Festung Mainz
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Mainz war von 1619 bis 1918 Festungs- und Garnisonsstadt. Die Anwesenheit von Militär und die weitläufigen Festungsanlagen prägten das Leben der Mainzer Bevölkerung stark. Insbesondere zu der Zeit als Mainz Bundesfestung bzw. Reichsfestung war. Noch heute sind viele Festungswerke und Kasernen in Mainz erhalten. Zahlreiche Straßennamen verweisen auf die Vergangenheit als Festungsstadt. Die Mainzer Zitadelle, der wichtigste Überrest der Festungszeit, gilt als eines der bedeutenden historischen Bauwerke in Mainz.
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[Bearbeiten] Die Festung in der Frühen Neuzeit
Die ersten neuzeitlichen Befestigungsanlagen ließ um 1619 der Mainzer Kurfürst Johann Schweikhard von Kronberg errichten. Die mittelalterliche Stadtmauer von Mainz wurde an den wichtigsten Punkten mit Wällen befestigt und verstärkt; außerdem lässt der Kurfürst auch den strategisch äußerst wichtigen Jakobsberg, am Rande der Stadt gelegen, zur „Schweickhardtsburg“ ausbauen. Allerdings hatte der Kurstaat keine Mittel, um die notwendige Anzahl an Soldaten aufzubringen, die für eine angemessene Verteidigung gesorgt hätten. Daher konnte am 23. Dezember 1631 auch der schwedische König Gustav Adolf ungehindert in die Stadt einziehen. In der Schwedenzeit, die bis zum Januar 1636 andauern sollte, wurden die vorhanden Befestigungsanlagen verstärkt. An der Mainmündung wurde sogar ein Sperrfort mit dem Namen Gustavsburg angelegt
Nach Ende des Dreißigjährigen Krieges baute Kurfürst Johann Philipp von Schönborn Mainz zur Festung aus. So wurden zwischen 1655 und 1675 an die 16 Bastionen errichtet, die einen sternförmigen Gürtel um Mainz bildeten; Als Festungskommandantur diente die Zitadelle, die auf dem Jakobsberg errichtet wurde und die "Schweickhardtsburg" ersetzte.
Während des Pfälzischen Erbfolgekriegs wurde die 1688 von den Franzosen unter Louis-François de Boufflers besetzte Festung durch Truppen der Augsburger Allianz von Juni bis September 1689 belagert und zurückerobert.
Von 1710 bis 1730 lässt Kurfürst Lothar Franz von Schönborn den Festungsbaumeister Maximilian von Welsch einen zweiten Festungsring um die Stadt errichten, der aus fünf weit vorgeschobenen Forts (auch Schanzen genannt) bestand. Darunter Fort Hauptstein vor dem Münstertor, die Karlsschanze vor dem Neutor und die Josephsschanze auf dem Linsenberg. Diese waren durch einen weiteren Wall miteinander verbunden und konnten im Kriegsfall durch einen unterirdischen Gang vom ersten Festungsring aus mit Soldaten besetzt werden.
In den Jahren 1733 und 1734 ließ Philipp Karl von Eltz zu diesen großen drei Außenwerken in der selben Linie die Forts Welsch, Elisabeth und Philipp anlegen, außerdem ein doppeltes Zangenwerk (double tenaille), die ganze Enveloppe, Verbindungswege zu den Forts und eine Kurtine zwischen den Batterien und Rondels am Rheinufer. Welsch wurde dabei vom Ingenieur-Oberstleutnant Luttig, Ingenieur-Oberst Gerhard Cornelius von Walrave und weiteren Ingenieursoffizieren unterstützt.[1]
Weil es an Geld für eine ausreichende Garnison fehlte, wurde die Festung Mainz 1792 in den Revolutionskriegen den Franzosen kampflos übergeben. Mit der Belagerung von Mainz (1793) musste die Festung von den deutschen Truppen wieder mühevoll zurückerobert werden. Nur ein paar Jahre später kam Mainz mit dem Frieden von Campo Formio dauerhaft an Frankreich. Mayence wurde unter Napoleon zur wichtigsten Festung am Rhein, der neuen Ostgrenze Frankreichs. Das bekam die Stadt in den Endtagen Napoleons auf besonders schlimme Art und Weise zu spüren: Beim Rückzug der "Grande Armee" im Herbst 1813 war Mainz die erste Rast auf französischem Boden. Viele Soldaten waren bereits zu diesem Zeitpunkt mit dem Fleckfieber infiziert und rasch konnte sich die Seuche in den engen Gassen von Mainz ausbreiten. So forderte der „Typhus de Mayence“ eine große Anzahl an Opfern.
