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Recha Freier – Wikipedia

Recha Freier

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Recha Freier (hebräisch ‏רחה פריאר‎; geborene Schweitzer, * 29. Oktober 1892 in Norden, Ostfriesland; † 2. April 1984 in Jerusalem, Israel) war eine deutsch-jüdische Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus, Lehrerin und Dichterin. 1933 gründete sie das „Hilfskomitee für jüdische Jugendliche“, die sogenannte „Kinder- und Jugend-Alijah“. Die Organisation rettete Tausenden von jüdischen Kindern und Jugendlichen durch Hilfe bei der Emigration aus dem Deutschen Reich in der Zeit des Nationalsozialismus das Leben.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

Recha Freier wurde als Tochter des orthodoxen jüdischen Volksschullehrers Manasse Schweitzer geboren. Schon in ihrer Kindheit wurde sie mit dem Antisemitismus in Norden konfrontiert, als sie mit ihrer Familie durch ein Schild am Betreten eines öffentlichen Platzes gehindert wurde: „Hunden und Juden ist das Betreten verboten“. Dieses Erlebnis hat sie später in dem Gedicht „Erdbeben“ verarbeitet. 1897 zog die Familie in eine Kleinstadt nach Niederschlesien, nachdem Versetzungsgesuchen ihres Vaters statt gegeben worden war. In der dortigen Schule war Recha die einzige jüdische Schülerin und wurde wegen des Schreibverbots am Schabbat in der Schule verspottet und von einem Lehrer hämisch gefragt, ob sie sich denn samstags überhaupt die Schürze zubinden dürfe[1].

Berliner Gedenktafel in Berlin-Charlottenburg (Fasanenstraße 79-80)
Berliner Gedenktafel in Berlin-Charlottenburg (Fasanenstraße 79-80)

Nach Beendigung der Schule studierte Recha Schweitzer Pädagogik und Volkskunde in Breslau und München und arbeitete danach als Lehrerin für Deutsch, Französisch und Englisch sowie als Pianistin an höheren Schulen. 1919 heiratete sie den Rabbiner Moritz Freier. Der Ehe entstammen vier Kinder, von denen heute drei in Israel leben.

1919 zog die Familie nach Sofia. Hier gründete Recha die Jung-Wizo (World Jewish Zionist Organisation), die Mädchen und junge Frauen für den Zionismus begeisterte. 1926 zog das Paar nach Berlin, nachdem ihr Mann als Oberrabbiner für die drei großen orthodoxen Synagogen der jüdischen Gemeinde nach Berlin berufen wurde. Dort kamen 1932 fünf 16-Jährige ostjüdische Jungen zu ihr, die aufgrund ihres Glaubens ihre Stellen verloren hatten, und baten sie um Hilfe. Durch dieses Erlebnis geprägt, sah sie den Vorfall nicht als Wirtschafts- und Sozialproblem sondern als antisemitisches Handeln. So reifte in ihr der Gedanke, diese jüdischen Jugendlichen nach Palästina zu bringen, sie dort fachlich auszubilden und ihnen bei Adoptiveltern in Kibbuzim ein neues Zuhause zu schaffen. Die erste Gruppe von Kindern verließ Deutschland 1932, dem Jahr, in dem die Kinder- und Jugend-Alijah gegründet wurde. Das amtliche Registrierungsdokument wurde am 30. Januar 1933 in Berlin bei einem Rechtsanwalt unterzeichnet, am Tag, an dem Hitler Reichskanzler wurde. Durch den Zusammenschluss verschiedener Organisationen entstand daraus am 30. Mai 1933 die Kinder- und Jugend-Aliyah. Sitz der Jugend-Alijah war das Jüdische Krankenhaus in der Auguststraße in Berlin. Ihr oblag die Auswahl und Vorbereitung der 13- bis 17-Jährigen zur Auswanderung nach Palästina.

