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Inquisitionsverfahren – Wikipedia

Inquisitionsverfahren

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Szene aus einem Inquisitionsprozess (Gemälde von Francisco de Goya, 1746-1828)
Szene aus einem Inquisitionsprozess (Gemälde von Francisco de Goya, 1746-1828)

Das Inquisitionsverfahren ist eine in Italien entwickelte Form des kirchenrechtlichen Ermittlungs- und Strafprozesses, die durch die Aufhebung jeglicher prozessualen Gewaltenteilung und die Einführung der Folter gekennzeichnet war. Das mittelalterliche Inquisitionsverfahren, das der Heiligen Inquisition oblag, ist nicht zu verwechseln mit der Inquisitionsmaxime, zu deutsch Amtsermittlungsgrundsatz des spätantiken römischen Rechts, der besagt, dass der Sachverhalt von Amts wegen ermittelt wird, wobei die Ermittlungen und die abschließende Entscheidung nicht zwingend durch dieselbe Institution erfolgen.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Geschichte

[Bearbeiten] Römische Königszeit

Das Inquisitionsverfahren war bereits im römischen Recht bekannt. Das Inquisitionsverfahren stellt in der römischen Königszeit das Regelverfahren dar. Es ist vollkommen ungeregelt und wird durch die Willkür des auf Denunziation tätigen Magistrates als Leiter des Verfahrens bestimmt. Aufgrund dieser Problematik wird das Verfahren durch ein vom Anklagegrundsatz bestimmtes Verfahren ersetzt.

[Bearbeiten] Spätantike

Unter Kaiser Justinian I. wurde zwischen 528 und 534 n. Chr. mit dem Corpus iuris civilis die sog. Inquisitionsmaxime, zu deutsch der Amtsermittlungsgrundsatz, eingeführt. Dieser besagt, dass grundsätzlich eine Institution von sich aus gegen eine bestimmte Person oder Organisation ermittelt. Ein Kläger wie beim Akkusationsverfahren (Anklageverfahren) oder eine Denunziation durch Dritte (Infamationsverfahren) ist nicht Voraussetzung. Ermittlung und Urteilsfällung sollen von Amtswegen entsprechend dem Kenntnisstand erfolgen. Die umfassende Ermittlung von Fakten und Beweisen soll Grundlage für ein schlussrichtiges Urteil sein. Die Ergebnisse des Vorverfahrens sind Grundlage des Urteils.

[Bearbeiten] Mittelalter

Die Einführung des Inquisitionsverfahrens, das nur nominell auf die Inquisitionsmaxime des spätantiken römischen Rechts Bezug nahm, in das Kirchenrecht geht auf Papst Innozenz III. (1161-1216) zurück. Die Inquisition erwies sich als gefürchtetes Instrument gegen Ketzer und Häretiker, besaß aber als Ermittlungsverfahren und Strafprozess auch eine große Bedeutung für die damals mit diesen beiden Delikten verbunden bzw. identisch geglaubten Verbrechen der Hexerei (s. Hexenverfolgung) sowie der Sodomie (letztere damals noch die Bezeichnung für jegliche unfruchtbare und damit als widernatürlich angesehene Form der Unzucht, s. Sodomiterverfolgung und Teufelsbuhlschaft).

Im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation beginnt die Adaption in das Strafrecht mit der Wormser Reformation von 1498 und der Constitutio Criminalis Bambergensis von 1507. Reichsrecht wird es mit der Constitutio Criminalis Carolina (zu deutsch der Peinlichen Halsgerichtsordnung Karls V. von 1532).

[Bearbeiten] Neuzeit

Aufgrund der Arbeiten des aufgeklärten Strafrechtsreformers Karl Ferdinand Hommel wurde das Inquisitionsverfahren 1770 im damaligen Kurfürstentum Sachsen abgeschafft. Aber erst mit dem Erlass des Code d'instruction criminelle, der französischen Strafprozessordnung unter Kaiser Napoleon am 16. November 1808 und der Übernahme der dort entwickelten Rechtsinstitute auch in den deutschen Staaten findet der Inquisitionsprozess in ganz Deutschland sein Ende.

