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Havergal Brian – Wikipedia

Havergal Brian

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

William Havergal Brian (* 29. Januar 1876 in Dresden, Staffordshire; † 28. November 1972 in Shoreham-by-Sea, Sussex), war ein englischer Komponist.

[Bearbeiten] Leben und Werk

Brian erwarb sich einen legendären Ruf zur Zeit seiner Wiederentdeckung in den 1950er und 1960er Jahren vor allem wegen der Anzahl seiner Sinfonien (32, eine ungewöhnlich große Zahl für Komponisten nach der Wiener Klassik), und durch seine ungebrochene Kreativität angesichts der Tatsache, dass er den größten Teil seines Lebens in fast völlige Vergessenheit gefallen war. Selbst Jahrzehnte nach seinem Tod kann keinem seiner Werke nachgesagt werden, es würde häufig aufgeführt; wenige Komponisten jedoch, die nach einer frühen, erfolgreichen Phase wieder vergessen wurden, schrieben auch danach derart viele ernste und ambitionierte Werke, obwohl jede Aussicht auf Aufführungen vorbei zu sein schien.

William Brian (er übernahm den Namen "Havergal" von einer ortsansässigen Familie von Hymnenkomponisten) wurde im Ort Dresden in Staffordshire, einem Distrikt in Stoke-on-Trent geboren, und war einer der wenigen Komponisten, die der englischen Arbeiterklasse entstammten. Nach dem Besuch der Grundschule hatte er Schwierigkeiten, eine passende Arbeit zu finden (unter anderem arbeitete er in einer Kohlenmine) und brachte sich selbst einige musikalische Grundlagen bei. Vorübergehend wurde er Organist an der Odd Rode Church im benachbarten Cheshire. 1895 hörte er eine Chorprobe des Werkes King Olaf von Edward Elgar, war bei der Uraufführung dabei und wurde zum glühenden Anhänger der damals modernen Musik, besonders derjenigen von Richard Strauss und den zeitgenössischen englischen Komponisten. Über die Teilnahme an Musikfestspielen entwickelte sich eine lebenslange Freundschaft mit dem etwa gleichaltrigen Komponisten Granville Bantock.

1907 erregte seine erste English Suite die Aufmerksamkeit des Dirigenten Henry Wood, der sie bei den London Proms aufführte. Sie wurde ein schlagartiger Erfolg, und Brian fand sowohl einen Verleger als auch Aufführungsmöglichkeiten für seine nächsten Orchesterwerke. Weshalb seine Glückssträhne nicht anhielt, gibt Raum für Spekulationen. Möglicherweise hing es mit seiner Schüchternheit gegenüber Fremden und fehlendem Interesse an öffentlichen Anlässen zusammen. Wie auch immer, die Aufführungsangebote versiegten bald wieder.

Zu diesem Zeitpunkt veränderte ein in der englischen Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts ungewöhnliches Ereignis das Leben Brians, ob zum Bessern oder Schlechteren, sei dahingestellt. Ihm wurde von einem ortsansässigen reichen Geschäftsmann, Herbert Minton Robinson, ein jährliches Einkommen von £500 in Aussicht gestellt (damals für die untere bis mittlere Schicht ein respektables Gehalt), das ihm erlauben sollte, seine gesamte Zeit der Komposition zu widmen. Es scheint, dass Robinson erwartete, Brian würde durch die Überzeugungskraft seiner Kompositionen rasch erfolgreich und finanziell unabhängig werden. Dazu sollte es jedoch nie kommen. Eine Zeit lang arbeitete Brian an einer Anzahl ehrgeiziger, großformatiger Chor- und Orchesterwerke, hatte jedoch keine Eile, sie zu Ende zu führen, und begann damit, sich bisher allenfalls erträumten Genüssen zu widmen, etwa teurem Essen und einer Reise nach Italien.

Geldstreitereien und eine Affäre mit einem jungen Dienstmädchen ließen seine geplante Hochzeit platzen. Brian flüchtete nach London, und obgleich Robinson den Vorfall tief missbilligte, setzte er Brians finanzielle Unterstützung bis zu seinem eigenen Tod fort; allerdings flossen die meisten Zuwendungen Brians düpierter Ex-Frau zu. Aus der Affäre wurde ein lebenslanges Verhältnis. Langsam begann Brian wieder zu komponieren, und – ein Leben in sehr ärmlichen Verhältnissen führend – nahm er jegliche Tätigkeit mit musikalischem Bezug an, sei es als Kopist oder Arrangeur. Außerdem schrieb er für die Zeitschrift Musical Opinion.

