American Folk Blues Festival
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Das American Folk and Blues Festival ist eine Folk- und Blues-Tourneeserie in Europa. Ziel war es, vielen US-amerikanischen Bluesmusikern einen Auftritt auf internationalen Bühnen und besonders in Europa zu ermöglichen.
Die ab 1962 von Horst Lippmann und Fritz Rau präsentierten Festivals lösten die erste große Blues-Begeisterung aus – vor allem in Großbritannien, wo Bands wie z. B. die Animals oder Yardbirds als Begleitband für Sonny Boy Williamson fungierten. Horst Lippmann und Fritz Rau versuchten das gesamte Spektrum des Blues abzudecken, was natürlich nicht immer möglich war. So wurden verschiedene regionale Stile und Traditionen berücksichtigt; sie legten Wert darauf, dass immer eine weibliche Bluesmusikerin vorgestellt wurde und dass neben den Stars auch unbekanntere Musiker zum Zug kamen – letzteres galt besonders für die späteren Festivals. Ein besonderer Clou gelang den Veranstaltern damit, dass sie das deutsche Fernsehen dazu brachten, die Shows in Form von Live-Auftritten oder aber live eingespielten Studiokonzerten (ohne Publikum) für die (zumindest theoretische) breite Masse aufzubereiten.
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[Bearbeiten] 1962
Die erste Festival-Tournee bereiste die BRD, die Schweiz, Österreich, Frankreich und Großbritannien. Dabei traten die Musiker in so legendären Orten wie z.B. dem OLYMPIA in Paris oder dem Titania-Palast in Berlin auf, während ihre Musik sonst in den USA eher gering geschätzt worden war. Teilnehmende Musiker waren: John Lee Hooker, Memphis Slim, der Sänger und Bluesharpspieler Shakey Jake Harris (1921 -1990) (ein Onkel von) Magic Sam; T-Bone Walker, die ehemalige Count-Basie-Sängerin Helen Humes(1913 - 1981), Willie Dixon, der Schlagzeuger Armand „Jump“ Jackson, Brownie McGhee, Sonny Terry. Bei der deutschen Fernsehproduktion wirkte noch ein weißer, nicht näher erwähnter Studiopianist bei einigen Helen-Humes-Titeln mit.
[Bearbeiten] Kritik aus dem Jahre 1962
Die britische Jazz-Zeitschrift JAZZ MONTHLY beschrieb in ihrer Dezember Ausgabe des Jahres 1962 zwei Auftritte in Manchester. Die Halle war gut gefüllt, aber bei weitem nicht ausverkauft, viele pure" Jazzfans waren wohl lieber zu Hause geblieben, weil Blues zu der Zeit in Europa eher als Teil des Jazz gesehen wurde und nicht als eigenständige Musik. John Lee Hooker eröffnete beide Auftritte solo und spielte zwei Lieder, was vom Publikum gut aufgenommen, aber als zu kurz empfunden wurden. Im Anschluss daran spielte Memphis Slim, der von der Rhythmusgruppe Dixon/Jackson begleitet wurde. Er war zu der Zeit von anderen Jazzkritikern kritisiert worden, dass sein Pianostil stark auf Wiederholungen aufbaute und sein Tempo nicht immer das sicherste wäre; der Autor von JAZZ MONTHLY verteidigte aber diesen Stil, in dem er vor allem Slim's Begleitung von Willie Dixons Sitting and Crying the Blues, das Slims Versionen von Going Down Slow und Just a Dream folgt, hervorhob. Memphis Slims Gesang wurde als „beeindruckend“ bezeichnet. Zwischendurch betätigte sich Dixon während des Auftrittes immer wieder als MC und Komiker, was wohlwollend aufgenommen worden war, aber leider durch den engen Zeitrahmen auf Kosten der Musik ging.