[Bearbeiten] Theorie des kirchenrechtlichen Inquisitionsverfahrens im Mittelalter

Das Inquisitionsverfahren war vom Grundsatz her kein Parteiprozess, zumal weder der Ankläger noch der Beschuldigte als Prozesspartei im heutigen Sinn auftrat. Die Wahrheitsforschung oblag dem Inquisitionsrichter. Der Beschuldigte war Objekt des Verfahrens, und hatte kein rechtliches Gehör, wie es heute einem Beschuldigten als Prozesspartei zusteht. Seine Beteiligung am Prozess erfolgte nur insoweit, als dieses für die Ermittlung eines Urteiles erforderlich war.

[Bearbeiten] Umsetzung im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation

Formell leitete sich der Name der Heiligen Inquisition wie des ihr obliegenden Inquisitionsverfahrens von der Inquisitionsmaxime (s. Amtsermittlungsgrundsatz) des spätantiken römischen Rechts ab; in der Praxis aber bedeutete seine Einführung eine zunehmende Rechtsunsicherheit aufgrund religiösen Eifers, da seine Neuerungen in der Aufhebung jeglicher prozessualer Gewaltenteilung und der Einführung der Folter bestanden.

[Bearbeiten] Kirchliches Inquisitionsverfahren und germanisches Akkusationsverfahren

[Bearbeiten] Akkusationsverfahren

Das germanische Recht sah eine Einbringung der Klage ausschließlich durch den Geschädigten in Form des Akkusationsprozesses vor. Alles, was der Kläger tun konnte, war die Einbringung der Klage. Die Beweisaufnahme erfolgte durch Reinigungseid von Eidhelfern des Angeklagten, die nicht als Zeugen über das Geschehen berichteten, sondern für den Leumund des Angeklagten geradestanden. Sobald der Angeklagte diese Eideshelfer beschaffen konnte, war die Anklage fehlgeschlagen. Verurteilt wurde folglich in der Regel nur ein geständiger Angeklagter oder ein Angeklagter mit schlechtem Leumund.

Blieben dennoch Zweifel, so griff man zumeist zum Gottesurteil, oft in Form des Zweikampfes zwischen Kläger und Beklagtem (s. Holmgang und Gerichtskampf). Es gab Streitigkeiten aufgrund derart ehrenrühriger Beleidigungen (nach germanischem Recht sog. Vollrechtsworte), die dem Rechtsbrauch nach unmittelbar den Zweikampf bis zum Tode oder der Rücknahme der Beleidigung erforderten, um die Ehre des Beleidigten wiederherzustellen (s. dazu Neiding).

[Bearbeiten] Unterschiede zum Inquisitionsverfahren

Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass die Regelung von Rechtsstreitigkeiten im Frühmittelalter im wesentlichen durch die Fehde bestimmt war, die durch Gottesfrieden und Landfrieden lediglich eingeschränkt wurde, während gerichtliche Verfahren praktisch keine Rolle spielten. Juristisch war das Inquisitionsverfahren aus heutiger Sicht ein Fortschritt, da die Beweisführung nicht mehr ausschließlich vom Leumund des Angeklagten beeinflusst wurde, sondern durch objektive Ermittlungen einer dafür zuständigen Stelle erfolgen konnte; praktisch aber wurde jegliche Rechtssicherheit im Inquisitionsverfahren aufgrund der Aufhebung der Gewaltenteilung und der Folter unterlaufen.

[Bearbeiten] Rechtsunsicherheit durch das Inquisitionsverfahren

Für den Zeitgenossen bedeutete die Einführung des rationalen Beweismittels faktisch eine erhebliche Einschränkung der Rechte des Angeklagten und damit ein deutlich erhöhtes Risiko der Verurteilung. Weitaus verheerender war aber die Verschmelzung der unabhängigen Instanzen Richter, Ermittler, Kläger und Verteidiger zu einem allmächtigen klerikalen Inquisitionsrichter.

Dem verständlichen Unbehagen gegen diese erheblichen Eingriffe in die Rechte des Angeklagten wurde von kirchlicher Seite damit vorgegriffen, dass zusätzlich zum die Schuld des Angeklagten erweisenden Ermittlungsergebnis ein Geständnis des Angeklagten erforderlich war, das praktischerweise mittels der Folter zu erzielen war. Man nahm an, Gott würde dem Unschuldigen die nötige Standhaftigkeit gewähren, um nicht zu gestehen.

Die Zeitgenossen sahen durchaus die Problematik, dass die Folter sehr leicht falsche Selbstbezichtigungen, aber auch Fremdbeschuldigungen hervorrufen konnte. Folglich sah das lothringische Recht vor, dass die Folter durch die örtlichen Gerichtsherren erst nach Prüfung des Sachverhaltes und der Ermittlungsergebnisse durch den prokurateur general in Nancy erfolgen durfte.

