Autapomorphie
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Eine Autapomorphie ist in der Biologie – speziell in der Kladistik – ein abgeleitetes (apomorphes) Merkmal, das eine Gruppe von Lebewesen, ein so genanntes Taxon, gegenüber verwandten Taxa auszeichnet. Abgeleitet bedeutet dabei, dass das Merkmal gegenüber den evolutionären Vorläufern neu ist. Der Begriff steht im Gegensatz zum Begriff Plesiomorphie (ursprüngliches Merkmal). Als Merkmal kommen sowohl anatomische als auch physiologische oder direkte genetische Merkmale wie z. B. DNA-Sequenzen in Betracht. Auch der Verlust eines Merkmals kann als Autapomorphie gewertet werden. Ob ein Merkmal als Autapomorphie anzusehen ist, ist Gegenstand der Evolutionsforschung und biologischen Systematik.
Als Beispiel kann die Familie der Echten Menschen (Hominidae) dienen. Sie umfasst die Gattungen Ardipithecus, Australopithecus, Paranthropus und Homo. Autapomorphien dieser Familie, von der nur noch der moderne Mensch (Homo sapiens) existiert, sind:
- Verlängerung der hinteren Extremitäten und Umgestaltung zu Laufbeinen
- Umgestaltung der hinteren Füße durch Verlängerung der Mittelfußknochen und Verkürzung der Zehen
- Umgestaltung des Beckens mit Ausprägung der Pfanne des Hüftgelenks zur Aufnahme größerer Lasten
- Umbau insbesondere des weiblichen Beckens durch Vergrößerung der Beckenschaufeln und des Geburtskanals
- Umgestaltung der Hände der vorderen Extremitäten zu Greiforganen für Gegenstände (statt zum Klettern) durch Verkürzung der Mittelhandknochen
Diese anatomisch erkennbaren Merkmale hängen mit der Fähigkeit zusammen, über längere Zeit aufrecht zu gehen und zu stehen. Sie lassen sich bei den anderen Vertretern der Überfamilie der Menschenartigen (Hominoidea) nicht finden. Zwar sind auch Gibbons (Hylobatidae) in der Lage, über kürzere Strecken aufrecht zu gehen, sie verfügen aber nicht über die oben aufgeführten anatomischen Merkmalsausprägungen. Auch ältere Fossilien von Affen, die als nahe Verwandte der Vorläufer der echten Menschen in Frage kommen, zeigen diese Merkmale nicht.
Bei der Bewertung von Merkmalen muss bedacht werden, dass durch konvergente Evolution ähnliche (analoge) Organe entstehen können (z. B. Saumflossen bei Kalmaren (Theutida) und Fischen (Pisces) oder das vierkammrige Herz bei Säugetieren (Mammalia) und Vögeln (Aves). Als Autapomorphie eines Taxons kann ein Merkmal dann angesehen werden, wenn es innerhalb des Taxons homolog ist und bei allen Schwestergruppen nicht auftaucht. Die Wahrscheinlichkeit für eine Homologie steigt mit der Komplexität des Merkmals.
So besitzen alle Bärtierchen (Tardigrada) Stilette als kalkhaltige Mundwerkzeuge, der Aufbau ist bei allen Arten dieses Tierstamms sehr ähnlich und sie können als einander homolog angesehen werden. Stilette kommen aber auch bei anderen Tieren wie zum Beispiel Insektenlarven oder Fadenwürmern (Nematoda) vor, allerdings unterscheiden sich diese Stilette sowohl im Feinbau als auch in der Entwicklung. Daher können die speziell gebauten Stilettapparate der Bärtierchen als Autapomorphie gewertet werden.