Eisbohrkern
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Durch die Analyse von Eisbohrkernen ist es möglich, Informationen über das Klima der Vergangenheit zu erhalten.
Diese Art der Klimadatenerfassung ist eine sehr junge aber zugleich eine der wichtigsten und genauesten Methoden, die heute bekannt ist. Bei dieser Methode werden Bohrungen in die riesigen Landeisschilde der Erde, in die Kryosphäre (das Eis der Erde), unternommen. Die dann zu Tage geförderten Eisbohrkerne werden genauestens untersucht.
Die Idee, dass ein Eiskern ein Archiv mit Klimainformationen darstellt, geht auf die im Jahre 1930 bis 1931 durchgeführte Grönlandexpedition von Alfred Wegener zurück. Einer der beteiligten Wissenschaftler untersuchte in einer 15 Meter tief gegrabenen Grube die jährlichen Jahresschichten.
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[Bearbeiten] Landeisschilde
Von Jahr zu Jahr setzt sich eine neue Schicht Eis ab, eine so genannte Jahresschicht. Somit besteht ein solcher Landeisschild aus vielen übereinander liegenden Schichten Eis. Je älter, also auch je tiefer, eine Jahresschicht im Eis liegt, desto dünner ist sie, da das Gewicht der darüber liegenden Schichten sie zusammendrückt und zur Seite fließen lässt. Untersucht man nun die einzelnen Schichten, kann man sehr genaue Informationen zu ganz bestimmten Jahren herausfinden, indem man die Schichten von oben abzählt. Bohrungen werden dabei typischerweise am Scheitel solcher Eisschilde durchgeführt, der sogenannten Eisscheide, um möglichst nur vertikale Bewegungen des Eises ohne Störungen durch seitliche Fließbewegungen anzutreffen.[1]
Solche riesigen Eisschilde sind vor allem in der Antarktis und in Grönland zu finden. Einige haben eine Dicke von über 3000 m und sind mehrere hunderttausend Jahre alt. Allerdings werden auch Untersuchungen in polaren und gemäßigten Klimazonen und in den Tropen auf Gletschern durchgeführt. Ein Beispiel dafür ist der Gletscher auf dem Kilimandscharo. Die alpinen Gletscher liefern eher Informationen über das regionale Klimageschehen, während Bohrungen an den polaren Eisschilden Informationen über das globale Klima der letzten Jahrhunderttausende liefern.
Der erste 100 Meter lange Eiskern wurde während einer norwegisch-britisch-schwedischen Antarktis-Expedition gezogen, die in den Jahren 1949 bis 1952 stattfand. Den bisher tiefsten Bohrkern des grönländischen Inlandeises erbrachte die europäische Tiefbohrung NGRIP (North Greenland Ice Core Project) im Jahre 2003. Hier wurde eine Bohrtiefe von 3085 Meter erreicht, das älteste Eis ist 123.000 Jahre alt und stammt aus der letzten Warmzeit. Der älteste Bohrkern überhaupt stammt aus der Antarktis aus dem europäischen Project EPICA (European Project for Ice Coring in Antarctica) 2004. Das Eis in 3270,2 Metern Tiefe ist ca. 900.000 Jahre alt und enthält damit Informationen von mehr als acht Eiszeit-Zyklen..
[Bearbeiten] Methoden der Auswertung
[Bearbeiten] Temperaturanalyse
Die Temperaturanalyse basiert darauf, dass bei der Entstehung der einzelnen Schichten die Sauerstoffisotope im Eis je nach Temperatur der Wolke, aus der der Niederschlag (Schnee) stammt, unterschiedliche relative Häufigkeiten haben (Isotopenthermometrie). Das Häufigkeitsverhältnis der Sauerstoffisotope hängt im Einzelfall allerdings neben der Temperatur auch von der Vorgeschichte (Zugbahn) der jeweiligen Luftmasse ab. Die Analyse wird mit Hilfe eines Massenspektrometers durchgeführt. Benutzt werden bei der Eisanalyse die Sauerstoffisotope 18O und 16O. Aus dem Häufigkeitsverhältnis dieser beiden Isotope kann man auf die Temperatur schließen, die bei der Entstehung des Niederschlags in der Atmosphäre herrschte. Auf diese Weise ist es möglich, aus Eisbohrkernen die Entstehungstemperatur des Niederschlags und damit die Lufttemperatur in den Polargebieten der Erde über die letzten ca. eine Million Jahre zu rekonstruieren. Je nach jährlicher Schneefallmenge können mit dieser Methode in den letzten ca. 1000 Jahren auch die Temperaturunterschiede zwischen einzelnen Sommern und Wintern erkannt werden; mittels Abzählen von Jahresschichten kann man so zu einer Datierung des Eiskerns gelangen.
[Bearbeiten] Analyse von Lufteinschlüssen
Die Lufteinschlüsse beinhalten auch heute noch die Luft, die vor Jahrtausenden eingeschlossen wurde. Bei dieser Analyse sind der Sauerstoff und der Stickstoff, die den Großteil der in der Luft enthaltenen Gase ausmachen, weniger interessant, da sie relativ gleich geblieben sind. Interessanter sind die Spurengase, die teilweise nur unter 1 % der Gase in der Luft ausmachen. Besonders bedeutsam sind dabei Kohlendioxid und Methan, da diese eine relativ hohe Verweilzeit und einen wichtigen Einfluss auf das Klima haben.
[Bearbeiten] Weitere Möglichkeiten der Datengewinnung
Neben der Sauerstoff-Isotopenmethode gibt es noch andere Isotopenverhältnisse, die untersucht werden. Bei einer werden die Kohlenstoffisotope (14C) und die Berylliumisotope (10Be) untersucht. Aus ihrem Verhältnis kann man vieles über die Sonnenaktivität erfahren. Des Weiteren werden Staubgehalt sowie die Konzentrationen von Ionen und Elementen bestimmt. Daraus kann man Schlüsse auf den Zustand des Klimasystems zum Beispiel der atmosphärischen Zirkulation oder Windstärken in der Vergangenheit ziehen.
Darüber hinaus lässt die Dicke der einzelnen Jahresschichten, abgesehen davon, dass die älteren dünner sind, Rückschlüsse auf die jeweilige Niederschlagsmenge zu. Bei der Untersuchung der Eisbohrkerne werden auch immer wieder dünnere Schichten Staub entdeckt. Diese stammen meistens von sehr großen Vulkanausbrüchen, die auch oft deutliche Klimaveränderungen hervorriefen.
Noch genauer kann man vulkanische Ablagerungen bestimmen, indem man die elektrische Leitfähigkeit des Eises feststellt. Diese gibt Informationen über die Menge der vulkanischen Ablagerungen und somit über die Vulkanausbrüche in der Vergangenheit.
[Bearbeiten] Einzelnachweise
[Bearbeiten] Siehe auch
- Dome C
- Dome F
- EPICA
- Wostok-Station
- GRIP
- GISP2
- NGRIP