Samson-Schule
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Die Samson-Schule in Wolfenbüttel war eine überregional bedeutende jüdische Freischule, die auf das Jahr 1786 zurückgeht und bis 1928 bestand. Seit 1881 hatte sie den Status einer überkonfessionellen Simultanschule, in der auch christliche Schüler unterrichtet wurden. Berühmtester Absolvent war der jüdische Wissenschaftler Leopold Zunz (1794–1886).
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[Bearbeiten] Geschichte
[Bearbeiten] Vorläufereinrichtungen
Im Jahre 1786 gründete der Wolfenbütteler Hofbankier Philipp Samson (1743–1805) aus dem 20.000 Reichstaler betragenden Stiftungskapital seines Vaters in der Harzstraße 12 eine Talmud-Tora-Freischule (Beth-hamidrasch), der er selbst vorstand. Diese zunächst orthodoxe Religionsschule befand sich in Nachbarschaft zu der 1781 durch Samson eingerichteten Synagoge. Im Jahre 1796 gründete die Witwe seines Bruders Herz Samson (1738–1794) eine weitere Lehranstalt in Wolfenbüttel, die 1807 in der Samsonschen Freischule aufging. Der achtjährige Leopold Zunz besuchte die Schule von 1803 bis 1809 und schildert die unzureichenden Zustände vor 1807 in seinen Erinnerungen:
Es gab keine Schulgesetze, kein Protokoll, gewissermaßen keine Pädagogik. Freitag nachmittag lasen wir die Bohnen und Erbsen aus; in unseren Spielen und Raufereien waren wir uns selber überlassen. […] Lektüre und dergleichen gab es nicht; es kümmerte sich auch niemand um uns.[1]
[Bearbeiten] Gründung 1807
Im Jahre 1807 wurde Samuel Meyer Ehrenberg (1773–1853), der die Anstalt zwischen 1789 und 1794 als Schüler besucht hatte, Direktor der Samson-Schule. Der durch die jüdische Aufklärung geprägte Ehrenberg gestaltete die Schule im Sinne des Reformjudentums in Anlehnung an die Jacobsonschule in Seesen um. Ziel Ehrenbergs war die Vorbereitung auf den Besuch des Gymnasiums oder auf Tätigkeiten in Handel und Handwerk. Bereits 1807 wurde die jüdische Konfirmation eingeführt, seit 1827 für Mädchen. Der plötzliche Wechsel im pädagogischen Programm wird durch einen Mitschüler Leopold Zunz’ beschrieben:
Wir sind buchstäblich aus einer mittelalterlichen Zeit in eine neue an >einem< Tage übergegangen. Alles, was ich bis dahin entbehrt hatte, Eltern, Liebe, Unterweisung, Bildungsmittel, war mir plötzlich gegeben.[2]
Im Jahre 1840 erfolgte die Umwandlung in eine dreiklassige Bürgerschule. Ehrenberg blieb bis 1846 Leiter der Schule. Das Amt übernahm bis 1871 sein Sohn Philipp Ehrenberg (1811–1883). Die Samson-Schule erhielt 1888 den Status einer sechsklassigen Realschule, die seit 1892 "Einjährigen-Zeugnisse" ausstellen durfte. Seit 1881 wurden auch christliche Schüler unterrichtet. Im Jahre 1896 wurde am Neuen Weg ein zweigeschossiger Neubau eingeweiht. Die 1886 von Mitgliedern der Familie Samson und ehemaligen Schülern ins Leben gerufene „Säkularstiftung“ förderte abgehende Schüler während ihrer anschließenden Lehrzeit in Handwerk, Kunstgewerbe, Landwirtschaft und Gartenbau.
Die Schüler kamen in der Mehrzahl von außerhalb. Die Schule zählte zwischen 1807 und 1843 201 Absolventen; im Zeitraum 1844 bis 1886 waren es 452 Schüler.[3]
[Bearbeiten] Schließung 1928 und nachfolgende Gebäudenutzung
Die Schließung der Schule erfolgte 1928 infolge wirtschaftlicher Probleme. Das Gebäude wurde in der Folge u. a. als Krankenhaus und Internat genutzt.
Im Jahre 1988 wurde der denkmalgeschützte Bau durch die Handwerkskammer Braunschweig vom Bundesvermögensamt erworben und zu einem Internat für die berufliche Bildung umgebaut.[4] Die Handwerkskammer belegte die Samson-Schule in der Folgezeit mit Lehrlingen aus ihrem Berufsbildungszentrum der Hamburger Straße in Braunschweig und der Bundesfachschule für das Konditorenhandwerk in Wolfenbüttel, letztere schloss sich räumlich unmittelbar an das Grundstück der Samson-Schule an. Ferner belegte die Kammer das Haus auch mit Meisterschülern und Seminarteilnehmern der Bundesfachschule. Nachdem die Auslastung der Konditorenschule mit Lehrlingen und Meisterschülern erheblich sank, musste diese 2003 aufgegeben werden und das Gebäude der Konditorenschule wurde vom Wolfenbüttler Krankenhaus erworben. Damit hatte das Internat in der Samsonschule seine Existenzberechtigung verloren und wurde ebenso geschlossen. Im Jahre 2007 erwarb das Wolfenbüttler Krankenhaus zur Arrondierung ihres Geländes die Samsonschule.
[Bearbeiten] Bekannte ehemalige Lehrer und Schüler
Als Lehrer wirkten seit 1864 Samuel Spier (1838–1903) und seit 1874 der Rabbiner Emanuel Schreiber (1852–1932).
Der in Detmold geborene Samsonschüler Leopold Zunz begründete die Wissenschaft des Judentums. Zunz’ Jugendfreund Isaak Markus Jost (1793–1860) wurde jüdischer Historiker. Der aus Hannover stammende Emil Berliner (1851–1929) wanderte 1870 in die USA aus und erfand 1887 Grammophon und Schallplatte. Werner Scholem (1895–1940) wurde Reichstagsmitglied und Kommunistenführer und wurde 1940 von den Nationalsozialisten ermordet.
[Bearbeiten] Literatur
- Reinhard Bein: Ewiges Haus Jüdische Friedhöfe in Stadt und Land Braunschweig, Braunschweig 2004
- Meike Berg: Jüdische Schulen in Niedersachsen Tradition - Emanzipation - Assimilation. Die Jacobson-Schule in Seesen (1801-1922). Die Samsonschule in Wolfenbüttel (1807-1928), Köln, Weimar, Wien, 2003
- Herbert Obenaus (Hrsg.): Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen. Band II, S. 1573–1583, Göttingen 2005
[Bearbeiten] Weblinks
[Bearbeiten] Einzelnachweise
- ↑ Hans-Jürgen Derda: Im Geiste der Emanzipation. Leopold Zunz – Begründer der Wissenschaft des Judentums. In: Braunschweigisches Landesmuseum, Informationen und Berichte 3-4/1996, S. 27-28
- ↑ Hans-Jürgen Derda: Im Geiste der Emanzipation. Leopold Zunz – Begründer der Wissenschaft des Judentums. In: Braunschweigisches Landesmuseum, Informationen und Berichte 3-4/1996, S. 28
- ↑ Simone Lässig: Jüdische Wege ins Bürgertum: Kulturelles Kapital und sozialer Aufstieg im 19. Jahrhundert, 2004, S. 173
- ↑ „Der Klotz am Bein der Handwerker“, Braunschweiger Zeitung vom 20. Januar 2006