung der europäischen Studienarchitektur wird ab 2008 das weltweit einzigartige Hauptfach Numismatik an der Universität Wien nur noch als Nebenfach angeboten.

An vielen Orten ist es heute möglich, Numismatik zu studieren. An verschiedenen Universitäten, in Deutschland etwa in Berlin, Dresden, Göttingen, Marburg, München, Münster und Tübingen, gibt es regelmäßige Lehrangebote und z.B. in München auch die Möglichkeit einen numismatischen Schwerpunkt im Magisterabschluss oder der Promotion zu legen. In Köln kann Numismatik der Antike im Rahmen eines Magisterstudienganges als Nebenfach belegt werden. An der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt a.M. gehörte die Antike Numismatik zum Lehrstuhl für Geschichte und Kultur der Römischen Provinzen und Hilfswissenschaften der Altertumskunde. Für die Schweiz sind hier die Universitäten Basel und Zürich, in Österreich die Universitäten Wien und Salzburg zu nennen.

[Bearbeiten] Geschichte

Wenn man den Beschreibungen des römischen Geschichtsschreibers Sueton (70-140 n.Chr.) glauben darf, war Kaiser Augustus einer der ersten, die bereits vor mehr als 2000 Jahren «alte königliche und ausländische Münzen» sammelte. Es gibt auch Hinweise auf andere Sammlungen und Sammler in römischer Zeit; anders als bei Kunstwerken stand aber beim Münzsammeln der ästhetische Genuss wohl noch nicht im Vordergrund.

Die ersten Versuche, sich wissenschaftlich mit Münzen zu beschäftigen, datieren zurück in das 14. und 15. Jahrhundert. Aus dieser Zeit kennt man etwa den Dichter Petrarca und den Bischof Stefan Mathias von Neidenburg, von denen jeder eine umfangreiche Sammlung historischer Münzen oder, wie es damals hieß, «Münzen aller Länder» besaß. In Deutschland gehörten die aufstrebenden Landesfürsten zu den ersten bedeutenden Münzsammlern. So gehen große Münzkabinette wie die Staatliche Münzsammlung in München, das Münzkabinett der Kunstsammlungen in Dresden, das Münzkabinett des Württembergischen Landesmuseums und das Berliner Münzkabinett in ihrem Kern auf solche Fürstensammlungen zurück. In der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts entstanden auch zunehmend regionale Münzkabinette, die von den neu entstehenden Geschichtsvereinen getragen wurden, und ebenfalls Bedeutung für die Forschung erlangten.

In Österreich war eine Münzsammlung schon im 16. Jahrhundert Teil der Kunstkammer der Habsburger-Kaiser; besonders Rudolf II. erwarb eine große Zahl von Münzen. In der Schweiz stehen die Bürgerbibliotheken des 16. Jahrhunderts am Beginn der späteren Münzkabinette. Nur in Basel sind diese Anfänge mit einer bestimmten Person, dem Humanisten und Sammler Basilius Amerbach, verknüpft.

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Literatur

Das Verzeichnis gibt eine Auswahl wichtiger (meist neuerer) und weiterführender Literatur. Siehe auch Numismatische Bibliographie

[Bearbeiten] Bibliografien

  • Johann Christoph Hirsch: Bibliotheca numismatica exhibens catalogum auctorum qui de re monetaria et numis tam antiquis quam recentioribus. scripsere collecta et indice rerum instructa a Joh. Christ. Hirsch. Nürnberg: Felsecker, 1760.
  • Johann Gottfried Lipsius: I. G. Lipsii Bibliotheca numaria sive catalogus auctorum qui usque ad finem seculi XVIII de re monetaria aut numis scripserunt. Leipzig: Schäfer, 1801. Reprint Mansfield Centre, Conn.: Martino [u.a.], 2000.
  • Johann Jakob Leitzmann: Verzeichniß sämmtlicher seit 1800 bis jetzo (1860) erschienenen numismatischen Werke als Fortsetzung der Bibliotheca numaria von J. G. Lipsius von J. J. Leitzmann, Pfarrer zu Tunzenhausen. Weißensee: Grossmann'sche Buchhandlung, 1841 ( 2. Aufl. 1867).
    • Johann Jakob Leitzmann und Johann Gottfried Lipsius: A bibliography of numismatic books printed before 1800 y J[ohann] G[ottfried] Lipsius.. With the suppl. to 1866 by J. Leitzmann. First publ. 1801 and 1867, reprint Colchester: Drury, 1977.
  • Philip Grierson: Bibliographie numismatique. Bruxelles: 2. Aufl. 1979 (Cercle d'études numismatiques. Travaux 9).
  • Elvira E. Clain-Stefanelli: Numismatic Bibliography. München: Battenberg, 1984. ISBN 3-87045-938-7; München; New York; London; Paris: Saur, 1984. ISBN 3-598-07507-3.

