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Straight Edge – Wikipedia

Straight Edge

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Das „X“ auf dem Handrücken – Symbol für Straight Edge
Das „X“ auf dem Handrücken – Symbol für Straight Edge

Straight Edge (abgekürzt SE, SxE oder sXe) bezeichnet eine Gegenkultur/Jugendkultur aus dem Bereich des Hardcore Punk. Straight Edge entstand in den frühen 1980er Jahren in den USA, als eine junge Generation von Punks begann, den selbstzerstörerischen Drogenkonsum abzulehnen, der zu dieser Zeit integraler Bestandteil der Punk-Szene war. Zentral für den Straight-Edge-Gedanken sind der Verzicht auf Alkohol, Tabak und alle weiteren Drogen. Einige Straight Edger verzichten auch auf häufig wechselnde Geschlechtspartner, den Konsum von Koffein oder erweitern Straight Edge um den Vegetarismus oder Veganismus.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Entstehung

Hose mit Straight-Edge-Aufnähern
Hose mit Straight-Edge-Aufnähern

Als sich Ende der 1970er, Anfang der 1980er Jahre im Punk der schnellere, aggressivere Hardcore Punk entwickelte, sahen sich dessen zumeist sehr junge Protagonisten und Anhänger mit Problemen konfrontiert, die aus ihrem jungen Alter resultierten. Zum einen wurden sie von den älteren Punks nicht ernst genommen, zum anderen konnten sie viele Konzerte nicht besuchen, da die Clubs und Bars auf Grund von Alkoholausschank-Bestimmungen keine Minderjährigen einließen. Diese Probleme stellten sich auch der jungen Washingtoner Band The Teen Idles, die sich daher oftmals durch Hintereingänge oder gefälschte Ausweise Zugang zu ihren eigenen Konzerten verschaffen musste. Bei einem Konzert, das sie in Los Angeles spielten, lernten sie eine Alternative kennen: Die Türsteher malten Minderjährigen als Zeichen für den Barkeeper, diesen Personen keinen Alkohol auszuschenken, ein großes „X“ auf den Handrücken. Zurück in Washington erreichte die Band es, dass auch dort Lokale diese Praxis übernahmen und nun All-Ages-Konzerte veranstalteten, also Konzerte, auf denen es keine Altersbeschränkung mehr gab. Das „X“ entwickelte sich so zunächst zu einem Identifikationssymbol junger Punks und hatte noch keine weiteren Implikationen. Auf dem Cover der 1980 erschienenen „Minor Disturbance E.P.“ der Band sind zwei Fäuste mit aufgemalten „X“ abgebildet.

Die Ablehnung der älteren, als arrogant empfundenen Punks drückte sich auch in den offensiver werdenden Texten der Teen Idles aus, die Bassist Ian MacKaye schrieb. Dieser war bekennender Fan des 1970er-Macho-Rockers und Waffensammlers Ted Nugent, mit dem er den drogenfreien Lebensstil teilte. MacKayes Songs trugen Titel wie „I drink milk“ und „Deadhead“ und propagierten ein Leben, das straight, also „nüchtern“, „rein“ war – im Gegensatz zu einer fucked up, also durch Kokain, Heroin und Klebstoff sich selbst zu Grunde richtenden Lebensweise wie die der alten Punks.

Nach der Auflösung der Teen Idles gründeten sich Minor Threat, bei denen MacKaye die Texte nun nicht mehr bloß schrieb, sondern sie auch sang. Mit dieser Band wollte er seine Idee des drogenfreien Lebens noch mehr forcieren, was zur Entstehung des Textes „Straight Edge“ führte, der auf ihrer 1981 erschienenen Debüt-Single enthalten war:

I'm a person just like you
But I've got better things to do
Than sit around and fuck my head
Hang out with the living dead
(Auszug)
Flagge des District of Columbia, Vorbild für das Erkennungszeichen „XXX“
Flagge des District of Columbia, Vorbild für das Erkennungszeichen „XXX“

Dieser Text nahm in kürzester Zeit einen viel größeren Einfluss auf die Hardcore-Szene, als MacKaye sich ausgemalt hatte. Viele Anhänger adaptierten die Idee und malten sich ein „X“ auf die Hände; jetzt, um ihren eigenen drogenfreien Lebensstil auszudrücken. In Washington D.C. entstand auch die Abwandlung „XXX“, die eine Anspielung auf die drei Sterne der Flagge des District of Columbia darstellen.

