Blaue Blume
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Die Blaue Blume ist ein zentrales Symbol der Romantik. Sie steht für Sehnsucht und Liebe und für das metaphysische Streben nach dem Unendlichen.
Als reale Entsprechungen der blauen Blume werden oft in Mitteleuropa heimische blaublühende Pflanzen angesehen, wie etwa die Kornblume oder die Wegwarte. Ein Symbol für das Unerreichbare ist speziell die blaue Rose - bis heute konnte sie nicht gezüchtet werden, da sie immer wieder eher violett aussieht (Rosenname: „Charles de Gaulle“).
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[Bearbeiten] Symbol-Entstehung
Durch ein Bild seines Freundes Friedrich Schwedenstein inspiriert, verwendete Novalis dieses Symbol als erster in seinem Fragment gebliebenen romantischen Roman Heinrich von Ofterdingen. Er beginnt damit, dass der junge Heinrich vor dem Einschlafen über die Begegnung mit einem geheimnisvollen Fremden nachsinnt:
- „(…) Der Jüngling lag unruhig auf seinem Lager, und gedachte des Fremden und seiner Erzählungen. Nicht die Schätze sind es, die ein so unaussprechliches Verlangen in mir geweckt haben, sagte er zu sich selbst; fern ab liegt mir alle Habsucht: aber die blaue Blume sehn’ ich mich zu erblicken. (…)“
Er schläft ein und beginnt zu träumen. Im Traum durchreist er fremde Gegenden, bis er schließlich am Fuße eines Berges die Öffnung eines Ganges erblickt. Er betritt eine Höhle, in der sich ein Wasserbecken befindet, das er durchschwimmt bis zum anderen Ufer:
„(…) Was ihn aber mit voller Macht anzog, war eine hohe lichtblaue Blume, die (…) ihn mit ihren breiten, glänzenden Blättern berührte. Rund um sie her standen unzählige Blumen von allen Farben, und der köstliche Geruch erfüllte die Luft. Er sah nichts als die blaue Blume, und betrachtete sie lange mit unnennbarer Zärtlichkeit. Endlich wollte er sich ihr nähern, als sie auf einmal sich zu bewegen und zu verändern anfing; die Blätter wurden glänzender und schmiegten sich an den wachsenden Stengel, die Blume neigte sich nach ihm zu, und die Blütenblätter zeigten einen blauen ausgebreiteten Kragen, in welchem ein zartes Gesicht schwebte. Sein süßes Staunen wuchs mit der sonderbaren Verwandlung, als ihn plötzlich die Stimme seiner Mutter weckte (…)“
In der blauen Blume verbinden sich nicht nur Natur, Mensch und Geist; sie symbolisiert das Streben nach der Erkenntnis der Natur und - daraus folgend - des Selbst.
[Bearbeiten] Symbol-Verwendung
[Bearbeiten] Andere Dichter
Joseph Freiherr von Eichendorff schrieb ein Gedicht über „Die blaue Blume“. Adelbert von Chamisso meinte, im Harz die „blaue Blume der Romantik“ gefunden zu haben, Heinrich Zschokke benutzte sie als Sehnsuchts- und Liebessymbol in der Novelle „Der Freihof von Aarau“. Goethe suchte vor allem in Italien seine „Urpflanze“, die in einigen Deutungsbereichen der „blauen Blume“ entspricht. Hertha Vogel-Voll verwendete die Blaue Blume in ihrem Kunst-Märchen „Die Silberne Brücke“ als Element, das dem Märchen (als Figur) seine magische Kraft verleiht.
[Bearbeiten] Malerei
Der Düsseldorfer Landschaftsmaler Fritz von Wille (1860–1941) malte 1906/1907 eine Ansicht der Kapelle am Totenmaar in der Eifel mit einem großen Hang blauer und weißer Blumen im Vordergrund. Das Bild erhielt den Titel „Die blaue Blume“, wurde 1908 von Kaiser Wilhelm II. erworben und trägt bis heute zum besonderen Prestige des Malers bei. Wille, ein verspäteter Romantiker, wählte den Titel vielleicht unter dem Eindruck der Neoromantik zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
[Bearbeiten] Sehnsucht nach der Ferne
Das Symbol „Blaue Blume“ verbindet man in der Kunst, in Zusammenhang mit dem Ausdruck der Romantischen Künstler in ihren Bildern. Dadurch wird heute der Leitsatz „Sehnsucht nach der Ferne“, oft mit dem Symbol „Blaue Blume“ gleichgesetzt. Beispiel für typische Gemälde: „Kreidefelsen“ von Caspar David Friedrich. Erkennbar ist das Lebensgefühl an den "in die Ferne blickenden" Personen, die mit dem Rücken zum Betrachter stehen. Auch an den oftmals toten Bäumen, kalten Felsen und tristen, dunklen Farben im Vordergrund. Der verträumte, weite Hintergrund bewirkt im Betrachter den Wunsch ebenfalls auf das Meer hinaus, in die Nebelschwaden o.ä. zu fliehen.
[Bearbeiten] Wandervogel-Bewegung
1960 veröffentlichte Werner Helwig erstmalig sein „Die Blaue Blume des Wandervogels“ benanntes Buch zur Geschichte der Jugendbewegung. Innerhalb des romantischen Wandervogels sind verschiedene Lieder entstanden, die das Symbol aufgegriffen haben.
Zitat aus dem Lied „Wir wollen zu Land ausfahren“, Text von Hjalmar Kutzleb:
- „Es blühet im Walde tief drinnen die blaue Blume fein, die Blume zu gewinnen, ziehn wir in die Welt hinein. Es rauschen die Bäume, es murmelt der Fluß, und wer die blaue Blume finden will, der muß ein Wandervogel sein.“
Zitat aus einem weiteren Wandervogel-Lied („Wenn hell die goldne Sonne lacht“):
- „Wenn hell die goldne Sonne lacht, muß in die Welt ich ziehn, denn irgendwo muß voller Pracht die blaue Blume blühn. So wandre ich landauf, landab, such dieses Blümelein, und erst wenn ich's gefunden hab, stell ich das Wandern ein. Im Wald die kleinen Vögelein, hab' ich umsonst gefragt: Wo find ich dieses Blümelein? Man hat mir's nicht gesagt. Ich suchs auf weiter grüner Au und werde nicht mehr froh. Das einzig schöne Blümlein blau, es blüht doch irgendwo! Und lacht mir einst das große Glück im Auge einer Maid. Leb wohl mein Schatz, ich kehr zurück, noch hab ich keine Zeit. Wenn hell die goldne Sonne lacht, muß in die Welt ich ziehn, denn irgendwo muß voller Pracht die blaue Blume blühn.“
[Bearbeiten] Studentenbewegung
In Berlin kam um 1968 im Rahmen der Studentenbewegung die Losung „Schlagt die Germanistik tot, färbt die blaue Blume rot!“ auf, womit die Verfasser vermutlich die Germanistik als „erstarrte Wissenschaft“ bezeichnen wollten und eine weltanschaulich linke Ausrichtung dieser Disziplin befürworteten.
[Bearbeiten] Literatur
- Werner Helwig: Die Blaue Blume des Wandervogels. Deutscher Spurbuchverlag, Baunach 1998. ISBN 3-88778-208-9.