Lessing-Gymnasium (Frankfurt)
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Lessing-Gymnasium | |
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Schultyp | Altsprachliches Gymnasium |
Anschrift | Fürstenbergerstraße 166 60322 Frankfurt am Main |
Koordinaten | 50° 7′ 31″ N, 8° 40′ 20″ OKoordinaten: 50° 7′ 31″ N, 8° 40′ 20″ O |
Bundesland | Hessen |
Land | Deutschland |
Schulträger | Stadt Frankfurt am Main |
Gründungsjahr | 1520 |
Schülerzahl | etwa 800 |
Schulleiter | Rupert Frankerl |
Website | www.lessing.net |
Das Lessing-Gymnasium ist ein altsprachliches Gymnasium mit musikalischem Schwerpunkt und eine der traditionsreichsten Schulen in Frankfurt am Main, benannt nach Gotthold Ephraim Lessing (1729–1781). Es geht auf die städtische Lateinschule zurück, die 1519 vom Stadtrat zur Erziehung der Patriziersöhne gegründet wurde. Bis heute beruft es sich auf seine humanistische Tradition, so dass die erste Fremdsprache Latein ist und in der 8. Klasse als dritte Fremdsprache Altgriechisch gewählt werden kann. Heute besuchen ungefähr 800 Schüler das Lessing-Gymnasium, das somit eines der kleineren in Frankfurt ist.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Geschichte
Als erster Rektor wurde 1520 der Humanist Wilhelm Nesen durch den Ratsherrn und Bürgermeister Hamman von Holzhausen berufen. Nesen wurde ein Anhänger Luthers. Seine Berufung war einer der ersten Schritte zur Einführung der Reformation in Frankfurt. Ende 1523 wurde er an die Universität Wittenberg berufen. Unter seinem Nachfolger Jakob Micyllus (Rektor von 1524 bis 1533 und 1537 bis 1547) etablierte sich das Gymnasium Francofurtanum.
Die Schule war zunächst im Haus Zum Goldstein untergebracht (in der Buchgasse, etwa dort, wo heute der Rathausturm Langer Franz steht). 1542 bezog sie die Räume des aufgelassenen Barfüßerklosters, wo sie bis 1838 ansässig blieb. Die Schüler und Lehrer waren auch für den Chorgesang an der Barfüßerkirche (der heutigen Paulskirche), der evangelischen Hauptkirche von Frankfurt, zuständig.
Die Schulaufsicht lag beim Evangelisch-lutherischen Consistorium, einer städtischen Behörde, die aus fünf Ratsherren, zwei Theologen und zwei Juristen bestand. Bis zur Zeit des Großherzogtums Frankfurt (1810 bis 1813) hatte die Schule ausschließlich lutherische Schüler und Lehrer, erst danach wurde sie auch für andere Konfessionen (Katholiken, Reformierte und Juden) geöffnet. Nach dem Verlust der städtischen Selbständigkeit 1866 wurde die Schulaufsicht Angelegenheit des preußischen Staates. Sie wurde vom Provinzial-Schul-Kollegium in Kassel wahrgenommen.
1839 wurde das baufällig gewordene Barfüßerkloster abgerissen und die Schule zog in den Arnsburger Hof in der Predigergasse um. Der uralte, verwinkelte Gebäudekomplex war für den Schulbetrieb denkbar ungeeignet. Trotzdem erfolgte erst 1876 ein weiterer Umzug. Die Stadt hatte ein 1873 von der Gesellschaft zur Beförderung nützlicher Künste und deren Hilfswissenschaften errichtetes Gebäude in der Neuen Rothofstraße/Ecke Junghofstraße übernommen und für die Zwecke des Gymnasiums hergerichtet. Während die Schülerzahl in den ersten 350 Jahren der Schulgeschichte stets zwischen 100 und 200 gelegen hatte, stieg sie nach 1868 schnell an. 1886 besuchten bereits 744 Schüler das Gymnasium, das über 18 normale Klassenräume, zwei Fachräume für physikalischen und naturwissenschaftlichen Unterricht, einen Raum für den katholischen Religionsunterricht, einen Singsaal, einen Zeichensaal und eine kleine Turnhalle verfügte.[1]
1888 wurde zur Entlastung das staatliche Kaiser-Friedrich-Gymnasium (heute Heinrich-von-Gagern-Gymnasium) gegründet. Trotzdem stiegen die Schülerzahlen der nunmehr Städtisches Gymnasium genannten Schule weiter an. 1897 wurde sie deshalb geteilt:
- Das Goethe-Gymnasium wurde als Reformgymnasium nach dem Frankfurter Lehrplan des seit 1886 als Nachfolger von Tycho Mommsen amtierenden Direktors Karl Reinhardt neu gegründet. Es bezog einen Neubau in der Bahnstraße (heute Friedrich-Ebert-Anlage), während das
- Lessing-Gymnasium am alten Ort in der Junghofstraße die Tradition des humanistischen Gymnasiums fortführte.
