Naturfreunde
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Die Naturfreunde sind eine international tätige Umwelt-, Kultur-, Freizeit- und Touristikorganisation. Die Wurzeln der Naturfreunde liegen in der Arbeiterbewegung im späten 19. Jahrhundert. Sie verstehen sich als „Verband für Umweltschutz, sanften Tourismus, Sport und Kultur“. In ihrer Satzung bekennen sie sich zum demokratischen Sozialismus und sind somit abzugrenzen gegenüber überwiegend bürgerlichen Gebirgs- und Wandervereinen oder den kurze Zeit später entstandenen jugendlichen Wandervögeln. Bekannt sind sie vor allem durch ihr Netz von Naturfreundehäusern: preisgünstigen, naturnah gelegenen Übernachtungsstätten für Einzel- und Gruppenwanderer. Naturfreunde-Organisationen bestehen heute in Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Niederlande, Italien, Luxemburg, Mexiko, Österreich, Polen, Rumänien, Russland, Schweden, Schweiz, Senegal, Tschechien, Slowakei, Ungarn und den USA.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Geschichte
Die Naturfreunde wurden im September 1895 von dem sozialistischen Lehrer Georg Schmiedl in Wien ins Leben gerufen. Die Idee entstand bei einer Wanderung Gleichgesinnter am Anninger im Wienerwald. Von Österreich aus wurde 1905 die Naturfreunde-Internationale gegründet. 1933 hatten die Naturfreunde rund 200.000 Mitglieder in 22 Ländern. Während der nationalsozialistischen Herrschaft war die Organisation in Deutschland verboten, die Mitglieder wurden verfolgt, die Naturfreundehäuser beschlagnahmt. Heutzutage zählen die Naturfreunde unter dem Dachverband Naturfreunde Internationale (NFI), 500.000 Mitglieder in 21 Ländern, darunter fast 100.000 in Deutschland. Die Jugendorganisationen sind in den International Young Naturefriends (IYNF) organisiert.
Der Verband setzt sich seit seiner Gründung für gerechte Arbeits- und Lebensbedingungen – gegen die Ausbeutung von Mensch und Natur ein. Auf dem internationalen Naturfreunde-Kongress 1972 in Genf heißt es in den Leitsätzen zum Umweltschutz: „Alle ökonomischen Maßnahmen sind ökologischen Notwendigkeiten unterzuordnen.“ Die Naturfreunde hatten früh erkannt, dass das Ökosystem des Planeten aus dem „natürlichen Gleichgewicht“ zu geraten drohe. Diese rot-grünen Ur-Ideen tauchten zum Beispiel im UN-Leitbild der nachhaltigen Entwicklung wieder auf.
Das Signet der Naturfreunde ist ein Handschlag samt drei Alpenrosen. Entworfen von Karl Renner, dem späteren Staatskanzler und Bundespräsidenten Österreichs.
[Bearbeiten] NaturFreunde Deutschland
Die NaturFreunde Deutschlands (NFD) e.V. nennen sich heute im Untertitel „Verband für Nachhaltigkeit“ und engagieren sich als Nichtregierungsorganisation schwerpunktmäßig für eine Umwelt- und Klimaschutzpolitik, die soziale und ökologische Fragen verknüpft. Sie waren eine der Gründungsorganisationen der Ostermarschbewegung. Vorsitzender ist Michael Müller.
Die Naturfreundejugend Deutschlands ist die Jugendorganisation des Vereines. Die Landesverbände sind in ihrer Arbeit recht unterschiedlich. Die Naturfreundejugend Berlin zum Beispiel arbeitet zu den Themen Antirassismus, Geschlechterverhältnis und Antimilitarismus. Auf Bundesebene sind die Themen Politische Partizipation von Kindern und Jugendlichen, (interkulturelle) nachhaltige Kinder- und Jugendreisen aktuell. Das Mitgliedsbuch der Naturfreunde in Deutschland ist zweisprachig: Deutsch und Esperanto.
