Lehmziegel
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Ein Lehmziegel oder Lehmstein ist ein ungebrannter künstlicher Stein oder Ziegel aus Lehm, der im Lehmbau benutzt wird. Eine Variation des reinen Lehmziegels ist wegen seines geringeren Gewichtes und der höheren Stabilität der luftgetrocknete Ziegel aus Lehm mit Füllstoffen wie Sand, Stroh oder Tierkot (Kamel, Rind).
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[Bearbeiten] Geschichte der Lehmziegel
Die Verwendung von luftgetrockneten Lehmziegeln ist schon lange eine wichtige Kulturtechnik des Menschen. Die Herstellungsmethoden sind Jahrtausende alt. Es ist nicht bekannt, ob die Erfindung des Lehmziegels auf einen einzigen Ursprung zurückgeht, oder ob sie an vielen Orten zu verschiedenen Zeiten geschah.
[Bearbeiten] Ägypten und Sumer
Die älteste bekannte Verwendung von luftgetrockneten Ziegeln geht auf die Sumerer in Mesopotamien – dem Zweistromland – und das alte Ägypten zurück. Neben gebrannten Ziegeln waren Luftziegel in Mesopotamien ein wichtiger Baustoff, in Ägypten sogar der wichtigste Baustoff für Häuser. In den ersten Dynastien wurden Luftziegel auch für Monumentalbauten verwendet, später allerdings kamen zu diesem Zweck Natursteine wie Sandstein, Granit oder Kalkstein zum Einsatz.
Im Zweistromland stellten die Sumerer die Ziegel „klassisch“ aus Lehm und Sand her, allerdings in plankonvexer, also einseitig nach außen gewölbter Form. Beispiele für diese Bauweise sind die Zikkurats, Babylons Stadtmauer, und viele weitere Bauwerke Sumers. Am Nil fand die natürliche Mischung aus „Nilschlamm“ Verwendung, die nach der jährlichen Nilflut zurückblieb. Aus diesem Grund werden die ägyptischen Luft- oder Lehmziegel (engl. air or clay brick) auch als Nilschlammziegel bezeichnet (engl. Nile mud brick). Hier wurde oft mehrere Tage in Wasser eingeweichtes Stroh dem Schlamm untergemischt. Die im Stroh enthaltene Cellulose festigt die daraus geformten Ziegel, und macht sie gegen Druck extrem stabil. Diese Erfindung wird dem berühmten Universalgelehrten und Baumeister Imhotep zugeschrieben. Er suchte lange nach einer festen und sicheren Ziegelvariante, um Tempel und andere Bauten daraus fertigen zu lassen.
[Bearbeiten] Mittel- und Südamerika
Als Baumaterial wurde in Mittel- und Südamerika der Luftziegel bereits vor 2.000 Jahren von den Einwohnern der Andenregion, in Mexiko und im Südwesten der USA im eingesetzt. Aus dieser Region stammt das manchmal alternativ für diese Luftziegel verwendete Wort „Adobe“ (abgeleitet vom spanischen Verb adobar = vergipsen). Die Grundmasse für die Luftziegel diente nicht nur als Baustoff, sondern auch als Rohstoff für Tonwaren und zur Herstellung von Formen zum Gießen von Schmuckstücken. Heute werden Lehmluftziegel im Nahen Osten, in Nordafrika und in Spanien zum Häuserbau genutzt, ebenso in Rumänien. Auch im amerikanischen Bundesstaat New Mexico wird der Luftziegel heute noch verwendet.
[Bearbeiten] Europa, Kleinasien und Afrika
Nach Europa wurde das Geheimnis der Herstellung im 16. Jahrhundert von Spaniern aus Peru und Mexiko gebracht. Der größte bestehende Lehmziegel-Bau war die Zitadelle der Stadt Bam im Südosten Irans, die durch ein Erdbeben am 26. Dezember 2003 zu 80 % zerstört wurde. Ein weiterer Großbau aus Lehmziegeln ist die Große Moschee von Djenné in Mali.