1902 bezog das Lessing-Gymnasium an der Hansa-Allee einen gotisierenden Neubau mit aufwendigem Treppenhaus und einer Aula, in der bis 1933 auch griechische Dramen in der Originalsprache aufgeführt wurden. Zum Schulgelände gehörten ein nördlicher und ein südlicher Schulhof, sowie nördlich anschließend ein Palaestra genanntes Sportgelände. Da die Schule 1944 durch Bomben schwer beschädigt wurde und nach Kriegsende im amerikanischen Sperrgelände um das I.G.-Farben-Haus lag, konnte der Schulbetrieb erst 1952 wieder aufgenommen werden. 1968 wurde das heute noch bestehende Schulgebäude errichtet.
Bis zum Ende des 20. Jahrhunderts verstand sich die Schule als humanistisches Gymnasium, mit Latein und Altgriechisch als Pflichtfächern. Hebräisch war bis 1934 Wahlfach. Heute ist auch Altgriechisch nur Wahlfach. Im Schuljahr 2006/2007 belegten in der Unter- und Oberprima insgesamt fünf Schüler einen Griechischkurs, im Schuljahr 2007/2008 aber doch 12 Schüler. Da Latein bereits nach der Untersekunda abgewählt werden kann, ist die Schule kein humanistisches Gymnasium mehr, sondern ein Gymnasium mit einem altsprachlichen Zweig.
[Bearbeiten] Schulleben
Das Lessing-Gymnasium zeichnet sich besonders durch seine Orchester und Chöre aus und führt damit seine musische Tradition fort. So gibt es jeweils für die Unterstufe, die Mittelstufe und die Oberstufe ein Orchester. Daneben existieren noch drei Chöre; einer für die Sexta, einer für Quinta und Quarta und einer für die Mittel- und Oberstufe. Traditionell findet jährlich eine Ski-Fahrt nach Niederau in der Wildschönau (Tirol) statt, die 2006 ihr 40. Jubiläum feiern konnte.
[Bearbeiten] Persönlichkeiten
Zahlreiche bekannte Personen waren und sind mit der Schule verbunden. Die folgende Liste enthält einige von ihnen:
[Bearbeiten] Lehrer
- Wilhelm Nesen (1492–1524)
- Jakob Micyllus (1503–1558)
- Georg Philipp Telemann (1681–1767), Komponist
- Johann Balthasar König (1691–1758), Komponist und Kirchenmusiker
- Christian Julius Wilhelm Mosche (1768-1815), Theololge und Altsprachler, später Rektor des Katharineums in Lübeck
- Georg Friedrich Grotefend (1775–1853), Sprachwissenschaftler und Altertumsforscher
- Johann Heinrich Moritz von Poppe (1776–1854), erster Mathematiker und Physiker des Kollegiums
- Friedrich Christoph Schlosser (1776–1861), Historiker
- Anton Kirchner (1779–1834), evangelischer Pfarrer, Historiker, Lehrer und Schulreformer
- Carl Ritter (1779–1859), Begründer der wissenschaftlichen Geographie
- Johannes Classen (1805–1891), Altphilologe
- Georg Ludwig Kriegk (1805–1878), Historiker
- Theodor Creizenach (1818–1877), Historiker und Schriftsteller
- Johannes Janssen (1829–1891), katholischer Historiker und Priester
- Tycho Mommsen (1819–1900), Altphilologe und Gymnasialdirektor
- Karl Reinhardt (1849–1923), Lehrer und preußischer Schulreformer
- Eduard Pelissier (1850–1931), Historiker
- Richard Schwemer (1857–1928), Historiker
- Julius Ziehen (1864–1925), Pädagoge
- Richard Wachsmuth (1868–1941), Physiker
- Eduard Bornemann (1894–1976), Altphilologe, später Professor für die Didaktik des Lateinischen und Griechischen an der Johann Wolfgang Goethe-Universität
- Will Richter (1910–1984), Altphilologe, später Professor in Göttingen
- Otto Schumann (1888-1950), Altphilologe, 1946 Professur für Mittellatein an der Universität Frankfurt. Von 1939-1946 stellvertretender Schulleiter
[Bearbeiten] Schüler
- Johann Fichard (1512–1580), Jurist und Stadtsyndikus
- Hartmann Beyer (1516–1577), Mathematiker, Theologe und Reformator
- Johann Jacob Schütz (1640–1690), Jurist und Pietist
- Lorenz Heister (1683–1758), Botaniker, Anatom und Chirurg
- Johann Wolfgang Textor (1693–1771), Jurist, Stadtschultheiß und Großvater Johann Wolfgang von Goethes
- Johann Georg Schlosser (1739–1799), Jurist, Historiker und Staatsmann, Schwager Johann Wolfgang von Goethes