[Bearbeiten] Naturfreunde Österreich
Die Naturfreunde Österreich, auch „Touristenverein die Naturfreunde“ (TVN) wurde 1895 in Wien als Arbeiterorganisation zur Pflege des Wanderns und der Touristik gegründet. Von Österreich aus wurde 1905 die Naturfreunde-Internationale gegründet, deren 1. Sekretär der Österreicher Leopold Happisch wurde. 1934 wurden die Naturfreunde in Österreich verboten, nach Kriegsende 1945 wiedergegründet. Die Naturfreunde Österreich verstehen sich heute sowohl als Freizeit- als auch Umweltorganisiation. Es gibt 9 Landes- und 460 Ortsgruppen.
[Bearbeiten] Naturfreunde Schweiz
1905 wurden in Zürich, Luzern, Bern und Davos die ersten Naturfreunde-Ortsgruppen der Schweiz durch Arbeiter und Handwerker gegründet. Heute setzen sich die Naturfreunde Schweiz aus rund 170 Ortsgruppen (Sektionen) zusammen.
[Bearbeiten] Bedeutende Mitglieder der Naturfreunde
(in alphabetischer Reihenfolge)
- Willy Brandt (deutscher Politiker, †)
- Johann Georg Elser (deutscher Widerstandskämpfer, †)
- Heinz Fischer (österreichischer Bundespräsident)
- Karl Frais (österreichischer Politiker)
- Viktor Frankl (Neurologe und Psychiater, †)
- Peter Gingold (kommunistischer Widerstandskämpfer, †)
- Achim Großmann (deutscher Politiker)
- Otto Grotewohl (deutscher Politiker, †)
- Winfried Hermann (deutscher Politiker)
- Bruno Kreisky (österreichischer Politiker, †)
- Paul Löbe (deutscher Politiker, †)
- Michael Müller (deutscher Politiker)
- Karl Renner (österreichischer Politiker, †)
- Ernst Reuter (deutscher Politiker, †)
- Hermann Scheer (deutscher Politiker)
- Ulla Schmidt (deutsche Politikerin)
- Martin Schulz (deutscher Politiker)
- Ulrike Sima (österreichische Politikerin)
- Lore Wolf (deutsche Journalistin, †)
[Bearbeiten] Literatur (Auswahl zeitlich geordnet)
- Kersten, Oliver: Die Naturfreundebewegung in der Region Berlin-Brandenburg 1908-1989/90. Kontinuitäten und Brüche. (Zugleich Dissertation FU Berlin 2004). Berlin 2007. ISBN 978-3-925311-31-4
- Lampasiak, Bruno Klaus/Gruber, Leo/Pils, Manfred: Berg frei – Mensch frei – Welt frei! Eine Chronik der internationalen Naturfreundebewegung von den Anfängen der Arbeiterbewegung bis zum Zeitalter der Globalisierung (1895-2005). (Hrsg. v.d. Naturfreunde Internationale. o.O. (2005).
- Gunnar Wendt: Proletarischer Naturschutz in der Weimarer Republik. Der Touristenverein „Die Naturfreunde“ im Rheinland. In: Geschichte im Westen, 19.Jg. 2004, H. 1, S. 42-65.
- Günther, Dagmar: Wandern und Sozialismus. Zur Geschichte des Touristenvereins „Die Naturfreunde“ im Kaiserreich und in der Weimarer Republik. Hamburg 2003 (=Studien zur Geschichtsforschung der Neuzeit Bd. 30).
- Lorenz, Klaus-Peter (Hrsg.): Politische Landschaft - die andere Sicht auf die natürliche Ordnung. Duisburg 2002.
- Hobusch, Erich: Der Arbeiter-Wanderbund Die Naturfreunde (A.W.B.) (1909-1929). In: Klaus-Peter Lorenz (Hrsg.): Politische Landschaft - die andere Sicht auf die natürliche Ordnung. Duisburg 2002, S. 9-29.
- Kersten, Oliver: Charlotte Eisenblätter (1903-1944) - biographische Skizze einer „Hochverräterin“. In: BzG, 43. Jg., 2001, H. 1, S. 45-54.
