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Österreichisch-Tschechischer Ausgleich – Wikipedia

Österreichisch-Tschechischer Ausgleich

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Als Österreichisch-Tschechischer Ausgleich, auch deutsch-tschechischer Ausgleich oder deutsch-böhmischer Ausgleich, wird der innerhalb der österreichischen Reichshälfte Österreich-Ungarns angestrebte politische Ausgleich zwischen der Bevölkerungsmehrheit der Tschechen und der deutschsprachigen (im Selbstverständnis deutschen) Minderheit im Königreich Böhmen bezeichnet.

Die politische Partei der Alttschechen entstand nach dem Slawenkongress von 1848 aus den tschechischen Slawophilen. Ihre wichtigsten Vertreter František Palacký und dessen Schwiegersohn František Ladislav Rieger, die zunächst die Einheit aller Slawen auf österreichischem und ungarischem Boden sowie die Umwandlung des Kaiserreiches in eine slawisch-dominierte und mit Russland verbündete Föderation anstrebten.

Seit dem österreichisch-ungarischen Ausgleich von 1867 gehörte Böhmen zum cisleithanischen Teil der Doppelmonarchie. Die Alttschechen beschränkten sich vorerst darauf, auf eine kulturelle Wiedergeburt der Tschechen hinzuarbeiten (Nationaltheater) und einen dem österreichisch-ungarischen Ausgleich ähnlichen österreichisch-böhmischen Ausgleich zu fordern. 1871 beschloss der böhmische Landtag die Schaffung einer autonomen Verfassung (Fundamentalartikel) und verhandelte mit Wien über einen politischen Ausgleich, der jedoch von der Deutsch-Liberalen-Verfassungspartei verhindert wurde. Unter dem konservativen österreichischen Ministerpräsident Eduard Taaffe wurde 1880 Tschechisch neben Deutsch wieder Amtssprache in Böhmen. Jedoch wurden nur Gemeinden mit bedeutendem tschechischen Bevölkerungsanteil zweisprachig verwaltet. 1882 spaltete sich von der damals weitgehend deutschen Karls-Universität eine tschechische ab. Ebenfalls 1882 wurde das Wahlrecht etwas demokratischer, ein Vorteil für die im Durchschnitt etwas ärmeren Tschechen. Seit 1883 hatten sie die Mehrheit im böhmischen Landtag. Da es aber immer noch ein Zensuswahlrecht war, hatte die Stadt Budweis zwar seit den 1880er Jahren eine tschechische Bevölkerungsmehrheit, aber bis zum Ende der Habsburgerzeit einen mehrheitlich deutschen Stadtrat.

Die Alttschechen unternahmen vor 1890 einen weiteren Versuch einer tschechisch-österreichischen Einigung. Mit dem Wahlsieg der panslawistischen Jungtschechen über die Alttschechen 1890 eskalierte jedoch der Sprachen- und Machtkampf zwischen Tschechen und Deutschen in Böhmen und im Wiener Reichsrat weiter. 1897 erließ der österreichische Ministerpräsident Graf Badeni eine Nationalitätenverordnung für Böhmen und Mähren, nach der dort alle politischen Gemeinden zweisprachig zu verwalten waren. Damit avancierte Tschechisch in beiden Kronländern von einer Minderheitensprache zur Nationalsprache. Daraufhin legten deutsche Abgeordnete den österreichischen Reichsrat lahm. Aufgrund der Boykotte im Parlament und vor Ort musste die Regierung schließlich zurücktreten und 1899 wurde die Nationalitätenverordnung wieder aufgehoben. Seither blockierten die tschechischen Abgeordneten die Parlamentsarbeit in Wien und die deutschen die in Prag. Der Führer der Jungtschechen Karl Kramár forderte die Föderalisierung des Reiches zugunsten der tschechischen Mehrheit in Böhmen und Mähren und deren Vereinigung mit der ungarischen Slowakei. Der angestrebte deutsch-tschechische Ausgleich, den die konservativeren Alttschechen gesucht hatten, scheiterte wohl endgültig mit den Reichsratswahlen im Jahr 1911, was schließlich zur Auflösung des böhmischen Landtages durch das kaiserliche Patent vom 26. Juli 1913 führte.

Im Ersten Weltkrieg gingen jungtschechische Politiker wie Tomáš Garrigue Masaryk ins Exil, um die Konstituierung eines autonomen tschecho-slowakischen Staates zu erreichen. Zwar versuchte am 17. Oktober 1918 Kaiser Karl I. nochmals sein Reich zusammenzuhalten, indem er versprach, nach dem Krieg eine bundesstaatliche Ordnung zu kreieren. Dies wurde aber von den meisten tschechischen Politikern abgelehnt. Am 28. Oktober 1918 wurde die Tschechoslowakische Republik gegründet.

[Bearbeiten] Literatur

  • Robert A. Kann: Das Nationalitätenproblem der Habsburgermonarchie. Geschichte und Ideengehalt der nationalen Bestrebungen vom Vormärz bis zur Auflösung des Reiches im Jahre 1918. Band 1: Das Reich und die Völker. Graz/Köln 1964.
  • Ernst Rutkowski: Briefe und Dokumente zur Geschichte der österreichisch-ungarischen Monarchie. 1983, Oldenbourg Wissenschaftsverlag. ISBN 3486518313


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