Finanzanalyse
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Die Finanzanalyse ist eine Tätigkeit im Finanzmarktbereich. Finanzanalysten werten systematisch Informationen über mögliche Investitions- oder Handelsobjekte wie zum Beispiel Wertpapiere, Unternehmen oder Börsenindizes aus und ziehen daraus Rückschlüsse auf deren Entwicklung. Insbesondere versuchen sie, den Kursverlauf von Aktien oder Börsenindizes vorherzusagen.
Der Begriff Finanzanalyse im weiteren Sinne kann auch die private Finanzplanung oder einen Teil davon bezeichnen.
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[Bearbeiten] Finanzanalyse im engeren Sinne
Die Finanzanalyse gliedert sich in drei Bereiche:
- Die Fundamentalanalyse befasst sich mit den betriebswirtschaftlichen Daten eines Unternehmens und mit dessen ökonomischem Umfeld. Sie versucht, daraus einen „fairen“ oder „inneren Wert“ des Unternehmens und von dessen Aktien zu berechnen und geht davon aus, dass sich die Aktien aufgrund einer (nicht vollkommenen, aber doch vorhandenen) Markteffizienz früher oder später diesem fairen Wert annähern.
- Die Chartanalyse befasst sich mit dem Kursverlauf von Wertpapieren, Börsenindizes etc. und versucht, aus Mustern im vergangenen Kursverlauf Rückschlüsse auf dessen weitere Entwicklung zu ziehen.
- Die markttechnische Analyse befasst sich mit dem Verhalten der Marktteilnehmer. Sie versucht, mit entsprechenden Indikatoren deren Stimmung und Verhalten zu erfassen und ihr Handeln und dessen Auswirkungen auf die Börsenkurse zu prognostizieren.
Eine Finanzanalyse liefert selten präzise Ergebnisse. Häufig wird eine Kombination von zwei oder sogar allen drei Analyseformen angewandt, um zu einem zuverlässigeren Resultat zu kommen.
Es gibt professionelle, entsprechend ausgebildete Finanzanalysten, die umfangreiche Unternehmensstudien erstellen und im Verlauf dessen meist ein Kursziel errechnen und eine Handelsempfehlung wie zum Beispiel „Kaufen“, „Akkumulieren“ oder „Verkaufen“ geben. Aber auch Finanzjournalisten (z.B. in Börsenbriefen) und individuelle Investoren können Finanzanalysen durchführen.
Zur Erfolgskontrolle kann eine Performancemessung dienen, die den vorhergesagten mit dem tatsächlich eintretenden Kursverlauf vergleicht.
[Bearbeiten] Qualifikation professioneller Finanzanalysten
Die Qualität eines Finanzanalysten kann neben seiner speziellen Ausbildung zum Beispiel durch die Zugehörigkeit zu einem Berufsverband wie der SFAA (Schweiz), ÖVFA (Österreich) oder der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFA – Deutschland) dokumentiert werden. Die Mitglieder dieser Verbände sowie anderer Verbände des europäischen Analystenverbandes EFFAS haben sich einem Verhaltenskodex unterworfen, der der Etablierung ethischer Standards und damit dem Schutz der Investoren dienen soll.
Ein Analyst muss über gute „handwerkliche“ Fertigkeiten verfügen, wie beispielsweise Kenntnisse der Bewertungsmethoden, der Bilanzanalyse oder der Finanzmathematik, denn seine Empfehlung sollte auf systematischer Analyse sowie auf nachvollziehbaren und konsequent abgeleiteten Prognosen beruhen. In der Regel absolvieren Finanzanalysten daher nach dem Studium der Betriebs- oder Volkswirtschaftslehre eine fachspezifische Zusatzausbildung, wie beispielsweise den Certified European Financial Analyst (CEFA), den Certified International Investment Analyst (CIIA) oder den Chartered Financial Analyst (CFA). Diese Programme vermitteln Qualifikationen in Analyse und Bewertung von Aktien, Renten und Derivaten, Portfoliomanagement, Bilanzanalyse und Kapitalmarktrecht und ermöglichen es dem Analysten erst, finanzanalytische Methoden effektiv einzusetzen. Die europaweit etablierten Ausbildungsprogramme vermitteln den Finanzanalysten zusätzlich einschlägige Kenntnisse der internationalen Rechnungslegung sowie europäische und nationale Kapitalmarktregulierung, die innerhalb der EU für die Marktteilnehmer verpflichtend ist.
