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Ein Hungerkünstler – Wikipedia

Ein Hungerkünstler

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Ein Hungerkünstler ist eine Erzählung von Franz Kafka und zugleich der Titel für den 1924 erschienen Sammelband des Autors, der drei weitere Prosatexte enthält (Erstes Leid, Eine kleine Frau und Josefine, die Sängerin oder Das Volk der Mäuse). Drei der vier Erzählungen haben jeweils eine ironische Sicht auf ein Künstlerleben zum Inhalt.

Verlagseinband 1924
Verlagseinband 1924


Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Erstes Leid

Erstes Leid ist eine von 4 Erzählungen Franz Kafkas aus dem 1924 erschienen Sammelband Ein Hungerkünstler, der das letzte Buch vor seinem Tod war. Es ist eine Geschichte über Ekstase und Schrecknisse der Artistenexistenz [1]

[Bearbeiten] Zusammenfassung

Die Geschichte erzählt von einem Trapezkünstler im Varieté, der zunehmend nur noch hoch oben in der Trapezkuppel lebt, seine Übungen betreibt und nicht mehr herabsteigen will. Problematisch sind die Standortwechsel des Varietés, da er dann das Trapez verlassen und verreisen muss. Auf einer solchen Fahrt konfrontiert er seinen um ihn sehr besorgten Impresario eindringlich damit, dass er von nun an immer 2 Trapeze gleichzeitig benötigen wird. Der Impresario gesteht ihm das sofort zu, allerdings ahnt er auch die wahrscheinlich zunehmend beunruhigenden Gedanken des Trapezkünstlers und erkennt dessen erste Anzeichen von Alter in Form von Falten auf der sonst kindlichen Stirn.

[Bearbeiten] Textanalyse

[Bearbeiten] Erster Abschnitt

Im Gegensatz zu den beiden anderen Künstlergeschichten aus dem Hungerkünstler-Band wird hier ausschließlich der Trapezkünstler und sein direktes Varietéumfeld, nicht aber das Publikum dargestellt. Dadurch entsteht der Eindruck von Kunst als nach innen gerichtetem Selbstzweck nur zur Erbauung des Künstlers. Der Trapezkünstler hat ausschließlich Kontakt zu Personen, die zu ihm in die Kuppel hinaufsteigen oder zu seinem Impresario. Zu den schönsten Momenten im Leben des Impresario wiederum gehört es, wenn der Trapezkünstler nach einer Reise in die Trapezkuppel zurückkehren kann. Es liest sich rührend, doch welche Verirrung der Lebensprioritäten spricht daraus.

[Bearbeiten] Zweiter Abschnitt

Den Wunsch nach einem 2. Trapez, der mit viel Emotionen vom Trapezkünstler vorgetragen wird, befürwortet der Impresario sofort. Der Gleichklang zwischen beiden in dieser Frage und dem Befremden, bisher nur mit einem Trapez ausgekommen zu sein, zeigt sich darin, dass die Tränen des Trapezkünstlers auch das Gesicht des Impresarios benetzen. Aber der Impresario löst sich gleichzeitig aus seiner Abhängigkeit vom Künstler, weil er eine Existenzbedrohung durch dessen Altern vor Augen sieht. Bisher war der Trapezkünstler in seiner jugendlichen Beweglichkeit für das Varieté ein „außerordentlicher und unersetzlicher Künstler“. Nun zeichnet sich das Ende dieser Ära ab.

[Bearbeiten] Ausblick

Hier wird ähnlich wie in der Geschichte vom Hungerkünstler mit dem letzten Satz ein Ausblick eröffnet, der wieder eine eigene Geschichte enthält. Es ist anzunehmen, dass dem alternden Künstler wegen seiner schwindenden Attraktivität nicht mehr die bisherigen Extravaganzen zugebilligt werden. Der Impresario, der ihn wie einen sensiblen, vergötterten Sohn behandelt hat, wird sich neuen erfolgreicheren Künstlern seines Varietés zuwenden. Außerdem ist zu befürchten, dass der Künstler das totale Trapezkünstlerdasein in der Kuppel im Alter gar nicht mehr bewältigen wird und auch dadurch in seiner Kunst zwangsläufig immer mehr nachlassen wird.

