VSEPR-Modell
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Das EPA-Modell (Elektronenpaarabstoßungsmodell) oder VSEPR-Modell (VSEPR ist die Abkürzung für Valence shell electron pair repulsion, deutsch Valenzschalen-Elektronenpaar-Abstoßung) führt die räumliche Gestalt eines Moleküls auf die abstoßenden Kräfte zwischen den Elektronenpaaren der Valenzschale zurück.
Das Modell wurde von Ronald Gillespie und Ronald Nyholm entwickelt und wird deshalb auch Gillespie-Nyholm-Theorie genannt.
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[Bearbeiten] Die abgeleiteten Regeln
Aus dem VSEPR-Modell ergeben sich folgende Regeln:
- In Molekülen des Typs AXn ordnen sich die Elektronenpaare in der Valenz-Energiestufe des Zentralatoms (A) so an, dass der Abstand zwischen ihnen möglichst groß wird.
- Die freien Elektronenpaare (hier mit E symbolisiert) in einem Molekül vom Typ AXnEm beanspruchen mehr Raum als die bindenden Elektronenpaare und führen somit zu einer Vergrößerung der Winkel X-A-E und einer Verkleinerung der Winkel X-A-X.
- Freie Elektronenpaare treten nur in äußersten Grenzfällen in 90°-Winkeln miteinander in Wechselwirkung. Nach Möglichkeit wird stets ein großer Abstand mehrerer freier Elektronenpaare zueinander gewählt.
- Elektronegative Substituenten ziehen bindende Elektronenpaare stärker an sich heran und vermindern damit deren Raumbedarf.
- Mehrfachbindungen werden wie ein übergroßes Elektronenpaar gewertet und beanspruchen somit mehr Raum als Einfachbindungen. Hierbei steigt der Platzbedarf mit der Bindungsordnung. Einzelne freie Elektronen in Radikalen nehmen hingegen weniger Raum ein als freie Elektronenpaare.
- Der Winkel zwischen den Elektronenpaaren mit geringerem Platzbedarf wird durch die Anwesenheit von Elektronenpaaren mit größerem Platzbedarf verkleinert. So ist beispielsweise der H-C-H-Winkel in Formaldehyd (H2C=O) kleiner als der H-C-H-Winkel in Methan (CH4).
[Bearbeiten] Vorhersagen nach VSEPR bei freien Elektronenpaaren am Zentralatom
Molekülgeometrien können recht einfach durch Abzählen der "Reste" vorhergesagt werden, wenn keine freien Elektronenpaare am Zentralatom vorhanden sind. Dennoch lässt sich auch die näherungsweise Betrachtung von Verbindungen mit einem oder mehreren freien Elektronenpaaren schematisieren, indem freie Elektronenpaare wie Bindungspartner behandelt werden: Man gelangt hierüber zur Pseudostruktur des jeweiligen Moleküls.
Das Sauerstoffatom des Wassers, an welches zwei Wasserstoffatome kovalent geknüpft sind, weist zwei freie Elektronenpaare auf. Dementsprechend ergibt sich aus X = 2 (H-Atome) und E = 2 (freie e-Paare) 2+2=4 und somit eine tetraedrische Geometrie. Die Molekülgestalt selbst wird aber nur durch die Atomkerne beschrieben. Indem die freien Elektronenpaare nun "weggedacht" werden, bleibt die Realstruktur zurück: gewinkelt.
# | Molekültypen [1] | Beispiel | Pseudostruktur [2] | Realstruktur [3] | Winkel |
---|---|---|---|---|---|
1 | AX1 |
H2 | linear |
linear |
180° |
2 | AX2 |
BeCl2 CO2 |
linear |
linear |
180° |
AX1E1 |
linear |
linear |
180° | ||
3 | AX3 |
BF3 NO3− CO32− |
trigonal planar |
trigonal planar |
120° |
AX2E |
SO2 O3 NO2− |
trigonal planar |
gewinkelt |
ca. 115° | |
AX1E2 |
trigonal planar |
linear |
180° | ||
4 | AX4 |
CH4 SO42− PO43− ClO4− |
tetraedrisch |
tetraedrisch |
109,5° |
AX3E |
NH3 PCl3 |
tetraedrisch |
trigonal-pyramidal |
ca. 107° | |
AX2E2 |
H2O | tetraedrisch |
gewinkelt |
ca. 104° | |
AX1E3 |
HCl | tetraedrisch |
linear |
180° | |
5 | AX5 |
PCl5 | trigonal-bipyramidal |
trigonal-bipyramidal |
120° / 90° |
AX4E |
SF4 | trigonal-bipyramidal |
tetraedrisch verzerrt (bisphenoidal) |
ca 175° / 110° | |
AX3E2 |
ClF3 | trigonal-bipyramidal |
T-förmig |
ca. 95° | |
AX2E3 |
XeF2 | trigonal-bipyramidal |
linear |
180° | |
6 | AX6 |
SF6 | oktaedrisch (=quadratisch-bipyramidal, trigonal-antiprismatisch) |
oktaedrisch (=quadratisch-bipyramidal, trigonal-antiprismatisch) |
90° |
AX5E |
ClF5 | oktaedrisch (=quadratisch-bipyramidal, trigonal-antiprismatisch) |
quadratisch-pyramidal |
ca. 85° | |
AX4E2 |
XeF4 | oktaedrisch (=quadratisch-bipyramidal, trigonal-antiprismatisch) |
quadratisch-planar |
90° | |
7 | AX7 |
IF7 | pentagonal-bipyramidal |
pentagonal-bipyramidal |
90° / 72° |
AX6E |
XeF6 | pentagonal-bipyramidal |
pentagonal-pyramidal |
? | |
AX5E2 | XeF5− | pentagonal-bipyramidal | pentagonal-planar | ? | |
8 | AX8 | IF8− | tetragonal-antiprismatisch | tetragonal-antiprismatisch | 78° / 73° |
- ↑ Zentralatom: A, Liganden: X und Elektronenpaar: E
- ↑ nicht gebundene Elektronenpaare (blass gelb) als gedachte Bindungspartner
- ↑ reale räumliche Anordnung der Atome
[Bearbeiten] Grenzen der Anwendbarkeit
Das VSEPR-Modell lässt sich auf Moleküle anwenden, bei denen die an das Zentralatom gebundenen Reste (Atome oder Atomgruppen) nicht allzu groß werden und keine spezifischen Wechselwirkungen aufeinander ausüben. Nicht oder nur eingeschränkt anwendbar ist sie auf Übergangsmetallverbindungen.
[Bearbeiten] Literatur
- R. J. Gillespie, I. Hargittai: The VSEPR Model of Molecular Geometry. 8 Aufl., Allyn & Bacon, Boston 1991, ISBN 978-0205123698.
[Bearbeiten] Weblinks
-
Wikibooks: Allgemeine und Anorganische Chemie: Struktur von Molekülen – Lern- und Lehrmaterialien