Metastabilität
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Metastabilität ist eine schwache Form der Stabilität. Ein metastabiler Zustand ist stabil gegen kleine Änderungen, aber instabil gegenüber größeren Änderungen.
Ein Beispiel dafür ist das System "Holz und Luftsauerstoff" bei Raumtemperatur: Aus thermodynamischer Sicht würde das spontane Verbrennen des darin chemisch gebundenen Kohlenstoffs mit dem Sauerstoff zu Kohlenstoffdioxid zu einem stabileren Zustand führen. Ohne eine Aktivierung, also das Entzünden des Holzes, wird dies aber nicht passieren.
Anschaulich dargestellt ist das im Bild rechts: Ein Ball liegt in einer kleinen Mulde an einem Berghang. Solange der Ball nur wenig in der Mulde ausgelenkt wird, rollt er an ihre tiefste Stelle zurück. Wird er aber stärker ausgelenkt, kann er den Berghang hinunterrollen.
Die schwächste Form der Metastabilität ist Labilität. Ein labiles System verliert seinen Ausgangszustand nach einer infinitesimalen Störung.
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[Bearbeiten] Thermodynamik
In der Thermodynamik wird dieser Begriff häufig benutzt: Metastabile Phasen haben eine höhere Energie (korrekter: Freie Enthalpie - bei den üblichen Bedingungen, konstanter Druck und konstante Temperatur) als die stabile Phase. Auf Grund einer hohen Aktivierungsenergie wandeln sie sich nicht oder nur langsam in die stabile Phase um. Ein Beispiel für eine metastabile Phase ist der Diamant. Die Umwandlung einer metastabilen Phase ist beispielsweise die Zinnpest.
[Bearbeiten] Atomphysik
In der Atomphysik ist ein metastabiler Zustand ein elektrisch angeregter Zustand, der nicht durch spontane Emission von Photonen (Dipolstrahlung) in den Grundzustand zurückfallen kann, weil er den Auswahlregeln entgegensteht. Dadurch ist die Lebensdauer dieser atomaren Zustände relativ hoch (der metastabile Zustand von Helium He*(3S1) lebt bis zu 8000 s)
[Bearbeiten] Kernphysik
Auch in der Kernphysik gibt es metastabile Zustände, obwohl die Auswahlregeln für Atomkerne viel mehr Übergänge und Zerfälle erlauben. Ein Beispiel ist der erste angeregte Zustand des Aluminium-Isotops 26Al bei einer Anregungsenergie von 228 keV, der nach einer Halbwertszeit von gut 6 Sekunden in den Grundzustand übergeht (26Al im Grundzustand hat wiederum eine Halbwertszeit von 717.000 Jahren).
[Bearbeiten] Digitale Schaltungen
In der Digitaltechnik gibt es Schaltungen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt eine binäre Information speichern sollen (0 oder 1). Die einfachste Form eines solchen Flip-Flops besteht dabei aus einem Ring aus zwei Invertern. Diese rückgekoppelte Schaltung hat zwei stabile Zustände, 0 und 1, also nahe der unteren und nahe der oberen Betriebsspannung. Bei einer leichten Störung einer Leitung kehrt die Schaltung immer in den jeweiligen stabilen Zustand zurück, das macht den speichernden Effekt der Schaltung aus. Zusätzlich gibt es einen metastabilen Punkt, etwa in der Mitte der Betriebsspannung. Idealisiert könnte die Schaltung auch in diesem Punkt verharren. Effekte wie Rauschen, Störungen usw. werden sie jedoch schließlich in einen der stabilen Zustände kippen lassen. Es lässt sich nur in einem statistischen Sinn vorhersagen, nach wie viel Zeit dies erfolgen wird. Der typische Problemfall ist die Abtastung eines fluktuierenden Signals. Ist das Signal genügend nahe an 0 oder 1, so wird das Flip-Flop diesen Zustand erwartungsgemäß ohne Probleme speichern. Nähert sich die Eingangsspannung jedoch einem bestimmten Bereich, so ist zu beobachten, dass
- das Flip-Flop sich nicht immer für den "richtigen" Zustand entscheidet
- schlimmer noch, das Flip-Flop selbst für unbestimmte Zeit im metastabilen Zustand verharrt.
Daraus können schwerwiegende Fehlfunktionen von Schaltungen resultieren. Das Kritische ist weniger, dass sich das Flip-Flop nicht für den "richtigen" Zustand entscheidet, sondern dass es für eine unbestimmte Zeit im metastabilen Zustand verbleibt. Damit kann es am Ausgang eine Spannung ausgeben, die zwischen den beiden digitalen Spannungspegeln liegt, was in nachgeschaltenen Flip-Flops wiederum zu metastabilen Zuständen und Fehlern führen kann. Damit sind die für die Taktberechnung bei notwendigen Zeitbedingungen, man spricht auch von den Setup- und Hold-Zeiten, für die nächsten Flip-Flop-Stufen unter Umständen verletzt.
Wesentlich ist, dass sich die metastabile Situation durch keine wie auch immer geartete Maßnahme vermeiden lässt. Jeder "Lösungsvorschlag" in dieser Richtung beruht stets auf einem Denkfehler, der das Auftreten der Metastabilität an irgendeiner Stelle ignoriert. Durch das Hintereinanderschalten von mehreren Abtaststufen (Flip-Flops) kann lediglich die Wahrscheinlichkeit des Fehlers beliebig stark reduziert werden.