Der Nazi & der Friseur

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Das Werk Der Nazi & der Friseur des deutsch-jüdischen Schriftstellers Edgar Hilsenrath ist eine Groteske über den Holocaust während der Zeit des NS-Faschismus. Das Werk schildert aus der Täterperspektive die Biografie des SS-Massenmörders und KZ-Aufsehers Max Schulz, der nach dem Zusammenbruch des Dritten Reichs eine jüdische Identität annimmt und schließlich nach Israel auswandert, um einer Verfolgung in Deutschland zu entgehen.

Die Groteske zeichnet sich aus durch die konsequente Absage an die Erwartungshaltung des Lesers wie die Verkehrung aller gängigen Klischees, hier des Deutschen Max Schulz und seines jüdischen Freundes und Schulkameraden Itzig Finkelstein:

„Mein Freund Itzig war blond und blauäugig, hatte eine gerade Nase, feingeschwungene Lippen und gute Zähne. Ich dagegen, Max Schulz, hatte schwarze Haare, Froschaugen, eine Hakennase, wulstige Lippen und schlechte Zähne.“

– Edgar Hilsenrath: Der Nazi & der Friseur^[1]

Eine weitere Besonderheit stellt die Täterperspektive dar, für das deutsche Publikum damals ein Novum:

„Auch dem deutschen Leser sind seit Jahren Romane, Erzählungen und Theaterstücke vertraut, die das Thema Verfolgung und Ausrottung der Juden unter Hitler mit poetisch-satirischen und grotesk-komischen Mitteln behandeln. Aber sie alle erzählen mehr oder weniger aus der Perspektive der Opfer. Hilsenrath dagegen wählte für seinen Roman die Perspektive der Täter.“

– Manfred Rieger: Auf der Suche nach der verlorenen Schuld. Edgar Hilsenraths grotesk-realistischer Roman über einen Nazi, der Jude wurde^[2]

[Bearbeiten] Veröffentlichung

Wie bereits mit seinem Erstlingswerk Nacht hatte Hilsenrath Schwierigkeiten mit der Veröffentlichung in Deutschland, da er mit dem philosemitischen Tabu brach, dem zufolge Juden in der Literatur des Nachkriegsdeutschland nur positiv - als Helden etwa - dargestellt werden durften. Hilsenrath dagegen beschreibt Juden wie andere Menschen auch, mit ihren positiven und negativen Seiten, und hält den Philosemitismus für einen "umgestülpten", also in versteckter Form fortgeführten Antisemitismus. Obwohl das Werk bereits 1971 in den USA erschien und dort ein großer Erfolg gewesen war, wurde das Manuskript in Deutschland von vielen Verlagen abgelehnt mit der Begründung, so dürfe man nicht über Juden schreiben. Erst sechs Jahre nach der Erstveröffentlichung in den USA konnte das Werk 1977 in Deutschland im Verlag des damaligen Kölner Kleinverlegers Helmut Braun erscheinen.

[Bearbeiten] Rezeption

In den USA war die Veröffentlichung ein großer Erfolg, wogegen wegen des Bruchs mit dem philosemitischen Tabu das Werk in Deutschland naturgemäß sehr kontrovers aufgenommen wurde. Heinrich Böll würdigte in einer Rezension das literarische Meisterwerk und seine Sprache, »die wild wuchert und doch oft genug trifft, eine düstere und auch stille Poesie entfaltet«. Der Nazi & der Friseur erfreut sich seitdem wie auch das Gesamtwerks Hilsenraths einer zunehmenden Popularität in Deutschland. Akademisch ist das Werk Hilsenraths in Deutschland und im Ausland - vor allem den USA - inzwischen etabliert.

[Bearbeiten] Literatur

Frank Dersch: Metaphorizität als Darstellungsmodus in "Der Nazi & der Friseur", 2007, ISBN 978-3-638-69450-6.
Alexandra Heberger: Faschismuskritik und Deutschlandbild in den Romanan von Irmgard Keun "Nach Mitternacht" und Edgar Hilsenrath "Der Nazi und der Friseur". Ein Vergleich, 2002, ISBN 978-3-936231-43-4.