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Richard Sorge – Wikipedia

Richard Sorge

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Richard Sorge auf einer DDR-Briefmarke
Richard Sorge auf einer DDR-Briefmarke

Richard Sorge (* 4. Oktober 1895 in Adjikent, Baku, Russisches Reich (heute Aserbaidschan); † 7. November 1944 in Tokio, Japan) war ein deutscher Journalist und Spion für die Sowjetunion in Japan während des Zweiten Weltkriegs.

Sein Pseudonym lautete R. Sonter, sein GRU-Deckname „Ramsay“.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

Richard Sorges Eltern waren der deutsche Ingenieur Wilhelm Sorge und dessen russische Frau Nina. Er hatte insgesamt acht Geschwister. Die Familie zog 1898 von Aserbaidschan nach Deutschland. Richard Sorges Großonkel, Friedrich Adolf Sorge, war einer der Weggefährten von Karl Marx gewesen und Mitbegründer der I. Internationale.

Bei Beginn des Ersten Weltkrieges meldete sich Sorge freiwillig zum Militärdienst. Er trat in ein Artilleriebataillon ein und wurde an die Westfront versetzt. Dort wurde er im März 1916 durch Granatsplitter schwer verwundet, die ihm beide Beine brachen. Durch die Verwundung blieb er für den Rest seines Lebens körperlich beeinträchtigt. Er wurde allerdings zum Unteroffizier befördert, erhielt das Eiserne Kreuz und wurde aus der Armee entlassen. Während seiner Genesung befasste sich Sorge mit den Werken von Marx und Engels. Später studierte er Ökonomie und Politikwissenschaften in Berlin, Kiel und Hamburg. Im Jahre 1920 erhielt er mit einer Dissertation über Die Reichstarife des Zentralverbandes deutscher Konsumvereine den Titel des Dr. rer. pol. Zu dieser Zeit beteiligte sich Sorge an den KP-Umsturzunruhen in Hamburg und wurde Mitglied der KPD. Durch seine politischen Ansichten verlor er eine Anstellung als Lehrer und später eine andere als Bergarbeiter.

1921 heiratete er Christiane Gerlach, die geschiedene Frau seines Professors Kurt Gerlach, der einer reichen jüdischen Familie entstammte und wie er linksgerichtete Anschauungen vertrat. In Solingen wurde er hauptamtlicher Journalist der Zeitung Bergische Arbeiterstimme, schied allerdings auf Wunsch seiner Parteigenossen bereits 1922 wieder aus. Im selben Jahr zog er nach Frankfurt am Main und wurde Mitglied der Gesellschaft für Sozialforschung, dem formellen Verein für die Gründung des Instituts für Sozialforschung. Er war einer von zwei Hauptassistenten des Instituts während des Jahres 1924. 1923 hatte Sorge maßgeblichen Anteil an den Revolutionsversuchen der Kommunisten im Ruhrgebiet.

[Bearbeiten] Tätigkeit im Nachrichtendienst

1924 reiste er nach Moskau, wo er seine Kontakte zum sowjetischen Geheimdienst verstärkte. Seine Frau und er wurden zunächst im berüchtigten Hotel „Lux“ der Komintern untergebracht. Seine Ehe wurde aber etwa zu dieser Zeit geschieden. 1925 wurde er Mitglied in der KPdSU. Ab 1929 spionierte er in der Tarnung eines deutschen Pressevertreters für den sowjetischen Geheimdienst in China. Er arbeitete in den nächsten Jahren ausschließlich für die GRU unter Jan Bersin, bis er 1930 nach Shanghai entsandt wurde, um für die Sowjetunion zu spionieren. Hier lernte er den japanischen Journalisten Ozaki Hotsumi kennen, mit dem er später zusammenarbeiten sollte.

