Lebenskünstler
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Als Lebenskünstler bezeichnet man einen Menschen, der das Glück des Lebens nicht im ständigen Streben nach vielleicht unerreichbaren (und meist: materiellen) Zielen sucht, sondern das Sein nimmt, wie es ist und versucht, allein aus den schönen vorhandenen Dingen persönliche Zufriedenheit zu beziehen.
Durch die Ablehnung eines erst noch zu findenden Glücks in der Zukunft können Lebenskünstler gelassener und stressfreier auftreten. Sie nehmen sich viel Zeit, um die Gegenwart auszuschöpfen, wo dies eben angemessen und möglich ist, und kommen oft mit Wenigem zu einem dennoch großen Nutzen – geistig und körperlich, künstlerisch, intellektuell und emotional.
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[Bearbeiten] Ursprung und Lebensweise
Ihren geistigen Ursprung haben Lebenskünstler meist im Spannungsfeld zwischen Bohème und Askese, also dem unkonventionellen Leben eines Künstlers und der Entsagung weltlicher Genüsse. Dabei betrachtet der Lebenskünstler sein Leben als gelebtes Gesamtkunstwerk, das seinen Sinn und seine Vollkommenheit bereits erreicht hat, also gerade nicht den Anspruch hat, erst noch etwas verändern oder gar als Vorbild andere Menschen zu „missionieren“.
Statussymbole lehnt der Lebenskünstler gewöhnlich ab. Auch finanzielle Rücklagen und Vorsorgen sind für ihn von geringer Bedeutung. Geld spielt in seinem Leben eine untergeordnete Rolle. Er betrachtet es meist lediglich als Mittel zum Zweck um individuelle Projekte umsetzen zu können, die wiederum primär der Selbstverwirklichung dienen. Seine Grundbedürfnisse sind für gewöhnlich bescheiden. Durch eine konventionelle Festanstellung fühlt sich der Lebenskünstler unfrei und in seiner persönlichen Entfaltung eingeschränkt. Seinen Lebensunterhalt bestreitet er daher zum Beispiel durch wechselnde Jobs oder den gegenseitigen Austausch materieller und immaterieller Güter innerhalb seines sozialen Umfeldes. Auch Straßenkunst, wie musikalische oder artistische Darbietungen auf öffentlichen Plätzen, stellt eine Einnahmequelle vieler Lebenskünstler dar. Moderne Lebenskünstler nutzen heute häufig die Möglichkeiten des Internet, räumlich und zeitlich unabhängig, und beruflich selbstständig tätig sein zu können und innerhalb eines sozialen Netzwerkes eigene Projekte und Ideen umzusetzen.
[Bearbeiten] Rezeption und Mediendarstellung
Das Auftreten und die Lebensweise des Lebenskünstlers erwecken wegen seiner Ablehnung des allgemein verbreiteten Leistungsdenkens einerseits Argwohn und Neid. Andererseits bringt man seiner Fähigkeit, ein erfülltes Leben im Hier und Jetzt zu führen, aber auch fasziniertes Staunen entgegen.
In den Medien wird der Lebenskünstler als Soziale Rolle gerne aufgegriffen. In Filmen z.B. kann durch die Nutzung ihrer verführerischen Eigenschaften gezielt Sympathie für den betreffenden Charakter erzeugt werden. Insbesondere Zuschauer, die selbst gerne aus einem fremdbestimmten und als bedrückend empfundenen Alltag ausbrechen würden, reagieren mit Bewunderung und Identifikation für den nicht selten auch noch gut aussehenden, kontrolliert auftretenden und redegewandten - kurzum: völlig überlegenen - Lebenskünstler; eine Reaktion, die aber geradezu paradox ist, wenn man berücksichtigt, dass eben einem Lebenskünstler solche Bewunderungshaltung völlig fremd wäre. Die gefühlte Nähe im gemeinsamen Interesse führt also zwangsläufig zu einer persönlichen Distanzierung. Infolgedessen kann die Soziale Rolle praktisch beliebig oft verwendet werden, ohne aber ihre Attraktität einzubüßen. Der klassische Filmtyp besteht schon seit den Anfängen des Fernsehens in den 1930er Jahren, als z.B. James Stewart 1938 in dem gleichnamigen Film „Lebenskünstler“ die Hauptrolle spielte.
Die Abgrenzung von verwandten sozialen Rollen wie Bonvivant, Dandy oder Playboy ist in der Praxis nicht immer einfach; das verdeutlichen andere Mediencharaktere wie z.B. James Bond oder James Dean. Trotzdem gibt es klare Unterschiede. Während der Lebenskünstler bestrebt ist, ausschließlich für sich selbst Zufriedenheit aus der (idealerweise unberührten) Umgebung zu beziehen und die eigene Person möglichst weit in den Hintergrund treten zu lassen, wird der Playboy getrieben von dem Wunsch nach Anerkennung, Bestätigung und (bidirektionaler) Interaktion mit der Umgebung. Die Ignoranz des Playboy für allgemein gültige (vor allem: monetäre) Maßstäbe hat ihren Ursprung nicht in einem fundamentalen, anti-existentialistischen Motiv, sondern in dem Streben nach maßlosem, kurzweiligem Genuss und Umgang mit der eigenen Umgebung. Das gängige Klischee sieht den Lebenskünstler, seinen Müßiggang genießend, deswegen nicht nur in den Kaffeehäusern der Metropolen beim Trinken von Rotwein, Champagner oder Kaffee-Melange, sondern auch beim Philosophieren, etwa über die „Unfehlbarkeit“ des Papstes in Rom, und im schlimmsten Fall so zufrieden mit sich selbst, dass die Zufriedenheit in Anbetracht der Hektik und „Verirrung“ der übrigen Welt in Arroganz und Verachtung umschlägt.