Somali (Volk)
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Die Somali (Eigenbezeichnung Soomaali, mit eingedeutschtem Plural auch Somalen, Somalis oder unpräzise Somalier) sind ein Volk am Horn von Afrika, das Schätzungen zufolge etwa aus 12 Millionen[1] Menschen besteht. Ihre Sprache ist das kuschitische Somali.
Die Somali leben hauptsächlich in Somalia, wo sie die überwiegende Bevölkerungsmehrheit stellen, sowie in Nordostkenia, Ostäthiopien (Region Somali bzw. Ogaden) und Dschibuti. Es gibt größere Gemeinden von Aussiedlern und Kriegsflüchtlingen in vielen Ländern der Welt, vornehmlich in Italien, Großbritannien, Deutschland, den Niederlanden, den Staaten der Arabischen Halbinsel, Kanada sowie den USA.
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[Bearbeiten] Bezeichnung
Die Eigenbezeichnung lautet im Plural Soomaali, im Singular Somal. Zur Etymologie des Namens gibt es verschiedene Theorien. Einer Annahme zufolge stammt es von soo maal – „geh und melke“ – als Einladung an Gäste zum Milchtrinken. Andere führen es auf ein kuschitisches Wort für „dunkel“ oder „schwarz“ zurück, was sich auf ihre Hautfarbe bezieht. Die Somali führen sich selbst auf einen Stammvater Samaale zurück, der ebenfalls namensgebend gewesen sein könnte.
[Bearbeiten] Lebensweise, Gesellschaft und Kultur
Die Somali sind traditionell Hirtennomaden, welche mit ihren Tieren, hauptsächlich Kamelen, je nach Terrain und Region aber auch Schafen und Ziegen oder Rindern, durch die Tiefebenen am Horn von Afrika ziehen, auf der Suche nach Weidegründen und Wasserstellen für ihre Tiere. In Südsomalia haben sie sich auch als agropastoralistische Bauern niedergelassen.
Die Somali sind zum größten Teil Muslime, Sunniten der schafiitischen Rechtsschule. Sie waren unter den ersten Völkern in Afrika, welche dem Islam beigetreten sind. Bereits zum Ende des 1. Jahrtausends waren Teile von ihnen konvertiert, hauptsächlich in den Handelsstädten an der Küste wie Zeila, Mogadischu, Berbera und umliegenden Gebieten.
Somali-Frauen tragen oft eine Art Baumwollsari (Guntiino) und darüber ein Tuch (Garbasaar), welches ihr Haar bedeckt; ihr Gesicht ist in der Regel unverhüllt. Die Beschneidung von Frauen und Mädchen ist unter den Somali verbreitet, meist in Form der Infibulation.
Die Somali sind berühmt für ihre Poesie. Die größten historischen Figuren der somalischen Geschichte waren Dichter, wie z.B. Muhammad ibn ʿAbd Allāh Hassān, der gegen die Kolonialmacht Großbritannien kämpfte. Ihre Gedichte wurden mündlich überliefert, da die Somali ihre Sprache erst seit den 1970ern schreiben.
[Bearbeiten] Clansystem
Hauptartikel: Clansystem der Somali
Die somalische Gesellschaft beruht auf Stämmen oder Clans. Jeder Somali kennt seine patrilineare Abstammungslinie, über oftmals 20–30 Generationen hinweg, und ist Mitglied eines Stammes (auf Somali reer), welcher wiederum einem größerem Stamm angehört und so weiter. So führen sich alle Somali auf fünf Clanfamilien (qaabiil) zurück: die Dir, Isaaq, Darod und Hawiye (zusammengefasst als Samaal) und die Rahanweyn (auch Digil-Mirifle oder Sab genannt). Hierbei gelten die Rahanweyn, ebenso wie diverse Minderheitengruppen, manchen Angehörigen der Samaal-Clans als nicht gleichberechtigt und unterliegen traditionell einer gesellschaftlichen Benachteiligung.
Traditionell kommt es zu Konflikten zwischen Clans um knappes Land und Wasser und das für Verbrechen fällige Blutgeld. Das Clansystem ist auch im Bürgerkrieg in Somalia von Bedeutung.
[Bearbeiten] Herkunft
Der Ursprung der Somali ist umstritten. Die Somali selbst führen sich auf Einwanderer von der Arabischen Halbinsel zurück, über die alle Somali letztlich patrilinear von arabischen Stämmen abstammen sollen. Die traditionelle Geschichtsschreibung schließt sich dieser Sichtweise größtenteils an (z.B. Lewis 1980). Die Sprachwissenschaft hingegen sieht die Ursprünge der Somali eher im äthiopischen Hochland und meint, dass sie von dort aus zusammen mit anderen Gruppen in die Tiefebenen eingewandert sind (z.B. Heine 1978) und sich später vor allem in den Küstenstädten mit arabischen und persischen Einwanderern vermischten. Genetische Analysen deuten auf eine enge Verwandtschaft mit anderen Völkern Ostafrikas, vor allem den Oromo, hin[2].
Der Begriff Somali taucht in der Literatur zum ersten Mal auf in einer äthiopischen Hymne aus dem 1. Jahrtausend, die die Siege des äthiopischen Kaisers Isaak über seine Gegner dokumentiert.
[Bearbeiten] Siehe auch
- zur Geschichte der Somali: Geschichte Somalias
- Groß-Somalia
- Liste der Ethnien in Äthiopien
[Bearbeiten] Literatur
- Bernd Heine, The Sam Languages. A History of Rendille, Boni and Somali. In: Afroasiatic Linguistics 6(2). 1-92, 1978
- Ioan Myrddin Lewis: A modern History of Somalia, Revised Ed. London/New York: Longman Group LTD., 1980
- Ethnologue.com über die Somali und ihre Sprache
Weiterführende Literatur:
- Ioan Myrddin Lewis, Blood and Bone: The Call of Kinship in Somali Society. Lawrenceville, NJ: Red Sea Press, 1994 (zum Clansystem)
- Bogumil Witalis Andrzejewski and Ioan Myrddin Lewis, Somali Poetry. An Introduction. Oxford: Clarendon Press, 1964 (zur Poesie)
[Bearbeiten] Weblinks
- Artikel über somalische Immigranten in Lewiston, Maine in The New Yorker, 2006 (englisch)
[Bearbeiten] Einzelnachweise
- ↑ Andere Schätzungen reichen bis 20 oder 25 Millionen. Bevölkerungsangaben für Somalia sind aufgrund der Lage im Land allgemein unsicher und schwanken für 2007 zwischen 9 und 12,5 Mio.. Für die Somali-Region Äthiopiens geben offizielle Angaben für 2004 4,3 Mio. an, die Ogaden National Liberation Front hingegen bis zu 8 Mio.. Auch die Zahlen für somalische Immigranten sind für manche Länder nicht genau.
- ↑ European Journal of Humane Genetics: High frequencies of Y chromosome lineages characterized by E3b1, DYS19-11, DYS392-12 in Somali males