Hans Werner Richter
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Hans Werner Richter (* 12. November 1908 in Neu-Sallenthin auf Usedom; † 23. März 1993 in München) war ein deutscher Schriftsteller.
Richter ist weniger mit eigenen Werken bekannt geworden. Dafür gelangte er als Initiator, Spiritus Rector und "graue Eminenz" der Gruppe 47, der wichtigsten bundesdeutschen Schriftstellergruppierung der Nachkriegszeit, zu weltweiter Berühmtheit und Anerkennung.
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[Bearbeiten] Leben
Hans Werner Richter wird als Sohn eines Fischers in Neu-Sallenthin auf Usedom geboren. Zwei Jahre später zog die Familie in das Fischerdorf und "Kaiserbad" Bansin auf Usedom. Als 16-Jähriger absolviert er eine dreijährige Lehre von 1924-27 als Buchhändler in Swinemünde und arbeitet danach als Buchhandelsgehilfe in Berlin.
Aus der KPD wird der 24-jährige Hans Werner Richter nach zweijährigen Mitgliedschaft (1930-32) wegen seines Trotzkismus ausgeschlossen. Nachdem er 1933 Zeuge eines NSDAP-Aufmarsches auf dem Tempelhofer Feld in Berlin wird, knüpft er allerdings erneut Verbindungen mit der illegalen KPD an, und versucht, eine Widerstandsgruppe zu bilden. Als es ihm nicht gelingt, flieht er mit seiner Freundin nach Paris. Seine Emigration scheitert an seiner aussichtslosen finanziellen Lage. Nach seiner Rückkehr 1934 ist er als Buchhändler und Lektor in Berlin tätig und arbeitet wieder im politischen Untergrund. 1940 wird Hans Werner Richter nach einer vorübergehenden Verhaftung durch die Gestapo, die ihm seine leitende Tätigkeit in einer illegalen pazifistischen Jugendgruppe nicht nachweisen kann, zum Kriegsdienst (1940-43) eingezogen. Sowohl er als auch seine drei Brüder überleben den Krieg - ihr Vater hatte ihnen jegliche "Heldentaten" ausdrücklich verboten. In der dreijährigen amerikanischen Kriegsgefangenschaft (1943-46), zuerst in dem Gefangenenlager Camp Ellis in Illinois, später in Fort Kearney in Rhode Island, gibt Richter seit Frühling 1945 die antifaschistischen Zeitschriften "Lagerstimme" und "Der Ruf" heraus. Dabei hat er Alfred Andersch, Gustav René Hocke und Walter Kolbenhoff kennengelernt. Die letztgenannte Zeitschrift haben Richter und Andersch auch nach ihrer Entlassung in München weiter herausgegeben. Nachdem diese in April 1947 wegen zu linker, prokommunistischer Einstellungen von der amerikanischen Besatzungsmacht verboten wurde, entsteht schließlich die Gruppe 47 - ein sich auf informelle Einladung (Postkarte) durch Hans Werner Richter halbjährlich zusammenfindender Schriftsteller- und Kritikerkreis in wechselnden Besetzungen. In die ersten Jahre der Gruppe 47 fällt auch die mengenmäßig produktivste Phase im Schriftstellerleben des Hans Werner Richter. 1951 wird ihm der Fontane-Preis der Stadt Berlin verliehen, 1952 der René-Schickele-Preis (für "Sie fielen aus Gottes Hand"), 1972 der Kulturpreis des Deutschen Gewerkschaftsbundes, 1979 das Große Bundesverdienstkreuz, 1986 der Große Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, 1992 der Pommersche Kulturpreis. Auf Initiative von Günter Grass findet 1990 eine allerletzte Gruppentagung der Gruppe 47 statt.
Am 23. März 1993 stirbt Hans Werner Richter in München.