[Bearbeiten] Einführungen / Übersichtswerke

Antike

  • Christopher Howgego: Geld in der Antiken Welt: Was Münzen über Geschichte verraten, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2000 (engl. Originalausgabe Ancient History from Coins, London: Routledge, 1995).
  • Robert Göbl: Antike Numismatik, 2 Bde., München: Battenberg, 1978. ISBN 3870451440
  • Maria R.-Alföldi:Antike Numismatik, 2 Bde., Mainz: Philipp von Zabern (Kulturgeschichte der antiken Welt, Bd. 2/3), 1978; Bd. 2: 2. verbesserte Aufl. 1982. ISBN 3805302304 und ISBN 3805303351
  • Hélène Nicolet-Pierre: Numismatique grecque. Armand Colin, Paris 2002, ISBN 2-200-21781-1.
  • Andrew Burnett, Coinage in the Roman World, London: Seaby, 1987. ISBN 0900652853

Mittelalter / Neuzeit

  • Arnold Luschin von Ebengreuth: Allgemeine Münzkunde und Geldgeschichte des Mittelalters und der neueren Zeit, Berlin/München: Oldenburg, 2. Aufl. 1926; Nachdruck 1973 und 1976. ISBN 3-48647224-0
  • Hans Gebhart: Numismatik und Geldgeschichte, Heidelberg: Carl Winter, 1949
  • Philip Grierson, Münzen des Mittelalters, Fribourg: Office du livre, 1976.
  • Peter Spufford:Money and its Use in medieval Europe, Cambridge etc.: Cambridge University Press, 1988. ISBN 0521303842
  • Michael North, Das Geld und seine Geschichte: Vom Mittelalter bis zur Gegenwart, München: C.H. Beck, 1994. ISBN 3406380727
  • Bernd Sprenger: Das Geld der Deutschen: Geldgeschichte Deutschlands, Paderborn: Schöningh, 3. aktual. und erw. Auflage 2002. ISBN 3506786237

[Bearbeiten] Lexika

  • Friedrich v. Schrötter (Hrsg.): Wörterbuch der Münzkunde, Berlin: de Gruyter, 2. unveränd. Auflage 1970 (Nachdruck der Originalausgabe von 1930).
  • Michael North (Hrsg.): Von Aktie bis Zoll: Ein historisches Lexikon des Geldes, München: C.H. Beck, 1995. ISBN 3406385443
  • Michel Amandry (Hrsg.): Dictionnaire de numismatique, Paris: Larousse, 2001. ISBN 2035050766
  • Helmut Kahnt: Das große Münzlexikon von A bis Z, Regenstauf: Gietl-Verlag, 1. Auflage 2005. ISBN 978-3-89441-550-1

[Bearbeiten] Zeitschriften und Periodika

  • Blätter für Münzfreunde
  • Der Numismatiker
  • Deutsches Münzen Magazin
  • Geldgeschichtliche Nachrichten
  • Hamburger Beiträge zur Numismatik
  • Jahrbuch für Numismatik und Geldgeschichte
  • Journal of Numismatic
  • Numismatisches Nachrichtenblatt, Regenstauf; herausgegeben von der Deutschen Numismatischen Gesellschaft
  • Numismatische Zeitschrift, Wien; herausgegeben von der Numismatischen Gesellschaft
  • Numis-Post & HMZ - Schweizer Magazin für Münzen
  • MünzenRevue
  • Münzen & Sammeln

[Bearbeiten] Weblinks

Wiktionary
 Wiktionary: Numismatik – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen und Grammatik


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