- Schindler, Joachim: „Rote Bergsteiger“ – Wahrheiten und Legenden. In: Aus der sächsischen Bergsteigergeschichte, 2001, H. 7, S. 10-21.
- Kersten, Oliver: „Brandenburg ist in unserer Bewegung das Pulverfaß...“. Die kommunistische Fraktionsbildung im Touristenverein „Die Naturfreunde“ in der Region Berlin-Brandenburg zur Zeit der Weimarer Republik. In: IWK, 36. Jg., 2000, H. 4, S. 499-517.
- Sandner, Günther: Die Natur und ihr Gegenteil. Politische Diskurse der sozialdemokratischen Kulturbewegung bis 1933/34. Frankfurt a.M./Berlin/Bern/New York/Paris/Wien 1999 (Europäische Hochschulschriften, Reihe 3: Geschichte und ihre Hilfswissenschaften Bd. 827).
- Kersten, Oliver: Ausgeschlossene Naturfreunde auf dem Weg zum „größten roten Arbeitersportverein der Welt“. Quellen aus der Zeitschrift „Fahrtgenoß“ der ausgeschlossenen Gruppen des Gaues Brandenburg aus dem Jahre 1926. In: Grüner Weg 31 a, 13. Jg., Juni 1999, S. 22-29.
- Brinkschmidt, Christian: Das Naturverständnis der Arbeiterbewegung am Beispiel der Naturfreundebewegung. (Diss. Johann-Wolfgang-Goethe-Univ. Frankfurt a.M. [Fb Gesellschaftswiss.] 1998).
- Bagger, Adolf: Adolf Lau - ein bewegtes Naturfreunde-Leben. In: Grüner Weg 31 a, 11. Jg., September 1997, S. 40-53.
- Schindler, Joachim: Naturfreunde auf dem Weg zur Sektion Touristik. Versuch einer Dokumentation. In: Grüner Weg 31 a, 10. Jg., Januar 1996, S. 79-108.
- Bagger, Wolfgang: Die fraktionelle Spaltung des Touristen-Vereins „Die Naturfreunde“ im Gau Brandenburg und in Berlin 1924/1925. In: Grüner Weg 31 a, 10. Jg., Januar 1996, S. 3-15.
- Bagger, Wolfgang: Vom Weiterleben der Naturfreundeidee - Das Beispiel Bockwitz. In: Grüner Weg 31 a, 10. Jg., Januar 1996, S. 47-52.
- Pils, Manfred: „Berg frei!“ 100 Jahre Naturfreunde. Wien 1994.
- Ulrich, Axel: Die hessischen Naturfreunde in der NS-Zeit: Zwischen Anpassung, Verfolgung und Widerstand. In: Informationen - Studienkreis: Deutscher Widerstand, 19. Jg., 1994, Nr. 39, S. 4-13.
- Zimmer, Jochen: Kleine internationale Chronik der Naturfreundejugend seit 1943. (Hrsg. v. Archiv der Arbeiterjugendbewegung). Oer-Erkenschwick 1993 (=Archivhilfe 6).
- Rossow, Silke: Das Freizeitverhalten Rostocker Arbeiterfamilien in den 20er Jahren: Die Naturfreundebewegung. In: Arbeiter und Massenkultur. Berlin 1992 (=Mitteilungen aus der kulturwissenschaftlichen Forschung H. 30), S. 177-181.
- Denecke, Viola: Der Touristenverein „Die Naturfreunde“. In: Franz Walter /Viola Denecke/Cornelia Regin: Sozialistische Gesundheits- und Lebensreformverbände. Solidargemeinschaft und Milieu: Sozialistische Kultur- und Freizeitorganisationen in der Weimarer Republik Bd. 2. (I.A. d. Historischen Kommission zu Berlin hrsg. u. eingel. v. Peter Lösche). Bonn 1991 (=Forschungsinstitut der Friedrich-Ebert-Stiftung; Reihe: Politik- und Gesellschaftsgeschichte Bd. 24), S. 241-291.