[Bearbeiten] Deutung des Titels

Wessen Erstes Leid wird hier geschildert? Der Künstler hat schon oft gelitten, wenn er das Trapez verlassen musste. Spürt er plötzlich selbst das Alter mit Schrecken und will deshalb ein 2. Trapez sozusagen als Gegenmittel? Oder ist es das erste Leid des Impresarios im Umgang mit dem Künstler, dem er sehr nahe steht, der aber mit zunehmendem Alter für ihn wertlos wird?

[Bearbeiten] Deutungsansätze

Die kurze Erzählung entstand im Frühjahr 1922 und erschien zunächst im Herbst 1922 in der Zeitschrift Genius. Kafka hat die Erzählung nicht hoch eingeschätzt und bezeichnete sie als „widerliche kleine Geschichte“. Trotzdem integrierte er sie 1924 in seinen letzten Erzählband Ein Hungerkünstler. Soweit man als Leser hier bewerten darf, muss man Kafka recht geben. Die Geschichte hat nicht die Eindringlichkeit und Vielschichtigkeit der beiden anderen Künstlergeschichten des Bandes. Es fehlt ihr vielleicht an Tiefe; so, als versuchte jemand anderes im Stil Kafkas zu schreiben und erreichte dies fast. Andererseits besticht sie durch ihre klare karge Struktur [2].

Die Geschichte ist auch eine Aussage über Kafkas Lebensrhythmus [3]. Das Verweilen in der Trapezkuppel entspricht den Phasen des Schreibens, das zwangsläufige Heruntersteigen den Anforderungen, die der verhasste Alltag an ihn stellt. In dem überaus fürsorglichen Impresario soll der Freund Max Brod zu erkennen sein [4]. Der Freund wird in der Erzählung als Geschäftsverbindung definiert. Er sieht die Zeichen des Verfalls (Kafkas Krankheit) und zweifelt am weiteren künstlerischen Schaffen.

Kafka hat sich im Laufe seines Lebens zunehmend mit dem Judentum beschäftigt. Aufgund seiner damaligen Lektüren in dieser Richtung, kann man den Trapezkünstler als Sinnbild für den assimilierten Westjuden sehen, der sich seiner religiösen Identität entledigt hat im Gegensatz zum Ostjuden mit seiner Bodenhaftung [5].

[Bearbeiten] Weblinks

Text der Erzählung Erstes Leid Projekt Gutenberg-DE

[Bearbeiten] Einzelnachweise

  1. Peter-André Alt: Franz Kafka: Der ewige Sohn. Eine Biographie. München: Verlag C.H. Beck, 2005, ISBN 3-406-53441-4. S. 645
  2. Peter-André Alt: Franz Kafka: Der ewige Sohn. Eine Biographie. München: Verlag C.H. Beck, 2005, ISBN 3-406-53441-4. S. 647
  3. Peter-André Alt: Franz Kafka: Der ewige Sohn. Eine Biographie. München: Verlag C.H. Beck, 2005, ISBN 3-406-53441-4. S. 646
  4. Peter-André Alt: Franz Kafka: Der ewige Sohn. Eine Biographie. München: Verlag C.H. Beck, 2005, ISBN 3-406-53441-4. S. 646
  5. Peter-André Alt: Franz Kafka: Der ewige Sohn. Eine Biographie. München: Verlag C.H. Beck, 2005, ISBN 3-406-53441-4. S. 647

[Bearbeiten] Ein Hungerkünstler

Ein Hungerkünstler ist eine von 4 Erzählungen Franz Kafkas aus dem 1924 erschienenen gleichnamigen Sammelband.

[Bearbeiten] Zusammenfassung

Ein Hungerkünstler lebt zunächst in Zeiten, in denen in der Öffentlichkeit ein reges Interesse an seiner Kunst besteht. In seinem Gitterkäfig wird er vom Publikum von Hungertag zu Hungertag interessiert begutachtet und bewundert. Für den Hungerkünstler ist aber das andauernde Hungern „die leichteste Sache von der Welt“. Er leidet darunter, dass man ihm das nicht glaubt, ihm möglicherweise sogar unterstellt, geschickt heimlich zu essen, oder ihm zumindest absichtlich die Möglichkeit dazu gibt. Zudem besteht sein Impresario darauf, dass er nach vierzig Tagen das Hungern beenden solle. Er öffnet ihm den Käfig und stellt ihm Essen bereit. Der Hungerkünstler fühlt sich absolut missverstanden, er weiß, dass er noch viel länger hungern kann. Aufgrund des andauernden Nichtverstandenseins bekommt er eine immer trübere Laune.

