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Islamisierung – Wikipedia

Islamisierung

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Als Islamisierung wird der Übertritt von Mehrheiten oder ganzen Bevölkerungen oder Regionen zum Islam bezeichnet. Historisch fand dies vor allem durch die islamische Expansion im Mittleren und Nahen Osten sowie der iberischen Halbinsel im 7.-10. Jahrhundert statt.
Unter Re-Islamisierung wird die Rückbesinnung auf religiöse Werte und Traditionen verstanden, wie sie in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in einigen islamisch geprägten Ländern ihren Ausgangspunkt nahm.[1]

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Historische Islamisierung Europas

Quellenangaben
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Anders als die Konversion oder Bekehrung einer einzelnen Person umfasst der Begriff "Islamisierung" einen Umwandlungsprozess in historisch-politischer Dimension - teilweise analog zur Christianisierung. Doch wirkt heute das islamische Recht stärker nach als das christliche Kirchenrecht des Mittelalters, denn die Scharia verbietet bis heute dem Einzelnen eine Konversion zum Christentum.

In der Geschichte wurde, beginnend mit Mohammed, die Islamisierung meist durch die Eroberungsfeldzüge unter den ersten drei Kalifen Abu Bakr, Omar und Uthman eingeleitet. Gegen die maurische Herrschaft in Spanien richtete sich seit dem Hochmittelalter die Reconquista, durch die alle Muslime und Juden vertrieben oder zur Konvertierung zum Christentum gezwungen wurden (siehe dazu Conversos).

Die letzte Islamisierung auf europäischem Boden fand ab dem 15. Jahrhundert durch die Osmanen auf dem Balkan (Bosniaken, Albaner) statt, während sie in Griechenland durch den starken kulturellen Widerstand gegen die osmanische Vorherrschaft nur sehr begrenzt wirkte. Durchaus sind jedoch auch in diesen Gebieten Einflüsse auf die Bildende Kunst, auf die Musik (z.B. zahlreiche Opern) und auf die Küche festzustellen.

Siehe auch: Islam in Europa, Islamische Expansion

[Bearbeiten] Die These einer Islamisierung Europas im 21. Jahrhundert

[Bearbeiten] Demographie

Vertreter der These einer Islamisierung Europas sagen voraus, dass die bisherigen Mehrheitsbevölkerungen in den Ländern (West-)Europas im Verlauf des 21. Jahrhunderts durch muslimische Mehrheiten ausgewechselt würden. Als demographische Gründe führen sie an, Muslime würden kulturell bedingt früher heiraten und mehr Kinder bekommen. Dazu werden verschiedene Untersuchungen zur Bevölkerungsentwicklung herangezogen.

So berichtete das deutsche Magazin Focus auf Basis von Zahlen des statistischen Bundesamtes, dass im Jahr 2005 rund 10 % der in Deutschland geborenen Kinder muslimische Eltern oder eine muslimische Mutter hatten[2]. Der Mitarbeiter des US-amerikanischen Außenministeriums Timothy M. Savage, prognostizierte im Jahr 2004, ausgehend von einer Schätzung des Ministeriums im Annual Report on International Religious Freedom 2003 von 23 Millionen Muslimen in Europa (5 % der Gesamtbevölkerung), dass diese Zahl sich bis 2015 verdoppeln würde, während die nicht-muslimische Bevölkerung um mindestens 3,5 % zurückginge. Bis 2050 sollen demnach Muslime zumindest 20 % der Gesamtbevölkerung ausmachen oder vielleicht auch bereits die Mehrheit stellen[3]. Das Vienna Institut of Demography der Österreichischen Akademie der Wissenschaften entwarf in einer Studie verschiedene Szenarien für den zukünftigen Anteil der Religionen in Österreich. Für das Jahr 2051 wurde ein Bevölkerungsanteil von 14 bis 18 % Muslimen errechnet, jener der Angehörigen der römisch-katholischen Kirche würde von 75 % im Jahr 2001 auf unter 50 % sinken und jener der Menschen ohne Religionsbekenntnis auf bis zu 34 % steigen[4].

Der britische Historiker und Islamwissenschafter Bernard Lewis leitet daraus ab, Europa „wird Teil des arabischen Westens sein, des Maghrebs“ und „spätestens Ende des 21. Jahrhunderts muslimische Mehrheiten in der Bevölkerung haben.“[5]. Ähnlich äußert sich der amerikanische Historiker Walter Laqueur, der davon ausgeht, dass Europa in wenigen Jahrzehnten politisch und wirtschaftlich bedeutungslos und kulturell weitgehend islamisiert sein würde[6].