[Bearbeiten] Herstellung
Zur Herstellung aller Luftziegel wird Lehm verwendet, dem – je nach Kultur und Methode – ein Anteil Sand oder andere Füllstoffe beigemischt werden. Verschiedene Zuschlagsstoffe werden bei einigen der Herstellungsarten auch miteinander gemischt. Ausschlaggebend ist die Menge des Zuschlags: zu viel Sand zum Beispiel lässt den Ziegel zerfallen, zu viel Lehm ihn brüchig werden. Auch die Zugabe von trockenem Stroh – oder eingeweichtem wie in Ägypten – muss wohl bemessen sein, damit der Ziegel seine rechte Festigkeit erhält. Bei der Fertigstellung wird die sorgfältig durchgeknetete, zähflüssige Lehmmischung in eine rechteckige Holzform oder andere Spezialformen etwa für Gefäße eingebracht. Sobald die Masse sich festigt, wird der Rahmen oder die Spezialform entfernt. Das Produkt – Ziegel oder Gebrauchsgegenstand – wird im Schatten luftgetrocknet, da direkte Sonnenbestrahlung Risse durch zu schnelle Wasserverdunstung verursacht, was hoch zu belastende Ziegel unbrauchbar macht und kleinere Gegenstände brüchig werden lässt. In Lateinamerika und Mesopotamien werden heute wie früher die Rohlinge auch direkter Sonnenstrahlung zum Trocknen ausgesetzt.
[Bearbeiten] Eigenschaften
Lehmziegel sind gegen Feuchtigkeit sehr empfindlich, bieten aber in trockenen, heißen Klimagebieten wie zum Beispiel in Ägypten, Iran oder Bolivien trotz der mangelnden Wärmeisolierung entscheidende Vorteile gegenüber herkömmlichen Baumaterialien, insbesondere die Wärmespeicherung. Während des Tages heizen sich die Ziegel unter Einwirkung der Sonneneinstrahlung auf und geben die gespeicherte Wärme nachts langsam an die Umgebung ab. Dadurch bleibt es in einem aus Lehmziegeln errichteten Gebäude tagsüber kühl und nachtsüber warm. Solche Bauten werden auf der Sonnenseite mit einer dickeren Wand versehen, weil dadurch mehr Energie gespeichert wird. Zur Verstärkung der Wirkung wird in manchen Fällen zusätzlich Glas verwendet, um die Wärmewirkung zu erhöhen.
[Bearbeiten] Wiederverwendung antiken Baumaterials
Lehmziegel können vollständig wiederverwertet werden. Mörtel und Putzreste lassen sich meist sehr einfach von den Steinen trennen. Alle ganzen und halben Steine können dann wieder zum Mauern verwendet werden. Kleinere Brocken können mit Wasser eingeweicht (eingeschlämmt) und zu Mörtel, Putz oder neuen Lehmsteinen verarbeitet werden.
[Bearbeiten] Lehmstein
Den Lehmstein definierte bis 1971 die DIN 18951 als Oberbegriff für Lehmquader, Lehmbatzen oder Grünlinge.
Lehmquader werden aus erdfeuchtem, magerem (silkatarmen) Lehm hergestellt. Der Lehm wird in Formen (nach DIN) mit den Abmessungen 12x25x38 cm gestampft und dann luftgetrocknet. Auf Grund ihres hohen Gewichtes von etwa 20 Kilo sind sie schwer zu vermauern.
Lehmbatzen werden aus einer feuchten, mittelfetten Lehmmischung hergestellt der faserige Zuschlagstoffe beigefügt werden. Dabei wird ein „Batzen“ Lehm in die Holzform eingeworfen.
Grünlinge werden aus fettem, das ist „blauer“ also stark tonhaltiger, Lehm industriell hergestellt.[1]
[Bearbeiten] Einzelnachweise
- ↑ Minke 1994
[Bearbeiten] Literatur
- Gernot Minke: Lehmbau Handbuch., ökobuch Verlag, 1. Aufl. 1994, ISBN 3-922964-56-7
- Albert Neuburger: Die Technik des Altertums. Reprint der Originalausgabe von 1919, Reprint-Verlag Leipzig, ISBN 3-8262-1400-5
- Georges Posener: Knaurs Lexikon der ägyptischen Kultur. Droemer Knaur, 1978, ISBN 3426075741