Aber die Zeiten ändern sich und das Hungerkünstlertum kommt außer Mode. Der Hungerkünstler ist nicht mehr die Attraktion. Er trennt sich von seinem Impresario und befindet sich nun in einem der vielen mit Stroh ausgelegten Käfige eines Zirkus neben den Tieren. Hier hungert er immer weiter, von Zuschauern kaum noch bemerkt.

Arbeiter entdecken ihn irgendwann ganz klein unter seinem Stroh. Bevor er stirbt, verrät er ihnen mit seinen letzten Worten den wahren Grund seines Hungerns. Er könne nicht anders, weil er die Speise, die ihm schmeckt, nicht gefunden habe. Hätte er sie gefunden, er hätte sich „vollgegessen wie alle“. Er wird mit dem Stroh zusammen begraben.

In seinen Käfig wird ein junger kraftvoller Panther gesteckt, der sofort zum neuen Anziehungspunkt wird.

[Bearbeiten] Entstehung

Die Erzählung entstand innerhalb weniger Tage im Frühjahr 1922, während die Arbeit am Roman Das Schloss ins Stocken geriet [1]. Die Wahl des Themas, nämlich das Hungern als Kunst, mochte den damaligen Lesern angesichts der Nachkriegsarmut (besonders der Hungersnot in Rußland) eher zynisch erschienen sein [2]. Kafkas Interesse für den Zirkus und andere Formen der Schaustellerei sind in der Literaturwissenschaft als wichtige geschichtliche Entstehenszusammenhänge der Erzählung untersucht worden. [3] So wurde beispielsweise auch der reale Hungerkünstler Giovanni Succi als mögliches Modell für Kafkas fiktive Figur gehandelt. [4]

[Bearbeiten] Erzählperspektive

Diese Geschichte eines fanatischen Ehrgeizes ist - ähnlich wie Josefine, die Sängerin oder das Volk der Mäuse- von starker Ironie geprägt [5]. Mit ironischem Pathos wird verkündet: "Versuche jemand die Hungerkunst zu erklären! Wer es nicht fühlt, dem kann man es nicht begreiflich machen." Hier hört man Faust´s Stoßseufzer: "Wenn ihrs nicht fühlt, ihr werdets nicht erjagen".

Ebenso ironisierend ist die Nennung der Zahl 40 im Zusammenhang mit den Hungertagen. Es ist die Zahl, die im Alten und Neuen Testament mehrfach und auch im Zusammenhang mit Hungern genannt wird. Hier wird besonders die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit des Hungerkünstlers deutlich; er will sich selbst "übertreffen bis ins Unbegreifliche".

[Bearbeiten] Textanalyse

In seinem Aufbau gleicht der Hungerkünstelr den Erzählungen Das Urteil [6] sowie Der Bau. Da ist anfangs die Schilderung von Erfolg und Zufriedenheit in der Blütezeit des Schauhungerns. Schnell folgt der Umschwung ins Negative, das Unverständnis und die Begrenzung der Hungerzeit nach dem Geschmack des oberflächlichen Publikums. Am Ende steht der Tod und gleichzeitig erscheint der Hinweis auf eine andere Vitalität.

[Bearbeiten] Deutungsansätze

Der Hungerkünstler kann als Symbol für den Künstler schlechthin gesehen werden. Die Kunst, die das Publikum als Leistung sieht, die mühsam errungen werden muss, ist für den Künstler ein Bedürfnis, fast ein Zwang, der seinem Wesen ganz und gar entspricht, wie nichts anderes in seiner Existenz. Die Kunst ist für den (Hunger-)Künstler die „leichteste Sache von der Welt“, die für ihn therapeutischen Charakter hat. Was für andere strenge Askese wäre, ist für ihn ein ganz natürliches so Sein.