Sonny Terry und Brownie McGhee spielten ein relativ langes Set mit fünf bzw. sechs Stücken, was aber sehr gut ankam und bejubelt wurde. Der Kritiker meinte in dem Artikel, da das Duo schon sehr bekannt und in der Vergangenheit schon öfter zu sehen gewesen war, hätte hier zu Gunsten von anderen Künstlern gekürzt werden können. Zuweilen verdächtigte er die beiden des polierten Spiels und somit einer fehlenden „Authentizität“. Ein Vorwurf, der dem Duo später öfter gemacht wurde. Dennoch wussten die beiden auch den Autor mit dem von ihm nicht erwarteten Jim Jackson’s Kansas City Blues zu überraschen.
Shakey Jake Harris spielte als nächster mit Slim/Dixon/Jackson als Band. Er wurde als solide aber nicht sehr eigenständig bezeichnet, dafür aber als „authentisch“. Darüber hinaus wünschte sich der Autor eine etwas modernere Begleitung als durch die erwähnte Band.
T-Bone Walker riss nicht nur durch sein Spiel und Gesang (MEAN MISTREATER BLUES und STORMY MONDAY), den er aber nur spärlich einsetzte, das Publikum mit, sondern auch durch seine Bühnenshow (Gitarre hinter dem Kopf spielen, Spagat etc.), die das britische Publikum seit Lionel Hampton ( auf die Trommel springen etc.) nicht mehr gesehen hatte.
Den Abschluss bildeten Helen Humes mit Walker/Dixon/Jackson und einem unbekannten europäischen(?) Pianisten. Ihr Stil wird als Mix aus Swing und dem klassischen Blues der Zwanziger beschrieben. Dixon/Jackson waren stilistisch eher gewöhnt den schwereren Chicago Beat statt des leichteren Kansas City Swing zu spielen, was man auch hörte. Walker machten beide Stile kein Problem. Humes sang neben ihren Hit aus den späten Vierzigern MILLION DOLLAR SECRET noch zwei Blues und das Jazzstück BABY WON'T YOU PLEASE COME HOME. Sie hatte laut des Kritikers manchmal Probleme mit den ganz hohen Tönen, was aber den Gesamteindruck nicht schmälern sollte.
[Bearbeiten] 1963
Teilnehmende Musiker: Muddy Waters, Otis Spann, Memphis Slim, Willie Dixon, die Sängerin, Pianisten und Plattenproduzentin Victoria Spivey; der Schlagzeuger Bill Stepney, Willie Dixon, der Gitarrist Matt Murphy (geboren 1929), welcher zu der Zeit ein sehr gefragter Studiomusiker war und u.a. bei einigen CHESS-Aufnahmen von Chuck Berry zu hören ist, in den 70er Jahren bei James Cotton und danach bei den Blues Brothers spielte; Sonny Boy Williamson, Big Joe Williams, Lonnie Johnson
[Bearbeiten] 1964
Die Tournee beinhaltete Auftritte in der BRD, DDR, West-Berlin Sportpalast, Schweden, Dänemark, Norwegen, der Schweiz, Großbritannien, Frankreich. Teilnehmende Musiker waren: Sonny Boy Williamson, Sunnyland Slim, Hubert Sumlin, Howlin' Wolf, Lightnin’ Hopkins, der Bluesharpspieler Hammie Nixon (1908-1984), welcher mit dem Sänger und Gitarristen Sleepy John Estes (1904-1977) als Duo auftrat; die Blues- und Soul-Sängerin Sugar Pie De Santo, die mit ihrer Cousine Etta James beim CHESS Label ein Duett aufnahm; der Schlagzeuger Clifton James (geboren 1936), welcher ein gut beschäftigter Drummer in Chicago war und u. a. mit Bo Diddley und Johnny Shines, Big Walter Horton aufnahm; und der Country-Blues-Gitarrist John Henry Barbee (1905-1964), der wegen Krankheit die Tournee abbrechen musste, einige Tage später in Chicago einen Autounfall mit Fahrerflucht verursachte, in U-Haft genommen wurde und einen tödlichen Herzinfarkt erlitt.