[Bearbeiten] Bundesfestung und Reichsfestung
Nach dem Abzug der Franzosen 1814 kam die Stadt Mainz und das Umland bei der Neuordnung Deutschlands im Zuge des Wiener Kongresses zum Großherzogtum Hessen-Darmstadt. Am 30. Juni 1816 wurde der entsprechende Vertrag unterzeichnet. Gleichzeitig wurde die Festung Mainz dem Deutschen Bund unterstellt. Die Friedensbesatzung des Bundesheeres in Mainz betrug etwa 7.000 Mann, die im Verteidigungsstand auf 20.000 Mann gebracht werden sollte. Stationiert waren hier zu gleichen Teilen Österreicher und Preußen, sowie ein großherzoglich Hessisches Infanterieregiment.
Die deutschen Länder sahen die Festung Mainz nun als wichtiges Bollwerk gegen das im Westen liegende Frankreich an. So wurden große Summen bereitgestellt, um die Festung auszubauen und bestehende Wehranlagen zu modernisieren. Zusätzlich dazu wurde Mainz nun mit einer ständigen Garnison versehen, die von Preußen und Österreich gestellt wurde. Zum Vertreter Österreichs wurde u.a. 1841 der fränkische Carl Graf zu Castell-Castell ernannt, der als Hauptmann in der k.u.k. Armee diente. In dieser Zeit wurden auch viele Neubauten errichtet, die noch heute vorhanden sind: zum Beispiel das Fort Weisenau im Volkspark, das Proviantmagazin am Schillerplatz, das Fort Josef, von dem ein großer Teil neben den Unikliniken erhalten ist (es beherbergt heute eine private Sammlung historischer Uniformen) oder das Fort Bingen, von dem eine Kasematte noch auf dem Campus der Universität Mainz erhalten ist. Das Fort Bingen gehörte neben dem Fort Mariaborn, dem Fort Josef und dem Fort Gonsenheim zu einem dritten Festungsring, der um Mainz gezogen wurde.
Maximilian Schumann führte 1866 auf dem Artillerieschießplatz der Festung auf dem Großen Sand Versuche gegen einen von ihm gepanzerten mobilen Geschützstand mit einer Minimalschartenlafette mit Eisenplattenbedeckung durch. Die Versuche wurden nie beendet, obwohl sie durchaus gut liefen, da der preußisch-österreichische Krieg sie unterbrach und gerieten später in Vergessenheit. Auf der Bastion Drusus der Zitadelle wurde ein Schumman'scher Panzerstand realisiert. Davon ist heute aber nichts mehr erhalten.
Während des Preußisch-Österreichischen Kriegs (erwähnt 20. Juli bis 26. August 1866) war der königlich bayerische Generalmajor Ludwig Graf von Rechberg und Rothenlöwen Militär-Gouverneur der jetzt hessischen Festung, bevor sie an die Preußen übergeben wurde. Zu seinem Generalstab gehörte der hessische Generalmajor Friedrich von Specht (1803-1879).
Nach dem diesem Krieg von 1866 wurde Mainz erst preußische Festung, um dann sieben Jahre später Festung des Deutschen Reiches zu werden. Zu diesem Zeitpunkt hinkte Mainz der industriellen Entwicklung hinterher: Die Befestigungswerke und militärisch freigehaltenen Flächen verhinderten ein Ansiedeln von modernen Fabriken und Industrieanlagen, hinzu kam die unglaubliche Enge der Mainzer Gassen und Straßen. 1872 wurde dann die lang ersehnte Neustadterweiterung von den Festungsbehörden genehmigt: Den nördlichen, schönborn’schen Bastionsgürtel riss man ab – auf ihm entstand die Kaiserstraße. Um die Neustadt herum errichtete man allerdings wieder einen Wall. Diesen "Rheingauwall" musste die Stadt Mainz teuer bezahlen.
[Bearbeiten] Festungskommandanten
Von 1876-1877 war Generalleutnant Peter von Lehmann Festungskommandant. In den Jahren 1898-1903 war Paul Baron von Collas (1841-1910), preußischer General der Infanterie à la suite, Militär-Gouverneur und Festungskommandant von Mainz.