Ambivalent ist die Haltung des (Hunger-)Künstlers zum Publikum. Einerseits sonnt er sich in seiner Popularität und möchte auch das Verständnis seiner Zuschauer. Andererseits ist es ja gerade der Publikumsgeschmack, der den Impresario veranlasst nur jeweils 40 Tage hungern zu lassen. Das bekannte Problem des Künstlers, der sich dem Kunstbetrieb anpassen soll.

Ganz frei ist der (Hunger-)Künstler erst, als ihn kein Publikum mehr beachtet. Man kann hier an Kafka selbst denken, der viele seiner Schriften nicht für eine Leserschaft, sondern zur Vernichtung vorgesehen hatte. Aber was für eine jammervolle Figur ist der (Hunger-)Künstler zuletzt. Er wird von Arbeitern mehr entsorgt als bestattet. Kurz vor seinem Tod teilt er ihnen das Geheimnis seines Hungerns mit, nämlich dass er nie die Speise fand, die ihm schmeckte. Die Arbeiter können das aber nicht würdigen und halten ihn für geistesgestört.

Aber nicht erst am Ende seiner immer mehr versponnenen Existenz zeigt sich die Diskrepanz zwischen dem (Hunger-)Künstler und seiner Umgebung. Schon in seiner beruflichen Blütezeiten herrschte zwischen ihm und den Personen seiner Umwelt (dem Impresario, den 2 Ehrendamen, den Wächtern) ein gespanntes Verhältnis, das von gegenseitigem Unverständnis geprägt ist. Insbesondere die Unvereinbarkeit mit den 2 Damen wird ausführlich beschrieben - Kafkas Verhältnis zu Frauen und enger Bindung. Man sieht hier den Künstler, der losgelöst von allen Bezügen nur seiner Kunst leben will und dafür sogar ein menschenunwürdiges Leben in Kauf nimmt.

[Bearbeiten] Ausblick

Mit den letzten Sätzen der Erzählung wird eine weitere Geschichte eröffnet; es geht um den neuen Bewohner des ehemaligen Käfig des (Hunger-)Künstlers, einen jungen Panther, der die kraftvolle, animalische Ungebundenheit symbolisiert [7]. Größer könnte der Unterschied der 2 Käfigbewohner kaum sein. Das fleischreißende Raubtier steht in totalem Gegensatz zum Hungerkünstler (und auch zum Vegetarier Kafka) und dennoch zeichnet sich auch sein Verhängnis deutlich ab. Ein Raubtier wird eingepfercht in ein beengendes Behältnis. Man denkt hier zwangsläufig an das Panther-Gedicht von Rilke oder an den Affen Rotpeter aus Ein Bericht für eine Akademie. Den Bedürfnissen des Hungerkünstlers stand der Käfig nicht im Wege. Für den Panther mit seinen elementaren Bedürfnissen ist dieser Käfig aber ein verhängnisvoller Ort [8].

[Bearbeiten] Weblinks

Die Erzählung Ein Hungerkünstler als Volltext: Ein Hungerkünstler Projekt Gutenberg-DE

[Bearbeiten] Einzelnachweise

  1. Peter-André Alt: Franz Kafka: Der ewige Sohn. Eine Biographie. München: Verlag C.H. Beck, 2005, ISBN 3-406-53441-4. S. 647
  2. Literaturwissen Franz Kafka Carsten Schlingmann Reclam S. 138
  3. Walter Bauer-Wabgnegg: Monster und Maschinen, Artisten und Technik in Franz Kafkas Werk. In: Wolf Kittler, Gerhard Neumann (Hg.): Franz Kafka. Schriftverkehr. Freiburg 1990. S. 316-382.
  4. Astrid Lange-Kirchheim: Nachrichten vom italienischen Hungerkünstler Giovanni Succi. Neue Materialien zu Kafkas Hungerkünstler. In: Freiburger literaturpsychologische Gespräche. Jahrbuch für Literatur und Psychoanalyse. Band 18: Größenphantasien. Würzburg: Königshausen & Neumann, 1999. S. 315–340.
  5. Literaturwissen Franz Kafka Carsten Schlingmann Reclam S. 139
  6. Peter-André Alt: Franz Kafka: Der ewige Sohn. Eine Biographie. München: Verlag C.H. Beck, 2005, ISBN 3-406-53441-4. S. 649-651
  7. Peter-André Alt: Franz Kafka: Der ewige Sohn. Eine Biographie. München: Verlag C.H. Beck, 2005, ISBN 3-406-53441-4. S. 652
  8. Literaturwissen Franz Kafka Carsten Schlingmann Reclam S. 140

