Reichsvikar
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Als Reichsvikare (vicarius imperii oder provisor imperii) bezeichnete man im Heiligen Römischen Reich die Verweser für die Zeit zwischen dem Tod des Kaisers bzw. Königs und der Wahl bzw. Krönung eines Nachfolgers (Interregnum), die die Fortführung der laufenden Geschäfte führten.
Im Alten Reich gab es zeitweise Reichsvikare für die deutschen und italienischen Gebiete sowie für das Arelat. Für Deutschland schrieb 1356 die Goldene Bulle eine bereits früher bestehende Regelung zur Reichsverweserschaft durch die weltlichen Kurfürsten endgültig fest: Danach war der Kurfürst von der Pfalz Reichsvikar für die Gebiete fränkischen Rechts und der Kurfürst von Sachsen dagegen für die Gebiete sächsischen Rechts. Die Grenzen zwischen diesen Gebieten, insbesondere in den Regionen Hessen, Jülich- Kleve-Berg, Lüttich und Ostfriesland, waren bis 1750 umstritten. Der König von Böhmen und der Erzherzog von Österreich weigerten sich sogar, irgendeinen Vikar über ihnen anzuerkennen.
Zu ihren Kompetenzen gehörten unter anderem die Fortführung der laufenden Geschäfte des Kaisers bzw. Königs, die Hofgerichtsbarkeit, der Einzug von Steuern, Legitimierungen, Emanzipationen, die Vergabe von Privilegien und die Investitur in Reichslehen mit Ausnahme der Fahn- und Szepterlehen, zu denen auch die Reichsfürstentümer gehörten. Außerdem übten sie die Jurisdiktion des Kaisers aus und waren an der Bestätigung kirchlicher Pfründe beteiligt. Über das Reichsgut durften sie nicht verfügen; auch waren sie an die Wahlkapitulation des vorherigen Herrschers gebunden. Die Vikare nutzten häufig ihre Privilegien, um ihnen getreue oder zumindest zahlungswillige Vasallen oder sogar ihre Mätressen in den Adelsstand erheben zu können, weswegen in Zeiten eines Interregnums häufig viele Adelsdiplome ausgestellt wurden. Nach seiner Wahl musste der neue Kaiser die Beschlüsse der Vikare nachträglich bestätigen, wozu er auch durch seine Wahlkapitulation angehalten wurde. Der Reichshofrat hob jedoch gelegentlich Entscheidungen der Vikare wieder auf.
Das Reichsvikariat über Italien, dessen Besetzung zeitweise die Päpste als ihr Recht beanspruchten, war zwischen den Herzögen von Savoyen und Mantua umstritten.
Der Kurfürst von der Pfalz verlor zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges die Würde des Reichsvikars zusammen mit der des Erz-Truchsessen an den Kurfürsten von Bayern und konnte diese nur im Zuge des Spanischen Erbfolgekriegs vom Juni 1708 bis zum Frieden von Rastatt 1714 kurzzeitig zurückgewinnen. Jedoch beanspruchte die Kurpfalz bereits im Interregnum von 1659 die Würde des Vikars wieder für sich, was jedoch weder vom Erzkanzler, dem Erzbischof von Mainz, noch von Kursachsen, Kurbayern und dem später gewählten Kaiser Leopold I. anerkannt wurde. Nachdem die Pfalz seit 1716 von einem katholischen Kurfürsten regiert wurde, schloss dieser mit seinen wittelsbachischen Vettern in Bayern 1724 einen Vertrag, der eine gemeinsame Ausübung des Reichsvikariats vorsah, was aber vom Reichstag nicht akzeptiert wurde. Anschließend wurde sich darauf geeinigt, ab 1745 das Reichsvikariat abwechselnd auszuüben, wobei Bayern der Vortritt gelassen wurde. Kaiser Franz I. erkannte diese Regelung nach seiner Wahl an und wurde darin 1752 vom Reichstag bestätigt. Nach dem Aussterben der bayerischen Wittelsbacher fielen beide Kurwürden und damit auch die Vikarswürden wieder auf die Pfalz zusammen.
[Bearbeiten] Reichsgubernator
- Hauptartikel: Reichsgubernator
Während der häufigen Abwesenheit Kaiser Friedrichs II. im Reich ernannte dieser als Stellvertreter und Vormund für seine Söhne Heinrich (VII.) und Konrad IV. sogenannte Reichsgubernatoren.