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Kurt Eisner – Wikipedia

Kurt Eisner

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Kurt Eisner
Kurt Eisner

Kurt Eisner (* 14. Mai 1867 in Berlin; † 21. Februar 1919 in München, ermordet) war ein sozialistischer deutscher Politiker (zunächst als Mitglied der SPD, dann ab 1917 der USPD). Während der wilhelminischen Ära des deutschen Kaiserreichs hatte er sich auch als monarchiekritischer Journalist und Schriftsteller einen Namen gemacht.

Historische Bedeutung erlangte er vor allem als Anführer der Novemberrevolution von 1918 in Bayern. Wenige Wochen nach der Ermordung Eisners durch einen rechtsextremen Attentäter mündete die Revolution in die kurzlebige Münchner Räterepublik.

Eisner war nach dem Ersten Weltkrieg der erste Ministerpräsident des von ihm ausgerufenen „Freistaates“, der bayerischen Republik.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

[Bearbeiten] Entwicklung bis zum Ende des Ersten Weltkrieges

Eisner wurde als Sohn des jüdischen Textilfabrikanten Emanuel Eisner geboren. Seine Kindheit und Jugend verbrachte er in Berlin. Hier besuchte er das Askanische Gymnasium. Nach dem Abitur studierte er in Berlin Philosophie und Germanistik. 1892 heiratete er Elisabeth Hendrich. Aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor.

In den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts arbeitete er an einer Reihe von Zeitungen und Zeitschriften als Journalist mit, unter anderem für die Frankfurter Zeitung. Nicht nur in literarischen Kreisen erregten seine geschliffenen Nietzsche-Kritiken eine hohe Aufmerksamkeit.

Aufgrund von zeitkritischen Betrachtungen in einer Berliner Zeitschrift wurde er – noch als Feuilletonredakteur – in einem Majestätsbeleidigungsprozess zu neun Monaten Gefängnis verurteilt. Nach seiner Entlassung warb die SPD um ihn, obwohl er dem in der Partei zu der Zeit vorherrschenden Marxismus, wenn nicht ablehnend, so doch reserviert gegenüberstand. Eisner leitete seine Ideale eher aus der Philosophie der Aufklärung Immanuel Kants ab. Dennoch war die SPD die Partei, deren politischen Zielen er am nächsten stand. Eisner wurde von Wilhelm Liebknecht, dem Chefredakteur des SPD-Zentralorgans Vorwärts 1898 als Redakteur der Zeitung angeworben, und trat im selben Jahr in die Partei ein. Kurz nach dem Tod Liebknechts schrieb er im Jahr 1900 die erste ausführliche Biographie über Leben und Wirken von Wilhelm Liebknecht.

1905 musste Eisner den „Vorwärts“ aufgrund inhaltlicher Differenzen verlassen und wurde von Georg Davidsohn abgelöst: Unter dem Vorwurf der Anhängerschaft der Revisionismustheorie Eduard Bernsteins, in der der Weg zum Sozialismus über Reformen statt Revolution favorisiert wurde, war er auf heftige Kritik der damals noch vorwiegend marxistisch orientierten Redaktion gestoßen. In dieser Zeit trennte er sich auch von seiner Ehefrau Elisabeth. Die Kinder blieben bei ihr.

Eisner zog nach Nürnberg, und war von 1907 bis 1910 Chefredakteur der sozialdemokratischen Fränkischen Tagespost, bis er erneut – diesmal nach München – umzog. Später, zu Beginn der Novemberrevolution, äußerte sich Eisner zu seinen Beweggründen des Umzugs nach Bayern, dass die Leute dort viel freiheitlicher gesinnt seien, weil ihnen die preußische „Überdisziplin“ fremd sei.