- Johann Friedrich von Meyer (1772–1849), Jurist, evangelischer Theologe (Bibelübersetzer) und Bürgermeister der Freien Stadt Frankfurt
- Johann Karl von Fichard (1773–1829), Historiker
- Anton Kirchner (1779–1834), evangelischer Pfarrer, Historiker, Lehrer und Schulreformer
- Johann Gerhard Christian Thomas (1785–1838), Politiker, Rechtshistoriker und Bürgermeister der Freien Stadt Frankfurt
- Johann Friedrich Böhmer (1795–1863), Historiker
- Philipp Friedrich Gwinner (1796–1868), Jurist, Kunsthistoriker und Bürgermeister der Freien Stadt Frankfurt
- Maximilian Reinganum (1798–1878), Jurist, Politiker und Publizist
- Eduard Ludwig von Harnier (1800–1868), Senator und Bürgermeister der Freien Stadt Frankfurt
- Friedrich Wöhler (1800–1882), Chemiker
- Hermann von Meyer (1801–1869), Paläontologe, Sohn von Johann Friedrich von Meyer
- Friedrich Siegmund Jucho (1805–1884), Jurist und Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung
- Heinrich Hoffmann (1804–1894), Psychiater und Schriftsteller
- Anton Heinrich Emil von Oven (1817–1903), Jurist, Politiker und Bürgermeister der Freien Stadt Frankfurt
- Theodor Creizenach (1818–1877), Historiker und Schriftsteller
- Carl Remigius Fresenius (1818–1897), analytischer Chemiker, geheimer Hofrat und Begründer und Direktor des chemischen Labors zu Wiesbaden
- Carl Peter Burnitz (1824–1886), Maler
- Wilhelm Merton (1848–1916), Unternehmer und Sozialpolitiker
- Theodor Ziehen (1862–1950), Psychiater und Philosoph
- Julius Ziehen (1864–1925), Pädagoge
- Alfred Merton (1878–1954), Unternehmer
- Richard Merton (1881–1960), Vorstand der Metallgesellschaft und Ehrenbürger von Frankfurt am Main
- Otto Frank (1889–1980), Vater von Anne Frank
- Eduard Ziehen (1896–1945), Pädagoge und Historiker
- Erwin Stein (1903–1992), CDU-Politiker, Richter am Bundesverfassungsgericht Karlsruhe und einer der Väter der hessischen Landesverfassung
- Karl Heinrich Menges (1908–1991), Experte in zentralasiatischen Sprachen
- Jan Reifenberg* 1923, langjähriger diplomatischer Korrespondent der FAZ
- Peter Stein (* 1937), Theater- und Filmregisseur
- Eva Demski (* 1944), Schriftstellerin
- Jörg Fauser (1944-1987), Schriftsteller
- Micha Brumlik (* 1947), Erziehungswissenschaftler
- Andreas von Schoeler (* 1948), Oberbürgermeister von Frankfurt am Main (1991–1995)
- Martin Mosebach (* 1951), Schriftsteller
- Matthias Lutz-Bachmann (* 1952), Professor für Philosophie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität
- Ulrich Martin Drescher (* 1952), Organisationsberater und Moderationsexperte
- Bernd Hucke (* 1952), Richter am Bundesgerichtshof
- Albrecht Ritschl (* 1959), Wirtschaftshistoriker
- Armin Kraaz (* 1965), Fußballspieler und -trainer bei Eintracht Frankfurt
- Thea Dorn (* 1970), Schriftstellerin (Christiane Scherer)
- Boris Rhein (* 1972), Dezernent für Recht, Wirtschaft und Personal der Stadt Frankfurt
- Florian Henckel von Donnersmarck (* 1973), Filmemacher, Regisseur, und Drehbuchautor, Oscar-Preisträger 2007 für den besten nicht englischsprachigen Film (Das Leben der Anderen)
Auch drei der Attentäter vom 20. Juli 1944, nämlich Carl-Heinrich von Stülpnagel, Caesar von Hofacker und Friedrich Karl Klausing haben auf dem Lessing-Gymnasium Abitur gemacht.
[Bearbeiten] Literatur
- Rudolf Bonnet: Das Lessing-Gymnasium zu Frankfurt am Main. Lehrer und Schüler 1897–1947. Verlag Dr. Waldemar Kramer, Frankfurt am Main 1954.
- Heinz-Joachim Heydorn, Karl Ringshausen (Hrsg.): Jenseits von Resignation und Illusion: Festschrift zum 450-jährigen Bestehen des Lessing-Gymnasiums, der alten Frankfurter Lateinschule von 1520. Verlag Moritz Diesterweg, Frankfurt am Main 1971.
[Bearbeiten] Einzelnachweise
- ↑ Architekten- und Ingenieurverein (Hrsg.), Frankfurt am Main und seine Bauten, Frankfurt am Main 1886, S. 188