[Bearbeiten] Eine kleine Frau

Eine kleine Frau ist eine von 4 Erzählungen Franz Kafkas aus dem 1924 erschienen Sammelband Ein Hungerkünstler

[Bearbeiten] Zusammenfassung

Der Ich-Erzähler schildert eine kleine, noch junge Frau aus seinem Umfeld. Sie wird als kokett, in Kleidung und Auftreten eigenwillig aber eher ärmlich beschrieben. Das Problem der Frau besteht darin, dass der Erzähler ihr ständig in irgendeiner Form Anlass zum Ärgern gibt. Immer wieder betont der Erzähler, dass die kleine Frau ihn doch einfach ignorieren könnte. Er hat aus seiner Sicht gesehen überhaupt keine Beziehung zu der Frau und so könnte die Sache doch erledigt sein. Die kleine Frau aber reagiert auf diesen Vorschlag besonders erregt. Sie leidet offensichtlich sehr unter den geschilderten Verhältnissen, dessen Verursacher der Erzähler ist.

Er nun erwartet, dass er sich vor der Welt rechtfertigen muss für das, was er der kleinen Frau ungewollt antut. Aber er glaubt, dass man ihn nicht verurteilen wird, da er ein achtenswertes Mitglied der Gesellschaft ist. Dass die kleine Frau vielleicht in ihn verliebt sein könnte, weist er als Erklärung entschieden zurück. Die seltsame Konstellation besteht über Jahre und die Beteiligten werden älter. Der Erzähler denkt, dass er das Störende ausblenden kann und dass er sein bisheriges Leben ruhig wird fortsetzen dürfen trotz des Tobens der Frau.

[Bearbeiten] Textanalyse

Beschrieben wird eine über viele Jahre andauernde „Un-Beziehung“, deren Ende noch längst nicht absehbar ist, zwischen dem Erzähler und einer kleinen Frau. Der Erzähler beeilt sich zu versichern, dass es sich keinesfalls um eine Liebesbeziehung von Seiten der Frau handelt. Er jedenfalls steht ihr -angeblich- völlig fremd und gleichgültig gegenüber.

Er könnte die Beziehung beenden, falls er die kleine Frau „als Klette erkannt und für die Öffentlichkeit völlig geräuschlos unter seinem Stiefel zertreten hätte“. Das kann oder will er aber nicht. Er erwartet eine Entscheidung in der Sache von außen. Vom Schicksal? von der Frau? Jedenfalls nicht von sich selbst. Wie könnte denn die Frau wirklich entscheiden, sie wird jedenfalls nie von ihm lassen. Der Leser wird Zeuge einer großen Verdrängung. Der Erzähler will sich keinesfalls eingestehen, dass das Verhalten dieser für ihn lästigen Frau darauf hindeuten könnte, dass sie starke Emotionen für ihn empfindet, wohl in einer Art Hass-Liebe. Genau das aber würde das geschilderte Auftreten und die Leiden der Frau erklären. Solange er es leugnet, kann er die kleine Frau auf Distanz halten, obwohl er sich gedanklich häufig mit ihr beschäftigt. Er will aber nichts anderes, als sein ruhiges Leben, in das durch die kleine Frau Unruhe kommt, weiterführen.

[Bearbeiten] Sprachstil

Auffallend ist die Sprache dieser Erzählung. Während Kafkas Erzählweise oft aus nüchtern fortschreitenden Sätzen besteht, hinter denen aber starke Emotionen lauern, ist der Sprachstil hier hektisch. Die Sätze sind in sich geschachtelt, wie übereinender getürmt. Manchmal geht der Sinn fast verloren. Der Erzähler gesteht sich selbst ein, dass er mit den Jahren "ein wenig unruhig" geworden ist.