Nichts lief für Brian günstig; selbst sein Kriegsdienst verlief kurz und grotesk, gab ihm allerdings Material für seine erste Oper The Tigers. In den 1920-er Jahren wandte er sich schließlich der Sinfonik zu und hatte bereits mehr als 10 Werke dieser Art komponiert, bis eine davon in den frühen 1950-er Jahren uraufgeführt wurde. Dies verdankte Brian seiner Entdeckung durch den Komponisten Robert Simpson, zugleich Musikproduzent bei der BBC, der 1954 Sir Adrian Boult bat, die 8. Sinfonie in sein Programm zu nehmen. Ab diesem Zeitpunkt schrieb Brian weitere 22 Sinfonien (viele der späteren sind kurze, ein- oder zweisätzige Werke), von denen die meisten nach seinem 80. Geburtstag entstanden, und verschiedene andere Kompositionen.

1961 erlebte Brians größtes erhaltenes Werk, die 1. Sinfonie, die sog. Gotische, entstanden bereits 1919 bis 1927, ihre Uraufführung in der Central Hall, Westminster, teils von Laien musiziert und dirigiert von Bryan Fairfax. Dieses gigantische Werk enthält unter anderem ein komplettes Te Deum für vier Soli, 2 große Doppelchöre und 4 separate Blechbläsergruppen; dies neben einem gewaltigen Orchesterapparat, der die extremsten Anforderungen von Gustav Mahler, Richard Strauss und Arnold Schönberg übertrifft. 1966 kam es zur ersten rein professionellen Aufführung in der Royal Albert Hall unter Leitung von Boult; beide Aufführungen wurden maßgeblich durch Simpson betrieben. Die zweite Aufführung wurde live gesendet, und viele Leute hörten an jenem Abend zu ersten Mal Musik von Brian. Dies erregte beträchtliches Interesse, und bis zu seinem Tod 6 Jahre später erlebten verschiedene seiner Werke ihre Erstaufführung, und erste kommerzielle Plattenaufnahmen begannen zu erscheinen.

Während einiger Jahre nach Brians Tod, als Simpson noch Einfluss bei der BBC hatte, kam es zu einem Interessenaufschwung, der sich in einer größeren Zahl von Aufnahmen und Aufführungen äußerte; zwei Biographien und eine dreibändiges Studienwerk über seine Sinfonien erschienen. Das Ansehen seiner Musik blieb aber stets auf einen Kreis von Enthusiasten beschränkt und erreichte nie die Popularität etwa derjenigen von Ralph Vaughan Williams, obwohl sich Dirigenten wie Leopold Stokowski, Sir Charles Groves, Sir Charles Mackerras und Lionel Friend sich für Brians Schaffen einsetzten. Wenige von Brians Werken wurden veröffentlicht, weshalb seine Musik weiterhin vernachlässigt wird; und die Seltenheit gut einstudierter Aufführungen oder ausgereifter Interpretationen macht es schwer, ihre Qualität richtig einzuschätzen.

Der Stil Brians bedient sich einer zuweilen dissonanten Harmonik, die Tonalität wird teils bis nahe an die Atonalität erweitert (Brian schätzte unter anderem Arnold Schönberg, Edgar Varèse oder Paul Hindemith).

[Bearbeiten] Literatur

  • Nettel, Reginald: Ordeal by Music: The Strange Experience of Havergal Brian. London und New York, 1945, Oxford University Press.
  • Havergal Brian. A collection of essays, hrsg. von Lewis Foreman, London: Triad, 1969.
  • Nettel, Reginald (mit Foreman, Lewis): Havergal Brian and his music. London: Dobson, 1976. ISBN 023477861X.
  • Foreman, Lewis: Havergal Brian and the performance of his orchestral music. A History and Sourcebook, London: Thames, 1976. ISBN 0905210018.
  • MacDonald, Malcolm: The Symphonies of Havergal Brian (3 Bände, Bd. 1: Sinfonien 1 – 12; Bd. 2: Sinfonien 13 – 29; Bd. 3: Sinfonien 30 – 32 und Bibliographie) London : Kahn & Averill, 1974 - 1983. ISBN 0900707283.
  • MacDonald, Malcolm, Hrsg.: Havergal Brian on music: selections from his journalism. London: Toccata Press, 1986. ISBN 0907689191 (v.1).
  • Eastaugh, Kenneth: Havergal Brian – the making of a composer, London: Harrap, 1976. ISBN 0245527486.

[Bearbeiten] Weblinks


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