[Bearbeiten] Werke
Richters Romane und Erzählungen sind meist linear und eher konventionell erzählt und inhaltlich fast vollständig autobiographisch - so wird etwa in "Rose weiß, Rose rot" die Erfahrung aus seiner Pariser Zeit erzählt. Weil seine Bücher nie zur literarischen Avantgarde gehörten, ist HWR als Schriftsteller nie wirklich ernst genommen worden - dennoch hat er ein nicht nur historisch interessantes und zudem spannendes und gut lesbares Kompendium er- und gelebter Geschichte(n) hinterlassen.
- 1947 Deine Söhne Europa - Gedichte deutscher Kriegsgefangener
- 1949 Die Geschlagenen
- 1951 Sie fielen aus Gottes Hand
- 1953 Spuren im Sand
- 1955 Du sollst nicht töten
- 1959 Linus Fleck oder Der Verlust der Würde
- 1962 Bestandsaufnahme - Eine deutsche Bilanz
- 1965 Plädoyer für eine neue Regierung, oder: Keine Alternative
- 1965 Menschen in freundlicher Umgebung, Sechs Satiren
- 1971 Rose weiß, Rose rot
- 1974 Briefe an einen jungen Sozialisten
- 1980 Die Flucht nach Abanon
- 1981 Die Stunde der falschen Triumphe
- 1982 Ein Julitag
- 1986 Im Etablissement der Schmetterlinge - Einundzwanzig Portraits aus der Gruppe 47
- 1990 Deutschland deine Pommern - Wahrheiten, Lügen und schlitzohriges Gerede
[Bearbeiten] Hans Werner Richter und die Gruppe 47
Die Gruppe 47 war das Lebenswerk Richters, sein Name ist von dem der Gruppe 47 kaum zu trennen. Durchgehend wird er als die alleinige Autorität der Gruppe anerkannt. Es gibt die Meinung, dass auf diese Weise viele ganz Große entdeckt (z.B. Ingeborg Bachmann), aber auch übersehen wurden, z.B. Paul Celan, der bei der Lesung wegen seiner pathetischen Sprachmelodie und seiner hohen Stilebene, die einigen der Schriftsteller nicht gefiel, gnadenlos durchfiel; ferner wurden viele hoffnungsvolle Jungpoeten durch ihr traumatisches Erlebnis bei der Gruppentagung doch noch von ihrem Berufswunsch abgebracht. HWR hielt es für eines der beiden größten Verdienste der Gruppe 47, auf solche Weise "viel schlechte Literatur verhindert" zu haben.
1967 tagt die Gruppe zum vorerst letzten Mal, es kommt zu harmlosen Störungen durch gegen das Establishment protestierende Studierende. Die Gruppe wird aber nicht gesprengt oder aufgelöst - HWR verschickt einfach keine Einladungs-Postkarten mehr. Im Rückblick scheint es fast, als habe Richter instinktsicher den richtigen Zeitpunkt getroffen, um aufzuhören - die Avantgarde fand mittlerweile anderswo statt, und der ständig anwachsende Medienrummel machte ein ruhiges, klausurartiges Arbeiten unmöglich.
[Bearbeiten] Literatur
- Heinz Ludwig Arnold: Die Gruppe 47. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2004 (rowohlts monographien 50667).
- Friedhelm Kröll: Gruppe 47. Metzler, Stuttgart 1979.
- Reinhard Lettau (Hrsg.): Die Gruppe 47. Bericht, Kritik, Polemik. Ein Handbuch. Neuwied 1967.
- Sebastian Mrozek: Hans Werner Richter. Zum Prosawerk eines verkannten Schriftstellers, Frankfurt am Main 2005
- Toni Richter (Hrsg.): Die Gruppe 47 in Bildern und Texten. Köln 1997.
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Hans Werner Richter im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/RichterHansWerner/
Personendaten | |
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NAME | Richter, Hans Werner |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Schriftsteller |
GEBURTSDATUM | 12. November 1908 |
GEBURTSORT | Bansin auf Usedom |
STERBEDATUM | 23. März 1993 |
STERBEORT | München |