In München zog er mit Else Belli zusammen, die er 1917, nach der endgültigen Scheidung von seiner ersten Frau, heiratete und mit der er zwei Töchter hatte. Ab 1910 arbeitete Eisner bei der Zeitung „Münchner Post“ und publizierte in verschiedenen Zeitschriften als Schriftsteller, Journalist und Theaterrezensent. Durch seine literarische Arbeit verstärkte sich sein Kontakt zum damals breit gefächerten Münchner Künstler- und Intellektuellenmilieu. Eisner öffnete sich zusehends undogmatisch-emanzipatorischen Inhalten und zählte zum Umfeld der antibürgerlichen Schwabinger Bohème. Er blieb bis 1917 weiterhin politischer Mitarbeiter der SPD.

Zu Beginn des Ersten Weltkrieges begrüßte er 1914 zunächst noch die Zustimmung der Reichstagsfraktion seiner Partei zu den ersten Kriegskrediten, entwickelte sich dann allerdings, nachdem deutlich geworden war, dass sich die Fronten in einem Stellungskrieg festgefahren hatten und es immer mehr Todesopfer gab, ab 1915 zu einem radikalen Pazifisten. Mit dieser Einstellung wurde Eisner ein erklärter Gegner der deutschen Kriegspolitik während des weiteren Verlaufs des Krieges. Während er 1914 noch der nationalen Propaganda einer angeblichen Kriegsschuld Russlands glaubte – eine Propaganda, die der traditionell Zarismus-feindlichen Sozialdemokratie entgegen kam – , war er ab Frühjahr 1915 überzeugt davon, dass es Deutschland gewesen sei, das den Weltkrieg vom Zaun gebrochen hatte. Damit stellte er sich gegen die Haltung der Mehrheit der SPD-Fraktion im Reichstag und im bayrischen Landtag (vgl. Burgfriede). Gemeinsam mit anderen Kriegsgegnern – von Clara Zetkin über Albert Einstein bis zu Ludwig Quidde – wurde er Mitglied im Bund Neues Vaterland, in dem sich Pazifisten mit unterschiedlichen politischen Weltanschauungen sammelten. 1917 spaltete sich im Zuge des zunehmenden Widerstands gegen die Burgfriedenspolitik – auch von Mandatsträgern der SPD – deren Antikriegs-Flügel als Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD) von der Mutterpartei ab. Eisner gehörte zu deren führenden Begründern in Bayern. Seit 1917 war er USPD-Vorsitzender in München.

Nachdem er im Januar 1918 den Streik der Münchner Munitionsarbeiter als Teil der reichsweiten Januarstreikwelle, bei der Demokratisierung und ein Verständigungsfriede gefordert wurde, organisiert hatte, wurde Eisner verhaftet und Ende Januar 1918 zu einer Haftstrafe verurteilt, aus der er im Oktober des Jahres - als das Kriegsende mit dem sich abzeichnenden Zusammenbruch der Westfront kurz bevorstand - wieder entlassen wurde.

[Bearbeiten] Novemberrevolution in München, Ministerpräsidentschaft

Im Verlauf der vom Kieler Matrosenaufstand ausgehenden reichsweiten Novemberrevolution zum Ende des Ersten Weltkrieges war Eisner der führende Kopf der revolutionären Umwälzungen in Bayern, die München noch vor der Reichshauptstadt Berlin erreichten. Eisner führte zusammen mit dem Vertreter des revolutionären Flügels des Bayerischen Bauernbundes, Ludwig Gandorfer, im Anschluss an eine Massenkundgebung auf der Theresienwiese am 7. November 1918 einen stetig größer werdenden Demonstrationszug zuerst zu den Garnisonen Münchens und dann ins Stadtzentrum an, ohne auf nennenswerten Widerstand zu treffen. In der Nacht zum 8. November 1918 rief er in der ersten Sitzung der Arbeiter- und Soldatenräte im Mathäser die Republik Bayern als Freistaat aus (sinngemäß „frei von Monarchie“) und erklärte das herrschende Königshaus der Wittelsbacher für abgesetzt. Eisner wurde vom Münchner Arbeiter- und Soldatenrat zum ersten Ministerpräsidenten der neuen bayerischen Republik gewählt und bildete kurz darauf ein Regierungskabinett aus Mitgliedern der SPD und der USPD, in dem er neben seinem Amt des Regierungschefs auch den Posten des Außenministers einnahm. Der entthronte König Ludwig III. floh zuerst an den Chiemsee und dann nach Österreich.

