Fahrsperre
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Die mechanische Fahrsperre ist ein System der punktförmigen Zugbeeinflussung. Dieses Zugsicherungssystem wurde bereits in den Anfangsjahren des U- und S-Bahnverkehrs entwickelt. Im Gegensatz zu Fernbahnen waren diese Verkehrssysteme von Anfang an für dichte Zugfolge, viele Abzweigungen, enge Kurven und kurze Bahnhofsabstände konzipiert. Um Zusammenstöße und Auffahrunfälle zu vermeiden, musste ein System geschaffen werden, das ein Überfahren eines auf "Halt" stehenden Signals verhindert.
Grundsätzlich existieren mechanische und elektromagnetische Systeme, wobei die mechanischen Systeme bereits Ende 19. Jahrhunderts entwickelt wurden, während elektromagnetische Systeme später aufkamen und die Probleme der mechanischen Systeme teilweise beseitigten. Trotzdem werden mechanische Fahrsperren auch heute noch eingesetzt, so etwa bei der S-Bahn Berlin oder der New Yorker U-Bahn.
Vorteil ist die sehr einfache, dennoch sichere und im Störungsfall leicht zu überwindende Ausführung.
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[Bearbeiten] mechanische Fahrsperre
Grundsätzlich können mechanische Fahrsperren nur eine Zwangsbremsung auslösen, haben aber keine Möglichkeit, die Fahrzeuggeschwindigkeit zu überwachen.
Die Funktion einer mechanischen Fahrsperre ist unabhängig von der Bauart immer gleich. In Abhängigkeit vom Signalbegriff, (Halt oder Fahrt) wird ein am Gleis angebrachtes bewegliches mechanisches Element (die Fahrsperre) so gestellt, dass bei "Halt" zeigendem Signal ein am Zug angebrachtes Gegenstück berührt wird, was eine Zwangsbremsung auslöst. Bei Signal in "Fahrt"- Stellung ist das bewegliche Element der Fahrsperre so gestellt, dass das Gegenstück am Zug nicht berührt wird. Sofern immer eine Zwangsbremsung ausgelöst werden soll (z. B. als Gleissperre bei Arbeiten, am Streckenende u.s.w.) werden auch unbewegliche Fahrsperren installiert, die immer in der Haltstellung verbleiben.
[Bearbeiten] Streckenseitige Ausrüstung
- S-Bahn Berlin: Eine neben der Strecke in Drehgestellhöhe angebrachte Metallschiene berührt einen Hebel am Drehgestell. Die Schiene klappt bei "Fahrt" zu Seite.
- U-Bahn Berlin, Kleinprofil: Am Signal befindet sich eine Metallstange ähnlich einem Signalflügel auf der Höhe des Zugdaches und ist bei 'HALT' in waagerechter Lage. Sie legt einen auf dem Zugdach befestigten Hebel um. Häufig wurde dieser Hebel von Unkundigen als Blitzableiter interpretiert. Die Aufrichtung nach erfolgter Auslösung erfolgte mechanisch mittels Dreikantschlüssel durch den Fahrer.
- U-Bahn Berlin, Großprofil: Ein pilzförmiger Hebel klappt neben der rechten Schiene in das Lichtraumprofil und betätigt einen Hebel am Drehgestell, wenn das Signal 'HALT' zeigt.
- U-Bahn New York: Ein an der Schwelle rechts neben der rechten Schiene angebrachtes T-förmiges Metallstück (dort als Tripcock (Auslösehebel) bezeichnet) klappt in Haltstellung nach oben, und betätigt einen am Drehgestell angebrachten nach unten ragenden Auslösehebel. In Fahrtstellung wird das T-förmige nach unten geklappt.
- U-Bahn London: Ähnlich wie in New York, ein rechts neben der rechten Schiene angebrachtes quadratisches Element, welches in Haltstellung nach oben geklappt ist, und einen Auslösehebel am Drehgestell betätigt.
[Bearbeiten] Fahrzeugseitige Ausrüstung
In den meisten Fällen eine Art Hebel, der das Streckenelement berührt und dabei umklappt. Um eine hohe Funktionssicherweit zu gewährleisten ist dieser Hebel direkt mit einem Ventil zur entleerung der Hauptluftleitung verbunden, dessen Auslösung zu einer Zwangsbremsung und dem Abschalten der Fahrmotoren führt.
[Bearbeiten] Probleme im Betrieb
Da die Massenkräfte mit dem Quadrat der Geschwindigkeit zunehmen, bleibt die mechanische Fahrsperre auf Bahnen mit niedrigen Geschwindigkeiten beschränkt. Andernfalls kann es zu Schäden an den Übertragungseinrichtungen kommen. Bei der S-Bahn-Berlin kam es im März 2008 zu einem Beinaheunfall im S-Bf. Berlin-Lichtenrade als ein Zug ein 'rotes' Signal überfuhr ohne gestoppt zu werden. Die Höchstgeschwindigkeit aller Züge wurde vom Eisenbahn-Bundesamt von 100 km/h bis auf weiteres auf 80 km/h reduziert. Die Ausrüstung der Züge mit einem funkbasierten System zur Zugüberwachung wurde beschlossen und gestartet.
Ein weiteres Problem ist, dass die mechanische Fahrsperre keine Geschwindigkeitsüberwachung erlaubt, weshalb der Durchrutschweg zwischen Signal und Gefahrenstelle immer so groß bemessen sein muss, dass auch ein mit Höchstgeschwindigkeit fahrender Zug bis zur Gefahrenstelle sicher angehalten werden kann. Dies führt zu relativ langen Blockabständen, und damit längeren Zugfolgezeiten. Dies kann jedoch durch überlappende Blockabschnitte, bei denen der Signalabstand kürzer als der Durchrutschweg ist gemildert werden. Dabei müssen zwar zwischen zwei Zügen mehrere Blockabschnitte frei bleiben, jedoch wird durch die kürzeren Blockabschnitte schneller wieder ein Block frei und ermöglicht dem nach folgenden Zug das Nachrücken.
Eine weitere Möglichkeit die bei der U-Bahn New York praktiziert wird, ist der Einsatz von zeitabhängigen Fahrsperren zur Geschwindigkeitsüberwachung. Dabei überfährt der Zug einen Auslösekontakt, wodurch eine Zeitmessung gestartet wird. Die in einem Abstand folgende Fahrsperre wird erst nach der Zeit in die unscharfe Position gebracht, die der Zug bei der geltenden Höchstgeschwindigkeit mindestens zwischen Auslösekontakt und Fahrsperre benötigt, so dass ein zu schnell fahrender Zug von der noch in Auslöseposition befindlichen Fahrsperre angehalten wird.
Durch Nutzung dieser Möglichkeiten konnten z. B. bei der Berliner S-Bahn während der Olympischen Sommerspiele 1936 Zugabstände von 90 Sekunden sicher gefahren werden.
Trotz all dieser Möglichkeiten besitzt die mechanische Fahrsperre doch gravierende Mängel, was zur nachfolgenden Entwicklung der elektromagnetischen Fahrsperren führte.
[Bearbeiten] Literatur
- Autorenkollektiv Ltg. Hans-Jürgen Arnold: Eisenbahnsicherungstechnik, 4. bearbeitete Auflage 1987, ISBN 3-344-00152-3, VEB Verlag für Verkehrswesen Berlin