Ethanol-Kraftstoff
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Ethanol-Kraftstoff | ||
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Andere Namen |
Agraralkohol, Alkohol, Äthanol, Äthylalkohol, Bio-Ethanol, Branntwein, E100, Esprit, Ethylalkohol, Ethyloxidhydrat, Kartoffelsprit, Methylcarbinol, Motoren-Spiritus, Spiritus, Sprit, Weingeist |
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Kurzbeschreibung |
Ottokraftstoff für angepasste Motoren |
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Herkunft |
fossil oder biogen |
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Charakteristische Bestandteile |
Ethanol, Vergällungsmittel |
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CAS-Nummer |
64-17-5 [1] |
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Eigenschaften | ||
Aggregatzustand | flüssig | |
Dichte |
0,79 kg/L [1] |
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Oktanzahl |
mind. 104 ROZ |
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Schmelzbereich | -114 °C [1] | |
Siedebereich |
78 °C [1] |
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Flammpunkt |
12 °C [1] |
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Zündtemperatur | 400 °C [1] | |
Explosionsgrenze | 3,1–19 Vol.-% [1] | |
Temperaturklasse | T2 [1] | |
Explosionsklasse | IIB [1] | |
Sicherheitshinweise | ||
Gefahrstoffkennzeichnung [1]
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R- und S-Sätze | R: 11 | |
S: (2)-7-16 | ||
UN-Nummer | 1170 | |
Gefahrnummer | 33/30 | |
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. |
Ethanol-Kraftstoff ist ein klopffester Ottokraftstoff mit einer Oktanzahl von mindestens 104 ROZ. Um das Ethanol nicht als Neutralalkohol trinken zu können, werden heute den für technische Anwendungen wie Kraftstoff, Lösungsmittel oder Brennspiritus vorgesehenen Alkoholen Vergällungsmittel beigemischt, wodurch diese ungenießbar werden und in Deutschland nicht mehr der Branntweinsteuer unterliegen.
Darüber hinaus werden als Ethanol-Kraftstoffe auch Ottokraftstoffe bezeichnet, bei denen Ethanol in nennenswerten Mengen beigemischt wird. Bereits die Reichskraftsprit gab in der Weimarer Republik ab 1925 etwa 25 % Kartoffelsprit zum Benzin dazu und verkaufte das Gemisch unter dem Namen Monopolin. Heute werden die Gemische nach dem Anteil von Ethanol im Benzin bezeichnet, so würde Monopolin als E25 bezeichnet (25 % Ethanol), ein heute viel diskutierter Ottokraftstoff ist E85 mit 85 % Ethanol. Die Beimischung von geringen Mengen in Benzin, beispielsweise 5 % Ethanol, wie es heute im Benzin vorkommt, wird nicht als Ethanol-Kraftstoff bezeichnet, sondern als Benzin. Da viele ältere Autos nicht auf das teilweise stark als Lösungsmittel auf verwendete Materialien wirkende Ethanol eingerichtet sind, wird derzeit eine Beimischung von 5 % als Obergrenze für nicht auf Ethanol vorbereitete Autos angesehen.
Bis in die 1950er Jahre wurde Ethanol mit diversen weiteren Kraftstoffen wie Benzol, Methanol, Aceton und Nitrobenzol zu sehr klopffesten Rennkraftstoffen gemischt, die heute aufgrund der toxischen Wirkung auf Menschen und der aggressiven Wirkung auf das Material verboten sind.
Ethanol weist unabhängig von seiner Gewinnung immer die gleichen chemischen Eigenschaften auf, es gibt chemisch keinen Unterschied zwischen fossil oder biogen hergestelltem Ethanol. Weltweit gesehen hat heutzutage fossiler Alkohol keine Bedeutung; von der produzierten Menge biogen erzeugten Ethanols werden etwa 35 % als Neutralalkohol für Getränke und Lebensmittel sowie für weitere technische Zwecke erzeugt und etwa 65 % zur Nutzung als Kraftstoffethanol. In Deutschland ist das Verhältnis etwa hälftig.
