Neckarprivileg
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Das Neckarprivileg des Ludwig des Bayern, ausgestellt am 27. August 1333 in Esslingen, berechtigte die Stadt Heilbronn dazu, den Lauf des Neckars zu beeinflussen und nutzbar zu machen. Durch eine Umleitung des Flusses und Stauwehre sollte daraufhin die Durchfahrt zum Oberarm des Flusses nach Stuttgart bis ins 19. Jahrhundert versperrt bleiben.
Ursprünglich floss der Neckar-Hauptstrom weiter westlich bei Böckingen, die Stadt Heilbronn lag lediglich an einem Nebenarm. Bei einem Hochwasser im Jahr 1333 kam es zum Durchbruch des Hauptstroms längs der Stadt und zu anschließenden Streitigkeiten zwischen dem Deutschen Orden, dessen Wiesen ein Raub der Fluten wurden, und dem Magistrat der Stadt. Der herbeigerufene Ludwig der Bayer urteilte am 27. August 1333 in Esslingen zwischen der Stadt Heilbronn und dem Komtur und Konvent des Deutschen Hauses, dass erstere den Neckar nach Belieben wenden und kehren möge, den Deutschherrn für den Schaden an ihrem Wehr das frei werdende Bett und unter Umständen nach Schätzung von vier von beiden Parteien gestellten Schiedsmännern noch besonderen Ersatz geben, ihr Fischereirecht lassen und wenn der Widerschall von den Stauwehren ihrer Mühle schade, eine andere Mühlstatt am Neckar nach Anweisung des Kaisers in derselben Nähe und Ferne geben solle.[1]
Durch den Bau von Stauwehren vor der Stadt Heilbronn bildete sich der Fluss zum schützenden Wassergraben. Die angestaute Wasserkraft trieb alsbald unzählige städtische Mühlen an. Die Mühle des Deutschordens dagegen, die sich am ursprünglichen, später verlandeten Hauptarm befand, scheint alsbald aufgegeben worden zu sein, ohne dass die Stadt - wie im Schiedsspruch des Kaisers vorgesehen - eine Mühle für den Orden als Ersatz errichten musste.
Auf einem Plan von 1554 im Staatsarchiv Stuttgart sind bereits neun Mühlen verzeichnet und durch den kontinuierlichen Ausbau von Neckarinseln und Kanälen wurden es laufend mehr. Die Industrialisierung in Heilbronn ging später von den Heilbronner Papiermühlen aus.
Die Stauwehre versperrten den Neckar regelrecht, so dass Heilbronn zum Endpunkt des schiffbaren Neckars wurde. Im Mittelalter konnten lediglich Flöße durch eine eigens geschaffene Floßgasse den Neckar bei Heilbronn passieren, alle anderen Waren mussten in Heilbronn umgeschlagen werden, wodurch die Reichsstadt zu einem bedeutenden Handelsplatz wurde, hatte die Stadt doch das Stapelrecht für die zu Wasser antransportierten Waren. Erst der Bau des Wilhelmskanals in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts machte den Neckar für Schiffe und Boote wieder durchgängig schiffbar.
Um von Westen in die seit 1333 vom Neckar begrenzte Stadt Heilbronn zu gelangen, wurde eine Neckarbrücke errichtet, die 1471 als steinerne Brücke ausgeführt wurde. Diese bestand bis zu ihrer Zerstörung durch Eisgang 1691, wurde danach provisorisch von zunächst zwei, später einen hölzernen Brücke ersetzt. 1867 wurde wieder eine steinerne Neckarbrücke errichtet. Das Nachfolgebauwerk verbindet heute Kaiser- und Bahnhofstraße.
Der alte Arm des Neckars, „Altach“ genannt, wurde von der hölzernen „äußeren Brücke“ überquert. Die Altach verlandete im Lauf der Zeit vollständig. Um 1770 wurde die „äußere Brücke“ auf dem Weg nach Böckingen nicht mehr benötigt und abgetragen. Das letzte Relikt des Neckar-Altarms war der im Jahr 1948 vollends zugeschüttete Böckinger See.
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ Knupfer, Eugen: Urkundenbuch der Stadt Heilbronn in württemberg. Quellen herausgegeben von der württembergischen Kommission für Landesgeschichte, Kohlhammer Verlag, Stuttgart, 1904. Band 1, Seite 62, Nr. 135
[Bearbeiten] Literatur
- Willi Zimmermann: Heilbronn – der Neckar: Schicksalsfluß der Stadt. Verlag Heilbronner Stimme, Heilbronn 1985 (Reihe über Heilbronn, 10), ISBN 3-921923-02-6