Proton (Rakete)
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Proton (russisch Протон , bekannt auch als UR-500, GRAU-Index 8K82) ist die Bezeichnung für eine russische Trägerrakete, die zum Starten schwerer Nutzlasten (z. B. Raumstation-Module), geostationärer Satelliten sowie schwerer interplanetarer Raumsonden verwendet wird.
Die Rakete entstand in der ersten Hälfte der 1960er zunächst als ein Entwurf einer superschweren Interkontinentalrakete, die vermutlich dem Transport von 30 bis 100 Megatonnen-Sprengköpfen im Rahmen des Global Rocket 2-Programms des sowjetischen Militärs dienen sollte. Ein entsprechender Auftrag an das OKB-52 erging am 24. April 1962. Nachdem dieses Programm mit Wirkung vom 15. Mai 1965 aufgegeben wurde, ordnete man die Rakete dem bemannten Mondprogramm zu, in dessen Rahmen sie zu einer Raumfahrtrakete weiterentwickelt wurde. Seit ihrem Erststart am 16. Juli 1965 und zahlreichen folgenden Fehlstarts hat sie umfangreiche Verbesserungen erfahren und gehört mittlerweile bei Verwendung der verbesserten Oberstufen Block DM und Breeze M zu den erfolgreichsten, zuverlässigsten und kostengünstigsten Raketen weltweit. Bedenklich bleibt aus Sicherheits- und Umweltgründen die Verwendung der hypergolen und toxischen Treibstoffkombination UDMH/Distickstofftetroxid.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Technik
Je nach Version und Mission hat die Proton drei bis vier Stufen (die Erststartversion war zweistufig) und kann eine bis zu 21 Tonnen schwere Nutzlast in eine erdnahe Umlaufbahn bringen. Die Erststufe mit einem Gewicht von ca. 450 Tonnen besteht aus einem zentralem Tank mit 4,1 Metern Durchmesser und 21 Metern Länge für den Treibstoff UDMH und sechs Außentanks für den Oxydator Distickstofftetroxid mit einem Durchmesser von 1,6 Metern und je einem daran befestigten Triebwerk RD-253. Die Außentanks haben die Form von Boostern und werden oft für diese gehalten, sind jedoch keine. Diese Bauweise ergab sich, da alle wesentlichen Teile einschließlich des Zentraltanks auf dem Schienennetz transportfähig sein sollten (Begrenzung des Durchmessers wegen Unterführungen und Tunneln). Unter diesen Einschränkungen garantiert der Entwurf mit den sechs Außentanks inklusive der Triebwerke eine optimale Leistungsfähigkeit, lässt aber ähnlich wie bei der R-7 mit ihren strap-on Boostern keine Nutzlasterweiterung durch Hinzufügen von realen Boostern zu. Die Treibstoffmenge der ersten Stufe ermöglicht eine Brenndauer von etwa 125 Sekunden. Die Zweitstufe mit einem Gewicht von ca. 135 Tonnen besitzt drei RD-210-Triebwerke und ein RD-211-Triebwerk, ist 10,9 Meter lang und liefert einen Vakuumschub von ungefähr 2300 kN. Der Treibstoffvorrat der Zweitstufe ist für eine Brenndauer von etwa 160 Sekunden ausreichend. Die dritte Stufe wird von einem RD-213-Triebwerk angetrieben. Alle drei Stufen verwenden die hypergole und toxische Treibstoffkombination UDMH und Distickstofftetroxid.
Zum Erreichen von geostationären Umlaufbahnen und zum Starten von interplanetaren Sonden erhält die Proton noch eine zusätzliche vierte Stufe. Der erste Start einer vierstufigen Proton erfolgte am 10. März 1967 im Rahmen des bemannten Mondprogramms. Die vierte Stufe erhielt den Namen Block D, in späteren Jahren entstanden durch Verbesserungen mehrere Versionen dieser Stufe, die für verschiedene Nutzlasten ausgelegt sind. Alle Block D Versionen verwenden die Treibstoffkombination Kerosin und Sauerstoff. Ab 1999 kam eine neue Oberstufe zum Einsatz - die Breeze M, die nun vor allem kommerzielle Nutzlasten in den Weltraum befördert. Diese verwendet wie die ersten drei Stufen der Proton auch die Treibstoffkombination UDMH und Distickstofftetroxid
Startanlagen der Proton existieren nur in Baikonur, das auf kasachischem Boden liegt. Da die Proton die einzige Trägerrakete Russlands ist, mit der schwere militärische Frühwarn- und Kommunikationssatelliten in die geostationäre Umlaufbahn gebracht werden können, ist ihre Verfügbarkeit für das Militär strategisch wichtig. Da diese durch die geografische Lage von Baikonur nicht gewährleistet werden kann, soll die Proton in den nächsten Jahren durch die neue schwere Angara-A5-Rakete ersetzt werden, für die derzeit eine Startanlage in Plessezk entsteht (Plessezk liegt auf russischem Boden). Der Erststart der Angara ist jedoch nicht vor 2009/2010 zu erwarten, bis zum Flug der schweren Angara-A5 Version, die die Proton ersetzen soll, dürften ein paar weitere Jahre vergehen.