[Bearbeiten] 1965
Teilnehmende Musiker waren: Buddy Guy, J. B. Lenoir, der Pianist und Sänger Eddie Boyd (1914-1994) - Komponist des Bluesklassikers FIVE LONG YEARS und seit den 30er Jahren in Chicago aktiv, der sich anschließend entschloss, Europa zu seiner Heimat zu machen; Big Mama Thornton Originalsängerin von BALL AND CHAIN und HOUND DOG, welche später von Janis Joplin bzw. Elvis Presley gecovert wurden; Doctor Ross (1925-1993), ein Bluesharpvirtuose und eine One-man-band, welcher schon für SUN RECORDS, der ersten Plattenfirma von Elvis Presley in den 50's aufgenommen hatte; John Lee Hooker, Big Walter Horton, dem Sänger und Gitarristen Jimmie Lee Robinson (1931-2003), der – wie häufig – in der Hauptsache hier E-Bass spielte, in den 50er Jahren in der Eddie-Taylor-Band spielte und in den 90er Jahren eine Bürgerinitiative gegen das „Plattsanieren“ der Gegend um die MAXWELL STREET in Chicago ins Leben rief; mit Fred Below (1926-1988) war der stilprägende Bluesdrummer schlechthin für den Rhythmus verantwortlich; Fred McDowell (1905- 1972), dessen YOU GOT TO MOVE die Rolling Stones coverten.
[Bearbeiten] 1966
Teilnehmende Musiker waren: die beiden Pianisten Roosevelt Sykes (1906-1983) und Eurreal „Little Brother“ Montgomery (1906-1985), welche schon seit den späten 20er bzw. frühen 30er Jahren Platten aufgenommen hatten, aber den Sprung in den Chicago Blues der 50's geschafft hatten, in dem sie z. B. Otis Rush auf seinen COBRA RECORDS-Aufnahmen begleiteten, der ebenfalls am Festival von 1966 teilnahm und mit seinen 32 Jahren genau wie Junior Wells für die neue schwarze Bluesgeneration stand, die sich erstmalig den europäischen Jazz - aber vor allem Rockfans präsentierte. Der E-Bassist Jack Myers und der Schlagzeuger Fred Below, der früher mit Little Walter's Original Band the ACES spielte - bildeten die Rhythmusgruppe. Mit Robert Pete Williams (1914-1980) konnte das Festival mit einem Countrybluesgitarristen aus Louisiana aufwarten, der auf der Höhe seiner Schaffenskraft war, nachdem er zwei Jahre zuvor das schon beim Newport Folk Festival unter Beweis gestellt hatte. Er hatte einen sehr eigenen Stil und man konnte ihn mit keinen anderen Musiker vergleichen. Er spielte Country Blues, aber eine neue Version, sowohl bei seinen Originalen wie bei Coverversionen. Das ist bemerkenswert, da sonst viele vorherige Teilnehmer der Festivals, die diese Stilrichtung spielten, schon damals mehr als ein Hauch von Nostalgie" umwehte. Der Sänger Big Joe Turner (1911-1985) nahm (mit dem Boogie-Woogie-Pianisten Pete Johnson (1904-1967)) Ende der 30er Jahre den Rhythm and Blues schon vorweg, eher dieser nach dem zweiten Weltkrieg richtig erblühte. Später inspirierte er die ersten Rock and Roller wie Bill Haley und Elvis Presley, die beide SHAKE, RATTLE AND ROLL aufnahmen. Er wurde auf dem Festival von Otis Rush, der Rhythmusgruppe und wahlweise von den beiden Pianisten begleitet. Sippie Wallace (1898-1986) wurde dem klassischen Blues zugerechnet, deren bekannteste Vertreter Bessie Smith und Ma Rainey schon jahrzehntelang tot waren und rundete das Programm ab. Sie war zusammen mit Alberta Hunter und Victoria Spivey eine der letzten Vertreterinnen einer Musikära.
[Bearbeiten] Weblinks
- American Folk Blues Festival Diskografie
- Scout Records Diskografie (Erstes Lippmann & Rau Plattenlabel mit Aufnahmen des AFBF)
- L+R Records Diskografie (Zweites Lippmann & Rau Plattenlabel mit Aufnahmen des AFBF)