Friedrich Gottlob Nagelmann
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Friedrich Gottlob Nagelmann (* 3. September 1889, † 28. Februar 1994) ist ein fiktiver deutscher Verfassungsjurist, der seit Jahrzehnten in vielen rechtswissenschaftlichen Publikationen Erwähnung findet und Gegenstand satirischer Abhandlungen ist. Der ursprüngliche Erfinder Nagelmanns ist unbekannt; es scheint aber eine Verbindung zu anderen akademisch-politischen Witzfiguren wie dem fiktiven Bundestagsabgeordneten Jakob M. Mierscheid, dem fiktiven Psychologen Ernst August Dölle und dem ebenso frei erfundenen Diplomaten Edmund F. Dräcker zu bestehen.
Die Figur des F. G. Nagelmann ist einer der bekanntesten deutschen wissenschaftlichen Witze. So führt das „Who is who“ der deutschen Staatsrechtslehre Nagelmann als „Sachverhaltsbeauftragter, insbesondere für mystische Sachverhalte“ auf.
Die umfassendste Quelle über Nagelmanns Leben ist die (real existierende) Festschrift Das wahre Verfassungsrecht. Zwischen Lust und Leistung, in der unter anderem Roman Herzog, Ernst Benda und Kay Nehm zu Wort kommen. Die Figur hat auch Eingang in einige seriöse Enzyklopädien gefunden, so enthält Meyers Aktuelles Personenlexikon eine „Biographie“ Nagelmanns.
Nagelmann ist auch – in einer Nebenhandlung – Figur in dem Kriminalroman „Leichen im Keller des Bundesverfassungsgerichts“ (1996) von Hendrik Hiwi.
[Bearbeiten] Fiktive Lebensgeschichte
Nagelmann wurde als Sohn des Forstrats Wenzel Wilhelm Nagelmann und seiner Gattin Sophie Charlotte, geb. Kleinschmidt, in Insterburg, Ostpreußen (heutiges Tschernjachowsk), geboren. 1908 machte er sein Abitur am Kant-Gymnasium in Königsberg. Thema seines Abituraufsatzes war „Hat uns der Kategorische Imperativ heute noch etwas zu sagen?“. Nagelmanns Conclusio im Aufsatz-Schluss lautete: „Er hat, denn ich bin mit ihm bislang immer gut gefahren.“ Danach diente er als Einjährig-Freiwilliger beim 1. Pommerschen Feldartillerie-Regiment Nr. 2 in Stettin. In Berlin lernte er während eines Offizierslehrgangs seine spätere Frau, Ännchen Agathe von Brockelsdorff kennen. Ab 1910 studiert er an der Universität zu Königsberg Jura, Nationalökonomie und Ornithologie. Daneben betreibt er das Studium der Grundlagen der Augenheilkunde und nimmt als Gasthörer an forstwissenschaftlichen Vorlesungen teil. Der letzte Aspekt ist nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Familientradition zu sehen, sondern auch mit seiner Vorliebe für juristische Fragen der lignogenen Verkehrswegeplanung zu erklären, die er bereits in den ersten Anfängervorlesungen erkennen ließ. Aufgrund der nachfolgenden Kriegswirren nur noch mündlich überliefert ist sein Zitat “Via lignissima melior quam nulla“.
Er setzte sein Studium der Rechte ab 1912 in Heidelberg, Greifswald und Berlin fort; erwähnenswert sind seine vertieften Studien im Römischen Recht in Heidelberg bei Professor von Sultzhoff. Vom Kriegsdienst wurde er wegen verschiedener Leiden, vor allem Stab- und Kurzsichtigkeit, befreit. Aus der Reserve wurde er als Oberstleutnant der Landwehr entlassen.
1915 schloss er das Studium in Königsberg mit dem ersten Staatsexamen ab; er erreichte die selten vergebene Note: „besonders befriedigend“. Im selben Jahr heiratete er Frl. von Brockelsdorff. In der Ehe blieb Nagelmann nicht ohne Anfechtungen. Er unterhielt eine Affäre mit der wesentlich jüngeren Henriette Heinbostel, die später zur ersten Oberlandesgerichtspräsidentin Deutschlands wurde. In der Heinbostel-Festschrift wird von "sexuellen Heftigkeiten" zwischen den beiden Juristen berichtet.
Den Referendarsdienst absolvierte er zunächst in der Kolonialverwaltung von Deutsch-Ostafrika. Hier lernte er den späteren Legationsrat und vormaligen Vizekonsul Edmund F. Dräcker kennen, der 1914 aus Bombay (heutiges Mumbai) via Tsingtau nach Mahiwa gekommen war.
Über Zeitpunkt und Ort seiner ersten Begegnung mit dem Psychologen Ernst August Dölle, dem Kämpfer gegen den Optozentrismus in der Wahrnehmungspsychologie, herrscht noch Unklarheit.
Nach verschiedenen Verwaltungs- und Gerichtsstationen bestand er 1921 die Assessorprüfung am preußischen Justizprüfungsamt mit der Note: „ganz gut“. Von diesem Jahr an war er bis 1928 in der preußischen Forstverwaltung tätig.
