Dialektische Einheit

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Dialektische Einheit ist ein Ausdruck, der meist mit Bezug auf Hegel verwendet wird. Zugleich ist es ein Fachbegriff des Marxismus und speziell des dialektischen Materialismus.

Hegel hatte den Ausdruck "Dialektik" nicht im (platonischen) Sinne einer Kunst der Gesprächsführung verstanden, sondern als Explikation der Dynamik der Vernunft oder der Relation von Begriffen selbst im Sinne eines Sichaufhebens endlicher Bestimmungen und eines Übergehens in ihre jeweiligen entgegengesetzten.^[1] Diese Integration einer Hinsicht, ihrer Gegensicht und einer Überschreitung ihres Gegensatzes ist in der Struktur der Begriffe bzw. der Vernunft selbst bereits angelegt. Begriffspaare bilden daher keinen klassischen Gegensatz. Ihr wie skizziert beschaffenes Verhältnis wird dagegen eben als "dialektische Einheit" gefasst. In diesem Sinne wurde beispielsweise von einer "dialektischen Einheit" von Ideellem und Materiellem, von Gott und Welt^[2], von Kraft und Produkt usw. gesprochen.

Wie Hegel selbst, so haben auch die Junghegelianer eine dialektische Methode in diesem Sinne auf die Analyse konkreter gesellschaftlicher Zusammenhänge angewandt.^[3] In dieser Traditionslinie stehen auch Feuerbach und Marx und der dialektische Materialismus allgemein. Dieser ist, neben dem historischen Materialismus und dem philosophischen Materialismus als Überbegriff, ein zentraler Bestandteil der marxistischen Philosophie.

Widersprüchliche Kräfte, Gegebenheiten oder Ideen finden gemäß dieser marxistischen dialektischen Theorie auf höherer Ebene eine Einheit, ohne die Widersprüche selbst damit zu negieren. Die Konkretisierung dieser Methode faßt Marx in Formulierungen wie: "Als wenn dies Auseinanderreißen nicht aus der Wirklichkeit in die Lehrbücher, sondern umgekehrt aus den Lehrbüchern in die Wirklichkeit gedrungen sei, und es sich hier um eine dialektische Ausgleichung von Begriffen handele, und nicht um die Auflösung realer Verhältnisse!"^[4]. Als Beispiel kann etwa herangezogen werden die Marxsche Aussage: "Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaft ist die Geschichte von Klassenkämpfen."^[5] - Die sich in Kriegen manifestierenden Gegensätze können "aufgehoben" werden, indem die Teilung der Menschheit in Klassen aufgehoben wird.

[Bearbeiten] Anmerkungen

1. ↑ Vgl. etwa Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften (suhrkamp-Werkausgabe Bd. 8), I, §81
2. ↑ So schon mit Bezug auf Hegel und Albert Kreuzhage: Mittheilungen über den Einflußs der Philosophie auf die Entwicklung des inneren Lebens, Münster 1831: Sengler, Rez. des letztgenannten Werks in: Heidelberger Jahrbücher der Literatur 1837, 746
3. ↑ Frühe Beispiele bei Treptow 1971; eine vielfach verwendete konstellative und ideengeschichtliche Rekonstruktion der Rezeptionsgeschichte gibt Frank 1992.
4. ↑ Einleitung [zur Kritik der Politischen Ökonomie], in: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke, (Karl) Dietz Verlag, Berlin 1971, Bd. 13, 7, 621
5. ↑ Karl Marx/Friedrich Engels: Manifest der Kommunistischen Partei [1848], Karl Marx/Friedrich Engels - Werke. (Karl) Dietz Verlag, Berlin 1972, Bd. 4, 6, 462; in Sinn und Formulierung ähnlich sind auch viele andere Passagen beider Autoren.

[Bearbeiten] Literatur

Primärtexte

• Friedrich Engels: Dialektik der Natur

Sekundärliteratur

• Werner Becker: Dialektik als Ideologie: Hegel und Marx, Eine kritische Betrachtung über Zustandekommen, Sinn und Funktion der dialektischen Methode, in: Journal for General Philosophy of Science 3/2 (1971), 302-328
• Manfred Frank: Der unendliche Mangel an Sein : Schellings Hegelkritik und die Anfänge der Marxschen Dialektik, München : Fink, 2. A. 1992, ISBN 3-7705-2746-1
• Dieter Wolf: Dialektische Methode. In: Kritische Theorie und Kritik der Politischen Ökonomie. Zur Konfusion des Wertbegriffs. Teil A Wissenschaftliche Mitteilungen. Heft 3. Argument Verlag, Hamburg, 2004. ISBN 3-88619-651-8

[Bearbeiten] Weblinks

• Elmar Treptow: Theorie und Praxis bei Hegel und den Junghegelianern, Habil. LMU München 1971
• Dieter Wolf, Einheit von Natur - und Gesellschaftswissenschaften. Ein modernes interdisziplinäres Projekt von Marx und Engels. In Beiträge zur Marx- Engelsforschung. Neue Folge 2006. ISBN 3-88619-666-6
• Suchmaschine von www.mlwerke.de