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Heiratsvermittlung – Wikipedia

Heiratsvermittlung

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Gerard van Honthorst: Der Brautwerber, 1625
Gerard van Honthorst: Der Brautwerber, 1625

Heiratsvermittlung ist eine Dienstleistung, durch die heiratswillige Männer und Frauen einen geeigneten Partner für die beabsichtigte Eheschließung finden. Bei einer durch Vermittlung geschlossenen Ehe spricht man von arrangierter Heirat.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Formen

Früher war es eine Kernkompetenz der Familien, für ihre Kinder passende Ehepartner zu finden; in traditionellen Gemeinschaften spielt die Familie bei der Heiratsvermittlung immer noch eine zentrale Rolle. Da eine Verschwägerung durch Eheschluss für viele Familien eine große Bedeutung haben kann, gab und gibt es in zahlreichen Kulturen, so auch in Europa, zur diskreten Erkundung und Sondierung professionelle Heiratsvermittler/innen (Brautwerber, Freiwerber, im Ostjudentum Schadchen). Sie konnte einer eine Braut oder einen Bräutigam suchenden Familie oder einem auf Brautschau befindlichen jungen Mann eine Beschämung durch Misserfolg ersparen.

Der Heiratsvermittlung dienten gezielt auch zahlreiche Institutionen, wie z. B. Bälle in Adel und Bürgertum oder sonntägliche Promenaden auf der Hauptstraße der Städte, wovon noch Straßennamen (etwa der Jungfernstieg in Hamburg) zeugen.

Mit dem zunehmenden Rückzug der Familien aus der Heiratsvermittlung ihrer Kinder übernehmen zunehmend kommerzielle Ehevermittlungsinstitute die professionelle Unterstützung heiratswilliger Menschen, die eine eigene Partnersuche für wenig aussichtsreich oder (bspw. wegen Enttäuschungen oder schlechter Erfahrungen) für zu risikoreich halten.

[Bearbeiten] Abgrenzung zur Zwangsheirat

Bei einer arrangierten Heirat ist Vertrauen zwischen den Heiratswilligen und Heiratsvermittlern entscheidend für eine erfolgreiche Heiratsvermittlung. Die Heiratsvermittler bzw. Familien brauchen viel psychologisches Einfühlungsvermögen bei der Eheanbahnung. Wichtig ist nicht nur ein charakterliches Zusammenpassen der Brautleute sondern auch ein passendes soziales und familiäres Umfeld.

Das Arrangieren einer Heirat führt nicht immer zur vollen Zufriedenheit aller Beteiligten. Sozialer Druck und überzogene bzw. falsche Erwartungen können den Prozess überschatten, was die objektive Entscheidungsfreiheit von Braut und/oder Bräutigam beeinträchtigen kann. Je nachdem wie stark der tatsächliche oder vermeintliche Druck ist, spricht man auch von Zwangsheirat. Da die Motivlage in den seltensten Fällen eindeutig feststellbar ist, gibt es hier einen Graubereich. Viel hängt auch von den Heiratswilligen ab, wie deutlich sie ihre Vorstellungen vom Ehepartner artikulieren und sich selbstbewusst in den Vermittlungsprozess einbringen. Natürlich gibt es auch eindeutige Fälle, in denen eine Braut oder ein Bräutigam zu einer Heirat gezwungen werden. Allerdings ist oft der feine Unterschied zwischen Zwangsheirat oder nicht (so wirklich) gewollten Heirat nicht leicht erkennbar. Menschen, die nicht recht wissen, was sie wollen oder entscheidungsschwach sind, laufen eher Gefahr zu einer Heirat gedrängt zu werden. Es entsteht dann ein Grenzbereich, wo einerseits kein eindeutiger Wille vorhanden ist, andererseits nicht von Zwang gesprochen werden kann.

[Bearbeiten] Nähere Bestimmung

Dies muss nicht bedeuteten, dass Braut und Bräutigam nicht in den Prozess der Heiratsvermittlung einbezogen werden. Wenn die Brautleute nichts dagegen einzuwenden haben, kann man von einer arrangierten Ehe reden, andernfalls handelt es sich um eine Zwangsverheiratung, welche gegen den Willen einer der betroffenen Person durchgeführt wird. Ab wann man von einer Zwangsverheiratung sprechen kann ist dabei in Einzelfällen strittig, zumal es oft so ist, dass die betreffende Person sich ihre Braut bzw. ihren Bräutigam zwar unter einer gewissen Anzahl von passenden "Kandidaten" selbst auswählen kann, es jedoch als obligatorisch gilt, dass sie irgendwann wählt.

Voraussetzung ist, dass Ehelosigkeit – vor allem für Mädchen – kaum oder gar nicht akzeptiert wird. So kommt es oft dazu, dass Braut oder Bräutigam einem gewissen psychischen Druck ausgesetzt sind, oder, in seltenen Fällen, auch gezwungen werden, sich (endlich) zu entscheiden, damit die Hochzeit stattfinden kann.

