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Paranoia (Rollenspiel) – Wikipedia

Paranoia (Rollenspiel)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Paranoia ist ein englisch-sprachiges satirisches Pen-&-Paper-Rollenspiel, das in einer düsteren Science-Fiction-Umgebung spielt, die sich irgendwo zwischen Catch-22, 1984 und Brazil wiederfindet. Das Besondere an Paranoia ist, dass die Spieler zwar, wie es sich für ein Rollenspiel gehört, im Team eine Aufgabe zu erledigen haben, dabei jedoch oft widersprüchliche Ziele genannt bekommen, mit Saboteuren in den eigenen Reihen rechnen müssen und mit Bürokraten zu kämpfen haben, die häufig unfreundlich und hinderlich sind.

Das Spiel durchlief insgesamt vier Editionen in englischer Sprache. Die ersten zwei Editionen erschienen 1984 und 1989 bei West End Games. Die von Fans verpönte 'fünfte' Edition erschien dort 1995. 2004 wurde Paranoia von Mongoose Publishing neu aufgelegt (damals noch als Paranoia XP), welche sich vor allem an den beliebten und erfolgreichen ersten zwei Editionen orientierte und einige Neuerungen hinzufügte.

1989 erschien eine deutsche Übersetzung der zweiten Edition bei dem Verlag West End Games.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Hintergrundgeschichte

Durch den Einschlag eines Asteroiden wurde fälschlicherweise der Abschuss von Atomraketen registriert und gleichzeitig ein weltumspannendes Computernetz in einzelne Komplexe aufgelöst. Aufgrund der fälschlichen Atomraketenwarnung misstraut jedes Computersystem den anderen und schwingt sich im eigenen Bereich zum Diktator auf. Weil nur Kommunisten einen solchen Atomkrieg auslösen könnten, besteht ein wichtiges Ziel des COMPUTERs im Aufspüren und Terminieren von Kommiverrätern.

Der Alpha-Komplex, eine futuristische unterirdische Stadt (mit Zugang an die Oberfläche für Außenmissionen) in dem dieses Szenario spielt, steht stellvertretend für jede dieser isolierten Inseln.

[Bearbeiten] Der Troubleshooter

Jeder Spieler ist ein sog. Troubleshooter. Grundsätzlich beginnt ein Troubleshooter als ein Mitglied des niedrigsten Levels (Infrarot), welches an den Nährbecken arbeiten oder andere niedere Tätigkeiten verrichten muss. Um auf den Level Rot aufsteigen zu können, muss man einen anderen Troubleshooter verraten haben, der entweder Mutant ist oder einer verbotenen Geheimgesellschaft angehört. Tatsächlich besitzt jeder Troubleshooter eine Mutation und ist in einer Geheimgesellschaft.

Dementsprechend misstraut jeder Troubleshooter jedem anderen Troubleshooter.

Jeder Troubleshooter hat sechs Klone, so dass ein Charakter bei etwaigen "Unfällen" mehrmals einen Ersatz hat. Verluste in einer Spielrunde von 250% pro Einsatz sind keine Seltenheit.

[Bearbeiten] Mutationen und Geheimgesellschaften

Durch eine Mutation hat ein Spieler Fähigkeiten, die ihm den anderen gegenüber Vorteile verschaffen. Allerdings läuft er bei der Anwendung dieser Fähigkeiten Gefahr, als Mutant enttarnt zu werden oder bei bestimmten Mutationen Katastrophen auszulösen.

Eine Geheimgesellschaft ermöglicht es einem Troubleshooter, Vergünstigungen in Form von SIB (Steine im Brett) zu erwerben. Dazu muss er für die Geheimgesellschaften Aufgaben erfüllen. Allerdings ist es, bei Erfüllung der Aufgabe, egal, wer die Aufgabe erfüllt hat. Die SIB bekommt der Troubleshooter, dem die Aufgabe gestellt wurde.

Teilweise sind die Geheimgesellschaften miteinander befreundet, teilweise sind sie spinnefeind. Ein paar der Geheimgesellschaften stehen sogar direkt unter der Kontrolle des Computers.

Die Enttarnung einer Mutation oder der Mitgliedschaft in einer Geheimgesellschaft kann zur Terminierung des betreffenden Troubleshooter führen. Allerdings kann sich der Troubleshooter bei bestimmten Mutationen und der Mitgliedschaft in ausgewählten Geheimgesellschaften registrieren lassen. Trotzdem erhält der Troubleshooter bei Offenlegung seiner Mutation und/oder Mitgliedschaft Verräterpunkte.

[Bearbeiten] Servicegruppen

[Bearbeiten] Interne Sicherheit (INT-SIC)

Die Interne Sicherheit ist eine Mischung aus Polizei, Geheimdienst und Stasi. Das bevorzugte Interesse der INT-SIC ist das Aufspüren von Verrätern.