Um die Wartezeit bis zum operationellen Einsatz der Angara zu überbrücken und dennoch im hart umkämpften kommerziellen Geschäft bleiben zu können, wurde als Zwischenlösung eine Weiterentwicklung der Proton zur Proton-M durchgeführt. Die Proton-M ist derzeit einer der erfolgreichsten kommerziellen Träger weltweit, der Preis für einen Start der Rakete dürfte bei etwa 70-80 Millionen US-Dollar liegen. Die internationale Vermarktung erfolgt vom Konsortium International Launch Services (ILS), dem auch die US-Firma Lockheed-Martin bis September 2006 angehörte, die die Atlas-Trägerrakete baut.
[Bearbeiten] Proton-M
Schwerpunkt der Weiterentwicklung stellte die Steigerung der Nutzlast, des Nutzlastvolumens und der Flexibilität der Aufstiegsbahnen dar. Im Hintergrund standen auch Aspekte des Konkurrenzkampfes innerhalb der russischen Raumfahrtkonzerne.
Neben der Anwendung der Breeze-M Oberstufe (im Gegensatz zu Block-DM ebenfalls vom russischen Hersteller GKNPZ Chrunitschew) wurden die Triebwerke der ersten Stufe durch 6 mal RD-275 mit ca. 7 % mehr Leistung (je 1635 kN Bodenschub) ersetzt. Ein völlig neues digitales Lenksystem (Hersteller Piljugin-Zentrum Moskau) ermöglicht eine bessere Treibstoffausnutzung und variablere Aufstiegsbahnen und ist zudem 200 kg leichter als das bisherige ukrainische, analoge System. Ebenfalls digitalisiert wurde das Telemetriesystem (Produktionsvereinigung für Messtechnik in Koroljow). Nutzlastverkleidungen aus Verbundwerkstoffen stehen in Größen von 13,20 m, 11,60 m und 19,75 m Länge mit 4,35 m und 5 m Durchmesser zur Verfügung.
Die Produktion erfolgt durch den Konzern GKNPZ Chrunitschew in Moskau-Fili, nach einem Bahntransport wird die Endmontage der Rakete im Montagekomplex MIK-92 auf dem Kosmodrom Baikonur durchgeführt. Der Start erfolgt über die Rampen PU-24 und PU-39. Der Erststart der Weiterentwicklung erfolgte am 7. April 2001, nachdem die Breeze-M Oberstufe bereits zuvor in Verbindung mit der älteren Proton-K erfolgreich getestet wurde. Für russische Nutzlasten wird die Proton-K zeitweilig noch parallel eingesetzt, da sie etwas günstiger als Proton-M ist.
[Bearbeiten] Versionen
- Proton: zwei Stufen (Erststart 16. Juli 1965, letzter Start 6. Juli 1966)
- Proton K: drei Stufen – letzter Start 2000
- Proton K / Block D (D-1, D-2, DM, DM-2, DM-2M, DM-5, DM1, DM2, DM3, DM4): vier Stufen (Erststart (Block D) 6. Juli 1966 – derzeit im Einsatz (Block DM-2 und spätere)), Produktion wird 2007 eingestellt[1]
- Proton K / Breeze M: vier Stufen, Übergangsversion auf Proton M / Breeze M (Erststart 5. Juli 1999)
- Proton M: 3 Stufen, erster Einsatz voraussichtlich 2009 mit dem MLM-Modul der Internationalen Raumstation
- Proton M / Breeze M: vier Stufen (Erststart 7. April 2001 – derzeit im Einsatz). Ab DirectTV 10 in verbesserter Version, wobei sowohl die Proton als auch Breeze M verbessert wurden und diese Kombination nun in der Lage ist 6,3 Tonnen in den GTO zu bringen. Bei der Proton M wurden die Triebwerke der Erststufe (+12% Schub) verbessert und die Tankwände dünner gestaltet[2], weiterhin kommen nun Verbundstoffe zur Reduzierung der Strukturmasse in der Zweit- und Drittstufe zu Einsatz. Bei der Breeze-M Stufe wurde die Druckaufschlagtanks von 6 kleinen auf 2 große umgestellt, sowie die Avionik und die Triebwerke geändert.