Die arrangierte Ehe kommt in den meisten Kulturen vor, ist in der „westlichen Welt“ heute aber, im Gegensatz zu früher, sehr selten – vgl. Schadchen. In vielen südasiatischen Ländern ist sie heute noch die häufigste Heiratsform, insbesondere in Indien, Bangladesch, Pakistan und Sri Lanka. Global gesehen geht die Zahl der Eheschließungen, die arrangiert wurden, seit Jahren kontinuierlich zurück. [1]

[Bearbeiten] Arrangierte Heirat im aktuellen Kontext

[Bearbeiten] Indien

In Indien spielt die arrangierte Ehe auch heute noch eine sehr starke Rolle, wenngleich Liebesheiraten, insbesondere in der indischen Mittelschicht, die sich eher an westlichen Sitten orientiert, immer üblicher werden. Üblicherweise folgen arrangierte Heiraten traditionellen Kasten-Gepflogenheiten, wohingegen Liebesheiraten über Kastengrenzen hinweg gehen können. In der städtischen Mittelschicht ist es heute üblich, dass sich die potenziellen Brautleute im familiären Rahmen kurz treffen und so einen ersten Eindruck gewinnen können. Da die Treffen sehr kurz sind, kann hier keinesfalls von Kennenlernen gesprochen werden. Ist der erste Eindruck jedoch negativ, haben die potenziellen Kandidaten ein Vetorecht, und die Eltern müssen sich erneut auf die Suche begeben. In ländlichen Gegenden ist ein Treffen hingegen unüblich, hier beschränkt sich das Kennenlernen gewöhnlich auf das Austauschen von Photos und evtl. kurzen Briefen, über die Braut und Bräutigam etwas Persönliches über den Anderen erfahren (Interessen, Hobbys usw.).

In der Tradition der indischen Hochzeit spielt außerdem die Mitgift (Dowry) eine zentrale Rolle. Üblich ist, dass der Vater der Braut die Familie des Bräutigams bezahlt (Geld, Schmuck u. ä.). Vor allem, wenn der Bräutigam aus einer sozial höher gestellten Schicht kommt, kann es sich hierbei um enorme Summen handeln (in Ausnahmefällen ein Vielfaches des Jahreseinkommens der Brautfamilie). Da die Familie der Braut ebenfalls die Hochzeitsfeier ausrichtet (und bezahlt), kommt es auch immer wieder vor, dass sich der Brautvater (und seine Söhne) bei einer Hochzeit finanziell ruinieren, weil die Hochzeit (der Kinder oder Schwester) für viele Inder das wichtigste Ereignis im Leben ist.

Da es immer wieder zu sogenannten „Mitgiftmorden“ kommt, wenn die Brautfamilie den ausgehandelten Preis nicht vollständig bezahlen kann, hat die indische Regierung das Zahlen von Mitgift verboten (Dowry Prohibition Act 1961).

Das Zahlen des Dowry existiert in allen Kasten und Schichten Indiens. Besonders in der ländlichen Bevölkerung und den weniger Gebildeten ist jedoch die Zahlung einer Mitgift (manchmal verbunden mit der unverhohlenen Forderung derselben) noch eher die Regel als die Ausnahme.

[Bearbeiten] Japan

Siehe Omiai.

[Bearbeiten] Rechtliches

Das deutsche Privatrecht stellt die Bezahlung dieser Dienstleistung, den „Ehemäklerlohn“, wegen des hochpersönlichen Charakters der traditionalen Ehevermittlung nicht zu den im Normalfall geschuldeten und einklagbaren Entgelten für Dienstleistungen, sondern ähnlich wie die Spiel- und Wettschulden: Diese muss man gesetzlich nicht bezahlen, kann sie also als Ehemakler auch nicht einklagen. Hat, wer einen Ehepartner suchte, den Ehemäklerlohn aber bereits bezahlt, darf sie/er sie nicht deswegen zurückfordern, weil gar keine Schuld bestanden habe, kann also nicht auf Rückerstattung klagen. Deswegen ist hier Vorkasse die Regel.

Es kann jedoch auch der Straftatbestand des Betruges vorliegen, nämlich wenn der Vermittler von vornherein die Absicht hegte, die vertraglich vereinbarte Leistung nicht zu erbringen und nur die Vorkasse einzubehalten.

[Bearbeiten] Kritik

Professionelle Heiratsvermittler haben in Deutschland auf Grund regelmäßig aufgedeckter Fälle von Betrug und einseitig auf Erzielung von Einnahmen – beispielsweise durch überhöhte Entgelte – den Kunden benachteiligende Vertragsklauseln oder Vortäuschung einer Vertragserfüllung durch die Vermittlung von „Partnern“, die für die Vermittlung arbeiten und von vornherein keine Beziehung zu dem Kunden suchen, einen schlechten Ruf.

Bei der Vermittlung von Frauen aus ärmeren Bevölkerungsschichten asiatischer Länder und Russland geht die Heiratsvermittlung teilweise fließend in Frauenhandel über (siehe aber auch: Katalogehe).

Seriös arbeitenden Unternehmen wird dadurch die Arbeit erschwert.

[Bearbeiten] Künstlerische Behandlung

Eine bekannte künstlerische Bearbeitung des Themas ist in Mitteleuropa die Oper Die verkaufte Braut von Bedřich Smetana.

Siehe auch: Aino

[Bearbeiten] Einzelnachweise

  1. Beleg erforderlich

[Bearbeiten] Weblinks


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