[Bearbeiten] Streitkräfte

Die Streitkräfte sind für militärische Aufgaben zuständig, konkurrieren aber auch mit der INT-SIC, auf die sie mitleidig herunterblicken. Dafür sind sie aber auch nicht so versessen auf Verräter.

[Bearbeiten] Technischer Dienst (TD)

Der Technische Dienst führt Wartungsarbeiten durch. Allerdings ist es häufig notwendig, die Mitarbeiter des TD durch Bestechung zur Erledigung ihrer Arbeit zu motivieren.

[Bearbeiten] Produktion, Logistik und Verpflegung (PLV)

Die PLV ist für das Wohl und Ausrüstungsgegenstände der Troubleshooter zuständig. Allerdings gilt für die PLV das gleiche wie für den TD: Ohne Bestechung geht oft gar nichts.

[Bearbeiten] Forschung und Design (F&D)

Wenn man ganz exklusive Gegenstände wie Waffen, Fluggeräte o.ä. haben möchte, kann man sich von der F&D Experimentalgeräte zum Testen geben lassen. Allerdings funktionieren diese Geräte nur zu 50%, und zu einem nicht geringen Anteil passiert das Gegenteil, oder es wird gar eine Katastrophe ausgelöst.

[Bearbeiten] Wohnraumverwaltung, Unterhaltung und Politische Erziehung (WU&PE)

WU&PE entspricht dem Beamtenapperat des Alpha-Komplexes. Hier werden die Dinge erledigt, für die Behörden zuständig sind. Dabei wird der Dienstweg peinlich genau eingehalten. Weiterhin ist WU&PE für die Medien verantwortlich und übt somit einen gewissen Einfluss auf die Massen an infraroten Arbeitern aus. Die anderen Servicegruppen haben für WU&PE allerdings nur Verachtung übrig.

[Bearbeiten] Energie und Transport (E&T)

E&T ist für die Wartung der Kraftwerke und der Transportsysteme des Alpha Komplexes zuständig.

[Bearbeiten] CPU

Mitglieder der Servicegruppe CPU werden ständig nach den neuesten Managementtheorien geschult. Sie werden in anderen Servicegruppen eingesetzt, wenn es dort Probleme gibt. Da die Theorien meist wenig mit der Praxis zu tun haben, wird durch ihren Einsatz im Allgemeinen alles nur noch schlimmer. CPU genießt das besondere Vertrauen des Computers, weswegen sich niemand offen gegen ihre Anordnungen auflehnen kann.

[Bearbeiten] Ablauf eines typischen "freiwilligen" Einsatzes

Zunächst einmal werden die Troubleshooter zu einer Lagebesprechung zitiert. Diese Anweisung erhalten sie von Mitgliedern der Int-Sic höherer Stufe (orange, zitro, ...), in seltenen Fällen durch eine Nachricht des COMPUTERs persönlich. Widersetzung führt zur Terminierung. Bis alle Troubleshooter eingetroffen sind, sind in der Regel schon die ersten Klone aktiviert worden. Die Troubleshooter erhalten sodann völlig widersprüchliche, schwachsinnige, unmögliche und wahnwitzige Anweisungen, denen Folge zu leisten ist.

Die Charaktere werden auch noch mit Standardausrüstung versorgt wie Gummiknüppel, Zahnpasta, leere Flasche Limo, Pulli ohne Ärmellöcher - mit der dringenden Anweisung diese unversehrt aus dem Einsatz zurückzubringen. Bis diese "Ausrüstung" verteilt ist, treten meistens schon die nächsten Klone auf den Plan.

Weiter geht es zu F&D (als Persiflage auf James-Bond-Filme). Hier erhalten einige Troubleshooter "Spezialgegenstände", die sie zu Testzwecken zur Verfügung gestellt bekommen - mit der dringenden Anweisung... (Diese "Spezialausrüstung" dient dem Zweck, die Troubleshooter-Verluste möglichst über die 100%-Marke zu treiben.) Typische Gegenstände sind z.B. neu entwickelte Waffen-Systeme (Boxhand aus Panzerfaust, die bei Benutzung zu 90% einen nuklearen GAU auslöst), experimentelle Pillen (von Aufhellung der Haut [Rot nach orange. VERRAT! *zisch* "Der COMPUTER ist dein Freund."] bis zu eitrigen Geschwülsten [Gelb! VERRAT...]) oder Gegenstände deren näherer Sinn sich den Charakteren (und den Spielern - in erster Linie auch dem Spielleiter) völlig entzieht.