Seine Dissertation fertigte er über das Thema „Das 'ius cogens' bei Adalbert von Rüppurr“ bei Prof. M. E. Chandon in Königsberg an. Die Promotion wurde 1925 mit der Note „elegantissime“ bewertet. Für das selbe Jahr wird ein Studienaufenthalt in Bonn angenommen, wie aus einer Gedenktafel an einem Haus in der Kessenicher Straße hervorgeht, wo er seit 1924 gewohnt haben soll.
Auch als Gerichtsassessor am Amtsgericht Halle/Saale setzte er seine Arbeiten am sechsbändigen Einführungswerk „Die Preußische Forstverwaltung“, Berlin 1930, fort. Zudem veröffentlichte er zahlreiche Beiträge in „Der Forstverwalter“.
Ab 1930 war er an das Reichsaußenministerium abgeordnet. Dort befasste er sich u.a. mit rechtsvergleichenden Untersuchungen zum Reichserbhofgesetz. Bekannt wurden daraus die sog. Nagelmann'schen Thesen zur Rechtsvergleichung, die zum Grundtenor manchen Repetitoriums gehören: „Manches ist anders, manches genauso“. Unklar ist, ob die Schreibweise korrekt ist oder auf Nagelmanns ostpreußische Herkunft zurückzuführen ist. In einem nicht datierten Autograph Nagelmanns ist die Schreibweise Mannches ist anders, Mannches genauso zu finden. Ein anderes Schriftstück enthält Hinweise darauf, dass Nagelmann seine beiden kaschubischen Kurzdrahthaarteckel Mannche und Mannches genannt haben könnte.
Trotz seiner Weigerung, in die NSDAP einzutreten, gelang es ihm, durch Empfehlung von Prof. Dr. Delle-Erdmann und Ministerialdirigent Dr. Czibultski am Reichsjustizministerium tätig zu werden. Dort war er maßgeblich an der Hinterlegungsordnung und an der Justizbeitreibungsordnung beteiligt. In dieser Zeit brach auch sein belletristisches Talent durch. So schrieb er den Gedichtband „Insterburger Sonette“ (1938) und den autobiographischen Roman „Erlebnisse eines Forstadjunkten" (Winsen a. d. Luhe 1940), der durch seine profunde, in Elternhaus, Studium und Berufstätigkeit erworbenen Kenntnisse und Beschreibung des forstlichen Seins noch heute besticht.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er entnazifiziert und in das Bundesministerium der Justiz übernommen. Dort beteiligte er sich an den vorbereitenden Arbeiten zum BVerfGG. Ab 1952 war er an das BVerfG als erster wissenschaftlicher Mitarbeiter abgeordnet. Hier wirkte er an zahlreichen Entscheidungen mit, u.a. dem Erschöpfungsbeschluss BVerfGE 2, 123 und dem Junktimklauselbeschluss BVerfGE 4, 219. 1956 zog er sich zur Vertiefung seiner wissenschaftlichen Arbeit aus dem aktiven Dienst zurück. Gleichwohl wirkte er weiter für das Staatswohl, insbesondere als Mentor des Bundestagsabgeordneten Jakob Maria Mierscheid. In Baden-Baden wurde laut Zeitungsberichten eine Straße nach Friedrich Gottlob Nagelmann benannt.
1992 meldete er sich dann bei der Juristischen Fakultät der Universität Potsdam. Dort wird er noch als Sachverhaltsbeauftragter, insbesondere für mystische Sachverhalte (u.a. Haushalt und Finanzen, Religion) geführt. In seinem Aufsatz „Qualitätssicherung in der Justiz“ (DStZ 2002, 885) beschäftigt er sich mit der Persönlichkeitsbildung und Outputsteigerung von Richtern durch intensive Naturerlebnisse (Natural Born Judicial Resource Management).
1994, am 29. Februar, starb der Hochbetagte qualvoll, als ihm ein Frosch im Halse stecken blieb. Der damalige Bundespräsident Roman Herzog brachte es in seiner ergreifenden Trauerrede auf den Punkt: "Nagelmann, der vor mir herzog, war in der Tat kein Frosch!"
[Bearbeiten] Literatur
- Dubrowsky, Hella: Rendezvous der Schatten. Gryphon-Verlag 2004, ISBN 3935192835.
- Umbach, D.C./Urban, R./Fritz, R./Böttcher, H.-E./v. Bargen, J.: Das wahre Verfassungsrecht. Zwischen Lust und Leistung. Baden-Baden (Nomos Verlagsgesellschaft) 1984. Mit einem Vorwort von Prof. Dr. Wolfgang Zeidler, einem Zwischenwort von Prof. Dr. Roman Herzog und einem Nachwort von Prof. Dr. Ernst Benda. ISBN 3789010642
- Hiwi, Hendrik (Ps.): Leichen im Keller des Bundesverfassungsgerichts Nomos-Verlag 1996.
- Görres-Ohde, Konstanze; Nöhre, Monika; Paulsen, Anne-José: Die OLG-Präsidentin - Gedenkschrift für Henriette Heinbostel, Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2007