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Ostara – Wikipedia

Ostara

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Dieser Artikel befasst sich mit der Göttin Ostara, für andere Bedeutungen siehe Ostara (Begriffsklärung).
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Jugendstil-Darstellung von Ostara
Jugendstil-Darstellung von Ostara

Ostara ['o:stara] ist ein von Jacob Grimm durch philologische Vergleiche als Name hergeleiteter Begriff für eine vermeintliche germanische Frühlingsgöttin. Als Quelle bezog sich Grimm dabei auf den angelsächsischen Mönch und Kirchenhistoriker Beda, der das Wortes „Easter“ (Ostern) mit einer früheren germanischen Göttin namens "Eostrae" erklärte. In der Romantik fand Grimms Annahme einer Ostara starken Anklang, wurde seither oft für die Erklärung von Osterbräuche herangezogen und fand so bis in die jüngste Vergangenheit Eingang in Lexika und Schulbücher [1]. In der Fachwissenschaft ist die Annahme einer germanischen Ostara schon länger umstritten und wird oft abgelehnt [2]. Bei neuheidnischen Kreisen und in der Esoterik erfreut sie sich weiterhin großer Beliebtheit und findet hier zahlreiche Verteidiger.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Quellen

[Bearbeiten] Beda Venerabilis

Beda Venerabilis in einem mittelalterlichen Manuskript
Beda Venerabilis in einem mittelalterlichen Manuskript

Im 8. Jahrhundert erklärt der englische Kirchenhistoriker Beda Venerabilis (673-735) in seinem Werk „De temporum Ratione, einer der wichtigsten Quellen über die Bekehrung der Angelsachsen, die Herkunft des Wortes Ostern mit einer Göttin Eostrae, die dem Eosturmonath (April; ahd. ôstarmânôt) seinem Namen verliehen haben soll.

„Eostur-monath, qui nunc paschalis mensis interpretatur, quondam a dea illorum, quae Eostrae vocabatur, et cui in illo festa celebrabant, nomen habuit; a cuius nomine nunc paschale tempus cognominant, consueto antiquae observationis vocabulo gaudia novae solemnitatis vocantes “

„Der Eosturmonath, heute Passahmonat bezeichnet, war früher benannt nach einer ihrer Göttinen welche Eostre genannt wurde, zu deren Ehren Feste in diesem Monat gefeiert wurden. Jetzt benennen sie die Passahzeit mit ihrem Namen, womit die Freuden der neuen Feierlichkeit unter dem Namen der altehrwürdigen Göttinnenverehrung angerufen werden.“

– De temporum Ratione Kap. 15

[Bearbeiten] Jacob Grimm

Jacob Grimm spekuliert in seinem Werk Deutsche Mythologie über eine germanische Göttin mit dem Namen Ostara, auf der Basis von Bedas Eostrae: „Die beiden göttinnen, welche Beda (de temporum ratione cap. 13) ganz kurz, ohne nähere schilderung, bloß zur erklärung der nach ihnen benannten monate anführt, sind Eástre und Hrede; von dieser hat der merz, von jener april seinen sächsischen namen.“[3] Grimm zieht weitere etymologische Indizien heran; unter anderem den bei Eginhard erwähnten „ôstârmanoth“[4] (Ostermonat ahd. für April), und kommt zu dem Schluss: „Ostara, Eástre mag also Gottheit des strahlenden Morgens, des aufsteigenden Lichts gewesen sein, eine freudige, heilbringende Erscheinung, deren Begriff für das Auferstehungsfest des christlichen Gottes verwandt werden konnte.“

[Bearbeiten] Skandinavien

In der isländischen Dichtung der Edda und in der skandinavischen Skaldendichtung gibt es keine Hinweise auf eine Göttin, die der angelsächsischen Eastre entsprechen könnte. Auch die Vorstellung einer Frühlingsgöttin oder einer Morgengöttin des aufsteigenden Lichts erscheint nicht in der nordischen Literatur.

[Bearbeiten] Etymologische Diskussionen

[Bearbeiten] Überlieferungen

Über Bedas Erwähnung der Eostrae deuten einzelne Autoren die folgenden Hinweise als Belege für die Existenz einer germanischen Götting Ostara bzw. Eastre:

  • Flur- und Ortsnamen wie Osterode, Osterholz oder Oesch (auch Austerthal geschrieben [5]) . Doch ist bei sämtlichen Ortsnamen ein Bezug zur östlichen Himmelsrichtung natürlicher und wird von der Ortsnamenforschung auch so zumeist vertreten.
  • Die Bezeichnung eines Steinblocks in Westfalen »im Oestern« wird auf Ostara abgeleitet, doch handelt es sich hier um Volksglauben [6]. Der aus der selben Gegend stammende „Osta-Stein“ - eine im 16. Jh. gefundene Votivtafel - wird von Befürwortern der Ostarathese als Beweis hervorgebracht. Die Tafel ist nur noch in Nachzeichnungen erhalten und zeigt eine männliche oder weibliche Figur mit Hörnerhelm, die ein überquellendes Füllhorn trägt, und daneben einen Kreis (als Sonne oder Vollmond gedeutet) und einen Halbmond. Zudem zeigt die Zeichnung einen Runenspruch: »dhu gautar osta, ous il sin grosta –« (in etwa: »Du guter Osta, aus deinem Antlitz leuchtet -«). Weder der Stein noch die Runeninschrift werden von der Forschung als echt anerkannt.
  • Als weitere Hinweise werden bisweilen auch Weihesteine der Matronae Austriahenae in der Umgebung der niederrheinischen Ortschaft Morken-Harff gewertet. Diese Matronen wurden von Johannes Hoops als Schutzgöttinnen der Austriates[7] „die Östlichen, die im Osten wohnen“ gedeutet. Ebenfalls nachweisbar sind die Austriahenae in Hermühlheim bei Köln durch sieben römerzeitlichen Weihinschriften mit den Matronennamen Authrinehae, Auðrinehae, Audrinehar und Autriahenae. Sie sind wohl wie die meisten Matronennamen auf Orts-, Gau- oder Sippennamen zurückzuführen.
  • Im Frankenreich wurde der April „ôstarmânôt“ genannt, das mit dem Altenglischen „eastarmonath“ verwandt ist. Der zeitliche Ursprung der Benennungen ist nicht bekannt und damit auch, ob diese vom Osterfest inspiriert wurden oder das Osterfest nach den Monatsnamen benannt wurde.

[Bearbeiten] Andere Vorschläge zur Herkunft des Begriffes Ostern

Es gibt verschiedene andere Vorschläge für die Herkunft des Begriffes Ostern, die ohne einen Bezug auf Ostara bzw. Eostre auskommen:

  • Seit 1999 liegt z.B. ein Vorschlag Jürgen Udolphs vor, der den Begriff Ostern von einem nordgermanischen Wortstamm *ausa (Wasser schöpfen, gießen) herleitet, was er z.B. mit einem im Altwestnorwegischem bezeugtem abgeleiteten Wort *austra (im Sinne von „Wasser aus dem Schiffboden“ ausschöpfen und weggiesen) untermauert[8]. Die Verbindung zum heutigen Ostern wird dabei durch vorchristliche heidnische Taufpraktiken hergestellt. Nach Udolph lassen sich solche vorchristliche Praktiken in Skandinavien auflisten, in denen Neugeborene mit Wasser besprenkelt wurden und die mit „vatni ausa“ bezeichnet wurden. Wegen der österlichen Taufe als zentralem Ereignis der Osternacht wurde diese Bezeichnung von den Germanen später für die Osterfeiern übernommen.
  • Ein etwas älterer Vorschlag von Knobloch leitet Ostern von einer lateinische Fehlübersetzung ab. Demnach habe der lateinische Begriff "albae paschales" ursprünglich die Osterwoche bezeichnet. Im romanischen Frankreich sei der Begriff zuerst zu "albea" vekürzt worden. Dieses sei dann fehlerhaft auf "alba" (Morgenröte) bezogen worden, welches dann ins angelsächsische "ēastrōn" lehnübersetzt worden sei[9].

Keine dieser genannten bzw. sonstigen Alternativen ist heute allgemein akzeptiert; vielfach werden sie sehr kritisch gesehen. Kritisiert wird an Udolphs Thesen, dass solche Taufrituale zwar in vorchristlicher Zeit in Skandinavien tatsächlich belegt sind, aber für andere Teile des germanischen Kulturraumes umstritten sind. Auch ist nicht allgemein akzeptiert, dass diese skandinavischen Taufrituale, obwohl vor Einführung des Christentums belegt, nicht doch bereits auf sehr frühe Einflüsse des Christentums zurückzuführen sind. Weiter wird kritisiert, dass es bei den Alt-Sachsen keine Hinweise auf das im Skandinavischen belegte *ausa bzw. *austra für die Taufe gibt - als Wort für die Taufe wurde „diepan“ oder im Althochdeutschen „toufan“ verwendet. Zudem seien die Sekundärquellen, auf die Udolph sich stützt vielfach veraltet. Auch Knoblochs Vorschlag einer fehlerhaften Lehnübersetzung von dem lateinischen "albae" wird als nicht überzeugend bewertet[10].

[Bearbeiten] Entsprechungen

  • Anhand der vergleichenden Religionsforschung wird eine indoeuropäische Göttin der Morgenröte (*H2eusōs f.) angenommen, wie die indische Uṣāḥ, griechische Eos, römische Aurora und die litauische Aušrine zeigen. Eine germanische Göttin *Austrô kann dadurch aber nicht bewiesen werden und der Vergleich mit der altenglischen Eastre bleibt vage.
  • Der Beiname „ástagud“ (»Liebesgöttin«; zu ahd. anst »Gunst, Liebe«), den die Göttin Freyja in der jüngeren Edda (vgl. Skaldskaparmál Kap. 28) trägt, wird gelegentlich fälschlicherweise in etymologischen Zusammenhang mit Ostara gebracht wird.