Nach einem kurzen Intermezzo bei den Geheimgesellschaften startet dann die eigentliche Mission, meist begleitet durch einen Beauftragten von Int-Sic, damit auch alles nach Plan verläuft. Die Geheimgesellschaften der Troubleshooter können sich prinzipiell in jeder Phase des Spiels (vor Zitierung zur Lagebesprechung, danach, etc.) zu Wort melden und vergeben ihrerseits zweideutige Anweisungen, die mehr oder weniger mit der offiziellen Mission verknüpft sind, meist aber Sabotage verfeindeter Gesellschaften zum Auftrag haben.

Früher oder später endet die Mission in einem völligen Fiasko - Int-Sic ist enttäuscht, der COMPUTER ist enttäuscht, F&D... Es erfolgt eine Endbesprechung mit dem Auftraggeber (die Nr. der Klone sind deutlich höher als vorher) und die Troubleshooter erhalten Lob und Tadel. In den meisten Fällen eine Terminierung.

[Bearbeiten] Sonstiges

In Paranoia gibt es neun Spielerlevel, welche nach dem Farbspektrum geordnet sind. Beginnend bei Infrarot (Schwarz) über Rot, Orange, Zitro, Grün, Blau, Indigo, Violett bis Ultraviolett (Weiß). Infrarot wird nicht gespielt, da jeder Troubleshooter (so ist die Bezeichnung für einen Spieler) mit der Stufe Rot seine Karriere beginnt.

Jeder Charakter hat 6 Klone, so dass ein Charakter bei evtl. "Unfällen" mehrmals einen Ersatz hat. Verluste in der Gruppe von 250% pro Einsatz sind keine Seltenheit. Zur vorgeschriebenen Regel mit 6 Klonen ist zu sagen, dass man diese nach eigenem Gusto beliebig ausdehnen sollte. Interessant wird es bei Paranoia, wenn ein Troubleshooter nach mehreren Missionen ein oder zwei Level über den Mitspielern steht (dies ist nach Erfahrung nicht mit 6 Klonen zu schaffen). So kann sich der Spielleiter einen kleinen 'computer' heranzüchten: Niedere Farbstufen haben den höheren grundsätzlich Folge zu leisten. Das ist das "Comic"-ähnliche, ansonsten handelt es sich um ein Rollenspiel für Leute, die alles andere schon "durch" haben oder eine Abwechslung im "Rollenspielalltag" haben möchten.

Der Spielleiter wird in Paranoia dazu angehalten, keine Regeln an die Spieler weiterzugeben - nur er soll sich mit dem Regelwerk vertraut machen. Dies verknüpft die Unwissenheit der Spieler mit der Unwissenheit ihrer Troubleshooter zu einem paranoiden Mix. Es herrscht eine Atmosphäre von ständiger Willkür - der Spielleiter verkörpert in erster Linie den wahnsinnigen COMPUTER. So ist es Troubleshootern z.B. nur erlaubt, Gänge mit gleicher oder niederer Farbe als die eigene zu benutzen. Durch plötzliche Änderung von Lichtverhältnissen kann ein rot gestrichener Gang durchaus orange erscheinen - der Begleiter der Int-Sic wird begeistert sein! Oder ein Service-Roboter wechselt eine rote Glühbirne mit einer blauen aus...

Erfahrungspunkte und Levelaufstiege (rot nach orange, usw.) gibt es nach keinem festen System. Die Spieler sollen möglichst 'gut' rollenspielen und sich der paranoiden Situation anpassen. Je verrückter und unglaubwürdiger die Aktionen sind, desto mehr sollte belohnt werden. Heißt: grundsätzlich soll man in Paranoia das machen, was in anderen Rollenspieln unmöglich ist. Z.B. sich in fünffachem Flic-Flac mit einer Hand auf den Feind zubewegen, gleichzeitig die unkontrollierbare Mutantenkraft unterdrücken und seine experimentelle Waffe abfeuern - dies führt unweigerlich zum nächsten Klon, könnte aber eine Beförderung nach sich ziehen.

[Bearbeiten] Namensgebung

Der Name eines Troubleshooters setzt sich aus Name-Sicherheitsstufe-Sektor-Klonnummer zusammen, also zum Beispiel PETER-O-QTR-3. Dieses Schema verführt zu Namen, die einen inneren Sinn haben, wie etwa PETE-R-PAN-4, HAM-B-URG-2 oder BERNDDAS-B-ROT-5.

"Und vergiss nicht, Bürger, der COMPUTER ist dein Freund und Glücklichsein ist Pflicht!" à la Aldous Huxley. "Unglücklich sein bedeutet Verrat. Verrat wird mit Terminierung geahndet."

[Bearbeiten] Literatur

[Bearbeiten] Links


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