[Bearbeiten] Mängel des Inquisitionsverfahrens

Das mittelalterliche Inquisitionsverfahren besaß aus damaliger wie heutiger Sicht eine Reihe von Nachteilen.

  • Die Aufhebung jeglicher prozessualen Gewaltenteilung. Das Verfahren wurde von einer einzelnen Person geführt, dem allmächtigen Inquisitionsrichter.
  • Das Verfahren war ein Geheimverfahren. Der heute selbstverständliche Grundsatz der Öffentlichkeit galt nicht. Speziell aufgrund der Tatsache, dass das Verfahren vollständig in der Hand des Inquisitionsrichters lag, drohte Gefahr, dass ohne die öffentliche Kontrolle nicht die Wahrheit, sondern ein vorgefasstes Ergebnis angestrebt und erreicht wurde.
  • Es bestand eine fehlende Neutralität des Richters zum Ergebnis der Ermittlungen, auf dem sein Urteilsspruch beruhte, schließlich hatte er selbst diese Ermittlungen angeordnet und durchgeführt. Da das Inquisitionsverfahren überdies nach kirchlichem Recht stattfand, handelte es sich beim Inquisitionsrichter um den örtlichen oder einen gesandten Kleriker, der oft nach kirchlichen Interessen und nicht nach weltlichem, nicht einmal nach christlichem Rechtsempfinden richtete.
  • Durch die Folter konnte jedes gewünschte Ergebnis erreicht werden. Wo Folter ein auch noch so unbedeutender Teil der Ermittlungen war, konnten diese durch Anwendung der Folterung jederzeit auf jedes Ergebnis hin manipuliert werden.
  • Aufgrund der Einführung vollkommener Anonymität des Klägers bestand die Gefahr der Denunziation. Diese war nach dem germanischen Akkusationsverfahren nicht vorgesehen gewesen, denn danach erfolgte eine Anzeige durch einen Ankläger, der für die Richtigkeit seiner Anklage auch einzustehen hatte. Der Anzeigende hatte im Fall der Feststellung der Unschuld des Angeklagten selbst erhebliche Strafe zu befürchten. Noch die weltliche Gerichtsbarkeit der Constitutio Criminalis Carolina verordnete 1532:

Jtem so balldt der angeclagt zu gegenngknuss Angenommen ist, soll der Anclager oder sein gwallthaber mit seinem leip verwart werden, biss er mit burgenn, Caution vnd bestanndt vnd sicherung, die der Richter mitsampt Vier Schepfenn nach gelegenheit der sache vnd achtung beder personen fur genugsam erkennt, gethan hat [...] “

Constitutio Criminalis Carolina, Art. 12: zit. n. Sellert Rüping, Studien und Quellenbuch zur Geschichte der deutschen Strafrechtspflege, Bd.1, Von den Anfängen bis zur Aufklärung, S. 229

Die Alternative bestand darin, dass das Inquisitionsgericht selbst Kenntnis von einer Straftat erlangte. Tatsächlich degenerierte das System in der Praxis bei den Hexenprozessen bis zum Einsatz von Denunziationskästen, wo man anonym durch Einwurf eines Zettels ohne Risiko und ohne Beweise einen Prozess initiieren konnte.

[Bearbeiten] Keine Anwendung im modernen Strafprozess

Die moderne Inquisitionsmaxime, zu deutsch Amtsermittlungsgrundsatz, die nicht auf den kirchenrechtlichen Grundsätzen der Heiligen Inquisition beruht, sondern auf dem römischen Zivilrecht des Corpus Juris Civilis, hat mit dem mittelalterlichen Inquisitionsverfahren nichts zu tun. Gegenentwürfe zum inquisitorischen Strafverfahrenstyp nach dem Amtsermittlungsgrundsatz sind der kontradiktorische und der konsensuale Typ.

[Bearbeiten] Literatur

  • Heinz LIEBERICH, Deutsche Rechtsgeschichte, 1992
  • Eberhard SCHMIDT, Einführung in die Geschichte der deutschen Strafrechtspflege, 1965
  • Hermann CONRAD, Deutsche Rechtsgeschichte, Band 1 Frühzeit und Mittelalter, 1954
  • August SCHOETENSACK, Der Strafprozeß der Carolina, 1904,

[Bearbeiten] Weblinks


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