[Bearbeiten] Niedergang der militärischen Bedeutung und weitere Verwendung
1904 wurde die Festung aufgelassen. Auf Order des Kaisers Wilhelm II. wurden bis 1912 viele der Festungswerke und Stadttore niedergelegt. Dennoch blieb Mainz noch immer Festung: in einem Umkreis von 15km wurden neue, moderne Bunkerbauten und detachierte Gürtelforts (Außenforts bzw. Biehler-Forts), errichtet, die die veralteten Festungswerke ersetzen sollten. Dieser vierte Festungsgürtel zog sich durch die rheinhessischen Ortschaften Heidesheim, Wackernheim, Ober-Olm, Nieder-Olm, Zornheim, Ebersheim und Gau-Bischofsheim und bestand aus rund 300 Bunkern.
Letzter Militär-Gouverneur von Mainz und Festungskommandant war im Jahr 1914 Hugo von Kathen (1855-1932), General der Infanterie und 1937 Namensgeber einer Kaserne zwischen Mainz-Mombach und Mainz-Gonsenheim, das hierzu zwangseingemeindet wurde.
Mit dem Versailler Vertrag von 1918 endet die 300jährige Geschichte von Mainz als Festungsstadt. Allerdings dienten die zahlreichen unterirdischen Gänge der Festung noch im Zweiten Weltkrieg als Unterschlupf vor Bombenangriffen. Während der Weltkriege diente die Zitadelle als Offizierslager zur Unterbringung von gefangenen Offiziere (Oflag XII-B).
Die Festungsanlagen wurden wie auch in Köln zu Grünanlagen des Mainzer Grüngürtels umgewandelt.
[Bearbeiten] Literatur
- Karl Anton Schaab: Die Geschichte der Bundes-Festung Mainz, historisch und militärisch nach den Quellen bearbeitet. Eigenverlag des Verfassers, Mainz 1835
- Ludwig Falck: Die Festung Mainz. Das Bollwerk Deutschlands - "Le boulevard de la France". Eltville 1991.
- Alfred Börckel: Mainz als Festung und Garnison von der Römerzeit bis zur Gegenwart. Verlag von J. Diemer, Mainz 1913.
- Elmar Heinz: Doppelrad und Doppeladler - Die Festung Mainz - zwischen Kaiser, Reich und Kurstaat im 1. Koalitionskrieg (1792 - 1797) 2002
- Peter Klein, Werner Lacoste, Theile, M.: Der Mainzer Schumann’sche Panzerstand von 1866 in Originalaufnahmen. in: Fortifikation No. 14, 2000 Seite 40-49.
- Werner Lacoste: Zuständige Offiziere der Festungen Mainz, Königsberg, Pillau, Boyen und Marienburg von 1866-1914. in: Fortifikation Ausgabe 13, 1999, Seite 132-141
- Werner Lacoste: Kastel als Teil der Festung Mainz. in: Brohl, E [ed.]: Militärische Bedrohung und bauliche Reaktion. Festschrift für Völker Schmidtchen. Marburg, 2000 Seite 81-117.
- P. Lautzas: Die Festung Mainz im Zeitalter des Ancien Regime, der französische Revolution und des Empire (1736-1814); 1973
- Peter Klein, Werner Lacoste: Die Mainzer Bedeckten Geschützstände als Vorgänger und Auslöser des Schumann’schen Panzerstandes. in: Fortifikation No. 14, 2000, Seite 6-39
- H.-R. Neumann: Die Bundesfestung Mainz 1814-1866. Entwicklung und Wandlungen. Berlin, 1986 682 Seiten
- H.-R. Neumann: Die Flankenkasematten des ehemaligen Forts Bingen in Mainz. in: Mainzer Zeitschrift Jg. 86, 1991, Seite 219-229
- Schmidt, R.: Die Festungsstadt Mainz. in: Fortifikation No. 11, 1997, Seite 58-73
- Schumann, M.: Mainz und die deutsche Westgrenze. Mainz, 1861.
- Jäger, H.: Der Entwurf zu einem detachierten Werke auf den Suderbergen bei Mainz. Eine verschollene oder unbekannte Arbeit von Maximilian Schumann ? in: Fortifikation Ausgabe 13, 1999, Seite 36-54