Am 14. November 1918 lud Eisner den von ihm wegen seiner schriftstellerischen und rhetorischen Begabung geschätzten anarchistischen Theoretiker Gustav Landauer nach München ein und bat ihn, „durch rednerische Betätigung an der Umbildung der Seelen mit[zu]arbeiten“. Landauer folgte diesem Ruf. Er wurde nach dem Tod Eisners ab dem 7. April 1919 als Beauftragter für Volksaufklärung einer der tragenden Köpfe der „ersten“ Münchner Räterepublik.

In Eisners etwa 100-tägiger Amtszeit als Ministerpräsident Bayerns blieben grundsätzliche revolutionäre Veränderungen aus, da die Regierung nur ein Provisorium bis zur angesetzten Landtagswahl darstellte und in ihr verschiedene Vorstellungen über die genauen Strukturen des kommenden Staates vertreten wurden. Ein wesentlicher Streitpunkt dabei war die Auseinandersetzung um die Frage der Einführung einer parlamentarischen - oder einer Rätedemokratie. Eisner selbst vertrat eine Zwischenlösung. Er betrachtete die Räte als eine beratende und kontrollierende Instanz gegenüber einem noch zu wählenden Parlament, wollte ihnen jedoch auf Dauer keine legislative oder exekutive Gewalt übertragen. Die Macht der Räte zum Beginn der Revolution verteidigte er als ein Mittel der Erziehung der Bevölkerung zur Demokratie (Zitat Eisner: „Die Revolution ist nicht die Demokratie. Sie schafft erst die Demokratie“).

Die Banken sowie die großen Industrie- und Witschaftsunternehmen blieben unter der Regierung Eisners unangetastet. Deren geplante Sozialisierung wurde aufgeschoben. Die monarchistischen Beamten in der Justiz und staatlichen Verwaltung behielten im Wesentlichen ihre Stellungen und verhielten sich abwartend. Lediglich einige soziale und gesellschaftliche Veränderungen zugunsten der bis dahin eher benachteiligten Bevölkerungsschichten, vor allem der Arbeiter, wurden umgesetzt: so zum Beispiel die Einführung des Achtstundentags, des Frauenwahlrechts oder die Abschaffung der kirchlichen Schulaufsicht. Gleichwohl verprellte Eisner damit die vorherrschende katholische Kirche und das konservative Bürgertum. Kardinal Faulhaber prangerte seine Regierung als die „von Jehovas Zorn“ an.

Außenpolitisch vertrat Eisner zeitweise separatistische Bestrebungen. Er konnte seine Vorstellungen einer Donauföderation zwischen Österreich, Bayern und der neu ausgerufenen tschechoslowakischen Republik ebensowenig durchsetzen wie die Forderung, dass die Weimarer Verfassung erst nach Zustimmung der Länder gültig werden sollte. Beides scheiterte am Widerstand der Reichsregierung.

Um die von den den alliierten Siegern der Ententemächte postulierte Kriegsschuld des deutschen Reiches (und damit seiner preußischen Führung in der Person des Kaisers) zu beweisen und dadurch bessere separate Friedensbedingungen für Bayern zu erreichen, gab er die geheimen Gesandtschaftsberichte der bayerischen Regierung an die Alliierten. Damit machte sich Eisner die führenden Militärs, die ihm sowieso argwöhnisch bis ablehnend gegenüber gestanden hatten, endgültig zum Feind. Auch von vielen reichspatriotisch und nationalistisch gesinnten Bürgern wurde er deswegen als Verräter angesehen, da er in ihren Augen auf diese Weise versucht habe, einen Teil Deutschlands gegen einen anderen auszuspielen. Am 25. November 1918 geriet er deswegen mit der SPD-geführten Reichsregierung unter Friedrich Ebert in Berlin in einen offenen Konflikt.

