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Lohnauffüllung – Wikipedia

Lohnauffüllung

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Lohnauffüllung bezeichnet Formen der Lohnsubvention mit einem anteiligen Auszahlbetrag in Abhängigkeit vom erworbenen Einkommen. In der Regel meint man damit die "Earned Income Tax Credit" (wörtlich "Arbeitseinkommensteuergutschrift") der USA und weiteren Ländern, die sich in der Mehrzahl auf die Lohnsteuer von Geringverdienern bezieht und damit weithin einem Kombilohn ähnelt.

Die US-Lohnauffüllung wurde 1975 beschlossen, und der damalige geringe Betrag wurde mit jeder größeren Steuerreform der Jahre 1986, 1990, 1993 und 2001 angepasst, egal ob es sich um allgemeine Steuererhöhung (1990), allgemeine Steuersenkung (2001) oder Verringerung von Subventionen (1986) handelte. Aktuell ist die EITC das größte Programm zur Armutsbekämpfung in den USA und findet dort breite Unterstützung.

Zu den Staaten mit Lohnauffüllung gehören unter anderem Großbritannien, Irland, USA, Kanda, Neuseeland, Finnland, Belgien, Frankreich, Niederlande und Dänemark. In einigen Fällen ist die maximale Lohnauffüllung gering (in Finnland bei 290 Euro), in anderen Staaten wird der US-Maximalbetrag noch deutlich übertroffen (in Großbritannien bis zu 6150 Euro).

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Struktur

Die Lohnauffüllung der Vereinigten Staaten beinhaltet einen besonderen Dreistufenansatz - in der Eingangsstufe sorgen sinkende Einkünfte für einen steigenden prozentualen Auffüllbetrag, in der Plateau-Stufe wird ein Maximalbetrag gezahlt, der durch weitere Einkünfte unverändert bleibt, und geht dann in eine Ausklingstufe darüber über, in der der Auffüllbetrag absinkt. Zu 2006 hat eine Familie mit zwei Kindern einen Anspruch auf 40% Lohnauffüllung im Bereich bis $10.750 des eigenen Arbeitseinkommens, einen Maximalbetrag von $4400 im Plateaubereich der bis $15.000 reicht, ab dem dann der Auffüllbetrag wieder absinkt und bei $35.000 ganz entfällt. Verheiratete mit gemeinschaftlicher Einkommensteuererklärung bekommen einen $2000 Aufschlag für die Ausklingphase. Bei Familien mit einem Kind liegt der Prozentsatz in der Eingangsstufe bei 34% und hat einen Maximalbetrag von $2604. Ohne unterhaltsberechtigte Familienangehörige liegt die Lohnauffüllung bei 7,65% mit einem Maximalsatz von $380, die dem Arbeitnehmeranteil der US-Sozialversicherung entspricht. Die Auszahlbeträge unterliegen einer ständigen Inflationsanpassung.

Zusätzlich zur bundesweiten Lohnauffüllung haben 11 Bundesstaaten eine zusätzliche Lohnauffüllung beschlossen. Diese entsprechen strukturell dem nationalen EITC auf kleinerer Skala - etwa 15 bis 30 Prozent je nach Bundesstaat - die auf einkommensteuerpflichtige Löhne gewährt werden. Darüber hinaus gibt es kommunale Programme zur Lohnauffüllung in New York City, in Montgomery County (Maryland) und in San Francisco.

[Bearbeiten] Auswirkung

Die Lohnauffüllung ist die breiteste Form der Armutsbekämpfung in den USA. Aufgrund der Struktur entlastet es besonders die Familien mit Geringstverdienern. Dem stehen nur 30%[1] jener gegenüber, die zum gesetzlich Mindestlohn arbeiten und an der Armutsgrenze leben, in der Regel sind dies Jugendliche, Studenten und kinderlose Hausfrauen mit Nebeneinkünften. In Jahre 2005 haben fast 21 Millionen Familien mehr als 36 Milliarden US-Dollar aus dem EITC-Programm bezogen. Die Lohnauffüllung hat erhebliche Auswirkungen auf die Familien und Gemeinden mit Geringstverdienern, da über diesen Weg 5 Millionen Familien über die bundesweite Armutsgrenze gehoben werden. Da diese bundesweite Grenze zum Existenzminimum meist auch die Grenze zum Anspruch auf andere staatliche Hilfszahlungen ist, entfallen für EITC-berechtigten Lohnempfänger in der Regel andere Zuschussformen. Wirtschaftsexperten schätzen, dass jeder Extradollar bei Geringverdienern und Beziehern unterer Einkommen einen Multiplikatoreffekt von 1,5 bis 2 auf die tatsächlich verbrauchten Haushaltsgelder haben, die den Familien und ihren Gemeinden zur Verfügung steht. Unter der konservativsten Annahme bewirkt jeder Dollar aus der Lohnauffüllung einen Nachfrageanstieg von 1,5 Dollar, die vor allem das wirtschaftliche Leben der Kommunen stützt.

Forschungen haben gezeigt, dass die Lohnauffüllung zu einem erheblichen Anstieg des Beschäftigungsgrades führten, insbesondere bei schlecht ausgebildeten alleinstehenden Müttern. Andererseits gibt es Hinweise, dass die Zusatzbeschäftigung zu einer Verringerung der Stundenlöhne bei den Anspruchsberechtigten geführt hat[2].

