Interlingue
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Interlingue | ||
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Projektautor | Edgar von Wahl | |
Jahr der Veröffentlichung | 1922 | |
Sprecher | etwa 40[1] | |
Linguistische Klassifikation |
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Besonderheiten | Mit der Wahlschen Regel gelang es erstmals, die in natürlichen Sprachen bestehenden deverbalen Ableitungen wie "redaction", "activ" usw. in ein regelmäßiges System einzugliedern. | |
Sprachcodes | ||
ISO 639-1: |
ie |
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ISO 639-2: |
ile |
Interlingue (früher: Occidental, in deutschen Texten auch Okzidental) ist eine Plansprache. Sie wurde 1922 von dem Deutsch-Balten Edgar von Wahl veröffentlicht. Sie nimmt eine vermittelnde Stellung zwischen sogenannten naturalistischen und schematischen Plansprachen ein.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Textbeispiel
Li Europan lingues es membres del sam familie. Lor separat existentie es un myth. Por scientie, musica, sport etc., li tot Europa usa li sam vocabularium. Li lingues differe solmen in li grammatica, li pronunciation e li plu commun vocabules. Omnicos directe al desirabilitá de un nov lingua franca: on refusa continuar payar custosi traductores. It solmen va esser necessi far uniform grammatica, pronunciation e plu commun paroles.
[Bearbeiten] Charakteristik
Interlingue unterscheidet sich hauptsächlich dadurch von anderen Plansprachen, dass sie den internationalen Wortschatz (Wörter, die in vielen Sprachen gleich oder ähnlich sind) weitgehend unverändert in Stämmen und Affixen übernimmt, so dass sich die aus dem internationalen Wortschatz bereits bekannten Formen ergeben, sie aber andererseits auch analytisch als Ableitungen von Stammwörtern erklärbar sind.
Dahinter steht die Absicht, die Sprache einerseits demjenigen leicht zu machen, der den internationalen Wortschatz kennt (Europäer, Amerikaner), und andererseits durch Rückführung auf wenige Stammwörter auch demjenigen, der den internationalen Wortschatz noch nicht kennt.
[Bearbeiten] Geschichte
Im Februar 1922 veröffentlichte Edgar von Wahl das erste Heft der Zeitschrift "Kosmoglott", das er auf Okzidental verfasste, und wenig später den Schlüssel, der die Grammatik und sämtliche Wortbildungsregeln enthielt. Dem folgten ebensolche Schlüssel auf Französisch, Englisch und Russisch.
1928 erschien das erste größere Wörterbuch Deutsch-Occidental von Joseph Gär. Es bietet auf den ersten 31 Seiten auch einen Abriss der Grammatik. Ebenfalls 1928 wurde die "Kosmoglott" in "Cosmoglotta" umbenannt und die Redaktion ging nach Österreich (Mauer bei Wien).
Die Blütezeit der Sprache war in den 20er und 30er Jahren. Durch den Zweiten Weltkrieg wurden alle Plansprachen, auch Okzidental, sehr geschwächt. In Deutschland wurden 1936 alle Plansprachenorganisationen aufgelöst. Okzidental konnte in dieser Zeit in der Schweiz unter der "unermüdlichen und opfervollen Arbeit für die Verbreitung und Erhaltung"[2] gewissermaßen 'überwintern'. Maßgeblichen Anteil daran hatten u. a. Prof. R. Berger, Fred Lagnel und Dr. Haas.
1949 wurde Okzidental in Interlingue umbenannt. Dabei dürften zwei Hauptmotive mitgewirkt haben: Erstens wollte man wohl vermeiden, im Blockkonflikt mit dem Namen 'Occidental' vermeintlich dem westlichen (NATO-)Block zuzugehören. Zweitens wollte man sich dem von der IALA ausgearbeiteten Projekt, das dem Okzidental sehr ähnlich und dessen Name Interlingua schon absehbar war, annähern.[1]
1951 veröffentlichte die IALA ihr Projekt Interlingua, das sich im wesentlichen an den von Edgar von Wahl aufgestellten Grundsätzen orientiert. Interlingua ist jedoch etwas weniger vereinfacht, d. h. weniger schematisiert und dadurch etwas unregelmäßiger als Interlingue.