Ein Problem bei der Erstellung solcher Prognosen ist, dass es nur in wenigen europäischen Ländern aktuelle oder gesicherte Zahlen über den Anteil von Muslimen an der Gesamtbevölkerung gibt. Eine Reihe von Ländern, darunter Belgien, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Ungarn, Italien, Luxemburg und Spanien, stellen die Frage nach dem Glaubensbekenntnis weder in Volkszählungen noch anderen offiziellen Dokumenten[3]. In Deutschland wurde diese Frage zuletzt bei der Volkszählung im Jahr 1987 erhoben[2].

[Bearbeiten] Gesellschaftliche Entwicklung

Im Zusammenhang mit der These einer Islamisierung Europas geht mit der Betrachtung der demographischen Entwicklung stets die Warnung vor gesellschaftlichen und kulturellen Veränderungen einher, die dadurch bedingt sein sollen. Der französische Philosoph Robert Redeker warnt etwa vor einer „Islamisierung des Denkens“ und nennt als Beispiele dafür „in den öffentlichen Badeanstalten Schwimmzeiten nur für Frauen, das Verbot, diese Religion zu karikieren, der Anspruch auf einen Sonderspeiseplan für muslimische Kinder in den Schulkantinen, der Kampf für das islamische Kopftuch an den Schulen“ und schließlich den „Vorwurf der Islamophobie gegen alle freien Denker“[7].

Manche Vertreter der These unterscheiden dabei zwischen dem Islam bzw. den Muslimen im Allgemeinen, dem orthodoxen Islam und dem islamischen Fundamentalismus. So meint etwa der Göttinger Soziologe und Islamkritiker Bassam Tibi: „Wer sich in der Islam-Diaspora Europas auskennt, weiß, dass nicht nur die Islamisten von einem islamischen, von der Scharia beherrschten Europa träumen; auch orthodoxe Moslems tun dies und rechnen Europa durch demographische Islamisierung durch Migration zum Dar al-Islam/Haus des Islam.“, fügt aber hinzu, es gehe „nicht darum, den Islam aus Europa zu entfernen, sondern ihn mit Europa als Euro-Islam zu versöhnen.“[8]

Andere setzen den Islam generell weitgehend mit dem islamischen Fundamentalismus gleich und sehen, wie etwa der amerikanische Autor Bruce Bawer, in den muslimischen Gemeinden Europas „Pulverfässer“, in denen, geschürt durch eine falsche Integrationspolitik, Extremisten gestärkt würden[9]. Zu den eher polemischen Islamkritikern gehört Udo Ulfkotte. In seinem Buch Heiliger Krieg in Europa konstatiert er einen muslimischen Plan zur Islamisierung Europas. Haupttriebfeder sei dabei die Muslimbruderschaft, die auch die strategischen Konzepte liefere. Nahrung finden solche Verschwörungstheorien beispielsweise in Aussagen wie jener des damaligen Vorsitzenden der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüş Mehmet Sabri Erbakan im April 2001, der gemäß dem bayerischen Verfassungsschutzbericht 2001 sagte: „Die Europäer glauben, dass die Muslime nur zum Geldverdienen nach Europa gekommen sind. Aber Allah hat einen anderen Plan.“[10]

Politisch wird der Begriff „Islamisierung“ vornehmlich von rechtsgerichteten Parteien und Personen aufgegriffen. So warnte Edmund Stoiber (CSU) vor einer schleichenden Islamisierung Deutschlands und forderte in dem Zusammenhang den Schutz muslimischer Mädchen vor Zwangsehen, dass in den Moscheen auf Deutsch gepredigt werden solle und die muslimischen Gemeinden so genannte „Ehrenmorde“ ächten und Extremisten in den eigenen Reihen der Polizei melden sollen[11].