[Bearbeiten] Nichtabruf

Der Bundesrechnungshof (GAO) und die Bundessteuerbehörde (IRS) verweisen darauf, dass 15% bis 25% der anspruchsberechtigten Haushalte keine Lohnauffüllung beantragen. Dies entspricht etwa 3,5 bis 7 Millionen Haushalten, die mehrere Milliarden an Auffüllbeträgen nicht abrufen.

Im Jahre 2002 lag die durchschnittliche Lohnauffüllung bei $1766 pro Familie, womit die 15% Nichtabruf in etwa 6,65 Milliarden US-Dollar entspricht (fast 12 Milliarden bei 25%).

[Bearbeiten] Vergleich

Im Vergleich mit anderen staatlichen Transferleistungen gibt es bei der Lohnauffüllung keinen Anreiz, sich ohne eigenes Arbeitsaufkommen allein auf Sozialhilfezahlungen zu verlassen. Der Druck zur Aufnahme einer niedrigbezahlten Tätigkeit kommt hier sogar ohne bürokratische Anstrengungen aus, wie sie bei der in Deutschland üblichen Sozialhilfe II gängig ist. Die Bemessungsgrundlage zur Auszahlungshöhe erfordert keinen gesonderten Aufwand der Bedürfigkeitsprüfung, sondern sie erfolgt im Rahmen der Erfassung des lohnsteuerpflichtigen Einkommens (Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit). Im Rahmen des allgemeinen Lohnsteuerjahresausgleichs werden dann tatsächliches Einkommen des Jahres, die vom Arbeitgeber vorab abgeführte Steuern und die vorab erhaltenen Lohnauffüllungen miteinander verrechnet.

Auf der anderen Seite wird ein Niedriglohnsektor geschaffen, sowohl mit den Vorteilen als Standort von Produktionsbetrieben mit Arbeitsstellen für minderqualifizierte Arbeitskräfte, als auch mit dem Nachteil der Absenkung des Lohnniveaus anderer geringqualifizierte Arbeitskräfte, teils sogar unter das Sozialhilfeniveau. Dieser Effekt ist im Rahmen der Hartz-IV Gesetze in Deutschland bereits gängig - um Jahresende 2007 gab es ca. 1,3 Millionen [3] Bezieher von ergänzendem Arbeitslosengeld II (Aufstocker [4]) zu ihrem geringen Erwerbseinkommen, mit dem sie weiter bedürftig im Sinne des SGB II sind (also alle Zusatzeinnahmen voll mindernd wirken).

Demgegenüber bietet die Lohnauffüllung einen größeren Anreiz zur Erweiterung von Arbeitsttätigkeit auch bei geringen erzielbaren Stundenlöhnen, da es auch über die Grenze des Sozialhilfeniveaus hinauswirkt. Dies trifft insbesondere für minderqualifizierte alleinstehende Mütter zu, die in Deutschland durch die weiteren Sozialbeträge je Kind zu einer Grundsicherung kommen, die weit über den erzielbaren Einkünften auf dem Arbeitsmarkt liegen. Zu einem positiv genannten Nebeneffekt gehört, dass das Bemühen um und die Aufnahme sehr kleiner Jobs (um anspruchsberechtigt zur Lohnauffüllung zu werden) das wirtschaftliche Beziehungsgeflecht gestärkt wird, dass hier wie da die Hauptquelle für das Auffinden von längerfristigen vollwertigen Anstellungen ist.

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Weblinks

[Bearbeiten] Quellen

  1. "The Low-Wage Labor Market: Challenges and Opportunities for Economic Self-Sufficiency (Does the Minimum Wage Help or Hurt Low-Wage Workers?)" (pdf), Mark D. Turner, Sekretariat für Planung und Evaluation (ASPE), Gesundheitsministerium (HHS), USA 1999
  2. "Who Benefits from the Earned Income Tax Credit? Incidence Among Recipients, Coworkers and Firms (pdf), Andrew Leigh, Wirtschaftsfakultät, Forschungsanstalt für Sozialwissenschaften, Australian National University, Juli 2003 - November 2004
  3. Spiegel-Onlie: "1,3 Millionen Arbeitnehmer beziehen zusätzlich Hartz IV"
  4. "Menschenwürdig leben und arbeiten" (pdf), Franz Müntefering, Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, Redevorlage zum Bundeskongress der SPD, Kassel, April 2006 - Zitat: "Wir haben inzwischen 300.000 „Aufstocker“ – eigentlich sind es 900.000, aber die anderen sind Teilzeitbeschäftigte –, die voll arbeiten und anschließend Ende des Monats so wenig haben, dass sie ergänzendes Arbeitslosengeld II – früher sagte man „ergänzende Sozialhilfe“ – bekommen müssen. Es gibt in Deutschland übrigens auch 160.000 bis 170.000 Arbeitnehmer, die so wenig Arbeitslosengeld I bekommen, dass sie sich ergänzendes Arbeitslosengeld II holen. Das zeigt, dass diese Arbeitnehmer, die in Arbeitslosengeld I fallen, einen Lohn gehabt haben, der sehr niedrig ist."
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