Auf ihrer zweiten Single veröffentlichten Minor Threat ein Stück, das für noch mehr kontroverse Diskussionen sorgte, sogar in der Band selbst. Der Song hieß „Out of Step“ und begann mit den Zeilen:

(I) Don't drink
(I) Don't smoke
(I) Don't fuck
At least I can fucking think [1]

Minor Threat mussten sich nun gegen die Etikettierung wehren, eine „Monk (dt. Mönch) Rock“-Band zu sein. In unzähligen Interviews wiederholte MacKaye seine Rechtfertigung, er habe nichts gegen Sex, Sex sei eine großartige Sache, er wollte sich lediglich gegen eine Mentalität aussprechen, in der der schnelle Sex wichtiger sei als der Respekt vor der anderen Person.

Auch in anderen Städten fand Straight Edge rasch Anhänger, und es entwickelten sich weitere Straight-Edge-Bands wie 7 Seconds aus Reno und SSD aus Boston. Insbesondere in Boston entwickelte sich mit der Boston Crew um Bands wie SSD, DYS und Negative FX (deren Sänger Jack Kelly später bei Slapshot sang) eine lebendige Straight-Edge-Szene, die die Idee der Drogenabstinenz noch aggressiver vertrat als ihre Genossen in anderen Städten.

In diesen frühen Jahren der Straight-Edge-Bewegung existierten noch keine festen Regeln, die definierten, was diese Bewegung ausmachte. Selbst die Ablehnung von Drogen war eher diffus als dogmatisch – trotz der Militanz, mit der sie zuweilen vertreten wurde. So waren beispielsweise Minor Threat und SSD zwei der wichtigsten frühen Straight-Edge-Bands, obwohl nicht alle Bandmitglieder komplett drogenfrei lebten.[2]

In der Mitte der 1980er Jahre erlebte die Hardcore- und damit auch die Straight-Edge-Szene ihren ersten Niedergang. Viele Bands lösten sich auf. In Washington führten Gewalttätigkeiten auf Konzerten dazu, dass sich MacKaye und seine Freunde zunehmend unwohl auf Konzerten fühlten und mit der von ihnen mitbegründeten Szene brachen, um mit Bands wie Rites Of Spring, Embrace, Gray Matter und anderen eine weniger aggressive Alternative zu schaffen. Bostoner Bands wie SSD und DYS begannen, Hardrock oder Metal zu spielen, und lösten sich wenig später auf.

[Bearbeiten] Die „zweite Welle“

Gorilla Biscuits live im Jahre 2006
Gorilla Biscuits live im Jahre 2006

Nach dem Verschwinden der Bands der „ersten Welle“ gründeten sich neue Bands wie zum Beispiel Youth of Today, Gorilla Biscuits, Unity, Bold, Judge und Project X. Diese „zweite Welle“ brachte insbesondere New York auf die Straight-Edge-Landkarte, da viele der neuen Bands dort beheimatet waren. Straight Edge hatte bei dieser neuen Generation eine festere Definition enthalten. Es wurde nun als lifetime commitment, also eine lebenslange Verpflichtung verstanden. Der Kern bestand aus der Ablehnung jeglicher Drogen, teilweise wurde er unter Berufung auf den Text von „Out of Step“ um einen Verzicht auf Promiskuität oder vorehelichen Geschlechtsverkehr erweitert. Auch der Vegetarismus erhielt nun eine größere Verbreitung, unter anderem durch Youth of Today, die in Liedtexten und Interviews für eine fleischlose Ernährung Werbung machten.