Auch von der revolutionären Linken um den anarchistischen Schriftsteller Erich Mühsam und die erst Anfang Januar 1919 gegründete Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) unter dem Münchner Vorsitz von Max Levien wurde Druck auf die instabile Regierung aus SPD und USPD ausgeübt. Bei dem Versuch von etwa 4000 Arbeitslosen, am 7. Januar 1919 das Sozialministerium in München zu besetzen, blieben nach dem gewaltsamen Eingreifen der Polizei drei Tote und acht Verwundete zurück. Eisner ließ darauf führende KPD-Mitglieder und Anhänger des Revolutionären Arbeiterrates (RAR) als vermeintliche Hintermänner der Unruhen kurzfristig verhaften, unter ihnen auch Mühsam und Levien, die wenig später auf Druck einer Demonstration wieder frei gelassen wurden. Nach diesen Ereignissen riefen die KPD, Anarchisten und der RAR zum Boykott der anstehenden Landtagswahl auf. Kurt Eisner genoss zwar immer noch Ansehen als Anführer der Revolution, jedoch trat er in den Augen der radikalen Linken zu unentschieden gegen die gemäßigte SPD-Übermacht in der Regierung um seinen Innenminister und politischen Rivalen Erhard Auer auf. In seinen Entscheidungen erschien Eisner ihnen zu schwankend und nicht durchsetzungsfähig genug, um die revolutionären Forderungen wirklich umsetzen zu können. Viele zweifelten auch zunehmend seinen Willen dazu an.

Vor den bayerischen Landtagswahlen am 12. Januar 1919 schätzte Eisner trotz der zunehmenden Kritik an seinen Maßnahmen die politischen Verhältnisse noch so ein, dass er meinte, die große Mehrheit der bayerischen Bevölkerung stünde hinter ihm und der USPD, wobei er sich allerdings insbesondere in der großen Wählerschicht der Landbevölkerung entscheidend irren sollte. Nachdem die USPD bei den Wahlen mit nur 2,5 Prozent der Stimmen eine erdrutschartige Niederlage hatte hinnehmen müssen, sah sich Eisner zum Rücktritt gezwungen.

Die SPD unter dem Vorsitz Erhard Auers kam auf 33 Prozent und die konservative Bayerische Volkspartei (BVP), die zusammen mit rechtsnationalistischen Kreisen eine auf die Person Eisners ausgerichtete antisemitische Diffamierungskampagne gegen die „jüdisch-bolschewistische“ Revolution in der Hauptstadt ausgelöst hatte, auf 35 Prozent.

[Bearbeiten] Ermordung Eisners, unmittelbare politische Folgen, Begräbnis

Am 21. Februar 1919 verließ Eisner die Räume des Bayerischen Ministeriums des Äußeren, in denen er letzte Hand an seine Rücktrittsrede gelegt hatte, die er um 10:00 Uhr im neu konstituierten Bayerischen Landtag verlesen wollte. Er wurde begleitet von seinem Sekretär Felix Fechenbach und Benno Merkle (Mitarbeiter des Bayer. Außenministeriums) sowie zwei Leibwächtern. Fechenbach hatte aufgrund der feindseligen Stimmung gegen Eisner und verschiedener in den vergangenen Tagen bekanntgewordener Morddrohungen Eisner dringend geraten, den Weg durch den rückwärtigen Eingang des Hotels Bayerischer Hof zu wählen, was dieser mit der Bemerkung ausschlug: „Man kann einem Mordanschlag auf die Dauer nicht ausweichen, und man kann mich ja nur einmal totschießen.“ Auf dem Weg durch die Promenadestraße (heute Kardinal-Faulhaber-Straße) wurde Eisner von dem völkisch-nationalistischen Studenten (man kann ihn dem Umfeld der Thule-Gesellschaft zuordnen) und zu dieser Zeit beurlaubten Leutnant im Königlich Bayerischen Infanterie-Leib-Regiment Anton Graf von Arco auf Valley aus unmittelbarer Nähe mit zwei Schüssen in Rücken und Kopf erschossen. Eisner war sofort tot. Graf Arco nannte später unter anderem einen "Geheimnisverrat Eisners an die Alliierten" als Motiv für sein Attentat. Unmittelbar nach dem Mord wurde der Attentäter durch mehrere Schüsse von den beiden Leibwächtern Eisners lebensgefährlich verletzt und festgenommen. Er überlebte durch eine Notoperation des berühmten Chirurgen Ferdinand Sauerbruch.