[Bearbeiten] Gesetzliche Bestimmungen
Die Arbeit professioneller Finanzanalysten wird in Deutschland durch §34b des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) reguliert. Dieses verpflichtet die Analysten grundsätzlich zu „Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit“. Außerdem betrifft es mögliche Interessenskonflikte zwischen der Finanzanalyseabteilung und anderen Abteilungen (zum Beispiel dem Investment Banking) der gleichen Organisation. Solche Konflikte sollen möglichst gering gehalten und – wenn unvermeidlich – zusammen mit den entsprechenden Finanzanalysen veröffentlicht werden.
Diese Regulierung ist weniger strikt als entsprechende US-Gesetze, die eine strikte Trennung (Chinese Wall) zwischen den verschiedenen Abteilungen vorschreiben.
Auch Finanzjournalisten unterstehen nach §34 WpHG einer Sorgfaltspflicht.
[Bearbeiten] Ergebnisse der Finanzanalyse
Das Ergebnis der Analyse ist eine Handlungsempfehlung. Der Analyst ordnet das untersuchte Wertpapier beziehungsweise den untersuchten Markt in Kategorien ein. Üblich sind die Empfehlungen:
- Kaufen (engl. Buy)
- Halten (engl. Hold)
- Verkaufen (engl. Sell)
Während Kaufen und Verkaufen selbsterklärend sind, ist die Empfehlung „Halten“ interpretationsbedürftig. Üblicherweise bedeutet „Halten“ dass die erwarteten Kursänderungen unter Berücksichtigung der Transaktionskosten keine klare Empfehlung erlauben. Besitzt der Anleger das Papier bereits, lohnt sich ein Tausch in ein mit „Kaufen“ beurteiltes Papier nicht. Besitzt er es nicht, so soll er lieber ein mit „Kaufen“ beurteiltes Papier erwerben.
Manche Analysten differenzieren stärker und heben besonders empfehlenswerte (risikoreiche) Aktien mit dem Attribut „strong“ hervor. Eine weitere Differenzierung kann das Wort „Akkumulieren“ oder "Abbauen" bedeuten:
- Klarer Kauf (engl. Strong Buy)
- Kaufen (engl. Buy)
- Akkumulieren (engl. accumulate)
- Halten (engl. Hold)
- Reduzieren (engl. Reduce)
- Verkaufen (engl. Sell)
- Klarer Verkauf (engl. Strong Sell)
Ist die Empfehlung nicht anders gekennzeichnet, so ist es eine absolute (das heißt von der Marktentwicklung unabhängige) Empfehlung. Teilweise setzen Analysten die Marktentwicklung jedoch als gegeben voraus und bewerten Papiere relativ zum Markt. Die Urteile lauten dann:
- outperformer → besser als der Markt
- market performer → dem Markt entsprechend
- underperformer → schlechter als der Markt
Eine solche Bewertung setzt die Angabe eines Index als Benchmark voraus.
Weiterhin kann eine Empfehlung auf das Gewicht der einzelnen Anlage im Portfolio bezogen sein. So empfiehlt der Analyst, Wertpapiere gemäß der eigenen Risikobereitschaft zu
- Übergewichten (engl. overweight) wenn die Papiere gute Wertsteigerungschancen haben
- Untergewichten (engl. underweight) wenn die Papiere schlechte Wertsteigerungschancen haben
Meist wird die Empfehlung des Analysten nach Anlagedauer und Risikobereitschaft differenziert. So kann zum Beispiel ein Analyst empfehlen:
- Kurzfristig: Halten
- Langfristig: Verkaufen
Er erwartet somit eine langfristige Kursverminderung, die jedoch nicht sofort einsetzt.
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