Das im Jahre 1999 von der Interlingue-Union veröffentlichte Adressarium wies mit Supplement 29 Namen aus 16 Ländern auf.
[Bearbeiten] Sprecherschaft
Occidental ist eine "naturalistisch-latinide Plansprache"[1]. Somit ist es "von vornherein Hunderttausenden auf weite Strecken verständlich (selbst ohne dass sie wüssten, um welche Sprache es sich handelt)."[1] Otto Back schätzt die Zahl der Occidental-Sympathisanten auf ungefähr 200, die der Aktivisten auf nur eine Handvoll. Er weist auch auf eine auffällige Besonderheit im Gegensatz zu den Sprechergemeinden von Esperanto, Ido oder Interlingua hin: den weitgehenden Mangel an internationalen Treffen, die er als "Instrument der sprachlichen Erprobung und des emotionalen Zusammenhaltes"[1] bezeichnet.
[Bearbeiten] Grammatischer Überblick
Das Substantiv kennt nur zwei Formen: Singular und Plural. Der Plural wird aus dem Singular durch Anfügen von -(e)s gebildet: auto – autos, strada – stradas, cité – cité(e)s, nation – nation(e)s.
Das Adjektiv wird nicht flektiert: rapid, grand, verd, alt. Es kann fakultativ die Endung -i erhalten: rapidi, grandi, verdi, alti. Komparativ mit plu, Superlativ mit max: plu grand, max grand.
Um aus Adjektiven Adverbien abzuleiten, wird an den Stamm die Endung -men angehängt: rapidmen.
Das Verb kennt vier Formen:
- Stamm + r (amar)
- reiner Stamm (ama)
- Stamm + (e)nt (amant)
- Stamm + t (amat)
Im Okzidental gibt es drei Grundzeiten: Gegenwart, Vergangenheit, Zukunft. Form 2 ist die finite Form. Wenn das Verb nicht durch die Hilfsverben var (Zukunft) oder fer (Vergangenheit) festgelegt wird, wird Gegenwart angenommen: Yo ama – Ich liebe; yo va amar – ich werde lieben; yo fe amar – ich liebte.
Die Konstruktion fer + Form 1 ist veraltet. Statt dessen wird häufig das Hilfsverb har + Form 4 gebraucht. Har wird dabei teilweise auch ganz weggelassen: Yo ha amat; yo amat.
Bei den Pronomen gibt es eine Unterscheidung zwischen Subjektformen und Objektformen (vgl. Englisch: I – me; Französisch: je – me). Die Personalpronomen sind: Singular: yo – me, tu – te, il – le, illa – la, it – it; Plural: noi – nos, vu – vos, illi – les. Das Fragepronomen qui (wer) hat die fakultative Objektform quem (vgl. Englisch: who - whom).
Im Satz ist die Reihenfolge Subjekt-Verb-Objekt üblich, das Objekt kann aber auch vorangestellt werden.
Die Wortbildung geschieht durch Wortzusammensetzung oder Ableitung mittels Affixe.
[Bearbeiten] Siehe auch
- Resume de gramatica de Interlingue (Occidental) in Interlingue, (e demonstration de leibilita!)
[Bearbeiten] Belege
- ↑ a b c d e Otto Back: Zur gegenwärtigen Lage des Occidental (Interlingue). in: Plansprachen und ihre Gemeinschaften. Beiträge der 11. Jahrestagung der Gesellschaft für Interlinguistik e. V., 23. - 25. November 2001 in Berlin. Berlin, 2002.
- ↑ Blaschke, Wilhelm: Die Europäische Sprache entsteht. Plansprache-Technik-IALA. Gmunden 1950. S. 17
[Bearbeiten] Literatur
- Federn, Ilmari (Hg.): Spiritu de Occidental. Li Ovre de Edgar de Wahl, Chapelle 1938
- Pigal, E. (Hrsg.): Occidental die Weltsprache. Einführung samt Lehrkursus, Lesestücken, Häufigkeitswörterverzeichnis u. a. Beiträge von E. Graber, K. Janotta, E. Pigal, J Prorók, A. Z. Ramstedt und E. v. Wahl. Stuttgart (Franckh'sche Verlagshandlung) 1930.