Wunder von Chile
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Das „Wunder von Chile“ ist ein Ausdruck, der vom US-Ökonomen Milton Friedman geprägt wurde, um die ökonomischen Reformen zu beschreiben, die nach dem Putsch in Chile während der Militärdiktatur unter Augusto Pinochet zwischen 1973 und 1983 stattfanden. Das „Wunder von Chile“ sei nicht etwa, dass die ökonomischen Reformen so gut funktioniert hätten, so Friedman. Vielmehr bestehe das Wunder darin, dass die Militärjunta bereit gewesen sei, diese Reformen ausführen zu lassen.[1]
Unter der Leitung der sogenannten Chicago Boys, einer Gruppe von Ökonomen, die an der Universität von Chicago studiert hatten, wurde eine radikale Umgestaltung der chilenischen Wirtschaft vollzogen, die vor allem an die Theorien Friedmans angelehnt war. Durch die Freigabe von Preisen und den weitgehenden Rückzug des Staates aus vielen Wirtschaftsbereichen wurde die chilenische Volkswirtschaft in wesentlichen Feldern dem freien Markt überlassen.
Nach eigener Aussage hat Friedman Pinochet weder unterstützt noch beraten. Allerdings sehen viele in Friedmans Besuch 1975 in Chile bei Pinochet ein wichtiges Signal für die internationale Anerkennung des Regimes. Auch danach hielt Friedman noch Kontakt zu Pinochet und schrieb ihm einen Brief mit Vorschlägen zur Wirtschaftspolitik, ohne dabei Kritik an den Menschenrechtsverletzungen zu üben.[2] Friedman merkte dazu später an, dass er darauf hingewiesen habe, dass freie Märkte am besten bei politischer Freiheit funktionieren würden. Er habe also eine „anti-totalitäre Rede“ gehalten.[3]
Das durchschnittliche Wirtschaftswachstum lag zwischen 1973 und 1980 bei rund 3 Prozent, zwischen 1985 und 1996 bei rund 5 Prozent und somit über dem lateinamerikanischem Durchschnitt. Der Durchschnittslohn sank während der Pinochet-Ära und der Anteil der Bevölkerung unter der Armutsgrenze wuchs von 20 auf 44 Prozent an. „Unter der Demokratie haben wir bessere Resultate geschafft“, meinte dazu der ehemalige Chef-Volkswirt der chilenischen Zentralbank Ricardo Ffrench-Davis.
Nach dem Ende der Ära Pinochet zeichnet sich in Chile eine vorsichtige Wende in der wirtschaftspolitischen Ausrichtung ab. Die Armut bleibt aber als Problem bestehen.[4] Mit einem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf von über $ 12 000 ist Chile derzeit das reichste Land in Südamerika und unter der heutigen Präsidentin Michelle Bachelet lag das Wirtschaftswachstum konstant bei ungefähr 5 Prozent. Anhänger der Wirtschaftspolitik Pinochets machen hierfür die Veränderungen unter Pinochet verantwortlich. Kritiker verweisen hingegen auf die deutlich gestiegenen Staatsausgaben unter der sozialdemokratischen Nachfolgerregierung von Pinochet, wodurch erst die Binnennachfrage gestärkt wurde und es in Folge zur deutlichen Erholung der Wirtschaft nach Pinochet kam.[5]
Einzelnachweise
- ↑ „The real miracle is that a military junta was willing to let them do it. As I said to begin with, the principle of the military is from the top down. The principle of a market is from the bottom up. It's a real miracle that a mititary group was willing to let a bottom-up approach take over.“ The Drug War as a Socialist Enterprise by Milton Friedman
- ↑ http://www.reason.com/news/show/118494.html
- ↑ http://www.pbs.org/wgbh/commandingheights/shared/minitextlo/int_miltonfriedman.html#10
- ↑ http://www.bpb.de/publikationen/TVAJK9,1,0,Armut_in_Lateinamerika_alssoziales_und_politisches_Problem.html
- ↑ http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/volltexte/2004/4800/pdf/Jouannet.pdf