Anschließend zog er nach Deutschland, mit dem Auftrag, als deutscher Journalist nach Japan zu gelangen und von dort an den sowjetischen Geheimdienst zu berichten. Am 6. September 1933 kam er in Yokohama an. Offiziell arbeitete er als Korrespondent der Frankfurter Zeitung. In den folgenden Jahren baute er ein Netzwerk aus Informanten auf, die bis in höchste japanische Regierungskreise reichten. Geleitet wurde Sorge in den Jahren 1936/37 von Moskau aus durch Boris Guds, der zuvor seit 1934 für zwei Jahre in Tokio als Botschaftssekretär tätig gewesen war.

Über Ozaki Hozumi lernte er sogar den japanischen Premier Konoe Fumimaro kennen. Ozaki kopierte geheime Dokumente, die Sorge nach Moskau weiterreichte. Offiziell trat Sorge der NSDAP bei, arbeitete mit dem deutschen Nachrichtendienst zusammen und redigierte das Informationsblatt der deutschen Botschaft. Sorge gelang es auch, einen großen Einfluss auf den Botschafter Generalleutnant Eugen Ott auszuüben. Somit konnte er die Zuverlässigkeit seiner Quellen überprüfen. Er informierte den sowjetischen Geheimdienst u.a. über den Antikomintern-Pakt zwischen dem Deutschen Reich und Japan und warnte vor dem Angriff auf Pearl Harbor. Er informierte Stalin auch über den drohenden Angriff der deutschen Wehrmacht (Unternehmen Barbarossa) mit genauen Informationen über den Tag, die Stärke und die Richtungen des Angriffs, die jedoch als Fehlinformationen ignoriert wurden. Vor der Schlacht um Moskau übermittelte Sorge die Information, dass Japan die Sowjetunion nicht, wie befürchtet, im Osten angreifen würde. Durch diese kriegsentscheidende Information konnte Marschall Schukow Truppen aus Sibirien abziehen und den deutschen Vormarsch 25 km vor dem Kreml stoppen. Bei Chimki, einem Ort an der Moskauer Stadtgrenze auf dem Weg zum Flughafen Scheremetjewo, erinnert noch heute ein Denkmal an jenen Wendepunkt der Weltgeschichte.

Seit 1939 hatte Richard Sorge gemeinsam mit seinem Funker Max Clausen, Deckname: „Fritz“, über 65.000 Wörter in 141 Funksprüchen und zahlreiche Mikrofilme per Kurier nach Moskau übersandt.

Die allgemein verbreitete Auffassung, Sorges Funksprüche seien abgehört worden, dürfte ebenso unzutreffend sein wie die Verdächtigungen gegen seinen Funker. Zum Verhängnis wurde ihm vielmehr die Observierung japanischer Exilkommunisten durch den japanischen Geheimdienst, in deren Verlauf eine seiner Kontaktpersonen aufgedeckt wurde. Sein Gehilfe Ozaki wurde am 14. Oktober, Sorge selbst am 18. Oktober 1941 verhaftet.

Am Jahrestag der Oktoberrevolution, am 7. November 1944 wurden Richard Sorge sowie sein Mitarbeiter Ozaki Hozumi in Japan gehenkt. Richard Sorge wurde dort auch beerdigt. Später verlegte Sorges Geliebte Hanako Ishii sein Grab von Zhogaya in der Nähe des Sugamo-Gefängnis auf den Friedhof Tama Reien. Für Stalin stellte Sorge ein Sicherheitsrisiko dar, weil Sorge Stalins schwerwiegende Fehleinschätzung bezüglich des Unternehmen Barbarossa bekannt war. Das erklärt auch, warum Sorge von Moskau fallengelassen wurde.

Nach seiner Rehabilitierung während des Tauwetters der Chrustschow-Ära wurde ihm 1964 postum der Titel Герой Советского Союза - Held der Sowjetunion verliehen.

In seinem Buch Der Fall Sorge äußert der Autor Hans-Otto Meissner den Verdacht, dass Richard Sorge nicht getötet wurde, sondern nach seiner Verhaftung für die Japanische Abwehr tätig war. Einige Ungereimtheiten nach der erfolgten Inhaftierung sprechen dafür, die Sicherstellung japanischer Akten durch die Westmächte lieferte jedoch keinen Anhaltspunkt für die Thesen dieses Autors.