[Bearbeiten] Technische Daten
[Bearbeiten] Erststartversion
- Stufen: 2
- Höhe: 32 m
- Durchmesser 1. Stufe: 7,40 m (mit Außentanks)
- Durchmesser 2. Stufe: 4,10 m
- Startgewicht: ca. 585 t (davon ca. 541 t Treibstoff)
- Startschub: 8844 kN
- Vakuumschub: 10020 kN
- Nutzlast: ca. 12 t (NEO)
- Treibstoff: UDMH/Distickstofftetroxid
- GRAU-Index: 8K82
[Bearbeiten] Proton K
- Stufen: 3 / 4
- Höhe: 49 m
- Durchmesser 1. Stufe: 7,4 m (mit Außentanks)
- Durchmesser 2./3. Stufe: 4,1 m
- Durchmesser 4. Stufe: 3,7 m (Block DM)
- Startgewicht: ca. 684 t (davon ca. 634 t Treibstoff)
- Startschub: 9500 kN (6 × RD-253)
- Nutzlast: ca. 19,76 t (NEO), ca. 4,8 t (interplanetar), ca. 2,6 t (GEO)
- Treibstoff: UDMH/Distickstofftetroxid (Block DM: Kerosin/LOX)
- (Block DM)
- GRAU-Index: 8K82K
[Bearbeiten] Proton M
- Stufen: 3 / 4
- Höhe: 57,2 m (mit 4.Stufe und Nutzlastverkleidung)
- Durchmesser 1. Stufe: 7,4 m (mit Außentanks)
- Durchmesser 2./3. Stufe: 4,1 m
- Durchmesser 4. Stufe: 4,1 m (Breeze-M)
- Startgewicht: ca. 690 t
- Startschub: 9800 kN (6 × RD-275)
- Nutzlast: ca. 21 t (NEO), ca. 4,8 t (interplanetar), ca. 3,2 t (GEO)
- Treibstoff: UDMH/Distickstofftetroxid
- GRAU-Index: 8K82KM
[Bearbeiten] Startliste
Diese Liste ist unvollständig, jedoch sind alle seit dem 1. Januar 2005 erfolgten Starts aufgelistet. Stand der Liste: 17. März 2008
Datum und Uhrzeit UTC | Typ | Startplatz | Nutzlast | Art der Nutzlast | Anmerkungen |
---|---|---|---|---|---|
... | ... | ... | ... | ... | ... |
3. Februar 2005 02:27 |
Proton-M/Breeze-M | Ba LC81/PU24 | AMC 12 | Kommunikationssatellit | Erfolg |
29. März 2005 22:31 |
Proton-K/Block-DM-2M | Ba LC200/PU39 | Express AM2 | Kommunikationssatellit | Erfolg |
22. Mai 2005 16:59 |
Proton-M/Breeze-M | Ba LC200/PU39 | DirecTV 8 | Kommunikationssatellit | Erfolg |
24. Juni 2005 19:41 |
Proton-K/Block-DM-2 | Ba LC200/PU39 | Express AM3 | Kommunikationssatellit | Erfolg |
8. September 2005 21:53:40 |
Proton-M/Breeze-M | Ba LC200/PU39 | Anik F1R | Kommunikationssatellit | Erfolg |
25. Dezember2005 05:07:09 |
Proton-K/Block-DM-2 | Ba LC81/PU23 | Kosmos 2417-2419 | Drei GLONASS-Navigationssatelliten (zwei Uragan-M und ein Uragan) | Erfolg |
29. Dezember 2005 02:28:40 |
Proton-M/Breeze-M | Ba LC200/PU39 | AMC 23 | Kommunikationssatellit | Erfolg |
28. Februar 2006 20:10 |
Proton-M/Breeze-M | Ba LC200/PU39 | Arabsat 4A | Kommunikationssatellit | Fehlstart Fehlfunktion der Breeze-M Oberstufe während des zweiten Brennvorgangs, Satellit in einem zu niedrigen Orbit, Satellit am 24. März 2006 gezielt zum Verglühen gebracht, Breeze-M-Oberstufe explodierte am 19. Februar 2007 im Orbit |
17. Juni 2006 22:44:05 |
Proton-K/Block-DM3 | Ba LC200/PU39 | KazSat | Kommunikationssatellit | Erfolg |
4. August 2006 21:48:00 |
Proton-M/Breeze-M | Ba LC200/PU39 | Hot Bird 8 | Kommunikationssatellit | Erfolg |
8. November 2006 20:01:00 |
Proton-M/Breeze-M | Ba LC200/PU39 | Arabsat 4B (BADR-4) | Kommunikationssatellit | Erfolg |
11. Dezember 2006 23:28:43 |
Proton-M/Breeze-M | Ba LC200/PU39 | MEASAT 3 | Kommunikationssatellit | Erfolg |
25. Dezember 2006 20:18:12 |