[Bearbeiten] Biografische Deutung

Kafka schreibt diese Geschichte im Oktober 1923 in Berlin, wo er mit seiner letzten Freundin Dora Diamant lebt. Es gibt die Deutung, dass er dabei das schwierige Verhältnis zu seiner damaligen geldgierigen Vermieterin verarbeitet hat [1] [2]. Dieser Deutungsstrang ist allerdings nicht abschließend befriedigend. Das geschilderte Wesen, jung und ärmlich, assoziiert eigentlich nicht das Bild einer Vermieterin. Es klagt zwar über den Erzähler, stellt aber keine konkrete Forderungen. Das Verhältnis zwischen der kleinen Frau und dem Erzähler ist auf lange Zeit angelegt und nicht durch einen Wohnungswechsel schnell aufzuheben.

In den letzten Jahren seines Lebens muss Kafka ein für Frauen ausgesprochen interessanter Mann gewesen zu sein. Es tauchen eine Reihe von Namen neben Milena Jesenska und Dora Diamant auf nämlich Puah Ben-Tovim [3], Tile Rössler, Emmy Salveter. So dürften ihm auch weibliche Aufmerksamkeiten entgegen gebracht worden sein, die er nicht in der gewünschten Form erwiderte.

Die kleine Frau ist aber in ihrer irrlichternden, puppenhaften Art auch bemerkenswert für den Erzähler. Ihr Auftreten und ihre Ausstattung scheinen Bezug zu nehmen auf das eigenartige Wesen oder Ding „Odradek“ aus der Geschichte "Die Sorge des Hausvaters" [4].

[Bearbeiten] Weblinks

Text der Geschichte: Eine kleine Frau Projekt Gutenberg-DE

[Bearbeiten] Einzelnachweise

  1. Peter-André Alt: Franz Kafka: Der ewige Sohn. Eine Biographie. München: Verlag C.H. Beck, 2005, ISBN 3-406-53441-4. S. 675
  2. Klaus Wagenbach Kafka rororo S. 134, 1080- ISBN 3 499 50091 4
  3. Peter-André Alt: Franz Kafka: Der ewige Sohn. Eine Biographie. München: Verlag C.H. Beck, 2005, ISBN 3-406-53441-4. S. 534
  4. Peter-André Alt: Franz Kafka: Der ewige Sohn. Eine Biographie. München: Verlag C.H. Beck, 2005, ISBN 3-406-53441-4. S. 675

[Bearbeiten] Josefine, die Sängerin oder Das Volk der Mäuse

Josefine, die Sängerin oder Das Volk der Mäuse ist eine von 4 Erzählungen Franz Kafkas aus dem 1924 erschienen Sammelband Ein Hungerkünstler. Josefine war Kafkas letztes Werk vor seinem Tod am 3. Juni 1924.

[Bearbeiten] Zusammenfassung

Wie es der Titel sagt, handelt die Geschichte von der als Sängerin auftretenden Maus Josefine und dem Mäusevolk. Josefines Singen ist aber eher ein leises Pfeifen, das eigentlich auch jede andere Maus aus dem Volk von sich gibt oder geben kann. Dennoch ist ihre Kunst öffentlich unumstritten. Manchmal - nur unter sich- gestehen sich ihre Zuhörer die Wahrheit über Josefines Kunst ein.

Trotzdem hat aber ihr Gesang eine große Wirkung auf das Mäusevolk, da im Rahmen dieser Zusammenkünfte das Zusammengehörigkeitsgefühl auf seltsame Weise gestärkt wird. Das Mäusevolk braucht die Konzerte als eine Art Ruhepunkte. Sein Dasein ist vielfältig bedroht. Zwar ist durch die große Zahl von Nachkommen der Fortbestand gewährleistet. Aber durch die fortwährend nachdrängenden neuen Generationen erhält ihre Existenz etwas beliebiges.