Das nur für Kraftstoffzwecke als Zusatzstoff von Benzin in unterschiedlichen Mischungskonzentrationen biogen hergestellte Ethanol wird heutzutage verkürzt als Bioethanol bezeichnet, es ist im Kontext der energetischen Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen bedeutend. Während Bioethanol bisher nur aus Zucker und somit vor allem aus Zuckerrohr sowie stärkehaltigem Getreide gewonnen wurde, wird für neuere Technologien vor allem auf Biomassenutzung zellulosehaltiger Rohstoffe wie Chinaschilf, Rutenhirse und Holz zugegriffen; das Ergebnis ist das Cellulose-Ethanol.
[Bearbeiten] Geschichte
Nikolaus August Otto verwendete bereits in den 1860er Jahren „Spiritus“ (Kartoffelsprit, Äthylalkohol) als klopffesten Kraftstoff (Oktanzahl mind. 104 ROZ) in den Prototypen seines Verbrennungsmotors. Während des Ersten Weltkriegs wurde dieser Kraftstoff als Motoren-Spiritus für hohe Leistungsanforderungen wie Jagdflugzeuge auf Feindflug verwendet.
Der Automobilhersteller Henry Ford konzipierte später sein von 1908 bis 1927 gebautes Ford Modell T ursprünglich auf der Grundlage, dass Agraralkohol der Treibstoff der Zukunft sei, der zugleich der Landwirtschaft neue Wachstumsimpulse bringen würde: „The fuel of the future is going to come from fruit like that sumach out by the road, or from apples, weeds, sawdust – almost anything“.[2] Benzin wurde jedoch aufgrund der Verfügbarkeit und des niedrigen Preises sowie durch den Einfluss der Standard Oil der hauptsächliche Kraftstoff in den USA und in allen von der Standard Oil beeinflussten Ländern. Damit einhergehend wurde der Motor der „Blechliesel“ von Ford auf Benzin umgestellt.
Aufgrund der Versorgungslage bei Benzin gab es in Deutschland mit der 1925 gegründeten Reichskraftsprit (RKS) einen Hersteller von Spiritus (Kartoffelschnaps) zur Verwendung als Ottokraftstoff. Allerdings diente der Einsatz weniger als Mittel zur Erhöhung der Klopffestigkeit, sondern vielmehr zur Unterstützung der anbauenden Landwirtschaft. Die RKS vertrieb ihr Benzin-Gemisch mit einem ca. 25-prozentigen Anteil Spiritus unter dem Markennamen Monopolin. 1930 trat in Deutschland die Bezugsverordnung von Spiritus zu Treibstoffzwecken für alle Treibstofffirmen in Kraft. Jeweils 2,5 Gewichtsprozente der produzierten oder eingeführten Treibstoffmenge waren von der Reichsmonopolverwaltung zu beziehen und dem Benzin beizumischen. Diese Quote erhöhte sich bis Oktober 1932 schrittweise auf 10 %.
In den folgenden Jahrzehnten blieb Erdöl die hauptsächliche Energiequelle. Erst mit den Ölkrisen der 1970er Jahre fand Ethanol als Kraftstoff neues Interesse. Ausgehend von Brasilien und USA wurde die Nutzung von Ethanol aus Zuckerrohr und Getreide (Bioethanol, Biokraftstoff der 1. Generation) als Treibstoff für Autos ebenso wie andere alternative Kraftstoffe auf der Basis Nachwachsender Rohstoffe zunehmend durch Regierungsprogramme unterstützt. Eine globale Ausweitung dieser Bestrebungen entstand infolge des Kyoto-Protokolls. Aufgrund des hohen Einsatzes fossiler Energien zur Produktion dieser Biokraftstoffe wird verstärkt daran gearbeitet, künftig Biokraftstoffe der 2. Generation (Cellulose-Ethanol) mit deutlich positiver Klimabilanz herstellen zu können.