Ihren Höhepunkt erlebte die Szene im Jahre 1988, als sie aus einer besonders großen Zahl an Bands, Fanzines und Konzerten bestand.

[Bearbeiten] Differenzierungen

Gegen Ende der 1980er und zu Anfang der 1990er Jahre hin erlebte die Straight-Edge-Szene größere Differenzierungen. So entstand um das Label Equal Vision und die Bands Shelter und 108 der so genannte „Krishna-Core“, der die Ideale von Straight Edge mit den religiösen Grundlagen der Krishna-Religion zu vereinen suchte und zu Beginn der 1990er Jahre viele Anhänger in der Hardcore-Szene fand. Wenige Jahre später verschwand er jedoch wieder in der Bedeutungslosigkeit.

Eine weitere Abspaltung stellt die „Hardline“-Bewegung dar, die 1990 von Sean Muttaqi ins Leben gerufen wurde. Hardline sollte eine ganzheitliche Philosophie sein, die in einem biozentristischen Weltbild militanten Veganismus, Abtreibungsgegnerschaft, Schwulenfeindlichkeit und Drogenfeindschaft verband, und die wegen dieser Ansichten von großen Teilen der Straight-Edge- und Hardcore-Szene abgelehnt wurde. Ihr Sprachrohr war das Vanguard-Fanzine, das von Muttaqi herausgegeben wurde, sowie Bands wie Raid, Muttaqis Band Vegan Reich und andere. Insbesondere in den USA und in Großbritannien fand Hardline eine größere Zahl von Anhängern. Gegen Ende der 1990er Jahre löste der inzwischen zum Islam konvertierte Muttaqi Hardline offiziell auf und gründete die radikal-islamistische Splittergruppe Ahl-i Allah (The People Of Allah), der sich einige ehemalige Hardliner anschlossen. Inzwischen ist auch Hardline bedeutungslos, obwohl es weiterhin eine (allerdings geringe) Zahl von Sympathisanten gibt. Diese hängen, Muttaqis Beispiel folgend, zum Großteil dem Islamismus an.[3]

[Bearbeiten] Aktuelle Szenebands

Siehe auch: Kategorie:Straight-Edge-Band.

[Bearbeiten] Filme zum Thema

[Bearbeiten] Literatur

  • Mark Andersen, Mark Jenkins: Dance of Days. Two Decades of Punk in the Nation's Capital. New York 2003. ISBN 1-888451-44-0
  • Steven Blush: American Hardcore. A Tribal History. Los Angeles 2001. ISBN 0-922915-71-7
  • Beth Lahickey: All Ages. Reflections on Straight Edge. Huntington Beach 1995. ISBN 1-889703-00-1
  • Chris Wrenn (Hrsg.): Schism. New York Hardcore Fanzine. Boston 2005. ISBN 0-9765966-0-1

[Bearbeiten] Weblinks

[Bearbeiten] Fußnoten

  1. Das "I" zu Beginn der Strophen wurde erst zur Wiederveröffentlichung des Liedes auf dem Album Out of Step (1983) hinzugefügt, nachdem es eine hitzige Diskussion zwischen MacKaye und dem Schlagzeuger der Band, Jeff Nelson, gegeben hatte. Außerdem gab es nun in der Mitte des Liedes einen Spoken-Word-Teil, in dem MacKaye seine Intention bezüglich des Liedtextes erläuterte. Vgl. Mark Andersen, Mark Jenkins: Dance of Days, S. 134.
  2. Zu Minor Threat siehe: Mark Andersen, Mark Jenkins: Dance of Days, S. 96.
    Zu SSD siehe: Interview mit Al Barille in: Schism Fanzine 8 (1988), ohne Seitenzahl. Nachgedruckt in: Chris Wrenn: Schism.
  3. Siehe „The Kids will have their Jihad?!“, in: CEE IEH #113, September 2004.


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