Shimpū Tokkōtai
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Shimpū Tokkōtai (jap. 神風特攻隊, Kamikaze-Spezialtruppen) war eine japanische Flieger-Spezialtruppe im Zweiten Weltkrieg. Tokkōtai ist Abkürzung für tokubetsu kōgekitai (特別攻撃隊) = „Spezial-Angriffstruppe“. Die Tatsache, dass der bekannte Begriff Kamikaze in der japanischen Bezeichnung nicht auftaucht, liegt an einer Besonderheit der japanischen Sprache, die es erlaubt, bestimmte Schriftzeichen (die Kanji) je nach Zusammenhang verschieden auszusprechen. Shimpū ist die Aussprache von 神風 nach der On-Lesung, Kamikaze die Aussprache desselben Zeichenpaares in der Kun-Lesung, die aber bei Kanji-Zusammensetzungen die Ausnahme ist. Der Begriff Kamikaze selbst steht im Deutschen für einen Selbstmordangriff auf militärische Ziele.
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[Bearbeiten] Ursprung
Der Begriff Kamikaze bezeichnet im Japanischen den „göttlichen Wind“ oder auch „Hauch Gottes“ in Form von zwei Taifunen, die zwei mongolische Eroberungsversuche Kublai Khans im 13. Jahrhundert scheitern ließen (siehe auch Kamikaze (Mongoleneinfall)).
Als die militärische Lage für die japanischen Streitkräfte im Zweiten Weltkrieg immer aussichtsloser wurde, stellte die japanische Marine 1944 Sonderkampfverbände ihrer Marineflieger auf, die mit ihren Flugzeugen Selbstmordangriffe auf die amerikanischen Schiffe während des Pazifikkriegs durchführen sollten („Ein Schiff – ein Flugzeug“), in der Hoffnung, die drohende Niederlage dadurch abwenden zu können. Diese Einheiten wurden in Japan als Shimpū Tokkōtai bezeichnet. In den USA wurden die Schriftzeichen irrtümlich als Kamikaze gelesen, wodurch sich dieser Begriff – allerdings nur außerhalb Japans – für Selbstmordangriffe etabliert hat.
Die meist jungen und unerfahrenen Piloten wurden teils durch Folter zum Einsatz als Selbstmordpilot gezwungen. [1]
[Bearbeiten] Bedeutung
Der erste Einsatz der Sondertruppe fand am 20. Oktober 1944 bei den Philippinen statt. Dabei handelte es sich um eine einzeln fliegende Maschine, die sich auf den US Flugzeugträger USS Essex stürzte.
Am 15. August 1945 bat der Schöpfer und Kommandeur der Tokkōtai, Vize-Admiral Ōnishi Takijirō (大西 瀧次郎), die Familien der geopferten Piloten um Vergebung und tötete sich.
Ein Aspekt bei Kamikaze-Einsätzen war das Reichweiteproblem: Ein trägergestütztes Flugzeug hatte nach dem damaligen Stand der Technik eine Kampfreichweite von etwa 1000 km, somit einen Kampfradius von etwa 500 km abzüglich Driftverlusten durch Wind und einer Reserve, die eingeplant werden musste, da sich während eines Einsatzes der Flugzeugträger selbst bewegt und der heimkehrende Flieger oft erst nach dem Träger suchen musste. Eine Notwasserung bedeutete praktisch den Tod, zudem einen unehrenhaften. Ein Angriff ohne Wiederkehr vergrößert somit den Kampfradius des eingesetzten Flugzeugs auf mehr als das Doppelte. Da 1944 die japanischen Flugzeugträger keine Luftüberlegenheit mehr hatten und sich auf stetigem Rückzug befanden, waren die japanischen Piloten vor die Wahl gestellt, ob sie mit ihrem Träger versenkt werden, oder ihre Kameraden und den Krieg durch das höchste persönliche Opfer retten wollten. Um die Reichweite von Kamikaze-Einsätzen zu erhöhen, wurden sie von Katapultschiffen gestartet, wenn diese nicht schon versenkt worden waren.
Das Konzept „Ein Schiff = ein Flugzeug“ ließ sich in der Praxis des Kamikaze-Krieges nicht realisieren.
Einige der eingesetzten Flugzeugtypen:
- Yokosuka MXY-7 (speziell für Kamikaze-Einsätze entwickelt)
- Mitsubishi A6M
- Nakajima Ki-43
[Bearbeiten] Bemannte Torpedos
Neben Flugzeugen wurden durch die Japaner auch bemannte Torpedos (Kaiten) eingesetzt. Bereits in der Testphase kam einer der zwei Entwickler ums Leben: noch ehe der Sauerstoff in dem adaptierten Torpedo, in dem er sich befand, ausging, notierte er, wie solche Probleme zukünftig zu vermeiden wären. Der zweite starb später in einem Einsatz, bei dem lediglich ein amerikanischer Tanker versenkt wurde (dem japanischen Oberkommando wurde die Versenkung zweier Flugzeugträger und eines Zerstörers gemeldet).
Die bemannten Torpedos wurden durch U-Boote möglichst nahe an gegnerische Schiffe gebracht, die jedoch in vielen Fällen bereits auf dem Weg in das Zielgebiet durch die amerikanische U-Boot-Abwehr versenkt wurden.
[Bearbeiten] Verwandte Themen
- Auf deutscher Seite wurde gegen Kriegsende 1944 ein ähnliches Militärprojekt Selbstopfer angedacht. Beim verwandten Sonderkommando Elbe sollten die Piloten hingegen mit dem Fallschirm abspringen.
[Bearbeiten] Literatur
[Bearbeiten] Deutsch
- Klaus Scherer: Kamikaze. Iudicium 2001. ISBN 3891297289
- Rikihei Inoguchi, Tadashi Nakajima: Der Tod fliegt mit uns : Japans Kamikaze- Piloten berichten. Edition Sven Bergh 1982. ISBN 343014955X
- Bernard Millot: Kamikaze. Geist, Organisation und Einsatz der japanischen Todespiloten. Neff 1982. ISBN 3701400423
- Bohdan Arct: Kamikaze. WeymannBauerverlag 1998. ISBN 392939538X
[Bearbeiten] Englisch/Japanisch
- Albert Axell, Hideaki Kase: Kamikaze: Japan's Suicide Gods. Longman 2002. ISBN 058277232X
- Senri Nagasue: Shiragiku tokkōtai: kaerazaru wakawashitachi eno chinkonfu (Kamikaze by Siragiku). Kōjinsha, 2002. ISBN 4769823630
- Rikihei Inoguchi, Tadashi Nakajima, Roger Pineau: The Divine Wind: Japan's Kamikaze Force in World War II. Naval Institute Press, 1994. ISBN 155750394X
- Hatsuho Naito, Mayumi Ichikawa: Thunder Gods: The Kamikaze Pilots Tell Their Story. Kodansha America 1989. ISBN 0870119095
[Bearbeiten] DVD
- Kamikaze: War in the Pacific. Red Distribution 2004. ASIN B00020HC6I, (nur Region 1)
- Kamikaze in Color. Goldhil Home Media I 2002. ASIN B000065U2E, (nur Region 1)
[Bearbeiten] Weblinks
- Homepage eines überlebenden Tokkōtai-Trainers mit vielen Geschichten (englisch)
- Japanische Homepage zum Thema Kamikaze (englisch)
- Kamikaze Images (englisch)
- ZDF-history über das "Sonderkommando Elbe"
[Bearbeiten] Einzelnachweise