Oft wird die Warnung vor einer Islamisierung Europas dabei auch mit nationalistischen Motiven und dem Beklagen drohender „Überfremdung“ und „Umvolkung“ verknüpft. 1990 schrieb Beat Christoph Bäschlin, Mitarbeiter im Schweizer Innenministerium und Autor in der Wochenzeitung Junge Freiheit: „Frankreich ist der Brückenkopf der islamischen Invasion. Deshalb ist Frankreich heute eine tödliche Gefahr für Europa. Seine meinungsmachende und politische Führungskaste betreibt eine systematische und äußerst wirksame Förderung der afrikanisch-asiatischen Einwanderung. Früher oder später werden sich die in Frankreich eingesickerten Einwanderermassen in das übrige Europa ergießen. [...] Bei der Abwürgung der Nationalstaaten und staatlichen Nationalismen war der Einwanderung eine grundlegende Rolle zugedacht: eine Art einheitlichen europäischen Staatsvolkes war programmiert. Bis 1993 sollte jeder französische oder sonstige Nationalismus überwunden sein und eine Art gesamteuropäischer Menschenrasse sollte entstehen. Durch eine massive Einspritzung von arabisch-schwarzafrikanischen Elementen sollte eine vereinheitlichte Tönung europaweit erreicht werden.“[12]

In Antwerpen in Belgien stellten im Januar 2008 die Politiker Heinz-Christian Strache (Freiheitliche Partei Österreichs) und Filip Dewinter (Vlaams Belang) sowie Markus Beisicht von der Bürgerbewegung pro Köln eine „Europäische Städteallianz gegen Islamisierung“ vor[13]. Ihre Forderungen umfassen unter anderem die Eintragung der Religionsgemeinschaft in jedem Reisepass und die Sammlung von Fingerabdrücken von „Personen mit islamischem Hintergrund“. Strache zeigte sich „entsetzt über den Islamisierungs- und Überfremdungsrad“ Antwerpens und forderte einen sofortigen Einwanderungsstopp, da nur so „Europa jetzt noch vor dem drohenden Untergang“ zu retten sei[14].

[Bearbeiten] Kritik der These

Kritiker werfen Anhängern der Islamisierungsthese vor, sie würden aufgrund xenophober Reflexe das Fremde für schlecht halten und erlägen alten Überfremdungsängsten[15]. Diese Gegenthese beschreibt die sogenannte Islamophobie. Auf der einen, heimischen Seite stünde die christlich-abendländische Tradition, auf der anderen, fremden die bedrohende muslimische.

Außerdem wird von Kritikern darauf hingewiesen, dass die Zukunftsszenarien weitgehend spekulativ seien und sich keine stichhaltigen Aussagen über die Entwicklung treffen ließen.[16] Darüber hinaus sei auch kein ausreichendes Datenmaterial vorhanden, um eine Prognose über die künftige Bevölkerungsentwicklung der Muslime zu treffen. So fehlten genaue Angaben dazu, wie viele Muslime heute in europäischen Ländern leben: „ohnehin handelt es sich bei der Mehrheit der quantitativen Angaben [Anm.: bezüglich der Anzahl der Muslime] um Schätzungen, da keine offiziellen Daten bzw. Statistiken vorliegen“[17]

[Bearbeiten] Zwangsislamisierung

Die Zwangsislamisierung bezeichnet die erzwungene Konversion zum Islam. Nach klassischen islamischen Recht (schari'a) ist sie bei Polytheisten[18] (muschrikun) sowie vom Islam Abgefallenen[19] (murtaddun) als auch unter bestimmten Umständen bei Frauen, Kindern und Kriegsgefangenen[20] erlaubt: Sie können vor die Wahl zwischen der Annahme des Islams oder dem Tod gestellt werden.

Als Mohammed am achten Juni 632 n.Chr. verstarb erstreckte sich der islamische Machtbereich über die gesamte arabische Halbinsel.[21] Einige arabische Stämme, die mit der islamischen Gemeinschaft auf verschiedenem Wege verbunden waren[22], weigerten sich nach Mohammeds Tod die finanziellen Abgabebedingungen des Islam (Zakat) weiterhin zu erfüllen. In den sogenannten Ridda-Kriegen unter Führung des Kalifen Abu Bakr wurden diese unterworfen und zwangsislamisiert.

Die osmanische Knabenlese, bei der ein bestimmter Anteil christlicher Knaben abgeliefert werden musste, die dann zu muslimischen Soldaten ausgebildet wurden, war eine organisierte Form der Zwangsislamisierung.