[Bearbeiten] Ehrungen

  • 1964 posthume Ernennung zum Held der Sowjetunion
  • In Baku befindet sich im Richard-Sorge-Park ein Richard-Sorge-Denkmal, das eine für sowjetische Denkmäler ungewöhnliche Verspieltheit aufweist.
  • In Berlin erhielt die ehemalige Tilsiter Straße im Jahr 1969, am 25. Todestag, den Namen Richard-Sorge-Straße, an einem Eckhaus wurde eine kleine Bronzetafel angebracht.

[Bearbeiten] Filmische Verarbeitung

1954 drehte Veit Harlan einen seiner wichtigsten Nachkriegsfilme: Verrat an Deutschland. Hauptfigur des Films war Richard Sorge. Einen Tag nach der Münchner Uraufführung wurde der eineinhalb Millionen Mark teure Film abgesetzt und verboten. Erst nach starken Veränderungen konnte der Film die FSK passieren.

[Bearbeiten] Werke

  • Sorge, Richard (1919): Die Reichstarife des Zentralverbandes Deutscher Konsumvereine. Dissertation, Universität Hamburg.
  • Sorge, Richard (1988): Der neue deutsche Imperialismus. Mit einem Vorwort von Jürgen Kuczynski. Berlin. (Dietz Verlag) - Reprint der Erstausgabe (Hamburg: Hoym 1928); ISBN 3-320-01113-8

[Bearbeiten] Literatur

  • F. W. Deakin, G.R. Storry: Richard Sorge – Die Geschichte eines großen Doppelspiels. London 1965.
  • Sergej Goljakow, Wladimir Ponisowski: Richard Sorge – Kundschafter und Kommunist – Biografie. Verlag Neues Leben, Berlin 1982.
  • Juri Korolkow: Der Mann, für den es keine Geheimnisse gab – Richard Sorge in Tokio. Verlag Kultur und Fortschritt, Berlin 1967.
  • Isabel Kreitz: Die Sache mit Sorge – Stalins Spion in Tokio. Carlson Verlag, Hamburg 2008, ISBN 978-3-551-787-43-9. (Mit einer Dokumentation von Frank Giese)
  • Julius Mader, Gerhard Stuchlik, Horst Pehnert: Dr. Sorge funkt aus Tokyo – Ein Dokumentarbericht über Kundschafter der Friedens mit ausgewählten Artikeln von Richard Sorge. Deutscher Militärverlag, Berlin 1966.
  • Julius Mader: Dr.-Sorge-Report – Ein Dokumentarbericht über Kundschafter des Friedens mit ausgewählten Artikeln von Richard Sorge. Militärverlag, Berlin 1985.
  • Hans-Otto Meissner: Der Fall Sorge. Lingen Verlag, Köln 1974. Überarbeitete und aktualisierte Neuausgabe.
  • Janusz Piekałkiewicz: Die Schlacht um Moskau – Die erfrorene Offensive. 1981, ISBN 3-7857-0290-6.
  • Osamu Tezuka: Adolf 4: Zwischen den Fronten. Carlsen-Verlag, Hamburg 1983.
  • Heiner Timmermann, Sergej A. Kondraschow, Hisaya Shirai (Hrsg.): Spionage, Ideologie, Mythos – Der Fall Richard Sorge. LIT-Verlag, Münster 2005, ISBN 3-825-87547-4.
  • Robert Whymant: Stalin's Spy – Richard Sorge and the Tokyo Espionage Ring. Tauris Publishers, London / New York 1997.
  • Robert Whymant: Richard Sorge – Der Mann mit den drei Gesichtern. Hamburg 1999, ISBN 3-434-50407-9.

[Bearbeiten] Medien

  • Film 1954: Verrat an Deutschland (Der Fall Dr. Sorge) Regie: Veit Harlan
  • Film 1960: Wer sind Sie, Dr. Sorge?
  • Film 2003: Spy Sorge (dt. Titel: Richard Sorge - Spion aus Leidenschaft)

[Bearbeiten] Weblinks


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