- Erdmann, Wulf/Zimmer, Jochen (Hrsg.): Hundert Jahre Kampf um die freie Natur. Illustrierte Geschichte der Naturfreunde. Essen 1991.
- Wenzel, Hartmut: Widerstandsmythen und Anpassungsrealität: Das Beispiel der Naturfreundejugend. In: Wilfried Breyvogel (Hrsg.): Piraten, Swings und Junge Garde. Jugendwiderstand im Nationalsozialismus. Bonn 1991, S. 36-56.
- Vogt, Kersten: „Die Grünen Roten“ in Hamburg. In: Arne Andersen (Hrsg.): Umweltgeschichte - Das Beispiel Hamburg. Hamburg 1990, S. 113-133.
- Zimmer, Jochen: Der Touristenverein „Die Naturfreunde.“ In: Hans Joachim Teichler/Gerhard Hauk (Hrsg.): Illustrierte Geschichte des Arbeitersports. Berlin (West)/Bonn 1987, S. 182-192.
- Hoffmann, Heinz/Zimmer, Jochen (Hrsg.): Wir sind die grüne Garde. Geschichte der Naturfreundejugend. Essen 1986 (=Schriftenreihe des Archivs der Arbeiterjugendbewegung Bd. 11).
- Wunderer, Hartmann: Naturfreundebewegung. In: Wolfgang Ruppert (Hrsg.): Die Arbeiter. Lebensformen, Alltag und Kultur von der Frühindustrialisierung bis zum „Wirtschaftswunder“. München 1986, S. 340-344.
- Bensel, Udo: Soziale Bewegungen im Spannungsfeld zwischen Industriearbeit und Naturbedürfnis dargestellt am Beispiel des Touristenvereins „Die Naturfreunde.“ (Diss. TU Berlin [Fb Landschaftsentwicklung] 1985).
- Erdmann, Wulf/Lorenz, Klaus-Peter: Die grüne Lust der roten Touristen. Das fotografierte Leben des Arbeiters und Naturfreundes Paul Schminke (1888-1966). Hamburg 1985.
- Zimmer, Jochen (Hrsg.): Mit uns zieht die neue Zeit. Die Naturfreunde. Zur Geschichte eines alternativen Verbandes in der Arbeiterkulturbewegung. Köln 1984.
- Zimmer, Jochen: Vom Walzen zum Sozialen Wandern - Fragen an die eigensinnigen sozialen Praxen des genossenschaftlichen Arbeitertourismus. In: Albrecht Lehmann (Hrsg.): Studien zur Arbeiterkultur. Beiträge der 2. Arbeitstagung der Kommission „Arbeiterkultur“ in der Deutschen Gesellschaft für Volkskunde in Hamburg vom 8. bis 12. Mai 1983. Münster 1984 (=Beiträge zur Volkskultur in Nordwestdeutschland H. 44), S. 141-173.
- Wunderer, Hartmann: Der Touristenverein „Die Naturfreunde“ - Eine sozialdemokratische Arbeiterkulturorganisation (1895-1933). In: IWK, 13. Jg., 1977, H. 4, S. 506-520.
- Heinemann, Dieter: „Die Naturfreunde“ - eine proletarische Kulturorganisation. In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg; Gesellschafts- und Sprachwissenschaftliche Reihe, Bd. 28, 1977, H. 2, S. 91-103.
- Hahn, Kurt: Die Entwicklung der Naturfreundejugend 1945-1952. Von der Tromm zum Priwall. In: Wir sind jung, 1954, H. 1, S. 4-9.
[Bearbeiten] Quellen (Auswahl zeitlich geordnet)
- Birkert, Emil: Am Rande des Zeitgeschehens. Stuttgart 1983.
- Birkert, Emil: Von der Idee zur Tat. Aus der Geschichte der Naturfreundebewegung. Heilbronn 1970.
- Coblenz, Heinrich: Geschichte der badischen Naturfreunde. (Hrsg. v. d. Landesgruppe Baden des Touristenvereins „Die Naturfreunde“). Karlsruhe 1947.