[Bearbeiten] Siehe auch

Islamische Expansion, Islam in Europa, Eurabien, Euroislam, Multikulturelle Gesellschaft

[Bearbeiten] Literatur

[Bearbeiten] Historisch

  • Yohanan Friedmann: Tolerance and Coercion in Islam. Interfaith Relations in the Muslim Tradition. Cambridge University Press, 2006. ISBN 0-521-02699-7
  • Adel Th. Khoury: Toleranz im Islam. Grünewald, 1980. ISBN 3-459-01250-1
  • Bat Ye'or: Der Niedergang des orientalischen Christentums unter dem Islam. Vom Dschihad zum Schutzvertrag. Resch, Gräfelfing 2002. ISBN 3-935197-19-5.

[Bearbeiten] Aktuell

  • Adel Th. Khoury: Mit Muslimen in Frieden leben. Friedenspotentiale des Islam. Echter Verlag, 2002. ISBN 3-429-02455-2
  • Peter Heine: Halbmond über deutschen Dächern: muslimisches Leben in unserem Land. Leipzig, 1997. ISBN 3-471-79344-5
  • Peter Heine: Konflikt der Kulturen oder Feindbild Islam: alte Vorurteile - neue Klischees - reale Gefahren. Herder, 1996. ISBN 3-451-04455-2
  • John L. Esposito: The Islamic Threat. Myth or Reality?. Oxford University Press, 1992. ISBN 0-19-507184-0
  • John L. Esposito, Dalia Mogahed: Who Speaks for Islam? What a Billion Muslims Really Think. Gallup Press, 2008. ISBN 978-1-59562-017-0

[Bearbeiten] Einzelnachweise

  1. Artikel Re-Islamisierung bei der Bundeszentrale für politische Bildung
  2. a b Focus: Islam im demographischen Aufwind, 23. April 2007
  3. a b Timothy M. Savage/The Washington Quarterly: Europe and Islam: Crescent Waxing, Cultures Clashing, Sommer 2004
  4. Anne Goujon, Vegard Skirbekk, Katrin Fliegenschnee, Pawel Strzelecki: New times, old beliefs: Projecting the future size of religions in Austria, Vienna Yearbook of Population Research, Volume: 2007, pages 237-270
  5. Hanspeter Born/Die Weltwoche - Ausgabe 06/06: Abendland unter
  6. Deutschlandradio: Die letzten Tage von Europa, Rezension von Jacques Schuster, Deutschlandradio, 5. Januar 2007
  7. Michaela Wiegel/Frankfurter Allgemeine Zeitung: Ein Philosophielehrer auf der Flucht, 6. Oktober 2006
  8. Bassam Tibi/Die Welt: Europa droht eine Islamisierung, 28. Mai 2002
  9. Random House über: Bruce Bawer: While Europe Slept - How Radical Islam is Destroying the West from Within
  10. Bayerischer Verfassungsschutzbericht 2001, Seite 147
  11. Financial Times Deutschland: Stoiber warnt vor „Islamisierung“ Deutschlands, 14. Oktober 2006
  12. Beat Christoph Bäschlin: Der Islam wird uns fressen! Der islamische Ansturm auf Europa und die europäische Komplizen dieser Invasion. Selvapiana-Verlag, Tegna 1990, Seite 11
  13. Die Presse: FPÖ vs. Islam: Strache gründet "Allianz gegen Islamisierung", 16. Januar 2008
  14. FPÖ-Presseaussendung: Strache bekräftigt in Antwerpen Städtepartnerschaft gegen drohende Islamisierung in Europa, 18. Januar 2008
  15. taz: Die Islamisierung in den Köpfen
  16. Die Zeit: Jede hat einen guten Grund, 22. Juni 2006
  17. Migration Info: Deutschland: Bundesregierung antwortet auf Große Anfrage zum Islam
  18. The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Brill, Leiden. Bd. 9, S. 484
  19. Yohanan Friedmann: Tolerance and Coercion in Islam. Interfaith Relations in the Muslim Tradition. Cambridge University Press, 2003. S. 121
  20. Yohanan Friedmann: Tolerance and Coercion in Islam. Interfaith Relations in the Muslim Tradition. Cambridge University Press, 2003. S. 121 sowie 106
  21. Für eine Zusammenfassung siehe: W. Montgomery Watt: Muhammad at Medina. Oxford University Press, 1962. S. 78-151; Elias Shoufani: Al-Ridda and the Muslim Conquest of Arabia. University of Toronto Press, 1973. S. 10-48
  22. siehe: Albrecht Noth: Früher Islam. In: Ulrich Haarmann (Hrsg.): Geschichte der arabischen Welt. C.H. Beck, 1991. S. 39

[Bearbeiten] Weblinks


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