Der Metzgergeselle Alois Lindner, ein Mitglied des revolutionären Arbeiterrats, erschoss 2 Stunden nach dem Attentat auf Eisner aus Rache von der Zuschauertribüne des Landtags aus zwei konservative Abgeordnete (Major v. Jareiss und Heinrich Osel, beide BVP), da er die Hintermänner des Attentats in deren Kreisen vermutete. Auch der SPD-Vorsitzende Erhard Auer wurde niedergeschossen. Die konstituierende Landtagssitzung wurde nach diesen tumultartigen und unter den Anwesenden Panik auslösenden Ereignissen vertagt. Auer überlebte seine Verletzungen ebenfalls nach einer Notoperation durch Dr. Sauerbruch.

Münchener Kurt-Eisner-Denkmal von 1989 mit dem Umriss des ermordeten Eisner am Tatort des Attentats
Münchener Kurt-Eisner-Denkmal von 1989 mit dem Umriss des ermordeten Eisner am Tatort des Attentats

Aus der Befürchtung heraus, rechtsextreme Kreise könnten einen Putschversuch wagen, wurde von der USPD in München der Generalstreik ausgerufen, bürgerliche Zeitungen wurden verboten und ihre Redaktionen besetzt. Die provisorische Regierungsgewalt übernahm vorübergehend der vom Rätekongress eingesetzte Zentralrat der bayerischen Republik unter dem Vorsitz von Ernst Niekisch (SPD, später USPD), der die politische Handlungsfähigkeit des zunächst führungslos gewordenen Freistaats erhalten sollte.

Am Tatort des Eisner-Attentats, der heute in der umbenannten Kardinal-Faulhaber-Straße liegt, erinnert seit 1989 eine in den Gehsteig eingelassene Reliefplatte an den Mord.

Kurt Eisner wurde unter großer Anteilnahme der Bevölkerung am 26. Februar 1919 auf dem Münchner Ostfriedhof beigesetzt. Seine Urne wurde 1933 durch Anordnung der Nationalsozialisten auf den Neuen Israelitischen Friedhof (am Münchener Nordfriedhof) in ein Gemeinschaftsgrab mit Gustav Landauer umgebettet (dieser war nach der Niederschlagung der Räterepublik am 2. Mai 1919, also etwa zehn Wochen nach Eisner, von Freikorpssoldaten ebenfalls ermordet worden).

[Bearbeiten] Nachgeschichte, Münchner Räterepublik

Nach der Ermordung Eisners verschärften sich die Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern einer pluralistischen Demokratie und denen einer sozialistischen Räterepublik in Bayern. Der Rätekongress und der Landtag sprachen sich gegenseitig eine Legitimation zur Regierungsbildung ab. Gegen die Wahl von Martin Segitz (SPD) zum Ministerpräsidenten durch den Rätekongress am 1. März 1919 wählte der Landtag am 17. März Johannes Hoffmann (SPD) zum Regierungschef des Freistaats. Dessen SPD-dominierte, von der BVP-Fraktion tolerierte Minderheitsregierung in der Koalition mit Bayerischem Bauernbund und vorerst noch der USPD, geriet jedoch in die Defensive und musste nach Bamberg ausweichen.