Proton-K/Block-DM-2 | Ba LC81/PU24 | Kosmos 2424-2426 | Drei GLONASS-Navigationssatelliten (drei Uragan-M) | Erfolg |
9. April 2007 22:54:00 |
Proton-M/Breeze-M | Ba LC200/PU39 | Anik F3 | Kommunikationssatellit | Erfolg |
7. Juli 2007 01:16:00 |
Proton-M/Breeze-M | Ba LC200/PU39 | DirecTV 10 | Kommunikationssatellit | Erfolg |
5. September 2007 22:46:00 |
Proton-M/Breeze-M | Ba LC200/PU39 | JCSat 11 | Kommunikationssatellit | Fehlstart nicht erfolgte Abtrennung der 2. Stufe durch ein defektes Kabel |
26. Oktober 2007 07:35:24 |
Proton-K/Block-DM-2 | Ba LC81/PU24 | Kosmos 2431-2433 | Drei GLONASS-Navigationssatelliten (drei Uragan-M) | Erfolg |
17. November 2007 | Proton-M/Breeze-M | Ba LC200/PU39 | Sirius 4 | Kommunikationssatellit | Erfolg |
9. Dezember 2007 00:16 |
Proton-M/Breeze-M | Ba LC81/PU24 | Raduga-1 M 1 | Kommunikationssatellit | Erfolg |
25. Dezember 2007 19:32 |
Proton-M/Block-DM-2 | Ba LC81/PU24 | Kosmos 2434-2436 | Drei GLONASS-Navigationssatelliten (drei Uragan-M) | Erfolg |
28. Januar 2008 00:18 |
Proton-M/Breeze-M | Ba LC200/PU39 | Express AM33 | Kommunikationssatellit | Erfolg |
11. Februar 2008 11:34 |
Proton-M/Breeze-M | Ba LC200/PU39 | Thor 5 | Kommunikationssatellit | Erfolg |
14. März 2008 23:19 |
Proton-M/Breeze-M | Ba LC200/PU39 | AMC-14 | Kommunikationssatellit | Fehlstart Breeze-M-Oberstufe hat bei der zweiten Brennphase durch Bruch einer Gasleitung zur Treibstoffpumpe zu früh abgeschaltet. Der Satellit wurde danach in einer zu niedrigen Bahn mit zu hoher Inklination ausgesetzt.[3] Der Satellit gilt als verloren.[4] |
[Bearbeiten] Geplante Starts
Stand der Liste: 16. März 2008
Datum und Uhrzeit UTC | Typ | Startplatz | Nutzlast | Art der Nutzlast | Anmerkungen |
---|---|---|---|---|---|
April/Mai 2008 | Proton-M/Breeze-M | Ba? | Inmarsat 4-F3 | Kommunikationssatellit | Geplant |
Juni 2008 | Proton-M/Breeze-M | Ba? | Echostar 13 | Kommunikationssatellit | Geplant |
Juni 2008 | Proton-M/Breeze-M | Ba? | Express AM44,Express MD1 | Kommunikationssatelliten | Geplant |
September 2008 | Proton-M/Block-DM-2 | Ba? | Kosmos 2??? | Drei GLONASS-Navigationssatelliten (drei Uragan-M) | Geplant |
4. Quartal 2008 | Proton-M/Breeze-M | Ba? | Express AM4,Express MD2 | Kommunikationssatelliten | Geplant |
Dezember 2008 | Proton-M/Block-DM-2 | Ba? | Kosmos 2??? | Drei GLONASS-Navigationssatelliten (drei Uragan-M) | Geplant |
2008 | Proton-M/Breeze-M | Ba? | Ciel-2 | Kommunikationssatellit | Geplant |
2008 | Proton-M/Block-DM-2 | Ba? | Yamal-301, Yamal-302 | Kommunikationssatelliten | Geplant |
2008 | Proton-M/Breeze-M | Ba? | Nimiq 4 | Kommunikationssatellit | Geplant |
[Bearbeiten] Weblinks
- Bernd Leitenberger: Die Proton
- raumfahrer.net: Proton
- Proton bei ILS, dem Anbieter der Rakete (englisch)
[Bearbeiten] Quellenangaben
- ↑ Chrunitschew: Pressekonferenz, 26. Oktober 2006 (ru.)
- ↑ http://www.starobserver.at/070709.html
- ↑ http://www.spaceflightnow.com/proton/amc14/
- ↑ http://www.spaceflightnow.com/proton/amc14/080411loss.html
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Verwendete Raketenoberstufen: Block D · Breeze · Fregat · Ikar
(siehe auch: Liste der Raketentypen)