Recha Freier bestand auf der Auswanderung junger Leute nach Palästina, ohne dass diese vor ihrer Ausreise in Deutschland oder sonst in Europa beruflich ausgebildet worden wären. Sie plädierte dafür, sie sogleich in Kibbuzim und Genossenschaftsdörfer zu integrieren und sie nicht besonderen Einrichtungen für Flüchtlingskinder zuzuführen.

Die männlichen Angehörigen der Familie Freier gingen zwischen 1937 und 1939 von Berlin nach London. Recha Freier entschied sich jedoch dafür, zusammen mit ihrer Tochter so lange zu bleiben, wie es noch eine Chance gab, Juden zu retten.

Bei der Beschaffung der nötigen Aus- und Einreisepapiere für die Jugendlichen ging Recha Freier nicht immer legal vor, weshalb sie 1938 aus dem Vorstand des Vereins ausgeschlossen wurde, da dieser sich nicht mit ihren bei einem Rechtsanwalt erlernten Methoden arrangieren wollte. Während der Reichspogromnacht hielt sich Recha Freier mit ihrer Familie in London auf. Sie kehrte aber sofort nach Deutschland zurück, als sie hörte, was passiert war. Sie beschloss, ihre Aktivitäten auf eigene Faust fortzusetzen. 1940 denunzierten Kollegen sie wegen Antinazipropoganda. Da sie rechtzeitig gewarnt wurde, gelang es ihr mittels britischer Einreisepapiere für Palästina über Wien, Zagreb, die Türkei, Griechenland und Syrien nach Palästina zu fliehen. Dabei gelang ihr nochmals, 120 Kinder vor der Deportation in Vernichtungslager zu retten.

In Israel gründete sie 1941 das "Agricultural Training Centre for Israeli Children". Diese Institution nahm Kinder aus armen Familien auf und brachte sie in Kibbuzim unter. 1958 gründete sie den „Israel Composers Fund“ und 1966 das „Testimonium Scheme“, eine Vereinigung von Literaten und Musikern. 1954 schlug Albert Einstein sie vergeblich für den Friedensnobelpreis vor. Im Jahre 1975 erhielt Recha Freier die Ehrendoktorwürde der Hebrew University; im Jahre 1981 wurde ihr der Israel-Preis verliehen. 1984 starb sie 91-jährig in Jerusalem.

Seit dem 26. November 1984 gibt es in Berlin im Jüdischen Gemeindehaus, Fasanenstraße 79/80, eine Gedenktafel zur Erinnerung an sie und ihre Arbeit.[2]

[Bearbeiten] Leistungen

Die Kinder- und Jugend-Alijah rettete 7600 Kinder aus Nazideutschland. Die Organisation ist noch heute aktiv und hilft verwaisten Kindern, die mit den verschiedenen Einwanderungswellen ins Land kommen. Seit ihrer Gründung wurden nach Angaben der Organisation mehr als 350.000 Kinder und Jugendliche aus über 80 Ländern betreut.

[Bearbeiten] Werke (in Auswahl)

  • Auf der Treppe, Hamburg, 1976
  • Fensterläden, Hamburg 1979

[Bearbeiten] Gedenken

  • In Berlin befindet sich eine Gedenktafel für Recha Freier im Jüdischen Gemeindehaus, Fasanenstraße 79/80
  • In Jerusalem ist ein Platz nach Recha Freier benannt worden
  • Im Kibbuz Yakum wurde das Recha-Freier-Haus als Begegnungsstätte israelischer, deutscher und anderer Jugendlichen errichtet.

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Weblinks

[Bearbeiten] Quellen

[Bearbeiten] Zitatquellen

  1. http://www.hagalil.com/deutschland/berlin/frauen/freier.htm
  2. Gedenktafelverzeichnis

[Bearbeiten] Literatur

  • Gudrun Maierhof : Selbstbehauptung im Chaos. Frauen in der jüdischen Selbsthilfe 1933 – 1943 Frankfurt am Main 2002. ISBN 3-593-37042-5
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