In der Landeshauptstadt wurde am 7. April 1919 die Münchner Räterepublik ausgerufen, worauf die USPD-Mitglieder aus der Landesregierung austraten. Die Regierung der Räterepublik war zunächst dominiert von anarchistischen und pazifistischen Intellektuellen, unter ihnen Gustav Landauer, Erich Mühsam und dem Nachfolger Eisners im Vorsitz der USPD, Ernst Toller, – danach von Mitgliedern der KPD wie Eugen Leviné, Max Levien oder Rudolf Egelhofer. Auch andere bayerische Städte schlossen sich der Räterepublik an. Nach wenigen Wochen wurde sie von rechtsnationalistischen Freikorps- und Reichswehrverbänden im Dienst der SPD-geführten „Bamberger Landesregierung“ und der ebenfalls SPD-geführten Reichsregierung Anfang Mai 1919 blutig niedergeschlagen. Im Rahmen von Kämpfen nahmen Rotgardisten 10 Geiseln aus der rechtsextremen Thule-Gesellschaft und deren Umfeld gefangen und ermordeten diese später im Luitpold-Gymnasium. Mehr als 2200 – auch vermeintliche – Anhänger der Räterepublik fielen der Rache der Freikorps zum Opfer. Die meisten ihrer Anführer wurden ermordet, von Standgerichten zum Tode oder bei anderen Gerichtsverfahren zu langen Haftstrafen verurteilt.

Nach dem Ende dieser relativ kurzen sozialistischen Periode in der bayerischen Geschichte, die mit Eisners Ministerpräsidentschaft begonnen hatte, entwickelte sich Bayern zu einer konservativ-reaktionären „Ordnungszelle“ innerhalb des deutschen Reichs während der Weimarer Republik. In München begann in den 1920er Jahren, begünstigt durch eine nach der Revolution verbreitete antikommunistische und antisemitische Stimmungslage in der Öffentlichkeit, auch der politische Aufstieg Adolf Hitlers und seiner NSDAP.

Graf Arco, der Attentäter Eisners, wurde des Mordes angeklagt. Da er direkt nach dem Attentat selbst angeschossen und schwer verletzt worden war, begann sein Prozess erst acht Monate nach der Niederschlagung der dem Tod Eisners folgenden Räterepublik in Bayern – und fast ein Jahr nach dem Attentat. Der Richter Georg Neithardt führte die Verhandlung auffallend oberflächlich. Hinweisen auf Verbindungen zu führenden Militärs und zum völkisch-rechtsextremen Geheimbund der Thule-Gesellschaft, einer Keimzelle der späteren NSDAP, wurde nicht weiter nachgegangen. Arco wurde letztlich als Einzeltäter verurteilt. In der Urteilsbegründung hieß es, dass die Tat „nicht niederer Gesinnung“ entsprungen sei, sondern „aus glühender Liebe zum Vaterland“. Trotz dieser im Grunde mit den Motiven des Mörders sympathisierenden Richteraussage wurde gegen Arco vom Gericht am 16. Januar 1920 das Todesurteil ausgesprochen. Die Bayerische Landesregierung begnadigte ihn allerdings bereits am darauffolgenden Tag aufgrund des Richtervotums bezüglich Arcos Motiven zu lebenslanger Festungshaft in der Festung Landsberg am Lech, von wo er im Zuge einer Amnestierungswelle im April 1924 entlassen und im Oktober 1927 endgültig begnadigt wurde.

[Bearbeiten] Werke (Auswahl)

  • Wilhelm Liebknecht: sein Leben und Wirken. Buchhandlung „Vorwärts“, Berlin 1900
  • Der Geheimbund des Zaren. Buchhandlung „Vorwärts“, Berlin 1904
  • Der Zukunftsstaat der Junker. Buchhandlung „Vorwärts“, Berlin 1904
  • Der Sultan des Weltkrieges: ein marokkanisches Sittenbild deutscher Diplomatenpolitik. Dresden, Kaden 1906
  • Die Götterprüfung: eine weltpolitische Posse in fünf Akten und einer Zwischenaktspantomime.
  • Die Götterprüfung. 1920 (UB Bielefeld)
  • Die halbe Macht den Räten: Ausgewählte Aufsätze und Reden. Köln 1969
  • Sozialismus als Aktion: Ausgewählte Aufsätze und Reden. Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1975

[Bearbeiten] Literatur

[Bearbeiten] Weblinks

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