[Bearbeiten] Zweifelhafte Göttin

[Bearbeiten] Kritik an Beda Venerabilis

Die Existenz der von Beda Venerabilis erwähnten Göttin Eostrae wird von vielen Wissenschaftlern bestritten oder zumindest stark angezweifelt.[11] So kam das Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens im Jahre 1935 zum Schluss: „Wenn schon eine angelsächsische Eostra auf schwachen Füßen stand, hielt die Forschung erst recht eine deutsche Göttin Ostara für nicht nachweisbar.“ [12]

[Bearbeiten] Kritik an Jacob Grimm

Grimm - wie auch allgemein die deutsche Romantik - war sehr interessiert an einer germanischen Religion als eigenständiger Grundlage deutscher Kultur und stellte den Bezug von Sagengestalten wie Frau Holle bzw. Perchta zur nordischen Göttin Frigg bzw. Freya her. Durch Grimms allgemeinen Einfluss auf die deutschen Sprachwissenschaft des 19. Jahrhunderts, fand Ostara eine weite Verbreitung. An Grimms Ableitung wird jedoch heute häufig kritisiert, dass er alternative Erklärungsansätze, wie das friesische Âsteron, das mittelhochdeutsche Ôsteren oder das althochdeutsche Wort für Ostern Ôstarûn gar nicht berücksichtigt hat, was jedoch unzutreffend ist, da Grimms Interpretation ja explizit auch auf dem althochdeutschen Wort Ôstarûn beruht.

[Bearbeiten] Aus der Rezeptionsgeschichte

[Bearbeiten] Rassenideologie und Neuheidentum im 20. Jahrhundert

Der österreichische Esoteriker und Nationalsozialist Jörg Lanz von Liebenfels veröffentlichte zwischen 1905 und 1930 unter dem Titel Ostara, Briefbücherei der Blonden und Mannesrechtler eine Zeitschrift mit rassistischen Inhalt, in der er auch den Landesnamen Österreich auf die angenommene germanische Göttin zurückführte.

Siehe auch: Ostara (Zeitschrift)

[Bearbeiten] Analytische Psychologie

In der Analytischen Psychologie in der Tradition von Carl Gustav Jung gilt Ostara als Ausprägung des so genannten Mutterarchetypes.

[Bearbeiten] Literatur

  • Hanns Bächtold-Stäubli: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens (HDA). Walter De Gruyter, Berlin und Leipzig 1929-1942, 1987, 2000, ISBN 3-11-016860-X.
  • Jan de Vries: Altgermanische Religionsgeschichte (2. Bände). Walter de Gruyter, Berlin 1970.
  • Karl Helm: Altgermanische Religionsgeschichte (2. Bände in 3. Teilen). Carl Winter, Heidelberg 1911-1953.
  • Ernst Alfred Philipsson: Germanisches Heidentum bei den Angelsachsen (Kölner anglistische Arbeiten Bd.4). Verlag Bernh. Tauchnitz, Leipzig 1929.
  • Rudolf Simek: Lexikon der germanischen Mythologie. Kröner Verlag, Stuttgart 1984-2005, ISBN 3-406-50835-9.

[Bearbeiten] Nachweise

  1. [http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/d/de/Meyers_b12_s0475.jpg vgl. z.B. Art. Ostara in Meyers Konversationslexikon (1885-90), Bd. 12, S. 475 - in google books; dagegen aus neuester Zeit
  2. [http://www.zeno.org/Meyers-1905/A/Ost%C4%83ra?hl=ostara vgl. Art. Ostăra in Meyers Großes Konversations-Lexikon (1905), wo bereits die fachlichen Zweifel deutlich werden
  3. Jacob Grimm: Deutsche Mythologie; Ausgabe, 1843, Göttingen, S. 266 Rechtschreibung im Original/ google books
  4. Einhart, Life of Charlemagne (Englische Übersetzung der Vita Karoli Magni)
  5. Mülh. Pfarrurbar v. 1610 u. 1630, S. 27 u. 184
  6. Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Bd. 6, S. 1316
  7. Reallexikon der germanischen Altertumskunde, 1999, S.278
  8. J.Udolph: Ostern, Geschichte eines Wortes. Universitätsverlag Winter (1999) ISBN 978-3825308667
  9. J.Knobloch: Der Ursprung von nhd. Ostern, engl. Easter. Die Sprache 5, 27
  10. D.H. Green: Book review: Ostern. Geschichte eines Wortes. The Modern Language Review, Vol. 96, No. 1 (2001), 247-249
  11. Da Beda die einzige Quelle für eine Göttin Eostrae ist, nehmen viele Forscher eine Erfindung Bedas in der Tradition der Etymologiae Isidor von Sevillas an. Andereseits gilt Beda Venerabilis als erster zuverlässiger Chronist der englischen Geschichte [1] siehe etwa Lowell Wilson
  12. HWDA Art. "Ostara" Sp. 1312 bei google-books

[Bearbeiten] Weblinks

Wiktionary
 Wiktionary: Ostara – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen und Grammatik


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