Josefine möchte aufgrund ihrer Sangeskunst von der sonstigen Arbeit freigestellt werden. Das gesteht ihr aber das Volk nicht zu und Josefine verschwindet. Der Erzähler beendet die Geschichte mit dem Satz: „Josefine...wird fröhlich sich verlieren in der zahllosen Menge der Helden unseres Volkes, und bald, da wir keine Geschichte treiben, in gesteigerter Erlösung vergessen sein wie all ihre Brüder.“

[Bearbeiten] Eine Deutung

[Bearbeiten] Erster Abschnitt

Diese relativ breit angelegte ausführliche Erzählung behandelt (ähnlich wie Der Hungerkünstler) das Verhältnis einer Künstlerpersönlichkeit zu ihrem Publikum. Sie ist damit auch eine Reflexion Kafkas über sein eigenes Künstlertum. Obwohl man zunächst nicht glauben mag, dass Kafka sich selbst in der Person dieser skurrilen, unangenehmen Sängerin Josefine darstellt, sind doch deutliche Bezüge vorhanden. So z. B. Josefines Wunsch, von der sonstigen Arbeit freigestellt zu werden, um sich ganz der Kunst widmen zu können, auch ein großes Problem in Kafkas Leben.

Die Erzählung wird jedoch nicht aus der Sicht der Sängerin, sondern der des Mäusevolkes, also des Publikums, vorgetragen. Gegen das Volk mit seinem schweren Leben erscheint die Sängerin von realitätsferner Primadonnenmanier. So identifiziert sich der Leser mit der Sicht des Mäusevolkes auch in der Frage der Arbeitbefreiung.

[Bearbeiten] Zweiter Abschnitt

Andererseits hat Josefine eine sehr wichtige Funktion für das Mäusevolk. „Dieses (Josefines) Pfeifen.... kommt fast wie eine Botschaft des Volkes zu dem einzelnen“ ..fast wie die armselige Existenz unseres Volkes mitten im Tumult der feindlichen Welt. „.. als dürfte sich der Ruhelose einmal nach seiner Lust im großen warmen Bett des Volkes dehnen und strecken.“ Josefines Gesang vermittelt – unabhängig von ihrer eigenen Intention – ein starkes Gefühl von Schutz, Geborgenheit und Ruhe. Und das ist in diesem unruhig huschenden, von enormer Population vorangetriebenen, gefährdeten Mäusevolk ein großes Bedürfnis. Ein deutlicher Bezug ist hier zum jüdischen Volk hergestellt.

Dem künstlerischen Schaffen wird hier eine große positive Wirkung zugeschrieben. Kafka dürfte aber wohl kaum die Wirkung seines eigenen Schaffens auf seine Leser so erwarten. Oder war das die Wirkung seines Schreibens auf ihn selbst?

[Bearbeiten] Biografischer Hintergrund

Josefine war das letzte Werk Kafkas, dass er im März 1924 abschloss, bevor die immer weiter voranschreitende Krankheit ein Schreiben unmöglich machte und er am 3. Juni 1924 starb. Er sieht darin ironisch auf sich selbst als Künstler mit seinen Befindlichkeiten und Abgrenzungen zu den Normalmenschen. In Josefines Ende – „erlöst von Plagen... fröhlich sich verlierend“ – dürfte er sein eigenes Ende gesehen haben. Josefine wird in „gesteigerter Erlösung vergessen sein wie alle ihre Brüder“.

Falls Kafka ein solches Ende im Vergessen auch für sich gesehen hat, hat er sich innerhalb gegenwärtiger literarischer Zeitspannen entschieden getäuscht.

[Bearbeiten] Literatur

  • Ein Hungerkünstler. Vier Geschichten. Berlin: Verlag Die Schmiede, 1924. (Erstausgabe)
  • Paul Raabe: Franz Kafka: Sämtliche Erzählungen. Fischer-Taschenbuch-Verlag, 1970, ISBN 3-596-21078-X.
  • Peter-André Alt: Franz Kafka: Der ewige Sohn. Eine Biographie. Verlag C.H. Beck, 2005, ISBN 3-406-53441-4
  • Urban, Cerstin: Franz Kafka: Erzählungen I. Königs Erläuterungen und Materialien (Bd. 279). Hollfeld: Bange Verlag 2005. ISBN 978-3-8044-1726-7

[Bearbeiten] Weblinks



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