Josef Munzinger

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Martin Josef Munzinger

Martin Josef Munzinger (* 11. November 1791 in Olten; † 6. Februar 1855 in Bern, meist Josef Munzinger genannt) war ein Schweizer Kaufmann, Revolutionär und Politiker. Er führte 1830 den Sturz der konservativen Regierung des Kantons Solothurn herbei und wurde 1848 als einer der ersten Bundesräte des Schweizer Bundesstaats gewählt. Munzinger gehörte der liberal-radikalen Fraktion (der heutigen FDP) an.

Zwei seiner Söhne erlangten ebenfalls Bekanntheit: Walther Munzinger (1830-1873) war Jurist, Kirchenrechtler und einer der Gründer der Christkatholischen Kirche. Der auch als Munzinger Pascha bekannte Werner Munzinger (1832-1875) war Orientalist und Afrikaforscher.

[Bearbeiten] Kantonspolitiker

Der aus einer wohlhabenden Oltner Kaufmannsfamilie stammende Munzinger absolvierte eine Handelslehre in Bologna. Als das 1798 entmachtete erbliche Patriziat der Stadt Solothurn im Januar 1814 die durch die napoleonische Mediationsverfassung eingesetzte Regierung stürzte, war Munzinger an der Protestbewegung gegen den Staatsstreich beteiligt. Er wurde inhaftiert, kam aber im Juli 1814 beim (letztlich gescheiterten) Putschversuch der liberalen Kräfte wieder frei. Munzinger floh nach Como ins Exil und wurde zu drei Jahren Landesverweis verurteilt.

Ab 1817 hatte Munzinger das Amt des Stadtschreibers von Olten inne, hielt sich aber weitgehend aus der Politik heraus. Nach der Julirevolution 1830 in Frankreich übernahm er jedoch die Führung der Protestbewegung. Am 22. Dezember 1830, einen Monat nach dem Ustertag im Kanton Zürich, fand auch im Kanton Solothurn eine Volksversammlung statt. In Balsthal proklamierte Munzinger vor rund 2500 Zuhörern die Volkssouveränität. Die aristokratische Regierung musste dem Druck nachgeben und zurücktreten. Am 13. Januar 1831 trat eine neue Verfassung in Kraft, die der benachteiligten Landbevölkerung mehr politische Rechte zugestand. Munzinger wurde daraufhin sowohl in den Kleinen Rat (Kantonsregierung) als auch in den Grossen Rat (Kantonsparlament) gewählt.

Nach den Wahlen von 1833 war Munzinger während 15 Jahren Landammann und damit Vorsitzender der Kantonsregierung. Unter seiner Führung wurden im Kanton Solothurn Rechtsgleichheit und die Abschaffung der Zehnten verwirklicht, das Schulwesen reformiert und die Infrastruktur verbessert. Darüber hinaus war Munzinger Präsident des Grossen Rates in den Jahren 1833/34, 1837/38 und 1840. Mit der Verfassungsrevision im Januar 1841 setzten sich die liberalen Kräfte endgültig durch. Allerdings musste sich Munzinger gegen die katholisch-demokratischen Konservativen unter (unblutig verlaufendem) Auffahren von Kanonen ins Recht setzen. Dass die Altliberalen von Schlage Munzingers zwar liberal waren, aber dennoch römisch-kaltholisch blieben, zeigt die Tatsache, dass der Katholizismus in dieser Verfassung noch immer privilegierte Konfession blieb.

[Bearbeiten] Bundespolitiker

Relief auf dem Munzinger-Denkmal in Olten
Relief auf dem Munzinger-Denkmal in Olten

Als Landammann vertrat Munzinger den Kanton Solothurn bei der eidgenössischen Tagsatzung. Er sicherte sich die Zustimmung des Grossen Rates, für die Anwendung von Waffengewalt bei der Auflösung des Sonderbunds zu stimmen. Nachdem die liberalen Kantone im November 1847 den Sonderbundskrieg gewonnen hatten, war Munzinger an der Ausarbeitung der Bundesverfassung beteiligt. Dabei setzte er sich erfolgreich für ein Zweikammernparlament ein.

Am 16. November 1848 wurde Munzinger von der Bundesversammlung in den Bundesrat gewählt. Als Vorsteher des Finanzdepartements bestand seine Hauptaufgabe darin, die rechtlichen Grundlagen für die Einführung einer einheitlichen Währung zu schaffen. Dabei brach er den Widerstand der Ostschweizer Kantone, die wirtschaftlich eng mit Süddeutschland verflochten waren und den Gulden bevorzugten. Munzinger setzte das Dezimalsystem nach französischem Muster durch und konnte 1850 den Schweizer Franken einführen.

Nachdem Munzinger ein Jahr lang Vizepräsident gewesen war, übernahm er 1851 für ein Jahr das Amt des Bundespräsidenten und stand als solcher – wie damals üblich – dem Politischen Departement (Aussenministerium) vor. 1852 kehrte er ins Finanzdepartement zurück und war 1853 und 1854 Vorsteher des Post- und Baudepartements. Obwohl er bereits schwer krank war, liess sich Munzinger 1854 nochmals im Amt bestätigen und übernahm das Handels- und Zolldepartement. Wenige Monate später starb er im Alter von 63 Jahren.

[Bearbeiten] Literatur

  • Haefliger, Hans: Bundesrat Josef Munzinger, 1953
  • Urs Altermatt (Hrsg.): Die Schweizer Bundesräte. Ein biographisches Lexikon. (2. Auflage), Zürich / München 1991.
  • Deutsche Biographische Enzyklopädie, Bd. 6, München u. Leipzig, K. G. Saur, 1996